Ian McEvan gelingt ein furioser Start in den Roman. Die Geschichte handelt von einem Waisen, der bereits in der Jugend die Eltern seiner stark pubertierenden Freunde "übernimmt" und sich von diesen als neues Objekt der Fürsorge ordentlich bemuttern läßt. Vor dem Hintergrund historischer Ereignisse wie beispielsweise der Fall der Berliner Mauer erzählt der mittlerweile erwachsene verwaiste Ich-Erzählter größtenteils die Geschichte seiner verfeindeten, von seiner Frau übernommenen Schwiegereltern, sowohl in der Gegenwart als auch vom Hörensagen aus der Vergangenheit.
Die Geschichte klingt hervorragend, ist aber dennoch nur so mittelmäßig gut, dass ich mich nicht gewundert habe, diesen Roman von McEvan nicht zu kennen. Da ich speziell von diesem Autor mehr gewöhnt bin, war ich etwas enttäuscht. Sie hat eigentlich alles: Gute Ausgangssituation, ein Drama in der Vergangenheit, gute Sprache, einen brillianten Analytiker menschlicher Gefühle... und kommt dennoch nicht in Schwung. Schon von der ersten Seite an wird eine Szene zwischen den frisch verlobten Schwiegereltern beschworen, die bis zum Ende nicht erzählt wird und die den eigentlichen Wendepunkt im Leben des Paares darstellen soll. Sowas hasse ich ohnehin - die permanente Ankündigung eines wichtigen Ereignisses, das dann am Ende sowieso nicht den in die Höhe geschraubten Erwartungen entspricht. Auch die Story wirkt durch die vielen Schauplätze und Rückblenden etwas verfahren. Mir hat der Rote Faden gefehlt. Ach ja und die Aussage - naja worauf der Autor wirklich hinauswill, konnte ich nicht ganz nachvollziehen.
Fazit: Ganz gut aber muss man nicht lesen.