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review 2017-11-21 10:29
Der Zauber ist ungebrochen
London: Ein Uralte Metropole Roman - Christoph Marzi

Die „Uralte Metropole“ von Christoph Marzi war für meine Entwicklung als Leserin ebenso wichtig wie „Harry Potter“. Die vier Bücher rund um das Waisenmädchen Emily Laing und die magische Stadt unter London prägten mich maßgeblich. Seit ich sie das erste Mal als Teenager las, bin ich immer wieder zu dieser bezaubernden Geschichte zurückgekehrt. Beim Erscheinen des letzten Bandes „Somnia“ war ich 19. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass Christoph Marzi mir acht Jahre später einen weiteren Band schenken würde. Ich traute meinen Augen nicht, als ich „London“ in der Verlagsvorschau von Heyne entdeckte. Weihnachten, mein Geburtstag und Ostern fielen zusammen. Eine Fortsetzung der Geschichte, die mir so viel bedeutet – ich musste nicht überlegen, ob sie lesen wollte.

 

Die Welt ist gierig und manchmal verschlingt sie Städte mit Haut und Haaren. Nach einem Besuch in Cambridge wartet Emily Laing auf den Zug nach London. Sie ist müde und traurig, möchte nach Hause, zurück in die Stadt der Schornsteine, wo sie die Ängste eines kleinen Jungen vergessen kann. Doch der Zug kommt nicht. Seltsamerweise scheint sich niemand daran zu stören. Irritiert befragt Emily einen Mitreisenden. Sie erntet Ratlosigkeit. Eine Stadt namens London existiere nicht, behauptet er. Veralbert er sie? Das kann nicht stimmen. Verunsichert zieht Emily das Internet zu Rate und erhält dieselbe Antwort: die Stadt der Schornsteine, die Metropole am dunklen Fluss, ist verschwunden; verschluckt, als hätte es sie niemals gegeben. Was geht da vor sich? Wie können sich ganz London und mit ihr die Stadt unter der Stadt plötzlich in Luft auflösen? Noch einmal müssen Emily und ihre Gefährten all ihren Mut zusammennehmen, um London zu retten – mit Leib und Seele.

 

„London“ lag etwa ein Jahr auf meinem SuB. Wieso, werdet ihr euch fragen, habe ich so lange mit der Lektüre gewartet, obwohl es sich bei der „Uralten Metropole“ für mich um eine Herzensgeschichte handelt? Die Antwort lautet: weil sie eine meiner Herzensgeschichten ist. Ich hatte Angst, all meine hoffnungsvollen, euphorischen Erwartungen leidvoll sterben zu sehen. Mein Verhältnis zu Christoph Marzi ist schwierig; in der Vergangenheit enttäuschte er mich häufig. Keines seiner Bücher, die ich nach die „Uralte Metropole“ las, entfachte in mir die gleiche Begeisterung. Ich fürchtete mich davor, einsehen zu müssen, dass „London“ den Vorgängern nicht gerecht wird. All das emotionale Gepäck, das ich mit der Reihe verbinde, hielt mich zurück. Es kostete mich enorme Überwindung, „London“ eine faire Chance einzuräumen und mich nicht von meinen Befürchtungen einschüchtern zu lassen. Ich habe nicht bereut, die Lektüre gewagt zu haben. Ganz im Gegenteil: ich liebe „London“. Ich wurde für den Vertrauensvorschuss, den ich Christoph Marzi zugestand, reich entlohnt. Während des Lesens fühlte ich mich wie eine Katze vor dem Ofen, behaglich, warm und kuschlig. Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte angefangen zu schnurren. Dieser fünfte Band ist die literarische Personifizierung von Heimkehren. Ich bin so dankbar und erleichtert, dass die späte Fortsetzung gelungen ist und die Geschichte zu ihren Wurzeln zurückträgt, nachdem „Somnia“ einen drastischen Zeitsprung involvierte. Inhaltlich ist „London“ zwischen „Lumen“ und „Somnia“ angesiedelt. Obwohl ich entschieden hatte, auf einen Reread der Reihe zu verzichten, hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, wieder in Marzis magische Welt hineinzufinden und habe mich in der Gesellschaft altbekannter Figuren sofort pudelwohl gefühlt. Der Zauber ist ungebrochen. Emily steht erneut im Mittelpunkt – älter, reifer und ihrer kindlichen Illusionen beraubt. Das Waisenmädchen ist erwachsen geworden. Sie strahlt eine melancholische Aura aus, die einerseits hervorragend zu der atemberaubenden Kulisse Londons im Winter passt und andererseits unmittelbare Nähe initiierte. Ich wollte sie trösten, in den Arm nehmen und ihr zuflüstern, mutig und stark zu sein. Ich fühlte mich für sie verantwortlich, weil ich sie schon so lange begleite und wollte ihr helfen, das Rätsel um das verschwundene London zu lösen. Ich tauchte tief in die Geschichte ein, empfand mich als Teil selbiger, musste ich mich allerdings mit der Rolle der Beobachterin begnügen und es Emily und ihren Gefährten überlassen, die Stadt am dunklen Fluss zu retten. Ich war stets überzeugt, dass die „Uralte Metropole“ nicht nur eine bezaubernde Geschichte, sondern auch eine Liebeserklärung an London ist. In „London“ ist diese Liebe stärker spürbar denn je. Christoph Marzi durchschaut das Wesen der Stadt und beschreibt ihre Seele intim und zärtlich in einer Handlung, die den Vorgängern in Spannung und Mystik in nichts nachsteht. Das Ende geriet vielleicht etwas hastig und unspektakulär, doch Marzi betont wohlwissend, dass es kein Abschluss ist. Nichts endet jemals wirklich und möglicherweise werden uns in Zukunft weitere Abenteuer mit Emily erwarten. Fragen Sie nicht.

 

Meine Rückkehr in die Welt der „Uralten Metropole“ ließ mein Herz in einem warmen, weichen Licht leuchten. Gerade weil ich solche Angst hatte, von „London“ enttäuscht zu werden, erfüllt mich die stabile Überzeugungskraft des Buches mit einem strahlenden, liebevollen Glücksgefühl, das ich in dieser Intensität nur sehr selten beim Lesen erlebe. Es gibt viele gute Bücher, die mich begeistern. Aber es gibt nur wenige Herzensgeschichten. Die „Uralte Metropole“ ist auch 13 Jahre nach dem Erscheinen des ersten Bandes „Lycidas“ ein Teil von mir, ein Teil meiner eigenen Geschichte, untrennbar mit mir verbunden und jetzt erweitert durch „London“. Ich möchte Christoph Marzi meinen tiefempfundenen Dank aussprechen. Danke, dass Sie meine Erinnerungen behutsam behandelten und sie nicht kaputtmachten. Das bedeutet mir mehr, als ich ausdrücken kann. Vielleicht mussten acht Jahre bis zur Fortsetzung vergehen, damit diese den Vorgängern würdig sein und ich sie in mein Herz lassen konnte. Es gibt keine Zufälle.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/11/21/christoph-marzi-london
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review 2017-04-07 10:46
FAST der feuchte Traum jeder Leseratte
The Invisible Library - Genevieve Cogman

Ich glaube fest daran, dass Genevieve Cogman, Autorin der Reihe „The Invisible Library“, eine tolle und interessante Person ist. Leider ist ihre Kurzbiografie, die sie auf ihrer Website veröffentlichte, sterbenslangweilig. Da steht lediglich, dass sie für verschiedene Rollenspielprojekte geschrieben hat und aktuell für den englischen National Health Service arbeitet. Gähn. Glücklicherweise interessiert mich das Privatleben von Autor_innen beim Buchkauf nicht. „The Invisible Library“ fiel mir in einer Buchhandlung ins Auge. Oh ja, das kommt durchaus noch vor. Der Klappentext gefiel, das Cover auch – es durfte spontan bei mir einziehen.

 

Irene ist keine Diebin. Nein, sie ist Bibliothekarin. Zugegeben, in ihrem Job muss sie sich hin und wieder als Agentin und Spionin betätigen, aber diese Ausflüge dienen schließlich einem höheren Wohl. Sie infiltriert alternative Welten, lokalisiert wertvolle Bücher und stellt diese unter den Schutz der Unsichtbaren Bibliothek, die zwischen den Welten existiert. Irenes letzter Auftrag verlief erfolgreich, wenn auch turbulent, sodass sie reichlich verwundert ist, sofort auf den nächsten Fall angesetzt zu werden. In Begleitung des neues Rekruten Kai soll sie ein Buch aus einer alternativen Welt bergen, die hochgradig vom Chaos infiziert ist. Doch als Irene und Kai dort eintreffen, ist das Buch verschwunden. Es wurde gestohlen. Mit leeren Händen in die Bibliothek zurückzukehren kommt nicht in Frage, also stürzt sich das Duo kopfüber in die Unterwelt Londons. Zwischen Geheimgesellschaften, übernatürlichen Wesen und handfester Detektivarbeit begegnet ihnen das schmutzigste Geheimnis der Bibliothek – und plötzlich sind ihre Leben und die Realität selbst in Gefahr. Von wegen langweiliges Dasein einer Bibliothekarin.

 

Bücherwürmer lieben Bücher, die von Büchern handeln. Soweit richtig? Okay. Das heißt aber nicht, dass wir wahllos über jeden Roman in Begeisterungsstürme ausbrechen, der Bücher, Bibliotheken oder das Lesen thematisiert. Ich fand „The Invisible Library“ mittelmäßig, obwohl die Idee des Buches bzw. der Reihe selbstverständlich toll ist. Reisen in alternative Welten, eine gigantische Bibliothek, die außerhalb von Zeit und Raum existiert und die berufliche Jagd nach seltenen Büchern. Der feuchte Traum jeder Leseratte. Zumindest einzeln. Die Kombination dieser Komponenten empfand ich als schwierig, unter anderem, weil Genevieve Cogman ihren Ansatz selbst kritisiert.
Die Bibliothekar_innen der Unsichtbaren Bibliothek sichern literarische Werke, um sie zu bewahren. Bin ich die einzige, die diesen Beweggrund für das Entwenden eines Buches aus einem Alternativuniversum irgendwie dünn, egoistisch und verantwortungslos findet? De facto stehlen die Bibliothekar_innen, da gibt es nichts zu beschönigen. Nicht einmal die Protagonistin Irene kann überzeugend rechtfertigen, dass sie in fremde Welten eindringt, um dort einen Diebstahl zu begehen. Direkt darauf angesprochen, stammelt sie eine unzusammenhängende und offenbar auswendig gelernte Antwort, in der meines Erachtens nach leise Kritik seitens der Autorin mitschwingt. Bewahrt die Unsichtbare Bibliothek nur um des Bewahrens willen? Entspricht das nicht der Definition von sinn- und ziellosem Horten? Wie viele Bücher befinden sich in ihren Regalen, die nach der Sicherung nie wieder angefasst wurden? Was passiert, wenn ein Buch gestohlen wird, das für die Zukunft der alternativen Welt bedeutsam ist? Grundsätzlich gefiel es mir, dass Cogman die Ethik der Unsichtbaren Bibliothek in Frage stellt, ich kann allerdings nicht leugnen, dass ich dadurch den Eindruck gewann, dass sie ihrem eigenen Entwurf nicht so recht traute oder nicht zu 100 Prozent von ihm überzeugt war.
Außerdem glaube ich, dass Irene nur einen Bruchteil dessen weiß, was hinter der erhabenen Fassade der Bibliothek vor sich geht. Normalerweise verpflichten sich Bibliothekar_innen für die Ewigkeit. Während ihrer Mission begegnet Irene jedoch ein Aussteiger, jemand, der sich von der Bibliothek abwandte. Die Frage, die sich aufdrängt, ist, warum diese Person ausstieg. Warum verließ er die Bibliothek? Angesichts der Loyalität, Leidenschaft und Hingabe, die scheinbar alle Bibliothekar_innen empfinden, fiel diese Entscheidung garantiert nicht grundlos oder leichthin. Leider hinterfragt Irene seine Motivation nicht, weil sie die Jagd nach dem Buch pausenlos in Atem hält.
„The Invisible Library“ ist äußerst tempo- und actionreich und verströmt eine gute Portion des Charmes einer Detektivgeschichte à la „Sherlock Holmes“. Ich mochte die etwas altmodische Ausstrahlung der Geschichte, hätte mir allerdings gewünscht, dass Cogman sich mit der Atmosphäre des alternativen Londons mehr Mühe gegeben hätte. Ich hatte Schwierigkeiten, mir die Unterschiede zur reellen Stadt vorzustellen, weil mir die Beschreibung der viktorianisch angehauchten Steampunk-Version oberflächlich und skizzenhaft erschien. Insgesamt fand ich das Konzept der Stadt auch etwas unkreativ. Alles schon tausend Mal dagewesen. Wieso nicht eine völlig neue Variante erschaffen?

 

Wenn ihr mit dem Gedanken spielt, „The Invisible Library“ zu lesen, weil euch beispielsweise „Die Seiten der Welt“ von Kai Meyer begeisterte, muss ich euch leider enttäuschen. Dieser Reihenauftakt weist längst nicht das gleiche Maß an liebevoller, inspirierender Konstruktion auf. Ich fand das Buch ganz nett und unterhaltsam, mehr aber auch nicht. Trotz dessen warf die Lektüre so viele Fragen auf, dass ich beschlossen habe, dem Nachfolger „The Masked City“ eine Chance zu geben. Ich bin neugierig. Ich möchte wissen, ob Genevieve Cogman die Kritik an der Ethik der Unsichtbaren Bibliothek weiterverfolgt und Irene weitere Geheimnisse aufdecken lässt, die ihre Ergebenheit auf die Probe stellen. Vielleicht braucht die Reihe einfach ein wenig Anlauf, bis sie richtig in Fahrt kommt.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/04/07/genevieve-cogman-the-invisible-library
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