Endlich kann sich Autorin und „Gelegenheits-Detektivin“ Erica Falck auf ihr neues Buch konzentrieren: Ein Jahr lang hat sie sich um ihre neugeborene Tochter Maja gekümmert, doch jetzt ist ihr Mann, Hauptkommissar Patrick Hedström, an der Reihe – er nimmt (ganz politisch korrekt) seine Elternzeit,...
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Endlich kann sich Autorin und „Gelegenheits-Detektivin“ Erica Falck auf ihr neues Buch konzentrieren: Ein Jahr lang hat sie sich um ihre neugeborene Tochter Maja gekümmert, doch jetzt ist ihr Mann, Hauptkommissar Patrick Hedström, an der Reihe – er nimmt (ganz politisch korrekt) seine Elternzeit, und sie darf arbeiten, endlich. Doch für beide verlaufen die ersten Tage in dieser neuen Konstellation ganz anders als geplant. Erica kann sich einfach nicht auf die Arbeit konzentrieren, denn sie hat alte Tagebücher ihrer Mutter – die sie als schweigsame, verkniffene Frau in Erinnerung hat – aus der Kriegszeit gefunden und ist so fasziniert davon, etwas über ihre Mutter als junge Frau in Erfahrung zu bringen, dass sie ihr Buchprojekt sträflich vernachlässigt. Und Patrick schafft es einfach nicht, dem Kommissariat fernzubleiben, denn im Dorf Fjällbacka ist ein Mord geschehen – wie sollen die Kollegen die Ermittlungen nur ohne ihn führen? Also mischt Patrick mehr oder weniger ungebeten in der Polizeiarbeit mit, und die kleine Maja wird mal in der Dienststelle bei der Sekretärin „geparkt“, mal zum Tatort mitgenommen... Der Ermordete war ein alter Mann, pensionierter Geschichtslehrer und auf die Nazizeit spezialisierter Historiker. Die Polizei konzentriert sich zunächst auf Neonazi-Kreise, denn den Faschisten war der alte Erik Fraenkel schon lange ein Dorn im Auge. Doch als auch noch eine alte alzheimerkranke Frau getötet wird, wird bald offenbar, dass der Schlüssel zu diesem Fall in der Vergangenheit liegen muss: Beide Mordopfer waren in der Kriegszeit befreundet und haben den Widerstand gegen die deutschen Besatzer unterstützt – in einer Clique, zu der auch Ericas Mutter gehört hat. Und so stoßen Erica bei ihrer Recherche über die Vergangenheit ihrer Mutter und Patrick bei seiner Mithilfe in der Mordermittlung unerwartet an einem gemeinsamen Punkt aufeinander... Der Roman ist sehr gelungen konstruiert; viele Handlungsstränge, von denen manche auch gar nichts mit dem Fall zu tun haben, wechseln sich raffiniert ab und werden unterbrochen von kurzen Kapiteln, die in den Jahren 1943 bis 1945 spielen und so die Geschehnisse um die Clique in direktem Licht beleuchten. Was das Buch (und die ganze Reihe um Erica und Patrick) so sympathisch macht, ist seine Erdung im normalen Leben. Hier ist niemand ein Superheld, hier hat jeder nebenbei mit seinen kleineren oder größeren privaten Problemen zu kämpfen, und hier werden Fehler gemacht (auch und gerade bei der Ermittlung). Deswegen ist der Fall nicht weniger spannend oder spektakulär, ganz im Gegenteil, die Spannung nimmt stetig zu, gerade in der zweiten Hälfte ist das Buch ein echter Pageturner. Aber es ist wohltuend, in einem Kriminalroman mal Ermittler vor sich zu haben, die neben der Arbeit auch noch Einkäufe erledigen müssen, die ein paar wichtige Fragen auch mal zu stellen vergessen oder die mehr damit beschäftigt sind, über ihren unfähigen Chef zu lästern, als einen Bericht zu schreiben. Denn so sieht wirkliche Polizeiarbeit wohl aus. -- Christoph Nettersheim
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