Nachdem ich mit einem früheren Roman von Peter Høeg, Der Plan von der Abschaffung des Dunkels, sehr gute Erfahrungen gemacht habe und von der Vielseitigkeit dieses Autors beeindruckt war, war Der Susan-Effekt ein eher ernüchterndes Leseerlebnis. Ein bisschen hat man das Gefühl, dass Høeg seine großen Themen verbraucht hat und nunmehr schreibt, um in der Übung zu bleiben.
Der Susan-Effekt handelt von der Experimentalphysikerin Susan Svendsen und ihrer Familie, die in Indien allesamt straffällig werden und nun die Wahl haben: Wenn sie bestimmte Informationen besorgen, können sie der Gefängnisstrafe entgehen. Zu Hilfe kommt den Svendsens der sogenannte "Effekt", denn in ihrer Gegenwart werden Menschen absolut aufrichtig.
Trotz dieser eigentlich spannenden Voraussetzungen wird die Handlung nie wirklich mitreißend. Høeg schien mehr daran gelegen, sich einen bestimmten sprachlichen Zugang zu erarbeiten, wie er seiner Meinung nach einer abgeklärten Naturwissenschaftlerin entsprechen könnte, und so ist der Roman mehr Sprachexperiment als gelungene Erzählung. Zugleich ist Susan in einigen Punkten so sehr Männerphantasie, dass sie nie wirklich lebendig wird. Sie ist mehr plot device als Mensch, und zudem mit einer Flapsigkeit z. B. gegenüber sexueller Gewalt ausgestattet, die überhaupt nicht angemessen ist. (Høeg verwendet auch einiges an Zeit darauf, uns zu versichern, wie dünn Susan sei, und meint ihre implizierte Attraktivität durch aggressive Heterosexualität verstärken zu müssen, während eine weniger sympathische Nebenfigur natürlich dick und potenziell lesbisch ist. Schade, wenn sich Autoren auf diese Weise selber diskreditieren.)
Zurück bleibt ein blutarmes, schlafwandelndes Buch, hübsch anzusehen und zu lesen, aber unfähig, dem Leser etwas in irgendeiner Hinsicht Bereicherndes zurückzugeben. Der Effekt funktioniert nur in eine Richtung. Wer nicht Susan Svendsen ist, geht leer aus.