Foster Lipowitz hat alles erreicht. Sein Unterhaltungsimperium hat das Land mit zynischen Soaps, seichten Songs und filmischen Werken, die Titel tragen wie „Blood Lust 1 –4“, förmlich überzogen. Nun, da der Krebs ihn rasch dahinrafft, wandelt der Medienmogul sich vom Saulus zum Paulus. Die wenige...
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Foster Lipowitz hat alles erreicht. Sein Unterhaltungsimperium hat das Land mit zynischen Soaps, seichten Songs und filmischen Werken, die Titel tragen wie „Blood Lust 1 –4“, förmlich überzogen. Nun, da der Krebs ihn rasch dahinrafft, wandelt der Medienmogul sich vom Saulus zum Paulus. Die wenige ihm verbleibende Zeit soll der Schaffung wahrer Werte dienen. Im tiefsten Indiana gründet er „New Renaissance“, eine Eliteschule, an der junge Künstler förmlich gezüchtet werden sollen. Der siebenjährige Vincent Spinetti, ein schriftstellerndes Wunderkind, ist einer der Besten! Da, wie die Legende weiß, nur großes Leid große Kunst gebiert, bekommen die Schüler eine Art schwarzen „Schutzengel“ an ihre Seite gestellt. Über Vincent wacht von nun an Harlan Eiffler als Manager darüber, dass seinem Schützling Vincent auf dem Weg zum Genie nicht allzu wohl wird. Alles um der Kunst willen, versteht sich. Der in der Musikbranche gescheiterte Harlan, Ich-Erzähler dieser Satire, nimmt seinen Job zerstörerisch genau, wie schon der amerikanische Originaltitel Torture the Artist suggeriert. Quäl‘ den Künstler! Goebels Roman umkreist genau diese Frage, ob künstlerische Großtaten durch bewusst zugefügtes Leid (und Harlans Einfallsreichtum ist diesbezüglich unerschöpflich), gerechtfertigt sind. Das Konzept scheint vordergründig aufzugehen. Aus dem wurzellosen Einzelgänger Vincent, gezeugt während eines One-Night-Stands einer unersättlichen Mutter, wird ein erfolgreicher Songwriter und Drehbuchschreiber. Je tiefer sein Kummer, desto größer sein künstlerischer Output. Da lässt die menschliche Katastrophe erfahrungsgemäß nicht lange auf sich warten. Am Ende von Vincents Leidensweg, der auch eine giftige Standortbestimmung heutiger Popkultur ist, steht ein zerknirschter Harlan auf den Trümmern seines Lebens. Ihm präsentiert sich eine wahnsinnig gewordene Welt, getarnt als riesige Entertainment-Maschinerie, „die täglich dümmer wird, ihre Werte verliert, sich allmählich in eine riesige Orgie verwandelt, auf der die einzigen freundlichen Worte wollüstige Grunzlaute sind.“ -- Klassenziel Geniezuchtstation verfehlt. Eine bittersüße Abrechnung mit der strahlenden Glamourwelt. --Ravi Unger
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