Was würde wohl die Nachwelt über den inzwischen 46-jährigen, begnadeten Titanic-Kolumnisten Max Goldt so Tolles denken, wenn er stürbe? Natürlich kann man das nicht wissen, aber für die Beantwortung von derlei skurrilen Fragen haben wir ja einen, der sie besser als jeder andere beantworten kann:...
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Was würde wohl die Nachwelt über den inzwischen 46-jährigen, begnadeten Titanic-Kolumnisten Max Goldt so Tolles denken, wenn er stürbe? Natürlich kann man das nicht wissen, aber für die Beantwortung von derlei skurrilen Fragen haben wir ja einen, der sie besser als jeder andere beantworten kann: Max Goldt selbst natürlich. In der wundervollen Erzähl- und Dialogsammlung Vom Zauber des seitlich dran Vorübergehens hat er das getan, mit Hilfe des Mundes eines Freundes, in einer Geschichte mit dem anspielungsreichen Titel „Das süße Nichts (Ich weiß noch, über was wir gestern Abend geredet haben)“, die von wunderschönen Konjunktiven nur so wimmelt. Wenn Max Goldt stürbe, sagt da der Freund, dann würde als toll im Gedächtnis bleiben, dass er eine „angenehm ungroße Pfeffermühle“ besessen hätte „und nicht, wie heutzutage beinahe bei allen, ein Ungetüm im Maßstab einer Grabbeigabe aus phallokratischer Vorzeit.“ Vermutlich wird die Nachwelt an Max Goldt toll finden, was er nach der Tollfindäußerung des Freundes an Erklärungen für die Daseinsberechtigung hässlicher übergroßer Pfeffermühlen auffährt. Wie er aus der Absage, „eine wunderbar satirische Weihnachtsgeschichte“ zu schreiben, eine herrlich ironische Story über Weihnachtsbräuche und die Psychologie satirischer Weihnachtsgeschichten schnitzt. Und wie es ihm immer wieder gelingt, den Finger auf all jene scheußlichen Dinge unserer Alltagswelt zu legen, an denen man „in friedlichem Desinteresse“ und „dank der guten baupolizeilichen Bestimmung in Deutschland“ auch einfach seitlich vorübergehen könnte. Würde der Nachwelt nach Goldts Dahinscheiden nur Vom Zauber des seitlich dran Vorübergehens überliefert werden, so stünde es der Nachwelt gut an zu behaupten, Goldt sei niemals ein begnadeter Kolumnist gewesen. Denn mit diesem Buch hat er sich endlich von diesem einengenden Attribut emanzipiert. Er sollte den Nachgeborenen als begnadeter Humorist und Wortzauberer in Erinnerung bleiben. Dass er das und nichts anderes ist, hat er mit Vom Zauber des seitlich dran Vorübergehens eindrücklich bewiesen. --Thomas Köster
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