Es ist schon ein richtiges kleines Jubiläum -- Commissario Brunettis zehnter Fall. Und der hat es in sich: Die Muschelfischer Giulio und Sohn Marco werden umgebracht und samt ihrem Schiff in Brand gesetzt. Tatort: ein kleines Fischerdörfchen vor den Toren Venedigs, dort, wo man zusammenhält,...
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Es ist schon ein richtiges kleines Jubiläum -- Commissario Brunettis zehnter Fall. Und der hat es in sich: Die Muschelfischer Giulio und Sohn Marco werden umgebracht und samt ihrem Schiff in Brand gesetzt. Tatort: ein kleines Fischerdörfchen vor den Toren Venedigs, dort, wo man zusammenhält, "anscheinend alle ein Schweigegelübde abgelegt" haben. Eine harte Nuss für Brunetti und sein Team. Ermittlungen, Aufklärung, Polizistenalltag. Und doch, trotz aller Spannung, die sanft, fast unmerklich zunimmt, sind es die pastellfarbenen Stimmungsbilder, die dominieren. Schön muss es dort sein, in der venezianischen Lagune, selbst wenn so barbarische Verbrechen geschehen. Kurze Abstecher in die Historie, Ausflüge zu kriminalistischer Recherche rund um die Lagunenstadt und Augenblicke voller überzeugendem Lokalkolorit betten das Handlungsgeschehen immer wieder atmosphärisch ein. Und es sind die liebevoll-kritischen Porträts der Bewohner jenes kleinen Ortes. So viele ausgemachte Schlitzohre, deren "Charakter von der Grausamkeit der See" geformt war. "Hyänen sind sie. Oder Geier", heißt es über sie. Ist es nur die wirtschaftliche Lage, die sie dazu macht? "Es gibt hier zu viele Fischer und zuwenig Fisch". Eine Tatsache mit mörderischen Konsequenzen. Gut 320 Seiten, eine runde, realistische Story, die aus einer Polizeimeldung einer aktuellen italienischen Tageszeitung stammen könnte. Donna Leons Sprache ist so gutmütig, unaufdringlich und alles andere als auf schnelle Effekte aus. Eben so ganz wie die Ermittlungsmethoden ihres eigenwilligen Commissarios. Und der, ob er nun will oder nicht, befindet sich literarisch auf steilem Karrieretrip -- ein Umstand, den er beruflich weiträumig zu umgehen versucht. "Kommandogewalt war das Letzte, was er anstrebte." --Barbara Wegmann
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