logo
Wrong email address or username
Wrong email address or username
Incorrect verification code
back to top
Search tags: Feuer
Load new posts () and activity
Like Reblog Comment
review 2022-03-03 09:19
Drama auf und abseits der Bühne
Die Feuer - Claire Thomas

Im Kulturzentrum von Melbourne wird Samuel Becketts „Glückliche Tage“ aufgeführt, während außerhalb in den Bergen die Buschfeuer wüten. Drinnen verfolgen drei Frauen nicht nur das Stück auf der Bühne, sondern beschäftigen sich auch mit ihren eigenen Leben. Da ist die Literaturprofessorin Margot Pierce, Anfang 70, die mit ihrem Sohn Adam und mit ihrer Ehe mit dem dementen John hadert. Da ist die Kunstmäzenin Ivy Parker, Anfang 40, die von ihrer Vergangenheit eingeholt wird. Und da ist die Platzanweiserin und angehende Schauspielerin Summer (22), die sich Sorgen um ihre Freundin April macht…

 

„Die Feuer“ ist ein Roman von Claire Thomas.

 

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus neun Kapiteln, jeweils drei für jede der drei Frauen. Erzählt wird im Präsens abwechselnd aus der Sicht von Margot, Summer und Ivy. Durchbrochen wird dieses Schema durch den Teil „Pause“, der wie ein Drama aufgebaut ist und sich auf Dialoge und Regieanweisungen beschränkt. Eine interessante und gut funktionierende Struktur.

 

Auch sprachlich hat mich der Roman überzeugt. Der Schreibstil ist schnörkellos, aber eindringlich und intensiv. Die unterschiedlichen Perspektiven variieren auch in sprachlicher Hinsicht auf hervorragende Weise. Das Geschehen auf der Bühne und die Gedanken der Frauen werden kunstvoll verwoben.

 

Die drei Frauen sind recht unterschiedlich. Sie alle sind keine klassischen Sympathieträgerinnen, aber authentische und reizvolle Charaktere. Die Gedanken und Gefühle der Protagonistinnen lassen sich sehr gut nachvollziehen.

 

Thematisch wird ein breites Spektrum abgedeckt. Es geht um den Klimawandel, psychische Probleme, traumatische Erlebnisse, Gewalt und einiges mehr. Vor allem aber überdenken die drei Protagonistinnen ihre bisherigen Sichtweisen und ihre Leben, was Denkimpulse auslöst und mich ebenfalls zum Nachdenken angeregt hat. Zugleich werden sich in dem Roman einige Frauen wiederfinden können. Das Beckett-Stück bildet einen skurrilen, ja bizarren Rahmen und ist ein passender Hintergrund, der etliche Anknüpfungspunkte bietet.

 

Obwohl auf der Handlungsebene nicht viel passiert, entfaltet der Roman schon nach wenigen Seiten eine Sogkraft. Sie hält auf den rund 250 Seiten an.

 

Das künstlerisch anmutende Cover lässt sowohl an die Feuer als auch an die Frauen denken - eine gute Wahl. Der mehrdeutige deutsche Titel ist einerseits ansprechend, aber andererseits etwas irreführender als das englischsprachige Original („The Performance“).

 

Mein Fazit:
„Die Feuer“ von Claire Thomas ist ein eindringlicher und eindrucksvoller Roman. Eine empfehlenswerte Lektüre.

Like Reblog Comment
show activity (+)
review 2020-03-11 16:56
In 15 Minuten wurden 880 Tonnen Bomben abgeworfen
Die Nacht, als das Feuer kam - Sinclair McKay

Inhaltsangabe

In der Endphase des Zweiten Weltkrieges, im Februar 1945, bombardierten die Alliierten Dresden: Circa 25.000 Menschen fanden den Tod, die Überlebenden waren zutiefst traumatisiert, das einst prächtige Elbflorenz lag in Schutt und Asche. In »Die Nacht, als das Feuer kam« begibt sich der britische Journalist und Autor Sinclair McKay auf eine ganz besondere Spurensuche. In den Archiven der Stadt entdeckte er tief verborgene persönliche Aufzeichnungen, die es ihm ermöglichen, die Geschehnisse dieser drei verhängnisvollen Tage und Nächte aus der Perspektive der Bewohner der Stadt zu erzählen: Schülern, Mitgliedern der Hitlerjugend und des Kreuzchors, Künstlern, Musikern, aber auch des Kriegsgefangenen Kurt Vonnegut und nicht zuletzt Victor Klemperer sowie Piloten und Besatzungsmitgliedern der britischen und amerikanischen Verbände. Noch nie zuvor wurde das Ausmaß dieses Luftangriffs für die Zivilbevölkerung der Stadt so vielstimmig, emotional und zutiefst menschlich geschildert wie in diesem Meisterwerk der narrativen Geschichtsschreibung – und das noch lange, nachdem die letzte Seite umgeblättert ist, im Gedächtnis bleiben wird.

 

Meine Meinung 

Von diesem verheerenden Bombenangriff haben wir wohl alle schon mal im Geschichtsunterricht gehört. Inzwischen sind 75 Jahre vergangen und dieses Buch kann immer noch den ganzen Schrecken dieser Nacht darstellen.

 

Dieses Werk baut sich aus drei Teilen auf.

Teil 1 – Die Katastrophe rückt näher

In diesem ersten Abschnitt spürt man zunächst die nahende Gefahr und bekommt viele allgemeine Informationen rund um diese Thematik.

Der Autor geht vorab darauf ein, warum gerade das „Schmuckstück“ Dresden zum Ziel wurde. Die sächsische Stadt spielte eine wichtige Rolle im damals noch bestehenden Zweiten Weltkrieg, aber Dresden hatte auch in den Bereichen Kunst, Wissenschaft und Architektur einen hohen Stellenwert.

In diesem einleitenden Teil fielen so einige Namen. Manche sagten mir etwas, andere eher weniger, aber den bin ich gerne nachgegangen.

Darunter zum Beispiel:

Otto Griebel, Otto Dix , Caspar David Friedrich (dt. Maler)

Richard Wagner und Richard Strauss (dt. Komponisten)

Heinrich Barkhausen (dt. Physiker)

Martin Mutschmann (Politiker in der NSDAP)

Henry Schmidt (SS-Untersturmführer)

Miles Tripp und Kurt Vonnegut (schrieben ein Buch über ihre Erfahrungen)

 

Teil 2 – Die Schreckensnacht

„In dieser Nacht starteten siebenhundertsechsundneunzig Lancaster und Mosquitos mit etwa fünftausendfünfhundert Mann Besatzung, um Dresden in zwei großen Wellen zu bombardieren.“ (S. 245)

 

„Achtung, Achtung! Starke anglo-amerikanische Bomberverbände im Anflug auf Dresden! Entfernung circa zwanzig Kilometer! Suchen Sie die Luftschutzräume auf!“ (S. 259, Radiodurchsage)

 

Diese Information war für mich tatsächlich neu. Beim Lesen aber ahnte und spürte ich es tatsächlich schon. Nachdem die ersten Bomben gefallen waren und die Bewohner der Stadt in ihren Kellern oder öffentlichen Bunkern Schutz suchten, war der Schrecken noch nicht vorbei. Diese Darstellung der erneuten Bombardierung, nachdem die ersten Anwohner ihren Schutz bereits verlassen hatten, um nach ihren Familienangehörigen zu suchen, fand ich grandios.

Des Weiteren eine interessante Information war, dass der 13. Februar 1945 der Faschingsdienstag war. Die Menschen feierten an diesem Tag.

Schlimm, dass die Menschen diesen feierlichen Anlass wohl immer mit diesem Ereignis verbunden haben.

Es werden viele Eindrücke und Empfindungen der Dresdner veröffentlicht, darunter „Nach einer scheinbar endlosen Zeit wurde endlich die Tür des Kellers geöffnet. Niemand konnte fassen, was ihn draußen erwartet! Die Stadt brannte lichterloh, und es war so heiß, einfach unvorstellbar.“ (S. 300)

 

Der Autor bringt in diesem Abschnitt sowohl sehr viele Zeugenaussagen ein, von Menschen, welche dieses Ereignis am eigenen Leib erlebt haben.

Aber als Leser bekommt man auch einen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der Bomberflieger.

„Für die Flieger war der Einsatz nur eine weitere furchterregende Nacht, und Dresden war nur ein weiteres Ziel.“ (S. 276f.)

 

Der Schrecken dieser Nacht waren die Toten, die völlig verbrannt auf den Straßen der Stadt ihr Leben ließen und zum Teil niemals identifiziert werden konnten. Die vielen Anwohner, die ihren Wohnsitz und alles Hab und Gut verloren haben. Oder auch die Bewohner, welche starke gesundheitliche Beeinträchtigungen davon getragen haben, vor allem die Organe Augen und Haut waren sehr oft betroffen.

 

Teil 3 – Das Nachbeben

Wie schon der erste Teil beinhaltet auch der dritte Teil eine Reihe von Bildern und Fotografien, welche dem Leser nochmal vor Augen führen, wie Dresden damals „dastand“.  Für mich perfekt ausgewähltes Bildmaterial.

Weiterhin beschreibt der Autor sehr ausführlich, wie sich der Wiederaufbau Dresdens unter russischem Einfluss gestaltete. Dieser Aspekt ist ebenso wichtig zu wissen, wies für mich aber auch einige Längen beim Lesen auf.

 

Mein Fazit

Ein Werk, welches man als Gesamtwerk zum Thema „Bombardierung auf Dresden“ bezeichnen kann. Der Autor recherchierte ausführlich zur Thematik und belichtete diesen verändernden Tag von vielerlei Hinsicht.

„Die Nacht, als das Feuer kam“ stellt ein Sachbuch dar, welches einige trockene Seiten aufweist. Mich im Großen und Ganzen trotzdem beeindrucken konnte.

Like Reblog Comment
show activity (+)
review 2019-04-10 16:27
Rezension | Feuer und Blut - Erstes Buch von George R. R. Martin
Feuer und Blut - Erstes Buch: Aufstieg u... Feuer und Blut - Erstes Buch: Aufstieg und Fall des Hauses Targaryen von Westeros - George R.R. Martin,Andreas Helweg

Bereits Ende November 2018 erschien mit George R. R. Martins “Feuer und Blut” das erste Buch zu der Vorgeschichte des Hauses Targaryen und der Eroberung des Eisernen Thrones durch Aegon Targaryen. Die Fangemeinschaft der erfolgreichen “Game of Thrones” Reihe (dt. “Das Lied von Eis und Feuer”) erwartet sehnlichst die Fortsetzung des eigentlichen Epos und nun liefert der Autor eine fast 900 Seiten mächtige geschichtliche Abhandlung.

 

Mein Einstieg in die Welt von Westeros erfolgte vor dem heimischen Fernseher durch die erfolgreiche Serienadaption von HBO. Die zu Grunde liegenden Romane von George R. R. Martin dazu habe ich bisher nicht gelesen (möchte dies aber definitiv noch nachholen). Eigentlich dachte ich die Vorgeschichte über das Haus der Targaryen wäre für mich der perfekte Einstieg in die literarische Welt George R. R. Martins. Allerdings habe ich mich mit der Zeit etwas schwer mit diesem dicken Schinken getan und fühlte mich irgendwann schlichtweg erschlagen von zuviel Input.

Mir war von Anfang an bewusst, dass ich es bei “Feuer und Blut” nicht mit einem handelsüblichen Roman zu tun habe, sondern mit einer Chronik die mit der nüchternen Abhandlung der Ereignisse eher an ein Geschichtsbuch erinnert. Soweit so gut – immerhin bin ich ein großer Fan von J. R. R. Tolkien und mit vielen seiner Werke (so auch mit dem Silmarillion) bereits vertraut. Während mir der Einstieg in das Buch noch recht leicht fiel und ich vollkommen begeistert von Martins Aufbau der umfangreichen Familiendynastie war, umso schwerer wurde es für mich mit dem zunehmenden Voranschreiten in der Geschichte die unzähligen Namen (von denen zu meiner Verzweiflung einige auch gleich mehrfach vergeben wurden) nicht durcheinander zu bringen. Aus diesem Grund habe ich auch eine recht lange Zeit benötigt um mich durch diese Geschichte zu lesen, und dennoch habe ich das Gefühl nicht im Ansatz alle Zusammenhänge zu begreifen.

 

Die Eroberung des eisernen Throns durch Aegon war für mich tatsächlich sehr spannend und interessant, auch die ersten Nachfolger auf den Thron die sich alleine durch ihr Naturell sehr unterschieden, fesselten meine Aufmerksamkeit, jedoch spätestens beim Tanz der Drachen wurde es für mich als Einsteiger zu komplex. “Feuer und Blut” wird durch seine unglaublich hochwertige Aufmachung und den schönen schwarz-weiß Illustrationen von Doug Wheatley einen besonderen Platz in meinem Buchregal erhalten. Bestimmt werde ich das Buch in der Zukunft als Nachschlagewerk nutzen, denn diesen Sinn scheint es in meinen Augen eher zu entsprechen als dem eines Romans den man sich zum Zwecke der Unterhaltung widmet.

 

Fazit

 

Ein faszinierendes Werk, dass sich jedoch eher für die eingefleischte Game of Thrones Fan-Gemeinschaft eignet als für einen Einsteiger.

Source: www.bellaswonderworld.de/rezensionen/rezension-feuer-und-blut-erstes-buch-von-george-r-r-martin
Like Reblog Comment
show activity (+)
review 2019-03-19 09:28
Die Krux mit der Ich-Perspektive
The Sacred Lies of Minnow Bly - Stephanie Oakes

Stephanie Oakes‘ Debütroman „The Sacred Lies of Minnow Bly“ nahm einige Umwege, bis er veröffentlicht wurde. Während ihres Studiums sollte sie Gedichte zu einem Thema ihrer Wahl schreiben. Sie entschied sich für Märchen und stieß bei ihren Recherchen auf „Das Mädchen ohne Hände“. Die grausame Erzählung inspirierte sie, eine Märchenadaption zu schreiben. Zuerst konzipierte sie eine dystopische Version, die von Agent_innen und Verlagen allerdings abgelehnt wurde. Sie musste einsehen, dass ihre Geschichte nicht funktionierte. Die Rahmenbedingungen stimmten nicht: „The Sacred Lies of Minnow Bly“ verlangte nach einem realistischen Setting. Sie schrieb das gesamte Manuskript neu. Ihre Protagonistin Minnow, die Maid ohne Hände, wurde das Opfer einer Sekte im modernen Montana und das Buch endlich akzeptiert. Bei mir landete der Roman, weil mich die psychologischen Aspekte von Sekten interessieren.

 

Das Gefängnis macht der 17-jährigen Minnow Bly keine Angst. Angst machen ihr nur die dunklen Visionen ihrer Vergangenheit, besonders diejenigen dieser letzten Nacht. Der Nacht, in der ihr Heim niederbrannte.
Minnow lebte 12 Jahre in einer Sekte. Die Community war ihr Zuhause und alles, was sie kannte. Sie glaubte an die Worte des Propheten Kevin, an seine Erklärungen, an seine Weisheit und an seine strengen Regeln. Bis sie zu zweifeln begann und ihm nicht mehr glaubte. Als sie sich verliebte, erfuhr sie am eigenen Leib, wozu Kevin fähig war – und wozu sie selbst fähig ist. Minnow möchte am liebsten vergessen. Das Feuer. Die Toten. Doch sie muss sich ihren Erinnerungen stellen. Denn um eines Tages in Freiheit leben zu können, muss sie zuerst ihren Geist befreien.

 

Ich bin etwas zwiegespalten. „The Sacred Lies of Minnow Bly” ist ein spannender, eindringlicher Young Adult – Thriller, der mich fesselte und einige tiefgründige Themen anspricht, wie Identität, Glaube und freier Wille. Ich fand ihn gut. Aber ich glaube, er hätte noch besser sein können, hätte Stephanie Oakes auf Minnows Ich-Perspektive verzichtet.
Eingangs ist diese Wahl nicht hinderlich. Im Gegenteil. Durch Minnows Augen begreifen die Leser_innen schnell, dass sie sich in einer prekären Lage befindet. Sie hat etwas Schlimmes getan und ist vor etwas noch Schlimmerem davongelaufen. Außerdem offenbart sich bereits auf der ersten Seite Minnows auffälligstes äußerliches Merkmal: ihr wurden beide Hände amputiert. Sie landet in einer Vollzugsanstalt für jugendliche Straftäterinnen. Dort, im Gefängnis, beginnt ihre eigentliche Geschichte, die sie Stück für Stück in Rückblenden aufdröselt. Dadurch entsteht graduell ein bestürzendes Bild des subtilen Horrors der Community. Das Leben der Sektenmitglieder wurde allein vom selbsternannten Propheten Kevin bestimmt; sein Wort war Gesetz. Er befahl ein striktes Patriarchat, Polygamie und einschneidende Regeln, deren Übertretung heftige physische Strafen nach sich zog. Wie in Sekten üblich herrschte Kevin mit Zuckerbrot und Peitsche. Ich hätte jedoch gern erfahren, wie er seine Anhänger_innen ursprünglich von seinen Visionen überzeugen konnte und wie sich die Anfänge der Community gestalteten, denn Minnow erwähnt, dass sadistische Maßregelungen erst später Normalität wurden. Ich hatte mir eine fundierte psychologische Schilderung der komplexen emotionalen Vorgänge in einer Sekte erhofft – doch aus Minnows Ich-Perspektive war das nicht möglich, weil ihr diese nicht bewusst sind. Ich denke darüber hinaus, dass Stephanie Oakes Minnow übertrieben unabhängig charakterisierte, um ihren Leser_innen die Bindung zu erleichtern. Minnows frühe, intuitive Ablehnung der Glaubensgrundsätze der Community erschien mir unwahrscheinlich. Schwer vorstellbar, dass sie sich nach einer Indoktrinierung seit frühester Kindheit als einzige gegen Kevins Gehirnwäsche wehren konnte. Ein realistisches psychologisches Profil hätte allerdings Denk- und Verhaltensmuster involviert, die für die junge Zielgruppe des Romans kaum nachzuvollziehen gewesen wären. Deshalb entschied Oakes vermutlich auch, Minnows persönliche Entwicklung im Gefängnis im Zeitraffer zu zeigen. „The Sacred Lies of Minnow Bly“ umspannt etwa ein Jahr – ihr Aufarbeitungsprozess ist demzufolge verkürzt und klammert frustrierende Rückschläge weitgehend aus. Trotz der Vorteile des Settings, das Minnow mit begrenzten, kontrollierten Reizen konfrontiert, und kleinerer Rebellionen fügt sie sich zu nahtlos in ihr Schicksal. Meiner Meinung nach konnte Stephanie Oakes aus Minnows Innenperspektive das Potential ihrer Geschichte nicht völlig ausschöpfen, weil eine realitätsnahe Darstellung ihres emotionalen und psychologischen Zustandes das Mitgefühl ihrer Leser_innen behindert hätte. Minnow sollte eine Heldin sein, kein seelisches Wrack voller hässlicher Abgründe. Hätte Oakes hingegen eine auktoriale Erzählsituation gewählt, hätte sie Minnows Empfindungen durch äußere Faktoren relativieren können. Das hätte selbstverständlich mehr schriftstellerischen Aufwand bedeutet, doch ich bin überzeugt, dass sich dieser gelohnt hätte. Aus einem guten Buch hätte ein großartiges Buch werden können.

 

Ich kann jede Entscheidung, die Stephanie Oakes während des Schreibprozesses von „The Sacred Lies of Minnow Bly“ traf, nachvollziehen. Das Young Adult – Genre unterliegt nun einmal gewissen Beschränkungen, die die Autorin berücksichtigen musste. Sympathie für die Figuren ist obligatorisch. Ich verstehe, dass sie dieser keinesfalls im Weg stehen wollte. Ich zolle ihr Achtung dafür, dass sie das heikle Thema des Buches für ihre junge Leserschaft verdaulich gestaltete und sich an einer Märchenadaption in einem realistischen Rahmen versuchte. Daher bin ich von diesem Thriller nicht enttäuscht, obwohl meine Erwartungen nicht gänzlich erfüllt wurden. Ich hätte die Geschichte eben einfach anders aufgezogen. Aber ich bin ja auch nur die Leserin, nicht die Autorin.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2019/03/19/stephanie-oakes-the-sacred-lies-of-minnow-bly
Like Reblog Comment
show activity (+)
review 2019-03-02 12:06
Literarische Alpen-Mystik
Der Schnee, das Feuer, die Schuld und der Tod - Deutschland Random House Audio,Manuel Rubey,Gerhard Jager,Peter Matic

Österreich, 1950. Max Schreiber kommt in ein Tiroler Dorf, um ein Buch zu schreiben. Der Historiker interessiert sich für die Geschichte des Orts und sucht Anschluss zu den Bewohnern. Doch rasch wird ihm sein Dasein als Außenseiter bewusst, während er sich in eine junge Frau aus der Gemeinde verliebt.

"Der Schnee, das Feuer, die Schuld und der Tod" ist ein gewaltiger Roman, der leise wie eine Lawine abgeht und mit seiner Urgewalt den Leser mit seiner schweren Erzählung eiskalt erwischt.

Allein schon der Titel hat es mir angetan: "Der Schnee, das Feuer, die Schuld und der Tod“. Jetzt im Nachhinein liegt auf der Hand, dass es die Stationen der Erzählung sind. Der Autor arbeitet den Titel ab, und schafft es, während der gesamten Handlung, eine mystisch-packende Atmosphäre aufrecht zu erhalten. 

Die Geschichte von Max Schreiber beginnt gar nicht in Tirol, sondern in den USA der Gegenwart. Denn sein Cousin beschließt nach Tirol zu reisen, um dem Geheimnis von Schreiber auf die Spur zu kommen. Anhand Schreibers Aufzeichnungen im Landesarchiv, erfährt der Leser das Geschehen aus den 1950er-Jahren aus erster Hand. Man wird mit ihm gemeinsam in dem Bergdorf eingeschneit.

Die Rahmenhandlung um den alten Mann und seinen Cousin finde ich wunderbar. Autor Gerhard Jäger schafft damit einen herrlichen Gegenpol: das alte, moderne Leben aus den USA, trifft auf das junge Traditionelle in der Tiroler Alpenwelt. 

Max Schreiber findet sich in dem kleinen Bergdorf ein. Einerseits entflieht er auf diese Weise Wien, der Stadt, seinem Leben und den damit verbundenen Verpflichtungen. Andrerseits lässt er sich voll und ganz auf die Magie der Alpen und das dörfliche Leben ein.

Er sucht Anschluss im Wirtshaus, packt beim Holzarbeiten mit an, lässt sich öfter hinters Licht führen als gut für ihn ist, und merkt nicht, dass er sein Herz an eine junge Frau aus dem Dorf verliert. Diese zarte Liebe kann ihm gefährlich werden, weil ein Hiesiger schon längst sein Interesse bekundet hat.

Diese Erzählung, dieser Roman, sprüht über vor alpenländischer Mystik. Als Leser fühlt man den Zusammenhalt, das drückende Gewicht der Berge, den schweren Schnee, der zur bedrohlichen Lawine wird, die Liebe und ihr Feuer, die Schuld und den Tod, der mit dem Winter verbunden ist.

Die Erzählweise ist ruhig, behäbig und reißt mit seiner Tiefe den Leser mit. Sprachgewaltig gibt Gerhard Jäger langsam Schreibers Geheimnis preis, und lässt ihn auch nach dem Ende noch lange sinnieren. 

Obwohl Schreibers Geschichte und die Rahmenhandlung um seinen Cousin meistens nicht aufregend sind, bleibt man aufgrund der einnehmenden Stimmung dran. Ich musste wissen, wie es weitergeht. welchen nächsten Schritt Schreiber setzt, was er sich überhaupt dabei denkt, so zu handeln, und wie es letztendlich enden wird. Außerdem fand ich die Hintergründe interessant. Warum hat sich sein Cousin dazu entschlossen, im Alter von 80 Jahren zurück nach Österreich zu fliegen? Warum sitzt dieser alte Mann täglich im Innsbrucker Landesarchiv? Und was stellt er mit den damaligen Ermittlungsakten an?

All diese Fragen werden geklärt und die Antworten lassen mich teilweise sprachlos zurück. Denn am Ende bleibt ein gewaltiger Roman, der den Leser in die Mystik und das Leben der Tiroler Alpen führt, und eine tiefgründige Geschichte erzählt, die mich nicht kalt gelassen hat.

Source: zeit-fuer-neue-genres.blogspot.com
More posts
Your Dashboard view:
Need help?