Fast zehn Jahre hat Elke Heidenreich ihre Leser auf neue Geschichten warten lassen. Dass sie seit Kolonien der Liebe untätig gewesen ist, kann man der Journalistin, Moderatorin, Kolumnistin, Kühlschrankpoetin und Kinderbuchautorin aber wirklich nicht vorwerfen. Und das Warten hat sich gelohnt:...
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Fast zehn Jahre hat Elke Heidenreich ihre Leser auf neue Geschichten warten lassen. Dass sie seit Kolonien der Liebe untätig gewesen ist, kann man der Journalistin, Moderatorin, Kolumnistin, Kühlschrankpoetin und Kinderbuchautorin aber wirklich nicht vorwerfen. Und das Warten hat sich gelohnt: Man ist sofort wieder drin in diesem wunderbar leichten Stil, den man einsaugt wie einen süffigen Sommer-Cocktail, und all die kleinen und großen Lebens- und Liebesprobleme der Protagonisten werden durch einem Schuss Tragikomik in absolut strand- und freibadtaugliche Lektüre verwandelt. "Midlifecrisis" -- von ihr scheinen die meisten Geschichten durchweht: eine Frau, die während der Feier zu ihrer Silberhochzeit inmitten gratulierender Freunde beschließt, sich von ihrem Mann zu trennen; Menschen, die auch nach jeder Menge Lebenserfahrung von der Frage verfolgt werden, was sie eigentlich vom Leben wollen; eine Frau in den Fünfzigern, die feststellen muss, dass sie immer noch kein freundliches Verhältnis zu ihrer alten Mutter findet. Nur in "Ein Sender hat Geburtstag" begegnet uns die Satirikerin Heidenreich und schildert scharfzüngig das geistige und menschliche Elend hinter den schönen Kulissen des Fernsehens. Unterhaltsam, anrührend, witzig -- und doch hat man das Gefühl, dass diesen Geschichten irgend etwas fehlt, um große Literatur zu sein. Vielleicht steht zu viel in und zu wenig zwischen den Zeilen. Vielleicht macht es die Autorin sich und ihren Lesern manchmal zu einfach, wenn Gefühle eher beschrieben als dargestellt, wenn Erklärungen auf dem Silbertablett serviert werden: "Eine leise Panik breitete sich wie ein Zittern in Alma aus, Panik darüber, was sie aus ihrem so gemütlichen und nett eingerichteten, ihrem angeblich doch so glücklichen Leben noch machen könnte, ehe sie sich selbst ganz und gar verlor." Das ändert allerdings nichts daran, dass man als Leser nur allzu bereitwillig Der Welt den Rücken kehrt, bis man auch die letzte Seite gelesen hat. --Christian Stahl
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