Erdsee.
Bei manchen Büchern bleibt auch viele Jahre nach dem Lesen, wenn Einzelheiten der Handlung und der Personen längst vergessen sind, der tiefe Eindruck einer bestimmten Atmosphäre bestehen -- einer bestimmten Stimmung, die durch das Buch erzeugt wurde. Der Erdsee-Zyklus von Ursula K. Le Guin könnte...
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Bei manchen Büchern bleibt auch viele Jahre nach dem Lesen, wenn Einzelheiten der Handlung und der Personen längst vergessen sind, der tiefe Eindruck einer bestimmten Atmosphäre bestehen -- einer bestimmten Stimmung, die durch das Buch erzeugt wurde. Der Erdsee-Zyklus von Ursula K. Le Guin könnte eines dieser Bücher sein. Vielleicht läßt sich ein solches Leseerlebnis -- fünfzehn Jahre nach dem ersten Erscheinen der Ausgabe -- jetzt mit dem neu erschienenen Sammelband wiederholen? Tatsächlich macht die Sprache zunächst eher den Eindruck eines Jugendbuches. In schlichten Bildern wird die Geschichte des Jungen Sperber erzählt, der auf der Insel Gont inmitten der Inselwelt Erdsee aufwächst. Als seine ungewöhnlichen magischen Fähigkeiten entdeckt werden, schickt man ihn auf die Zauberschule der Insel Rok. Dort entfesselt er in einem kindischen Zweikampf das namenlose Böse, das erst wieder gebannt werden kann, wenn sein wahrer Name gefunden wird. Jene wahren Namen der Ursprache sind es, die den Zauberern Macht über Dinge, Menschen und Naturgewalten verleihen. Mit dieser Macht heilen sie Dorfziegen, gebieten über Wind und Regen und hüten das empfindliche Gleichgewicht der märchenhaften Inselwelt. Nachdem Sperber im ersten Band seine eigene Macht kennengelernt hat, begegnet er im folgenden der jungfräulichen Priesterin Tenar im dunklen Labyrinth von Atuan. Im dritten Band ringt er als ehrfurchtgebietender Erzmagier um die Rettung von Erdsee, bis er schließlich wieder der ehemaligen Priesterin Tenar begegnet, die auf ihre ganz eigene Art die Welt rettet, abseits von Ruhm und Heldentaten. Mit ihrer einfachen und wunderschönen Sprache trifft Le Guin mitten ins Herz. Die Handlung ist geradlinig, in keinem der Romane findet man mehr als eine Handvoll wichtiger Personen, und doch wirkt die kraftvolle und unaufdringliche Symbolik der Geschichte, die fast greifbare Präsenz der beschriebenen Welt wie ein Rausch auf die Sinne. Keine Frage, Erdsee gehört zu den wenigen wirklich großen Büchern der Fantasy -- damals wie heute. --Birgit Will
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