
Intisar ist Anfang 30, sie fährt einen fast genauso alten blauen Toyota Corolla mit gelbem Streifen an der Seite (siehe Covergestaltung), und sie arbeitet als Ärztin. So weit, so gut. Intisar lebt mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und ihrem jüngeren Bruder Saleh, dem einzigen Mann, dem sie vertraut, zusammen. Praktisch, dass er auch ihr Wali ist - das männliche Familienmitglied, das im Jemen alle offiziellen Entscheidungen für eine Frau treffen und sie auch zu Ämtern begleiten muss. Intisar lebt im Jemen und hätte sich ihr Vater, ein reicher und damit mächtiger Mann, nicht von ihrer Mutter scheiden lassen, um mit "der Hexe" viele (dumme) Stiefbrüder in die Welt zu setzen, wäre Intisar vermutlich auch schon verheiratet und könnte sich mit ihrem Toyota nicht heimlich Rennen gegen jeminitische Männer auf den Straßen Sanaas liefern.
Intisar (arabisch: Sieg) ist zwar eine fiktive Figur, die Grundlage ihrer Erlebnisse bilden aber die Geschichten, die Pedro Riera im Jemen sammelte, als er seine Frau für einen zehnmonatigen Aufenthalt dorthin begleitete. 40 Frauen interviewten sei, mit vier jeminitischen Frauen konnte sich Pedro Riera selbst anfreunden - eigentlich sind die Welten von Männern und Frauen im Jemen so streng getrennt, dass das nahezu unmöglich ist. (Zeichnungen: Nacho Casanova)
Offengestanden hatte ich vor dieser Graphic Novel keine Ahnung vom Leben im Jemen und seinen Widersprüchen, gerade für Frauen. Wer gerne Satrapi und Delisle liest, wird auch "Intisars Auto" mögen, ich war jedenfalls komplett begeistert von der Story und dem Einblick in ein mir komplett fremdes Leben, das nebenbei noch mit einige Vorurteilen aufgeräumt hat...
Intisars Auto. Aus dem Leben einer jungen Frau im Jemen
Pedro Riera
Nacho Casanova (Zeichner)
Aus dem Spanischen von André Höchemer
Egmont Graphic Novel, 2014