Jan Weilers Antonio im Wunderland beginnt wie eine Kolumne von Max Goldt. "Hollywoodschaukeln gehören zu den Dingen, die nicht in Würde altern können", kann man da lesen, und das ist vom nostalgischen Inventar des heute kaum noch populären Abhänginstruments ebenso wie von der darauf folgenden...
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Jan Weilers Antonio im Wunderland beginnt wie eine Kolumne von Max Goldt. "Hollywoodschaukeln gehören zu den Dingen, die nicht in Würde altern können", kann man da lesen, und das ist vom nostalgischen Inventar des heute kaum noch populären Abhänginstruments ebenso wie von der darauf folgenden Verknüpfung ein Satz von jener Qualität, den man eigentlich in Goldts Büchern erwartet hätte: Einer, der in Würde altern kann, sei Jean-Paul Belmondo, behauptet Weilers Erzähler: "Der Unterschied zwischen einer Hollywoodschaukel und Jean-Paul Belmondo besteht darin, dass die Hollywoodschaukel die meiste Zeit draußen steht und rostet, während Jean-Paul Belmondo vermutlich reingeht, wenn es anfängt zu regnen". Aber darum geht es gar nicht. Es geht um einen italienischen Gastarbeiter mit dem süßlichen Namen Antonio Marcipane, von dem sich im Roman erst noch herausstellen muss, ob er der Hollywoodschaukel oder doch eher Jean-Paul Belmondo gleicht. Marcipane ist in die Jahre gekommen und blickt von eben jenem aus der Mode gekommenen Abhänginstrument im Garten seines Reiheneckhauses auf sein Leben als Gastarbeiter in Deutschland zurück. Seit Kindertagen zieht es Marcipane nach Amerika: Nun soll der Traum endlich Wirklichkeit werden. Und dann wandelt sich der Trip, den der Italiener mit seinem Sohn unternimmt, noch zur Rettungsaktion, bei dem ein Stararchitekt und ein italienisches Städtchen eine besondere Rolle spielen ... Der 37-jährige Münchner Autor Jan Weiler kommt aus der Werbung und vom Journalismus. Das merkte man schon seinem zum Bestseller avanciertem Debütroman Maria, ihm schmeckt’s nicht -- immerhin dem erfolgreichsten Erstling der letzten Jahre -- beizeiten etwas an. Auch Antonio im Wunderland kann sich bisweilen nicht ganz entscheiden, ob er plakativ-reißerisches Essay oder witzig geschriebene Fiktion sein will. Da letzteres überwiegt, will man Weiler ersteres gern verzeihen. Denn bei der Lektüre von Antonio im Wunderland kann man sich bestens amüsieren. Anders als bei Goldt, aber das ist ja auch gut. --Thomas Köster
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