Mit dem so kunst- wie geheimnisvollen Verwirrspiel Der Schatten des Windes, das zu einem internationalen Bestseller wurde, wurde der Spanier Carlos Ruiz Zafón nach 2001 schlagartig weltberühmt. Was die wenigsten wussten: Dieser damals als furioser Erstling gefeierte Roman war mitnichten ein...
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Mit dem so kunst- wie geheimnisvollen Verwirrspiel Der Schatten des Windes, das zu einem internationalen Bestseller wurde, wurde der Spanier Carlos Ruiz Zafón nach 2001 schlagartig weltberühmt. Was die wenigsten wussten: Dieser damals als furioser Erstling gefeierte Roman war mitnichten ein Erstling. Er war nur Zafóns erstes an erwachsene Leser gerichtetes Buch. Vorher hatte er schon vier Jugendbücher geschrieben, die in seiner Heimat auch respektable Erfolge feierten. Der Fürst des Nebels aus dem Jahr 1993 ist Zafóns „echter“ Erstling, er ist 1996 auch schon in einem Jugendbuchverlag auf Deutsch erschienen, dort aber längst vergriffen. Nun ist er in neuer Übersetzung wiederveröffentlicht worden – und das, offenbar auf den Harry Potter-Effekt hoffend, in einer eher an Erwachsene gerichteten Ausstattung. Im Zentrum des Geschehens steht der 13-jährige Max, der nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs mit seiner Familie in ein verschlafenes Fischerdörfchen an der englischen Küste zieht. Sie lassen sich in einem malerischen Landhaus nieder, doch was wie ein Ferienabenteuer in friedlicher Idylle beginnt, kippt bald in ein grausiges Nervenspiel: Max erfährt, dass in dem Haus, das sie bezogen haben, vor Jahren ein kleiner Junge gelebt hat, der damals unter mysteriösen Umständen im Meer ertrunken ist. Dieser Jacob, so erzählt ihm der Leuchtturmwächter des Dorfes, ist damals angeblich einem Magier zum Opfer gefallen, den die Leute „Fürst des Nebels“ nannten. Tatsächlich gehen von dem in der Nähe befindlichen gruseligen Skulpturengarten dieses vermeintlichen „Fürstes des Nebels“ teuflische Dinge aus – hier gehen auf ganz eigentümliche Weise die Wünsche von Kindern in Erfüllung, allerdings zu einem schrecklichern Preis… Der mit detektivischem Spürsinn ausgestattete Max, seine Schwester Alicia und ihr gemeinsamer neuer Freund Roland, Enkelsohn des Leuchtturmwächters, stellen sich den Dämonen – mit schicksalhaften Folgen. Tatsächlich ist Der Fürst des Nebels unverkennbar ein Jugendbuch; wer Zafóns schnörkeligen, metaphysisch-vagen Stil liebt, wird sich hier auf eine schlichtere, direktere Sprache und auf oberflächlichere, gröber geschnitzte Charaktere einstellen müssen. Doch die Handlung dürfte auch so manchen erwachsenen Leser in den Bann ziehen: Der unterschwellige Grusel, der diesen Roman beherrscht, überzieht sicherlich auch den abgebrühtesten Erwachsenen mit der einen oder anderen Gänsehaut. -- Christoph Nettersheim
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