Caleb Carr, einem breiten Publikum bekannt geworden durch seine Romane um den New Yorker Psychiater und Kriminologen Dr. Kreisler, begibt sich mit seinem neusten Buch auf ungewohntes Terrain. Im Mittelpunkt steht der amerikanische Seemann und Abenteurer Frederick Townsend Ward (1831-62), dessen kurze aber kometenhafte Karriere im Dienste des chinesischen Kaisers die damalige Welt bewegte und ihm selbst zu außergewöhnlicher Macht und Einfluß verhalf. Als Offizier der Handelsmarine hatte Ward bereits die halbe Welt bereist als er im Frühjahr 1860 in Shanghai eintraf. Der seit neun Jahren tobende Bürgerkrieg gegen die aufrührerische Mystikersekte der Taipings drohte auf die lebenswichtige Hafenstadt überzugreifen, und Ward nutzte die prekäre Lage der kaiserlichen Armee, um mit der Regierung einen lukrativen Vertrag zur Verteidigung Shanghais abzuschließen. Seine Truppe setzte sich zunächst aus ausländischen Söldnern zusammen. Doch nach einer ersten blutigen Niederlage entschloß er sich, seine Taktik zu ändern. Er warb westliche Offiziere an, die chinesische Rekruten im Gebrauch moderner Waffen und Taktiken unterrichteten. Die militärischen Erfoge seiner "Ever Victorious Army" gaben ihm recht und hatten entscheidenden Anteil an der Niederschlagung des Taiping-Aufstandes im Jahre 1864. Als Ward im September 1862 an den Folgen einer Verwundung starb, waren seine Taten längst zur Legende geworden. War Caleb Carrs Vorliebe für die Geschichte des 19. Jahrhunderts schon in seinen Thrillern spürbar, so bietet ihm die Biographie von Frederick Townsend Ward nun ausreichend Gelegenheit, sein historisches Detailwissen in ebenso beeindruckender wie packender Form zu präsentieren. Seinem Helden setzt er mit diesem Buch ein einmaliges, faszinierendes Denkmal. --Stephan Fingerle