Die Autorin ist um acht Millionen Dollar und die Welt um 630 Seiten Lebensgeschichte reicher. Auf Letztere wurde scheinbar sehnsüchtig gewartet, angesichts der Geschwindigkeit, mit der das Buch weltweit die Bestsellerlisten stürmte. Aber Hillary Rodham Clinton hat tatsächlich Geschichte gelebt...
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Die Autorin ist um acht Millionen Dollar und die Welt um 630 Seiten Lebensgeschichte reicher. Auf Letztere wurde scheinbar sehnsüchtig gewartet, angesichts der Geschwindigkeit, mit der das Buch weltweit die Bestsellerlisten stürmte. Aber Hillary Rodham Clinton hat tatsächlich Geschichte gelebt und viele Geschichten zu erzählen. Vor allem natürlich über ihre acht Jahre im Weißen Haus, mit denen sich über zwei Drittel des Textes beschäftigen. Sie war eine First Lady, der das Lächeln, Händeschütteln und Repräsentieren nie genügt hat. Sie hatte eigene politische Anliegen, wie zum Beispiel eine umfassende Gesundheitsreform. Man erfährt ausführlich, wie es dazu kam, dass Präsident Clinton ihr die Leitung beim Entwurf dieser Reform übertrug und warum diese schließlich am Widerstand der Republikaner scheiterte. Die in den USA so verbreitete Neigung zum Pathos ist Hillary leider auch nicht fremd. Andererseits hat diese Frau unbestreitbar Humor, wenn sie etwa schreibt, sie habe von ihrem Vater ein Lachen geerbt, "das Leute im Restaurant zusammenzucken lässt und Katzen aus dem Zimmer jagt." Nicht zuletzt wegen des ausführlichen Fototeils hat der Leser durchaus das Gefühl, neue Fassetten dieser Figur der Zeitgeschichte kennen zu lernen. Und der Blick hinter die Kulissen des Weißen Hauses ist spannend. Auch wenn bisweilen arg viele Namen und innenpolitische Details präsentiert werden, die am deutschen Leser doch etwas vorbeirauschen. Natürlich begegnet uns in Gelebte Geschichte auch die Privatperson Hillary: die Teenagerin, die Studentin mit ersten politischen Interessen, die liebende Mutter, die betrogene Ehefrau, die nach der Lewinsky-Affäre längere Zeit von Trennungsgedanken erfüllt war. Erstaunlich offen schreibt sie über privateste Gefühle. Aber die an Klatsch interessierten Leser kommen weniger auf ihre Kosten als solche, die mehr über die Politikerin erfahren wollen. Die Senatorin von New York vertritt klare Standpunkte und rechnet scharf ab mit den Konservativen, die den Clintons so viele Skandale anhängen wollten, um deren liberale Politik zu verhindern. Der biografische Blick zurück ist also gleichzeitig ein Blick nach vorne: Diese Frau hat noch etwas vor, das spürt man. Nach vielen Jahren in der zweiten Reihe hat sie Lust auf mehr bekommen. Spätestens 2008 -- sagen die Insider -- werde sie versuchen, die erste Präsidentin der USA zu werden. Es wäre dem Land zu wünschen. --Christian Stahl
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