Bis zur eigentlichen Story ist es ein steiniger Weg. "Richtlinien und Empfehlungen zur Steigerung des Lesevergnügens" werden uns ans Herz gelegt, denen eine 20-seitige Danksagung folgt (unter anderem der NASA für ihre Unterstützung bei technischen Problemen). Lustig. Desweiteren findet sich eine...
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Bis zur eigentlichen Story ist es ein steiniger Weg. "Richtlinien und Empfehlungen zur Steigerung des Lesevergnügens" werden uns ans Herz gelegt, denen eine 20-seitige Danksagung folgt (unter anderem der NASA für ihre Unterstützung bei technischen Problemen). Lustig. Desweiteren findet sich eine penibel geführte Honorarabrechnung des Autors ($ 39.567,68 nach Abzügen). Cool! Menschen mit geringer Vorstellungskraft bekommen zusätzliche Hilfestellung. Die Zeichnung eines Tackers etwa, wird mit den Worten "dies ist ein Tacker" vorgestellt. Humoristisch derart gewappnet, kann nach etwa 40 Seiten der wahre Spaß beginnen. Doch der endet auch schon gleich. Nachdem der kurz aufeinander folgende Krebstod der Eltern ihn und seine drei Geschwister zu Waisen gemacht hat, sieht sich der 22-jährige Eggers in der Rolle einer allein erziehenden Mutter seines kleinen Bruders Toph, dem eigentlichen Helden der Geschichte. Toph, ein liebenswert störrischer Kevin-Verschnitt und Frisbee-Meister, findet das nun folgende Highway-Lotterleben -- Restfamilie mit Resthausrat Richtung San Francisco -- durchaus spannend. "Herzzerreißend" und "wahr" ist nur das erste Fünftel des Romans. Eggers' keine noch so ekelhaften Details aussparende Schilderung des Krebstodes seiner Mutter ist -- aller Heuchelei angesichts des Todes in unserem Kulturkreis ins Gesicht geschrieen -- ein humoristisches Meisterstück und die vielleicht angemessenste Form angesichts einer solchen Tragödie. Auch die dubiosen Erziehungsmodelle, die Eggers Toph angedeihen lässt, um diesem ein späteres Schicksal als Crackdealer oder -- noch übler -- Mitglied einer mehrstimmig singenden Popgruppe aus Florida zu ersparen, sind zum Brüllen komisch und erzgescheit. Eggers, dessen Buch in den Staaten für lebhafte Diskussionen sorgte, hat sich clever gegen alle Kritikanwürfe abgesichert. Nein, er sei kein Profischreiber. Natürlich ist ihm klar, dass nach 100 Seiten ein Bruch stattfindet. In der Tat! Den folgenden, größten Teil des Buches beweihräuchert Eggers sich selbst, seine Aktivitäten als Cartoonist, Redakteur und Gründungsmitglied des kultig-ausgeflippten "Might Magazines". Damit beginnt des Lesers Leid. Eggers dauerironisierende Sicht auf menschliches Leid ähnelt dem permanenten Blick durch ein umgedrehtes Fernrohr. Nichts erscheint nahe, Verzweiflung ist hip, alles wird weggelacht, Zusammenbrüche finden nicht statt. So bleibt sein Buch letztendlich ein prall gefüllter, pseudophilosophisch verbrämter Lachsack voller Lausbubenstreiche. --Ravi Unger
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