Gute Geschichte, die perfekt historische Fakten mit Fiktion verwebt. Im fin de siecle in Wien versucht Dr. Josef Breuer, ein sehr berühmter Weggefährte Freuds und Mitbegründer der Psychoanalyse, als Patienten Friedrich Nietsche von seinen diversen Leiden mittels Redetherapie zu kurieren.
Wunderbar werden durch diesen Aufbau dem Leser des Romans sowohl die Anfänge der Psychoanalyse dargestellt als auch auch die visionären Ideen Nietsches, basierend auf den Ängsten und Nöten des großen Philosophen einfühlsam nähergebracht, die in ihrer gestörten Frauenverachtung, Misantropie und Radikalität für mich immer sehr schwer zu ertragen waren.
Irgendwie ist meine alte Wut über Nietzsche fast völlig verraucht ob der Tatsache, dass der große Philosoph doch so ein armseliges Würstchen hätte sein können und ich fühle mich beinahe verführt, dem unsäglichen Zahratustra, durch den ich mich in meiner Jugend gequält und ihn deshalb mehrmals wütend in eine Ecke geschleudert habe, nochmals eine Chance zu geben.
Aber zurück zu diesem Roman. Sprachlich ausgezeichnet gemacht zeichnet er neben der psychoanalytischen bzw. philosophischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden großen Geistern ein sehr plastisches Bild der Gesellschaft und derer Konventionen im Wien des fin de siecle. Einen Punkt Abzug gebe ich, da am Anfang die Handlung ein bisschen schleppend in Gang kommt.
Am meisten überrascht und erfreut hat mich das Nachwort, das auch noch detailliert erklärt, welche Fakten im Roman historisch belegt und welche Handlungsstränge Fiktion sind.
Fazit: sehr lesenswert!