Story:
Knapp 15 Jahre sind seit dem zweiten Weltkrieg vergangen, und Heinrich und Richard haben sich in Mainz ein gemeinsames Leben aufgebaut. Trotz des hohen Risikos durch den Paragraphen 175 leben sie gemeinsam in einem kleinen Haus inklusive Fotogeschäft, das von Heinrich betrieben wird. Nach außen hin sind sie lediglich Freunde; keiner ahnt, dass ihre Wohnungen miteinander verbunden sind. Allerdings läuft ihr gemeinsames Leben längst nicht so idyllisch – während Heinrich sich mehr und mehr in seiner Fotografie verliert und darüber seinen Partner vergisst, freundet sich Richard mit seiner Referendarin Ruth an, die sich schon bald in ihn verliebt. Immer häufiger kommt er zwischen den beiden Männern zum Streit und als auch noch Siegfried aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrt, geraten beide in das Visier des ehemaligen Soldaten. Denn Heinrichs ehemaliger Vorgesetzter hat mit beiden noch eine Rechnung offen und setzt alles daran einen Schwachpunkt im Leben der Beiden zu finden …
Eigene Meinung:
Mit dem Roman „Späte Rache“ setzt die Autorin Andrea Conrad ihren Roman „Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz“ rund 15 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg fort. Im Mittelpunkt steht einmal mehr die Beziehung zwischen Heinrich und Richard, allerdings müssen sich die beiden Männer dieses Mal eher ihren eigenen Problemen stellen, anstatt es mit einem “übermächtigen Gegner“ zu tun zu bekommen.
Die Geschichte spielt Mitte der 50er Jahre, während der Konrad-Adenauer-Zeit. Die schlimmsten Überbleibsel des Krieges sind verschwunden, die Menschen berappen sich allmählich wieder und der Alltag kehrt zurück. Auch für Heinrich und Richard ist eine ruhige Zeit angebrochen, allerdings leben sich die beiden mit jeder Seite weiter auseinander. Aussprachen gibt es nicht, immer wieder wird gesagt, dass sie dringend miteinander reden müssen, jedoch kommt es in „Späte Rache“ nicht wirklich dazu. Stattdessen werden die Wochen zusammengefasst, bis der nächste Streit kommt oder Siegfried einen erneuten kurzen Auftritt hat.
Dies ist eines der großen Mankos am Buch: es passiert nichts. Die Handlung wird nur durch die Tatsache vorangetrieben, dass Heinrich und Richard nicht miteinander reden. Siegfried taucht auf und bedroht Heinrich, dieser schweigt. Richard wird von dem rachsüchtigen Mann angefahren, anstatt eines Gesprächs kommt es zum nächsten Streit (obwohl Richard blutend vor Heinrich steht). Immer wieder werden die Figuren um eine Aussprache gebracht, nur damit Siegfried länger die dunkle Gefahr im Hintergrund bleiben kann. Mit der Zeit nervt dieser Aspekt ungemein, ebenso wie die Tatsache, dass sich Heinrich und Richard vornehmen, sich miteinander auszusprechen und man im nächsten Absatz in einem Nebensatz erfährt, dass es (mal wieder) nicht geklappt hat.
Hinzu kommen eine Menge Logiklöcher, die dieses Mal zahlreicher vorhanden sind, als in „Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz“. Ganz besonders das Ende wirkt absolut an den Haaren herbei gezogen und unglaubwürdig. Samuels Plan (der nicht wirklich diesen Begriff verdient) um Siegfried auszuschalten ist einfach nur paradox. Inzwischen hat dieser so viele Straftaten begangen (Erpressung, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Drohung), dass man sich wirklich wundert, warum sie ihn auf eine solch unsinnige Art zur Strecke bringen. Es passt einfach gar nicht zusammen und man fragt sich, wozu man überhaupt knapp 200 Seiten gelesen hat, wenn das Buch auf solch seltsame Art und Weise endet.
Auch die Figuren können da nichts retten – Heinrich und Richard bleiben ungemein blass, obwohl die Geschichte zu 80 aus ihrer Sicht erzählt wurde. Mitunter sind sie wirklich unsympathisch, da es ihnen nicht gelingt miteinander zu reden. Gerade Richard, der sich im Laufe der Geschichte Ruth zuwendet, wird von Seite zu Seite fremdartiger und agiert immer seltsamer. Auch Heinrich bekleckert sich dahingehend nicht mit Ruhm. Zudem fragt man sich zwangsläufig, ob die beiden außer Ernst keine weiteren Freunde haben. Während Siegfried einen Kollegen nach dem nächsten um Hilfe bittet, wirken Heinrich und Richard wirklich verloren, da sie kaum einen Ansprechpartner haben. Sicherlich ist da Ruth (die jedoch auch nicht wirklich liebenswert daherkommt) und Richards Schwester Silke, aber ansonsten gibt es da kaum Leute, mit denen sich die beiden treffen.
Stilistisch ist „Späte Rache“ Geschmackssache – die unendlich vielen Perspektivwechsel mitten in den Absätzen erschweren das Lesen ungemein und sind gravierende Stilfehler. Das ist bereits im ersten Band aufgefallen und zieht sich leider auch durch die Fortsetzung. Andrea Conrad hat dabei eigentlich ein gutes Gefühl für Sprache und Beschreibungen, lediglich am Ausdruck, Stil und den Grundlagen hapert es. Was auch negativ auffällt sind dieses Mal die Erotikszenen. Wären diese dem Genre entsprechend in schwuler Richtung vorhanden, würde dies gar nicht auffallen, jedoch beschreibt die Autorin recht explizit den Akt zwischen Siegfried und einer Hure. Das ist im Grunde nicht schlimm, hat in einem Gay Roman jedoch nichts zu suchen, insbesondere wenn die Szenen zwischen Heinrich und Richard stets abgeblendet werden. Das wirkt extrem unpassend in einem schwulen Roman.
Fazit:
Auch mit „Späte Rache“ kann Andrea Conrad leider nicht überzeugen. Die Geschichte zieht sich ungemein, die Charaktere bleiben sehr blass und unnahbar und das unglaubwürdige, chaotische Ende setzt dem Ganzen die Krone auf. Zusammen mit dem mittelmäßigen Schreibstil, der durch viele grammatikalische Fehler und Perspektivsprünge besticht, möchte man das Buch am liebsten nach dem ersten Drittel aus der Hand legen. Schade – die Thematik bietet viele Ansatzmöglichkeiten und Optionen, doch leider wird davon nur wenig ausgeschöpft. Wem „Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz“ gefallen hat, der sollte einen Blick riskieren, alle anderen sollten nach anderer Lektüre Ausschau halten.
Story:
Der Jude Richard und der SA-Angehörige Heinrich lernen sich im Mainzer Umland im Jahr 1933 unter denkbar ungünstigen Umständen kennen: Heinrich erwischt Richard mit dem Auto und verletzt das Bein des jungen Juden so schlimm, dass dieser nie wieder richtig laufen können wird. Während Richards Genesung lernen sich die beiden besser kennen und schon bald entwickelt sich aus ihrer Freundschaft mehr. Als die Glocken Sturm läuten und sich die Situation für die Juden in Deutschland verschlimmert, steckt Heinrich in einer Zwickmühle fest: als Mitglied der SA sollte er die Juden ebenso hassen wie sein Sturmführer Siegfried, der ihm mit seinen drakonischen Maßnahmen das Leben schwermacht. Allerdings ist das Gegenteil der Fall: er liebt Richard und schätzt dessen Familie sehr. Als sich die Lage zuspitzt, drängt er Richard Deutschland zu verlassen, doch diesem fällt es schwer seiner Heimat den Rücken zu kehren und Heinrich zurückzulassen …
Eigene Meinung:
Der im Himmelsstürmer Verlag erschienene Roman „Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz“ stammt von der Binger Autorin Andrea Conrad und stellt ihr Debüt dar. Er erschien 2013 und wurde mit dem Roman „Späte Rache“ fortgesetzt, der in den 50er Jahren spielt und die Geschichte von Heinrich und Richard fortführt.
Andrea Conrad hat sich kein einfaches Thema für ihr Debüt gesucht – der zweite Weltkrieg ist auch ohne das Thema Homosexualität nicht einfach und erfordert viel Recherchearbeit, um die Zeit mit all ihrem Schrecken, den sozialen Problemen und den gesellschaftlichen Abgründen darzustellen. Eine Liebesgeschichte zwischen einem SA-Angehörigen und einem Juden glaubhaft und nachvollziehbar darzustellen ist daher ein Akt, der nicht einfach zu bewerkstelligen ist. Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass der Autorin dieses Kunststück nur teilweise gelingt und viele Aspekte und Hintergrundereignisse zugunsten der Liebesgeschichte zwischen Heinrich und Richard auf der Strecke bleiben. Das mag Geschmackssache sein, doch es fällt durchaus störend ins Gewicht, dass viele historische Fakten nicht ganz stimmig sind. Das beginnt bei Kleinigkeiten, wie die Tatsache, dass Richards Familie zwar ein Weingut besitzt, aber scheinbar keine Mitarbeiter, die bei der täglich anfallenden Arbeit helfen, Heinrichs seltsame Beweggründe in Deutschland zu bleiben und endet bei den etwas übertriebenen Darstellungen, was die Flucht der Familie betrifft. Natürlich wurde die Situation für die Juden in Deutschland schlimmer – aber 1933 konnte sie noch problemfrei aus Deutschland fliehen. Erst später wurden die Maßnahmen im Zuge der Massenvernichtung verschärft und eine Flucht war nur noch auf solch kompliziertem Wege möglich, wie es in „Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz“ beschrieben wird.
Dadurch ist die Geschichte nicht wirklich logisch aufgebaut, denn oftmals legt die Autorin die Konzentration zu sehr auf die beiden Hauptcharaktere und deren Beziehung. Viele Aspekte werden nicht behandelt oder nur grob zusammengefasst, sei es Heinrichs Training unter seinem Sturmführer, die historischen Ereignisse oder Richards Arbeit auf dem Weingut. Demzufolge kommt auch kaum Spannung auf, da das gesellschaftliche und soziale Umfeld kaum beleuchtet wird und die Gefahr, die das beginnende Nazi-Regime bedeutet, für den Leser nicht greifbar ist.
Auch die Charaktere sind nicht immer nachvollziehbar. Richard ist sehr verweichlicht, fast schon mädchenhaft. Seine Art geht einem im Laufe der Zeit auf den Geist, weil er einfach zu inaktiv bleibt und kaum selbst das Ruder in die Hand nimmt. Da sind dessen Schwester Silke und sogar sein Bruder Samuel schon sympathischer und wesentlich greifbarer. Es ist schade, dass Richard ein so schwacher Charakter geworden ist, der sich zumeist retten oder treiben lässt. Aus diesem Grundnimmt man ihm auch die Liebe für Heinrich nur schwer ab, da es mehr wirkt, als passe er sich einfach er Situation an und hänge sein Fähnchen nach dem Wind.
Im Gegenzug dazu hat man bei Heinrich das Problem, deine Beweggründe nicht verstehen zu können. Allen voran die Tatsache, dass er in Deutschland bleibt, obwohl er seinen Vater hasst, das System verabscheut, einen Juden liebt und für seine Homosexualität bereits halb am Pranger stand. Das Geld, das ihm der Adelstitel seiner Familie einbringt, erscheint mir kein ausreichender Grund zu sein, sich seinem Vater so unterzuordnen und Richard und dessen Schwester allein gen England ziehen zu lassen. Ab der Hälfte fragt man sich auf jeder Seite (!), warum er sich nicht den Geschwistern anschließt und Deutschland ebenfalls verlässt! Es gibt einfach keinen glaubhaften Grund, weswegen er zurückbleiben sollte.
Auch stilistisch bereitet „Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz“ Probleme. Andrea Conrad hat einen sehr gewöhnungsbedürftigen Schreibstil, mit dem man nur teilweise zurechtkommt. Am schwersten wiegen die unendlich vielen Perspektivwechsel, teilweise binnen weniger Sätze und Abschnitte. Immer wieder fliegt man aus der Geschichte, weil die Handlung urplötzlich aus einer anderen Sichtweise beschrieben wird und die Autorin die Gefühlswelt einer anderen Figur in den Vordergrund stellt. Im Grunde wäre dies nicht schlimm, wenn kapitelweise eine andere Person im Zentrum steht, aber hier wird so oft gewechselt, dass man mitunter keine Ahnung mehr hat, wer was denkt und fühlt. Zudem nimmt sie Spannung raus, indem sie schon vorher offenbart, wer für die ein oder andere Katastrophe verantwortlich ist.
Fazit:
„Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz“ ist ein engagiertes und ambitioniertes Projekt von Andrea Conrad, das jedoch nicht überzeugen kann und die Zeit des beginnenden dritten Reiches nur unzulänglich näherbringt. So spannend und faszinierend die Grundidee ist, 200 Seiten sind einfach nicht ausreichend, um eine derartige Geschichte glaubhaft und logisch zu erzählen. Es mangelt an Tiefgang, historischer Genauigkeit und Tiefgang, ebenso wenig kann man die Charaktere nachvollziehen. Schade …