Als Protagonistin ist die 16-jährige Evie damit bemüht, ihre Zwangsstörung in Griff zu bekommen. Nach einem Aufenthalt im Krankenhaus ist sie in ihren Alltag zurückgekehrt. Zwar geht sie noch regelmäßig zur Therapie, aber die Medikamentendosis wird stetig heruntergeschraubt und ihr Genesungstagebuch hat sie in Normalwerdetagebuch umgetauft, um ihr großer Ziel festzuhalten: wieder normal werden. Also zur Schule gehen, Freundinnen treffen, Parties und Dates. Und das alles, möglichst ohne ständig an Keime und andere Krankheitserreger denken zu müssen. Ohne sich die Hände blutig zu schrubben. Oder die Haltbarkeitsdaten sämtlicher Lebensmittel zu tabellarisieren.
Die Sprache ist angenehm zu lesen, teilweise amüsant, sodass die ernste Thematik geschickt aufgelockert ist. Dazu gibt es neben dem eigentlichen Erzählen auch Auszüge aus Evies Normalwerdetagebuch und Gedanken in Kategorien wie „Unguter Gedanke“, „Unguter, aber vernünftiger Gedanke“, „So richtig unguter Gedanke“ oder „Noch üblerer Gedanke“, die nicht nur für Abwechslung sorgen, sondern auch Evies Situation illustrieren. Da sie aus der Ich-Perspektive erzählt, fällt es leicht, mir ihr mitzufühlen und sich in sie hineinzuversetzen. So werden Handlungen, die von außen betrachtet undurchsichtig erscheinen würden, nachvollziehbar. Sehr eindrücklich erfährt man als Leser, wie Evie mit ihren Gedanken kämpft, und wie sehr sie ihnen doch ausgeliefert ist.
Auch scheint der Roman durchweg sorgfältig recherchiert und es fließen viel Hintergrundinformation mit ein.
Neben Evies Zwangsstörung ist der „Spinster Club“, den sie mir ihren Freundinnen gründet, ein zweites großes Thema. Hier geht es um Feminismus, um Emanzipation. Darum, man selbst zu sein, sich nicht für eine Beziehung zu verbiegen und sich auch nicht über sie zu definieren.
Gefallen hat mit hier auch der realistisch er Umgang mit der Liebe: In Jugendbüchern scheint man es häufig mit Protagonistinnen zu tun zu haben, die 16, 17, 18 Jahre sind als auf ihren Seelenverwandten treffen. Auf den einen Menschen, der für sie bestimmt ist den sie den Rest ihres Lebens lieben werden. Das ist unrealistisch und wird hier erfrischend anders dargestellt. Denn, so schön es auch wäre, Liebe heilt nun mal keine Zwangsstörung und es ist nicht auf einmal alles gut.
Insgesamt spannende Themen und eine wichtige Botschaft in einem witzig erzählten Buch.