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review SPOILER ALERT! 2021-08-06 19:36
Totenrausch von Bernhard Aichner, Blum #3
Totenrausch: Thriller (Die Totenfrau-Trilogie, Band 3) - Bernhard Aichner

Blum ist weiter auf der Flucht mit ihren beiden Töchtern. Da geht sie einen Deal mit einem Hamburger Zuhälter namens Schiele ein: ein Mord gegen gefälschte Papiere. Monate später fordert er die Schuld ein.

Totenrausch ist leider eine ziemliche Enttäuschung.

Da wäre einerseits mal die Handlung für sich genommen, die mal wieder jenseits der Grenze des Glaubwürdigen spielt. Klar, Deals werden jeden Tag gemacht... aber es ist nicht so, dass Blum vollkommen am Ende war und nirgends anders untergekommen wäre. Schließlich hat sie's ja auch geschafft, schwarz bei einem Bestatter zu arbeiten. Und der hat sicher nicht ihre Papiere gecheckt. Dafür kriegt man seitenlang zu lesen, wie entsetzt Blum doch ist, dass der Unterweltkönig von Hamburg ihre Schuld einfordert. Und man soll auch noch glauben, dass sie, die Menschen grausamst getötet hat, plötzlich Gewissensbisse bekommt - in einer Situation, in der es (auch) um das Wohl ihrer Kinder geht? Und dass sie irgendeinen dahergelaufenen Nachbarn/Pseudofreund quasi über ihre Kinder stellt, indem sie versucht, seinen Tod zu fingieren, während die Mädchen in der Gewalt von Schiele sind? Das passt nicht zusammen. Dann ist da noch der Polizist, der sie morden lässt, weil er selbst eine Vorgeschichte mit Schiele hat...

Dazu kommen die Details, die kaum Sinn machen. So ist Blums Bestattungshelfer (und Geliebter) Reza in Totenhaus unter Mordverdacht verhaftet worden. Jetzt taucht er zum besten Zeitpunkt auf und meint, die Verdächtigung sei fallengelassen worden... Überhaupt ist der fehlende Zusammenhalt innerhalb der Trilogie ein Riesenproblem besonders in Totenrausch. Ich habe nämlich nicht den Eindruck gewonnen, dass mit diesem Teil die Geschichte fertig erzählt ist. Weder Blums noch die Situation der Mädchen hat sich einen Deut geändert (außer geographisch) vom Prolog zum Epilog. Ja, Reza ist an ihrer Seite, die Bande zu Innsbruck in Form ihres Schwiegervaters zerbrochen, da er angenehmerweise einfach mal so stirbt. Und kein Ermittler kommt auf die Idee, die Onlinegedenkkerzen nachzuverfolgen - nur Reza, der sie so recht schnell findet. Toll. Aber sonst? Was passiert, wenn im nächsten Hafen wieder jemand Blum erkennt? Fängt das Morden von Neuem an?

Ich hege ja den Verdacht, dass Totenfrau ursprünglich nicht auf eine Trilogie ausgelegt war, Totenfrau aber so einen Erfolg einfuhr, dass halt mal 2 Teile hinten nach gelegt wurden. Zum Schaden der Charaktere, besonders Blums, die irgendwie ohne Männer gar nichts mehr hinkriegt und naiv bis zum geht nicht mehr ist, und auch der Einzigartigkeit des Erzählstils. Totenfrau jedenfalls ließ mich noch gefesselt zurück - Totenrausch nur mehr enttäuscht und desillusioniert. Schade. Von wegen "Alles ist gut".

 

PS: Warum zu jedem Kapitelwechsel mindestens 2, manchmal 4 Leerseiten sein müssen, ist nicht ganz ersichtlich, zieht sich aber auch schon durch die gesamte Trilogie. Und warum Blums Schwiegervater Blum mit Nachnamen heißt, erschließt sich mir auch nicht. Aber das sind mal Nitpicks am Rande.

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review SPOILER ALERT! 2021-07-15 12:41
Das schwarze Band von Alex Beer, Emmerich #4
Das schwarze Band - Alex Beer

Wien, Juli 1921. Mitten in einer Hitzewelle werden Emmerich und Winter zu einem Tatort mit 2 Frauenleichen gerufen - 2 Prostituierte wurden ermordet, eine 3. scheint auf der Flucht zu sein. Da Emmerich mal wieder wegen Beleidigung des Bundeskanzlers in Ungnade gefallen ist, muss er just zu diesem Zeitpunkt in eine Disziplinarschulung und Winter mit den Ermittlungen im Rotlichtmilieu alleine lassen. Doch auch sein Seminar stellt sich als bald als komplizierter dar, als es ihm lieb ist.

Dies ist der 4. Roman der Emmerich-Reihe. Wie immer zeichnet Beer ein hochinteressantes Bild der Nachkriegsgesellschaft zwischen bitterer Armut und offen gezeigter Dekadenz, zwischen junger verachteter Demokratie und dem Schwelgen in Monarchie-Erinnerungen und -Fantasien. In diesem Fall wird alles miteinander verwoben, heraus kommt ein spannend zu lesender Roman, wenn gleich auch der letztendliche Rädelsführer zu offensichtlich ist.

Aufgewogen wird dies allerdings durch die persönlichen Seiten, denn sowohl über Winter, der zumindest in Ansätzen diesmal alleine ermitteln darf, als auch über Emmerich erfährt man mehr. Dazu inkludiert Emmerich Winter immer mehr in seine kleine Familie, die irgendwie auch den Schmuggler/Neo-Politiker Kolja mitumfasst. Ich hoffe auch, dass Irina gekommen ist, um zu bleiben.

Beer vermag es spielend, ihren Figuren immer neue Facetten zu geben, aber auch schon bekannte weiter auszuarbeiten. Man lebt mit mit Winter, der sich endlich beweisen will, und Emmerich, der sein Leben als alleinerziehender Vater, Kriminalinspektor, Mentor für Winter und die Suche nach seiner Herkunft irgendwie jonglieren will. Und genau davon leben diese Romane! Natürlich werden auch die Fäden zu Band 5 gelegt, der im Herbst 2021 erscheinen soll - ich freu mich jedenfalls schon drauf.

Der einzige kleine Kritikpunkt betrifft die Edition: Das Taschenbuch umfasst 348 Seiten - aufgrund der verwendeten Schriftgröße und des Zeilenabstands hätte man hier durchaus auch auf 250 Seiten reduzieren können... Es muss ja nicht unbedingt ein größerer Umfang vorgegeben werden, als im Endeffekt da ist. Leider fiel mir das aber auch schon bei anderen Beer-Romanen auf.

Fazit: spannend, mitreißend... die Emmerich-Serie zeigt bislang keine Abnutzungserscheinungen. So soll's sein!

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review 2020-05-20 22:45
Podcast #184 is up!
The Radio Right: How a Band of Broadcasters Took on the Federal Government and Built the Modern Conservative Movement - Paul Matzko

My latest podcast is up on the New Books Network website! In it, I interview Paul Matzko about his book examining the emergence of right-wing radio in the 1950s and the federal government's response to it. Enjoy!

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review 2020-02-25 11:47
Mein Herz schweigt
Blood Song - Anthony Ryan

Anthony Ryan schreibt unter einem Pseudonym. Ich konnte nicht herausfinden, wie der britische Autor tatsächlich heißt, aber ich habe erfahren, dass er sich zu diesem Schritt entschied, weil er während der Entstehung seines Debüts „Blood Song“ als Beamter arbeitete. Parallel zu seinem Job studierte er damals zusätzlich in Teilzeit mittelalterliche Geschichte, weshalb sechseinhalb Jahre vergingen, bis er seinen Roman fertigstellte. Seine Arbeit war zuerst jedoch nicht von Erfolg gekrönt: er fand keinen Agenten. Daher beschloss er, „Blood Song“ im Selfpublishing zu veröffentlichen. Das Buch wurde von der Leserschaft begeistert aufgenommen und weckte dadurch das Interesse des Verlagsriesen Penguin, der Ryan einen Vertrag über drei Bücher anbot – die Geburtsstunde der Trilogie „Raven’s Shadow“. Ende gut, alles gut.

 

Nach Jahren der Gefangenschaft erblickt der berüchtigtste Häftling des Alpiranisches Reiches wieder die Sonne. Vaelin Al Sorna weiß, dass er nur befreit wurde, um zu sterben. Ein Schiff soll ihn auf die Meldeneischen Inseln bringen, wo er ein gnadenloses Duell auf Leben und Tod ausfechten wird. Auf seiner Reise begleitet ihn der kaiserliche Geschichtsschreiber Verniers, der nicht widerstehen kann, den Hoffnungstöter persönlich zu befragen. Vaelin erzählt ihm seine Geschichte. Er berichtet von seiner Kindheit und Ausbildung im strikten Sechsten Orden der Vereinigten Königslande, seiner Zeit als Glaubenskämpfer, den Kriegen als Schwert des Königs und dem Blut an seinen Händen. Doch sein größtes Geheimnis behält er für sich: die mysteriöse Macht, die in seinen Adern flüstert und ihn lehrt, zu sehen. Er kann nicht riskieren, Verniers einzuweihen, denn hinter dem Gewebe der Welt giert eine bösartige Kreatur danach, die Kontrolle über die gesamte Menschheit an sich zu reißen. Vaelin ist der einzige, der ihre Pläne vereiteln kann. Er ist der Rabenschatten. Sein Lied ist noch nicht gesungen.

 

Zwischenzeitlich dachte ich, ich würde es niemals fertigbringen, „Blood Song“ zu rezensieren. Ewig habe ich auf diesem Trilogieauftakt herumgedacht, habe versucht, ihn auseinanderzunehmen und meine Gefühle beim Lesen zu analysieren. Wieder und wieder nahm ich Anlauf. Wieder und wieder rannte ich gegen eine Wand und holte mir eine blutige Nase. Möglicherweise habe ich irgendwann sogar meinen Laptop angeschrien und das Buch gedanklich als fieses, gemeines Biest betitelt, weil ich keinen Ansatz fand, immer wieder abrutschte und mit allem, was ich (digital) zu Papier brachte, unzufrieden war. Ich musste mich fragen, was da los war, warum ich so fürchterlich blockierte. Ich verrate es euch: ich verstrickte mich immer tiefer in meiner Frustration, weil ich den Auftakt der „Raven’s Shadow“-Trilogie besser bewerten wollte, als er ist. Ja, das klingt hart, ich weiß. Doch in meiner aktuellen Lage hilft nur brutale Ehrlichkeit. „Blood Song“ ist kein schlechtes Buch, das möchte ich klarstellen. Ich freue mich für alle, die die Lektüre begeistert genossen und will absolut nicht abstreiten, dass Anthony Ryan einen guten Job machte, als er es völlig im Alleingang schrieb und veröffentlichte. Aber sehen wir den Tatsachen ins Auge: ich hätte keine Schwierigkeiten, diesen Roman zu besprechen, hätte er bei mir mehr Eindruck hinterlassen. Meiner Meinung nach ist „Blood Song“ ganz stinknormale, durchschnittliche High Fantasy. Die Euphorie, die offenbar viele Rezensent_innen dafür empfinden, teile ich nicht. Ich sehe darin nichts Besonderes und erst recht keine Offenbarung. Es enthält einige interessante Ideen und leitet eine verschachtelte, komplexe Geschichte ein, die der perfekte Nährboden für zahlreiche spannende Konflikte ist – das ändert jedoch nichts daran, dass mich Ryans blutleerer Schreibstil emotional nicht abholte. Ich empfand keine Leidenschaft, kein Feuer und habe die meisten Entwicklungen distanziert hingenommen. Mein Interesse war stets rein intellektueller Natur; beispielsweise wollte ich natürlich herausfinden, wie Ryan die Rahmenerzählung der Gegenwart, in der sein Protagonist Vaelin Al Sorna als Gefangener des Alpiranischen Reiches auf die Meldeneischen Inseln verschifft wird und ein langes Gespräch mit dem kaiserlichen Historiker Verniers führt, mit der Binnenhandlung der Vergangenheit, die Vaelins Werdegang detailliert beschreibt, zusammenführt. Ebenso nahm ich das interessante Worldbuilding, das die Kultur des mittelalterlichen Europas mit den religiösen Merkmalen eines Ahnenkults kombiniert, wohlwollend zur Kenntnis. Dennoch funkte es nicht, weil ich nicht an Vaelin herankam, der so wenig in Kontakt mit seinen Gefühlen steht, dass er auch mir den Zugang verwehrte. Ohne eine emotionale Bindung an die Hauptfigur las sich „Blood Song“ für mich spröde und abstrakt. Nicht einmal ich kann rund 600 Seiten High Fantasy bejubeln, wenn mein Herz schweigt.

 

Die High Fantasy nimmt in meiner Lesewelt eine Sonderrolle ein. Es ist mein Lieblingsgenre, für das ich – zugegeben – gern mal ein Auge zudrücke. Meine Erfahrung mit „Blood Song“ beweist allerdings, dass selbst ich Grenzen habe und gewisse Mindestanforderungen erfüllt sein müssen, um diese Nachsicht zu rechtfertigen. So gern sich mein Kopf durchsetzen wollte und mir immer wieder vorbetete, in welcher Hinsicht der Auftakt der „Raven’s Shadow“-Trilogie bemerkenswert ist, gegen die Stimme meines Bauches, den ich als Sprachrohr meines Herzens interpretiere, konnte er nicht bestehen. Ist der Bauch unglücklich, bin ich es auch. Selbstverständlich ist es schade, dass „Blood Song“ bei mir nicht die Reaktion auslöste, die ich mir wahrscheinlich ebenso wünschte wie der Autor Anthony Ryan, doch entschuldigen werde ich mich dafür nicht, denn meiner Ansicht nach war nicht ich das Problem. Hätte Ryan nur ein klein wenig mehr Wert auf die emotionale Ebene seiner Geschichte gelegt, hätte er mich gehabt. Ich werde sehen, ob ihm das in der Fortsetzung „Tower Lord“ besser gelingt.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2020/02/25/anthony-ryan-blood-song
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review 2020-02-18 11:02
Ein Märchen in Weiß, Schwarz und Rot
Red Queen - Christina Henry

„Red Queen“, die Fortsetzung der „Chronicles of Alice“ von Christina Henry, ist keine weitere Adaption von „Alice im Wunderland“. Zwar enthält der zweite Band einige Reminiszenzen an Carrolls Kinderbuchklassiker, aber für die Handlung bezog Henry ihre Inspiration hauptsächlich aus dem norwegischen Märchen „Östlich von der Sonne und westlich vom Mond“, das an „Die Schöne und das Biest“ erinnert und mir gänzlich unbekannt war. Darin geht es um einen verfluchten Prinzen, der sich tagsüber in einen weißen Bären verwandelt und von seiner Auserwählten davor bewahrt wird, eine abscheuliche Trollin heiraten zu müssen. Henry mochte die Umkehr des Rettungsmotivs und entwickelte für „Red Queen“ eine Variante, in der ihre Alice erneut zur Heldin wird.

 

Nach den furchtbaren Ereignissen in der Altstadt hegt Alice nur einen Wunsch: sie träumt von einem idyllischen Leben, das die grausamen Wunden ihrer Vergangenheit heilt. Hatcher wird jedoch erst Frieden finden wird, wenn er mit seiner Tochter vereint ist, die ihm vor langer Zeit gestohlen wurde. Auf der Suche nach ihr bereisen Alice und Hatcher eine verdorrte, tote Welt, stets geleitet von seinen zerbrochenen, unvollständigen Erinnerungen, die die beiden zum Reich der verrückten Weißen Königin führen. Seit Generationen kontrolliert sie das Land mit ihren niederträchtigen Zaubern in einem nicht endenden Krieg mit dem Schwarzen König. Will sie ihr gegenübertreten, muss Alice lernen, ihre eigenen Kräfte zu akzeptieren und zu nutzen. Doch allein wird es ihr nicht gelingen. Sie braucht Hilfe. Die Hilfe der mächtigen Roten Königin…

 

Es ist deutlich spürbar, dass „Alice im Wunderland“ und „Alice hinter den Spiegeln“ Christina Henry nicht als primäre Inspirationsquellen für „Red Queen“ dienten. Ich wusste während der Lektüre nicht, dass sie sich stark an „Östlich von der Sonne und westlich vom Mond“ orientierte, aber ich musste es auch nicht wissen, um zu erkennen, dass der zweite Band eher den Regeln eines Märchens folgt als Lewis Carrolls weltberühmten Romanen. Viele Szenen verlangen von Alice und Hatcher, Versuchungen zu widerstehen und enthalten Elemente und Motive, die eindeutig eine märchenhafte Qualität aufweisen und moralische Botschaften vermitteln. Dadurch ist „Red Queen“ weniger düster, blutig und explizit gewalttätig. Der Horroraspekt der Geschichte äußert sich durch subtilen Psychoterror und versteckte Gefahren, denn die Weiße Königin, die Christina Henry als Antagonistin positioniert, ist eine Verführerin, die gezielt mit den sündigen Sehnsüchten der Menschen spielt. Ich fand es schade, dass Henry folglich bewusst auf die verdrehte, brodelnde Atmosphäre des ersten Bandes „Alice“ verzichtete. Dennoch verstehe ich ihre Entscheidung, den Fokus der Fortsetzung zu verschieben, voll und ganz. „Red Queen“ schildert im Gegensatz zu „Alice“ nicht länger den nackten Überlebenskampf der Protagonistin Alice. Vielmehr stellt Henry sie vor die schwierige Aufgabe, herauszufinden, wer sie nach all dem Leid, das ihr angetan wurde, sein möchte und wie sie mit ihren beängstigenden Erinnerungen umgehen kann. Die erwachte Heldin muss sich neu erfinden. Hinsichtlich ihrer Entwicklung ist der zweite Band dementsprechend bemerkenswert schlüssig und plausibel; Stück für Stück baut Alice ihre Identität um den tiefliegenden Kern ihrer Persönlichkeit herum auf, den sie passenderweise „Aliceness“ tauft. Dafür benötigt sie selbstverständlich Stimuli und ihre einzigartige Beziehung zu Hatcher eignet sich hervorragend, um ihre fortschreitende Metamorphose sanft zu steuern und als aktiven Prozess darzustellen. Als Hatcher in die Fänge der Weißen Königin gerät, fällt es Alice zu, seine Rettung in die Hand zu nehmen. Sie muss sich nicht nur mit ihren Kräften, sondern auch damit auseinandersetzen, was sie für ihn empfindet und was er ihr bedeutet. Mir erschien ihre Verbindung außergewöhnlich verständnisvoll und freiheitsorientiert. Sie sind eines dieser Paare, die einander wirklich besser machen, die Kraft aus ihren zärtlichen Gefühlen schöpfen, ohne einander in ein Korsett der Erwartungen zu zwängen. Da sie beide schwer traumatisiert sind, fordern sie niemals mehr, als der/die andere zu geben bereit ist. Es war herzergreifend, sie zusammen zu erleben. Leider hatte die Konzentration auf Alice allerdings den Nachteil, dass sie den Nebencharakteren die Show stiehlt und diese beinahe ausschließlich als Motivation ihres persönlichen Wachstums fungieren. Besonders die beiden Königinnen erhielten nicht die Auftritte, die ihnen angesichts ihres gewaltigen literarischen Erbes meiner Meinung nach zugestanden hätten. Daher wirkten einige Handlungsstränge etwas verwaist und inkonsequent umgesetzt. Ich begreife natürlich, dass sich „Red Queen“ ganz um Alice drehen sollte, doch ein runderes Gesamtbild hätte mir trotzdem besser gefallen.

 

Ich fand „Red Queen“ nicht ganz so gut wie „Alice“. Es ist eine Fortsetzung, die die Stärken des ersten Bandes absichtlich hinter sich lässt, um ein neues Kapitel aufzuschlagen. Die Entfernung von Lewis Carrolls Originalen war zu erwarten und logisch, aber für mich war es schwierig, mich damit abzufinden, dass die Protagonistin Alice Abenteuer erlebte, die eher an ein Märchen erinnerten. Ich vermisste vor allem die hypnotische Atmosphäre, die mich im ersten Band fesselte. Der grundlegende Tenor von „Red Queen“ ist wesentlich zahmer und weniger bedrohlich, wodurch ich das Gefühl hatte, dass Christina Henry auf genau den Aspekt verzichtete, der mich außerordentlich begeisterte. Obwohl mich die Entwicklung freute, die Alice erfährt, war ich deshalb etwas enttäuscht von „Red Queen“. Ich setze nun große Hoffnungen in die Novellensammlung „Looking Glass“, die im April 2020 erscheint und in der Henry einige ungeklärte Fragen zu Alices und Hatchers Geschichte beantwortet. Vielleicht erhalte ich dann doch noch die Chance auf einen zweiten Sturz durch das Kaninchenloch.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2020/02/18/christina-henry-red-queen
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