Als Schriftsteller ist Don Winslow zunächst einmal ein Journalist. Fünfeinhalb Jahre hat er nach eigener Aussage recherchiert für seinen Roman, ist in der ganzen Welt herumgereist, um mit Polizisten und Drogendealern ins Gespräch zu kommen – und zu begreifen, wie es zu etwas so Schrecklichem,...
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Als Schriftsteller ist Don Winslow zunächst einmal ein Journalist. Fünfeinhalb Jahre hat er nach eigener Aussage recherchiert für seinen Roman, ist in der ganzen Welt herumgereist, um mit Polizisten und Drogendealern ins Gespräch zu kommen – und zu begreifen, wie es zu etwas so Schrecklichem, etwas so unglaublich Grausamem hat kommen können wie dem mexikanischen Drogenkrieg. Dann aber ist Winslow vor allem ein begnadet guter Literat. „Journalisten können Fakten erzählen“, bemerkte Winslow im Interview, „aber Schriftsteller die Wahrheit, und zwar in dem Sinn, dass wir die Möglichkeit haben, ins Innere eines Charakters zu blicken“. Nicht nur dies ist ihm mit Tage der Toten brillant gelungen. Im Mittelpunkt des Buchs steht der US-Drogenfahnder Art Keller, dem es gelingt, sich ins Herz der mexikanischen Drogenmafia einzuschleusen. Erfolgreich lässt er Händlerring um Händlerring auffliegen, macht den Drogen- und Waffenhändlern das Geschäft ebenso wie den Geldwäschern schwer – wobei sich sein Kampf gegen das Böse nach dem grausamen Foltertod eines Kollegen zum Rachefeldzug weitet. Aber der Krieg gegen die Drogenkartelle verschafft Keller nicht nur Feinde in Mexiko, sondern auch innerhalb der US-Regierung. Denn die ist in das schmutzige Geschehen in übler Art verwickelt. Ausgangspunkt der Recherche für Tage der Toten war laut Winslow eine simple Zeitungsnotiz, in der über die Hinrichtung von neunzehn unschuldigen Menschen im Drogensumpf von Mexiko berichtet wurde. Der Schriftsteller Winslow hat daraus ein Epos gemacht, das rund dreißig Jahre überspannt – und nach dessen Lektüre man seinerseits Meldungen über Drogentote, die es kaum mehr auf die Titelseiten der Zeitungen schaffen, mit ganz anderen Augen lesen wird. Vor allem aber ist Tage der Toten ein klug komponierter, spannender und von der ersten bis zur letzten Seite glaubwürdig geschriebener Roman, den man Leserinnen und Lesern mit starken Nerven unumwunden empfehlen kann. -- Stefan Kellerer
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