„Brennen muss Salem“ ist Stephen Kings zweiter veröffentlichter Roman. Er erschien 1975; den deutschsprachigen Buchmarkt erreichte er 1979. Die erste deutsche Version wurde in Österreich verlegt; die Übersetzung lieferten Ilse Winger und Christoph Wagner. Sie verwendeten dabei Formulierungen, die für den österreichischen Sprachgebrauch typisch, in der Bundesrepublik jedoch eher unbekannt sind. Außerdem kürzten sie das Manuskript erheblich und zensierten Kraftausdrücke. Zum Vergleich: die für April 2020 vorgesehene Neuauflage von Heyne umfasst ca. 620 Seiten, meine Heyne-Ausgabe von 1993 hingegen lediglich 375 Seiten. Als ich herausfand, dass ich eine gekürzte Version besitze, ärgerte ich mich mächtig. Natürlich hatte ich nicht geplant, nur den halben Roman zu lesen. Nun war die gekürzte Ausgabe aber da und ich hatte „Brennen muss Salem“ bereits als nächste Lektüre auserkoren – daher beschloss ich, es erst einmal mit der schlankeren Fassung zu versuchen. Sollte mir das Buch gefallen, würde ich die vollständige Variante nachholen. Mit diesem Kompromiss konnte ich leben.
Es ist kurz nach Sonnenuntergang, als ein junger Mann und ein kleiner Junge das Städtchen in Maine fluchtartig verlassen. Sie wollen nie mehr zurückschauen. Das Grauen grub sich tief in ihre Seelen, denn hinter ihnen liegt eine Begegnung mit dem puren Bösen. Wenn sie die Augen schließen, sehen sie erschreckende Bilder von Blut und Tod; in ihren Träumen sucht sie die Bestie heim, der sie nur knapp entkamen. Sie wissen, dass es noch nicht vorbei ist. Sie müssen zurückkehren. Zurück in die Stadt in Maine, in der auf einem Hügel ein Haus thront wie das Tor zur Hölle. Sie müssen beenden, was sie begonnen haben. Salem’s Lot muss brennen.
Aktuell bin ich nicht überzeugt, dass ich „Brennen muss Salem“ noch einmal lesen werde. Vielleicht ändert sich das eines Tages, vielleicht setze ich es mir irgendwann in den Kopf, dass ich nicht weiterleben kann, ohne Stephen Kings Gesamtwerk auf Herz und Nieren geprüft zu haben und verurteile die gekürzte Ausgabe seines zweiten veröffentlichten Romans als Schandfleck, aber im Moment habe ich nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben. „Brennen muss Salem“ ist in vielerlei Hinsicht ein typischer King und präsentiert eine altmodische Form des Horrors. Kein Wunder, schließlich erschien das Buch erstmals 1975. Seitdem hat sich das Genre erheblich weiterentwickelt und der Meister des Horrors selbst ebenfalls. Deshalb ist es kaum überraschend, dass mich die Geschichte nicht vom Hocker riss. Damit will ich nicht sagen, dass diese nicht unheimlich oder gar langweilig sei, sondern nur, dass ich eher auf eine modernere Horrorspielart anspringe. Um Schauder zu empfinden, musste ich mir sehr genau vor Augen halten, was ich dort an der Seite des Protagonisten Ben Mears, Schriftsteller, bezeugte: die völlige Entseelung einer Stadt innerhalb kürzester Zeit. Zu Beginn des Buches erfahren die Leser_innen von sogenannten Geisterstädten: Ortschaften, die scheinbar Hals über Kopf von all ihren Bewohner_innen verlassen wurden. Dadurch vermittelt King schnell eine düstere Vorahnung dessen, was Salem’s Lot bevorsteht und schafft einen Kontext, der meiner Meinung nach bewusst an das Trauma und Mysterium der ersten englischen Kolonie Roanoke erinnert. Während das Geheimnis der legendären menschenleeren Siedlung allerdings nie gelöst wurde, bietet King eine konkrete Erklärung. Dafür greift er auf einen wohlbekannten Mythos zurück: das „Dracula“-Narrativ. „Brennen muss Salem“ ist eine Vampirerzählung im alten Stil, keine Hexengeschichte, wie ich aufgrund der Assoziation mit den Hexenprozessen von Salem (das übrigens in Massachusetts liegt, nicht in Maine) irrtümlich annahm. Salem’s Lot wird heimgesucht und niemand bleibt unberührt. Für mich ging der Gruselfaktor von der Ausweglosigkeit und Absolutheit der Situation aus, denn King eröffnet bereits im Prolog, dass seine Helden – Mears und sein 12-jähriger Gefährte Mark Petrie – Salem’s Lot zuerst nicht befreien können und deshalb zurückkehren müssen. Es war eine schwierige Erfahrung, die Figuren so machtlos zu erleben und die vergebliche Atmosphäre aushalten zu müssen, weil sie sich keineswegs dumm anstellen. Sie treffen sinnvolle Entscheidungen und schmieden vielversprechende Pläne, die in mir immer wieder neue Hoffnung entfachten, schlussendlich jedoch scheitern. King treibt demzufolge ein perfides Spiel mit seinen Leser_innen, indem er die Aussicht auf Erlösung wie eine Karotte vor der Nase baumeln lässt, um sie im letzten Augenblick wegzuziehen. Diese Rückschläge verkraftete ich nur, weil ich wusste, dass Ben und Mark zurückkehren und es zu Ende bringen würden. Ohne diesen Silberstreif am Horizont wäre die Handlung zu deprimierend geraten, aber King wusste eben schon damals, was er tat.
Die Lektüre von „Brennen muss Salem“ vergegenwärtigte mir, wie sehr sich das literarische Vampirmotiv in den letzten Jahrzehnten veränderte. Für mich verloren Vampire durch ihre inflationäre Verwendung in der Urban Fantasy ihren Schrecken. Nicht einmal Stephen King gelingt es, diese Schale der unfreiwilligen Abhärtung zu durchdringen, obwohl seine Version der Blutsauger absolut nichts mit in der Sonne glitzernden Adonis-Verkörperungen zu tun hat. Verleitet das Monster der Wahl nicht zu Furcht und Anspannung, kann ein Horrorroman nicht seine volle Wirkung entfalten. Darüber hinaus entstand „Brennen muss Salem“ sehr früh in Kings Karriere, weshalb sein schriftstellerisches Talent damals noch nicht über den Feinschliff verfügte, der in seinen späteren Büchern erkennbar ist. Nichtsdestotrotz empfand ich die Geschichte als beunruhigend; sie verfehlte ihr Ziel dementsprechend nicht komplett. Ich bezweifle im Moment, dass ich die Lektüre mit der vollständigen Fassung wiederholen werde, aber wer weiß schon, was die Zukunft bringt. Vielleicht möchte ich Salem’s Lot irgendwann noch einmal brennen sehen.
"ONLY THE EAGLE DARES" continues from where 'The Eagle and the Albatros' left off.
It is late July 1917. Willi Wissemann, formerly the commander of Jasta 23b (a Bavarian fighter unit), is recuperating at home with his mother following a harrowing escape from French captivity. Despite the difficulties he had faced following the crash of his plane deep in enemy territory, his capture, and treatment for the severe wounds he sustained in the crash, Wissemann is consumed by the desire to return to frontline flying. He almost doesn't make it, following an altercation with a superior officer which results in him being demoted and placed with another Jasta in the Champagne sector, flying against the French. Wissemann has issues with his Jastaführer, but manages to avoid getting into any serious trouble owing to his proven abilities to lead pilots into combat and his remarkable fighting prowess in the skies above the Western Front.
All the while, tragedy on a personal level dogs Wissemann seemingly at every turn. But by January 1918, Wissemann is on the rise again, having been promoted back to Hauptmann and placed in command of Jasta 23b again. Along the way, Wissemann has rubbed shoulders with Anthony Fokker, the famous Dutch aircraft designer, and Rittmeister Manfred Freiherr von Richthofen himself, Imperial Germany's top fighter ace and leader of JG-1, the most famous fighter wing in the Imperial German Air Service.
Wissemann bravely puts himself at risk every day he flies over the Front. His enemy is now the British and he is back in the Somme sector, where he first flew combat in 1916 as a 2-seater pilot on artillery spotting, bombing, and reconnaissance missions. Again, as in 'The Eagle and the Albatros', the aerial combat sequences in this novel are very well written and compelling. As a reader, I could almost hear the whine of machine gun bullets while violently manoeuvring my fighter plane, trying desperately to stay alive whilst determined to bring down an enemy plane.
Yet, there were other parts of the novel that could have used additional editing. And some of the characters were little more than thumbnail sketches or caricatures. That's why I give "ONLY THE EAGLE DARES" three (3) stars. It's a good yarn but with a little more editing, it could have been a much better crafted novel. (less)
"THE EAGLE AND THE ALBATROS" is a novel centered upon a Bavarian (Willi Wissemann) serving as an officer in the Imperial German Air Service during the First World War. In some respects, it bears a similarity to the novel, 'The Blue Max', which was a best-seller in the 1960s.
The story begins in the spring of 1916, when Wissemann, freshly graduated from flight school (where he showed himself to be a highly skilled pilot) and a brief stint in a Flugpark in Valenciennes (ferrying planes to and from active combat units) is assigned to a 2-seater unit tasked with carrying out photo-reconnaissance and artillery spotting missions on behalf of the Army at the Front opposite British forces in the Somme River valley. No sooner than Wisseman arrives at his unit, his commanding officer (who is on non-flying status owing to a wound he sustained in combat) puts him in charge of a mission against the enemy. That struck me as so utterly INAUTHENTIC! What commander in his right mind would put a newly arrived pilot --- who knows nothing about prevailing frontline conditions and may not be wholly proficient in flying the aircraft with which the unit is equipped --- in charge of leading a combat mission?! Automatically, the novel lost some credibility with me. (From the First World War pilot memoirs I've read, normally a new pilot was tasked with flying a series of 'familiarization flights' to get a feel of the area of the Front where the unit was stationed, as well as learning to fly in formation with his squadron mates before being permitted to fly combat patrols.)
Notwithstanding that, the story of Willi Wissemann's time at the Front -- first with a 2-seater unit and later as commander of a Bavarian fighter unit flying against the French in the Champagne sector of the Front during the winter and early spring of 1917 --- is well-told. Wissemann is roughly 10 years older than the average pilot (30 years old in 1917) and had previously served with a front-line infantry unit from the outset of the war. He was also fairly well-travelled, in a relationship with a woman from a well-born, influential family (whose father detested him because of his humble origins in Bavaria), and spoke fluent French. It was this language skill that would put Wissemann into a precarious position when he volunteers to take on a mission flying a spy by night deep into enemy territory which would cost him his freedom --- and possibly his life. To say more would throw out too many spoilers.
On the whole, I liked reading "THE EAGLE AND THE ALBATROS" and appreciated the author's insertion of a glossary containing a lot of aviation terms unique to both the First World War and the Imperial German Air Service. I also enjoyed the air combat sequences, which were highly descriptive and very well-written. What I didn't like was the depiction of Wissemann's sweetheart Ilse von Linkhof., She often came across as this two dimensional woman constantly pining for her man at the Front, with melodramatic emotions boiling over. I think the author should have developed her character more to give the reader a fully-realized, multi-faceted woman. Not a cardboard sketch of one. For that reason --- and a few others, including some spotty writing --- I can only rate "THE EAGLE AND THE ALBATROS" with 3 stars. On the whole, it's a good novel. But I felt it could have been much better.
Das größte Drive-In-Kino von Texas ist durch einen Kometen von der Außenwelt isoliert. Viertausend Autos sind eingeschlossen, während der leere Wahnsinn die Kinobesucher umzingelt.
"Drive-In" beinhaltet Lansdales gesamte Drive-In-Trilogie. Es beginnt mit dem Kometen, der Jack und seine Freunde im Autokino einschließt, geht über einen Mittelteil, der das Geschehen und den Leser an die Grenzen bringt, und endet mit einem außergewöhnlichen Abschluss, der einen regelrecht aus dem Drive-In-Orbit schießt.
Vom Genre her ist diese Trilogie schwierig einzuordnen. Der Roman zeigt deutliche Horror-Elemente, die - wenn man sie mit Ernst betrachtet - blutig, grausam und ekelerregend sind. Hinzu kommt ein kräftiger Fantasy-Einschlag, der dennoch einen philosophischen und gesellschaftskritischen Blick auf die Gegenwart und die Realität wirft.
Die Handlung beginnt am Freitagabend, wenn die Horror-Filme ins Autokino locken. Das Orbit ist das größte Drive-In-Kino von Texas und bietet ungefähr viertausend Wagen Platz. Besonders zum Wochenende hin, wenn das Kettensägen-Massaker und ähnliche Streifen mit ihren abscheulichen Gräueltaten rufen - ist es überaus gut gefüllt.
Während sich Jack und seine Freunde auf einen feinen Filmabend des Grauens freuen, und es sich schon einmal gemütlich machen, segelt ein Komet auf die Erde herab, der den wahren Schrecken über die Filmbegeisterten bringt.
Das Autokino ist ab sofort von der Außenwelt abgeschnitten, und niemand weiß, was geschehen ist.
Ab hier nimmt die Handlung schon bizarre Muster an, und fantastische Aspekte werden eingesetzt. Zwar spitzt sich die Lage auf natürlichem Weg zu - man denke an Nahrungsmittel und Wasserversorgung für tausende Menschen - doch auch Übernatürliches spielt mit rein.
Mitten im übernatürlichen Gebaren sind durchaus natürliche Aspekte zentral. Die Menschen verlieren bald ihre Geduld. Sie sind eingepfercht, werden ununterbrochen vom Horror beschallt und mit Popcorn abgefüttert, was rüde Brutalität zum Vorschein bringt.
Schon allein an dieser kurzen Beschreibung kann man ablesen, dass Lansdale trotz des pulpmäßigen Stils gesellschaftskritische Töne anschlägt. Inwiefern er dieses Konzept bewusst anstrebt, ist mir allerdings schleierhaft.
Ich habe noch nie, wirklich noch nie, eine so irre Story gelesen. Es ist dreckig, es ist blutig, es ist abgefahren, und meistens faszinierend merkwürdig.
„Denn es war die Gesamtsituation, die richtig durchgeknallt war, richtig?“ (S. 282)
Die Handlung plätschert relativ gleichförmig dahin. Dabei hatte ich das Gefühl, dass Lansdale einfach drauf los geschrieben hat. Nach genauerer Betrachtung denke ich schon, dass er ein Gesamtkonzept vor Augen hatte, das einem nach Abschluss der Geschichte nachdenklich stimmt.
Lansdale zieht unter anderem mit scharfer Zunge über die Medien her. Er macht aus Film die Realität, während die Menschen begreifen, dass die Realität durchaus filmreif ist:
"Schließlich hatten sie gelernt, dass Filme die Wirklichkeit waren und alles andere Illusion, die man mühsam erzeugen musste." (S. 346)
Dabei darf man Joe R. Lansdale nicht als feinfühligen Philosophen sehen, weil dieses Werk in Ausdrucksweise, Sprache, Szenen und Passagen im derben Stil des Autors widerlich ist. Es geht um Sex, Gewalt, Blut und Fäkalien, die sich seitenweise durch die Trilogie ziehen.
Letztendlich fällt es mir schwer, Lansdales „Drive-In“ zu bewerten, aber ich kann definitiv sagen, dass ich es gerne gelesen habe. Ich habe mir angewidert das Blut aus dem Gesicht gewischt, habe den Gestank menschlicher Ausdünstungen ertragen, und bin auf Fäkalien durch das Gedärm in Richtung Orbit geritten - wenn das mal kein Erlebnis ist!
Zum Abschluss kann ich nur raten, sich bei Interesse selbst ein Bild von diesem bizarren Stück Fantasy zu machen. Hier muss jeder für sich entscheiden, ob es große Philosophie oder eher Alice-im-Wunderland-für-Fortgeschrittene ist.
„Ich sage ja nicht, dass das hier nicht ein echter Supermarkt des Wahnsinns ist.“ (S. 472)