Richard D. Precht ist inzwischen zu einem Medienphänomen geworden. Telegen und auf zurückhaltende Art medienkompatibel, dürfte er der einzige deutsche Philosoph sein, der ein breites, auch fachfremdes Publikum erreicht. Nach dem Überraschungserfolg von Wer bin ich - und wenn ja wie viele? hat er...
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Richard D. Precht ist inzwischen zu einem Medienphänomen geworden. Telegen und auf zurückhaltende Art medienkompatibel, dürfte er der einzige deutsche Philosoph sein, der ein breites, auch fachfremdes Publikum erreicht. Nach dem Überraschungserfolg von Wer bin ich - und wenn ja wie viele? hat er nun einen weiteren furiosen Streifzug durch die Wissenschaftsgeschichte unternommen. Diesmal geht es um das vielleicht älteste Thema, das den Menschen bewegt: die Liebe. Precht führt über die biologischen und kulturellen Grundlagen zum Kern der menschlichen Liebesbeziehungen und prüft gängige Thesen z. B. aus Psychologie, Evolution oder Neurologie auf ihre Belastbarkeit hin. Dabei wird auch so manche Theorie des Mainstreams infrage gestellt. Der abschließende Teil ist eng an den heutigen Lebens- und Liebesrealitäten orientiert und befasst sich etwa mit „Romantik als Konsum“ oder der Frage, was von der Liebe übrig bleibt, wenn der Nachwuchs kommt. Und natürlich geht es auch um Sex. Als durchaus erklärungsbedürftig bezeichnet Precht den Befund, dass einerseits Sex nie allgegenwärtiger war als heute (als Fantasie, Kaufanreiz, Wettkampf, Anspruch…), gleichzeitig seine faktische Bedeutung stark abnimmt. Hier kommt kein Kulturpessimismus konservativer Prägung zum Tragen – vielmehr wird eine Schieflage, die wohl kaum jemandem entgangen sein dürfte, einer nüchternen Analyse zugeführt. Wie schon im Vorgängerband hat Precht hier keine kryptische wissenschaftliche Abhandlung verfasst. Vielmehr begeistert und unterhält er den Leser mit eleganter Leichtigkeit – und dies mit durchaus grundsätzlichen Gedanken über die Entwicklung des Menschen, die eigene Geschichte und das Zusammenleben mit dem Partner. „Das Tier mit dem seltsamsten Sexual- und Gefühlsleben“ – so beschreibt Precht den Menschen am Ende seines Buchs. In Liebe erfahren wir mehr über die sonderbaren Eigenheiten dieses Tieres: charmant im Ton, klug in der Auswahl der Themen und überzeugend in der Argumentation. - Henrik Flor, Literaturtest
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