Nehmen wir zwei Schulfreundinnen im Teenageralter, Amina und Jane. Wir treffen sie direkt nach dem Attentat von Mumbai im November 2008, bei dem pakistanische Fundamentalisten fast zweihundert Menschen umbrachten.
Jane fragt: »Du bist Muslimin. Was hältst du von den Männern, die im ›Taj Mahal‹ in Mumbai Menschen umgebracht haben? Es war ein Hotel, die Leute aßen gerade zu Abend, sie waren zufrieden und taten nichts Böses.«
Amina: »Warum stellst du mir diese Frage?«
Jane: »Die Mörder waren Muslime, und sie riefen ›Allah ist groß!‹, als sie angriffen. Ganz offenbar glaubten sie, im Namen des Islam zu handeln. Du bist auch Muslimin.«
Amina: »Was hat das damit zu tun?«
Jane: »Es ist dein Gott.«
Amina: »Die Menschen töten auch im Namen deines Gottes.«
Jane: »Ja, vor ein paar Hundert Jahren.«
Amina: »Nein, heute, in Afghanistan und im Irak und in Tschetschenien.«
Jane: »Das geschieht nicht im Namen des Christentums. Vielleicht unterstützen Christen diese Kriege, vielleicht auch nicht, aber sie werden nicht im Namen der Bibel ausgetragen.«
Amina: »Doch. George Bush ist Christ, auf der Dollarnote steht ›In God We Trust‹, die amerikanischen Soldaten beten vor dem Einsatz. All das geschieht im Namen Christi, es ist ein christlicher Krieg gegen den Islam.«
Jane: »Aber diese muslimischen Männer, die in Indien im Namen des Islam getötet haben – sie unterschieden nicht zwischen Soldaten und Zivilisten. Ihre Opfer waren nur Touristen, die da beim Abendessen saßen.«
Amina: »Inder töten Muslime im Namen ihrer hinduistischen Religion.«
Jane: »Würdest du für deinen Gott töten? Würdest du mich, deine Freundin, umbringen?«
Amina: »Was für eine abstruse Frage. Warum fragst du so etwas?«
Jane: »Weil du sagst, dass das Christentum die Menschen dazu bringt, und der Hinduismus, und Muslime verteidigen sich im Namen des Islam … Würdest du mich töten? Wenn ein Muslim Angehörige meiner Familie töten wollte, würdest du ihn daran hindern?«
Amina: »Mir gefällt die Richtung nicht, in die unser Gespräch geht. Ich will nicht weiter darüber reden.«
Jane: »Würdest du mich töten? Würdest du einen Muslim davon abhalten, mich oder meine Familie zu ermorden?«
Amina: »Würdest du einen Christen daran hindern, mich im Namen des Christentums zu töten?«
Jane: » Wenn du so fragst, ja, das würde ich tun. Sofort. Und weißt du, ich bin keine Christin. Ich glaube nicht daran, dass wir Befehle einer höheren Macht befolgen sollten. Das Leben ist meine Religion.«
Amina: »Ich möchte wirklich nicht über dieses Thema sprechen.«
Jane: »Möchtest du nicht darüber reden, weil du mein Leben nicht retten würdest, oder weil …«
Amina, den Tränen nahe, schreit: »Ich weiß es nicht! Ich will das Richtige tun. Allah sagt mir, was richtig ist. Ich will einfach nur eine gute Muslimin sein, ich will keine Menschen töten, ich will nicht, dass Menschen getötet werden, ich will nur eine gute Muslimin sein.«
Jane: »Bist du sicher, dass du wirklich eine gute Muslimin sein willst? Hier!« (Sie zieht den Koran aus der Tasche und legt ihn Amina in den Schoß.) »Hast du den Koran gelesen? Weißt du, was dort steht? Hier schau mal. Hier steht: ›Töte die Ungläubigen.‹ Und hier verheißt er allen Ungläubigen ewige Strafen, hier, ich habe es dir markiert. Und hier heißt es: ›Schlage die ungehorsame Frau.‹ Und hier, wenn du weiterliest, steht da: ›Peitsche die Ehebrecher aus.‹ Bist du sicher, dass du tun willst, was Allah da von dir verlangt? Bist du wirklich sicher?«
Amina, jetzt in Tränen aufgelöst, schreit verzweifelt: »Ich will wirklich nicht darüber reden!«