Wenn die großen Klassiker der Fantasy genannt werden, dann fällt immer auch der Name Erdsee, meist gleich nach Tolkiens Der Herr der Ringe. Die ursprüngliche Trilogie erschien vor mittlerweile mehreren Jahrzehnten, und die Abenteuer des Magiers Ged in der imaginären Inselwelt richteten sich...
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Wenn die großen Klassiker der Fantasy genannt werden, dann fällt immer auch der Name Erdsee, meist gleich nach Tolkiens Der Herr der Ringe. Die ursprüngliche Trilogie erschien vor mittlerweile mehreren Jahrzehnten, und die Abenteuer des Magiers Ged in der imaginären Inselwelt richteten sich ursprünglich an Jugendliche. Doch mit der unvergleichlichen Kraft ihrer poetischen Erzählweise eroberte die Autorin, ansonsten für ihre SF-Romane berühmt, schnell auch eine erwachsene Leserschaft. Jahre später fügte sie der Trilogie den vierten Roman Tehanu hinzu, der aber einen deutlich anderen Ton anschlug: In die klassiche High-Fantasy drang jetzt eine erwachsene, verstörende Sichtweise ein, und manche Leser mochten nicht mehr folgen. Bei dem rätselhaften, offenen Ende von Tehanu beließ es die Autorin für viele Jahre, doch kehrte sie, zunächst mit den Novellen Das Vermächtnis von Erdsee und jetzt auch mit einem fünften Roman in ihre Inselwelt zurück. Darin erzählt sie, wie der junge Zauberer Erle den alten Erzmagier Ged in seinem Refugium aufsucht, weil er von immer wiederkehrenden, grausamen Albträumen gequält wird. In diesen Träumen steht er an der aus den früheren Romanen vertrauten Grenze zum Totenreich, den "Trockenen Landen". Hier drängen sich die Toten in Scharen an die Mauer, rufen Erle bei seinem wahren Namen und flehen: "Befreie uns!" Ged erkennt die Bedeutung der Träume und schickt Erle an den Hof von König Lebannen, wo sich auch Geds Frau Tehanu und ihre adoptierte, verstümmelte Tochter Tenar aufhalten. Die weitere Reise führt zu den Antworten auf viele offene Fragen nach der wahren Natur der Magie der Erdsee. Endlich wird die Bedeutung des trostlosen Totenreiches klar, dessen Ursprung im Verhältnis der Menschen zur Macht und zu ihren alten Verwandten, den Drachen liegt. Mit dem vorerst abschließenden Band der Erdsee-Reihe setzt Le Guin nicht nur die Geschichte ihrer Helden fort, sie verleiht der ganzen Saga auch eine noch tiefere Bedeutung. Bei aller Reflexion kommt dabei auch das pure Geschichtenerzählen nicht zu kurz: Le Guins Gespür für Atmosphäre ist ungemindert und die großen Zusammenhänge spiegeln sich in den wunderbar greifbaren Begebenheiten wieder, die das alltägliche Leben der Inselbewohner ausmachen. Die Rückkehr nach Erdsee ist damit keine überflüssige Fortsetzung, wie sie so viele erfolgreiche Bücher erleiden, sondern die wahrhaft geglückte Vollendung eines großartigen Gesamtwerkes. --Birgit Will
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