Vor diesem Buch muss man in doppelter Hinsicht warnen. Erstens: Der Roman ist die Neuauflage eines bereits fast zwanzig Jahre alten Kay-Scarpetta-Krimis, der damals, 1992, unter dem Titel Herzbube auf Deutsch erschienen war – wer dieses Buch bereits besitzt, soll hier also bitte nicht auf den...
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Vor diesem Buch muss man in doppelter Hinsicht warnen. Erstens: Der Roman ist die Neuauflage eines bereits fast zwanzig Jahre alten Kay-Scarpetta-Krimis, der damals, 1992, unter dem Titel Herzbube auf Deutsch erschienen war – wer dieses Buch bereits besitzt, soll hier also bitte nicht auf den geänderten Titel hereinfallen. Zweitens: Der Roman raubt einem den Schlaf, da man nicht mit dem Lesen aufhören kann. Es ist Kay Scarpettas dritter Fall, und was für einer: Die oberste Gerichtsmedizinerin des Staates Virginia hat es mit fünf einige Monate auseinanderliegenden Doppelmorden zu tun, fünfmal verschwand ein junges Liebespärchen spurlos, fünfmal verliefen die Fahndungen ohne jeden Erfolg, fünfmal wurden die Paare erst Wochen später irgendwo tief in einem Wald tot aufgefunden, und zwar schon so verwest, dass sich keine Todesursache mehr feststellen ließ – nur ein paar Merkwürdigkeiten fallen jedes Mal auf, etwa dass allen Opfern Schuhe und Strümpfe fehlen. Trotz des wiederkehrenden Musters ist der Mord an dem titelgebenden fünften Paar, mit dem die Gegenwartshandlung des Romans einsetzt, etwas Spezielles: Denn die getötete junge Frau ist die Tochter einer prominenten Politikerin, nämlich der obersten Staatsanwältin der USA zur Verfolgung von Drogendelikten – da stellt sich den Ermittlern schnell die Frage, ob dieser Doppelmord nicht ganz andere Hintergründe hat als die vorausgegangenen. Dieser Verdacht verhärtet sich, als sich das FBI einschaltet und die Ermittlungen vor Ort eher behindert als unterstützt... Wenn man den Roman im Jahr 2010 liest, überkommt einen fast ein wenig Nostalgie, so anachronistisch erscheint er aus heutiger Sicht: Es sind mittlerweile dermaßen viele Gerichtsmediziner-, Pathologen- und Forensikerthriller auf den Markt gekommen, dass man Patricia Cornwells Bemühungen, mit den Schilderungen des Geruchs verwesender Leichenteile Schockeffekte zu erzielen, richtiggehend rührend findet. Doch das stört wenig, im Gegenteil, denn das Buch hält einen auch ohne forensische Ausschmückungen in Atem: Cornwell erzählt schnell, baut unentwegt Spannung auf und legt routiniert falsche Fährten aus, sodass man bis zum großen Showdown bei der Stange bleibt. Schön, dieses Buch nach fast zwanzig Jahren wiedergelesen zu haben! -- Christoph Nettersheim
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