Story:
Nachdem Riley und Kjell zueinander gefunden und sich mit ihrer BDSM-Beziehung arrangiert haben, könnte alles so einfach sein – lediglich Aleksey lauert wie ein bedrohlicher Schatten im Hintergrund. Dass der psychopathische Mann tatsächlich Rache für die erlittene Schmach und den Ehrverlust nehmen will, wird Riley klar, als er ihn und seinen Freund Liam nach einer Einkaufstour gefangen nimmt. Er verschleppt die beiden jungen Männer in eine Hütte im Wald, in der er seinen persönlichen Folterkeller eingerichtet hat. Für Riley und Liam bricht eine schwere Zeit an, die aus Schmerz und Qual besteht, bis Riley schließlich fliehen kann. Im Krankenhaus wird er von Kjell aufgebaut, erinnert sich jedoch kaum an die Dinge, die geschehen sind. Dies macht es für den Polizisten Charlie nicht leicht Liam zu finden und zu befreien.
Als er schließlich Erfolg hat und die Hütte über Umwege ausfindig macht, ist Liam mehr tot als lebendig. Zudem hat er an mehr zu knabbern, als an den Folterungen und dem psychischen Druck seitens Alekseys, denn seine Freundschaft zu Riley steht auf wackeligen Beinen …
Eigene Meinung:
T. C. Jaydens „Blinder Zorn“ ist die Fortsetzung des Gay-BDSM Romans „Kalte Ketten“, in dem die Beziehung zwischen Riley und Kjell beleuchtet wurden und man erstmals auf Aleksey trifft, der in der Fortsetzung eine wesentliche größere Rolle zugedacht bekommt. Beide Romane erschienen im Weltenschmiede Verlag – da „Blinder Zorn“ offen endet, kann man davon ausgehen, dass die Autorin der Geschichten um Kjell, Riley und Liam noch fortführt.
Im Gegensatz zu „Kalte Ketten“ bekommt man bei der Fortsetzung keine Gay-BDSM Romance serviert sondern einen waschechten Thriller. Es geht um eine Entführung, die Jagd nach einem Psychopathen, Gewalt und Traumaverarbeitung. Dementsprechend kommen BDSM-Fans nur am Anfang auf ihre Kosten, danach steht das Buch ganz im Zeichen von Alekseys Rache an Riley und Kjell. Das ist zu Beginn durchaus spannend, was daran liegt, dass die Figuren gut in Szene gesetzt sind und Alekseys Wahnsinn gut ausgearbeitet ist. Auch ist die Jagd durch die Mall und die anschließende Entführung sehr spannend, da man als Leser direkt beim Charakter ist. Allerdings verliert die Geschichte spätestens in der Hütte spürbar an Schwung. Sicherlich mag nicht jeder explizite Folterszenen lesen, doch ab diesem Zeitpunkt ergeht sich die Autorin zu sehr in Andeutungen. Viele Passagen werden nicht direkt ausgeschrieben, sondern (wenn überhaupt) in Rückblenden erwähnt oder fallen komplett durch das Raster. Schlagartig ist man nicht mehr beim Charakter, sondern erlebt die Ereignisse in einem seltsamen Chaos, das man nur schwer ordnen kann. Sicherlich entspricht dass Rileys Zustand, doch es ist schade, dass hier Potenzial verschenkt wird und Schlüsselszenen nur im Nachgang zusammengefasst werden.
Auch häufen sich spätestens ab der zweiten Hälfte die unlogischen Stellen, die das Lesen erschweren. Riley und sein bester Freund kommen zu schnell über das Trauma hinweg – gerade Liam, der wesentlich mehr zu verarbeiten hat, scheint binnen weniger Tage bereits wieder der Alte zu sein. Liams Eltern sind zwar da, aber sie scheinen sich nicht um ihren Sohn zu sorgen oder die Wahrheit wissen zu wollen, sondern machen Dinge, die einfach nicht nachvollziehbar sind (dessen Wohnung putzen, anstatt mit ihrem Sohn zu sprechen). Die Tatsache, dass der vermeintlich heterosexuelle Sonnenschein urplötzlich seinen Hang zu Männern entdeckt, wirkt zudem aufgesetzt, fast als müsse in einem Gay Roman jeder schwul sein. Mag sein, dass es Andeutungen gab, doch das geht dann doch ein wenig zu schnell – insbesondere wenn man bedenkt, was ihm Aleksey angetan hat. Es fehlt die wirkliche Traumaverarbeitung. Lediglich bei Riley nimmt sich die Autorin ein wenig Zeit, um ihn das Erlebte verarbeiten zu lassen und sich damit auseinanderzusetzen. Liam benötigt nur ein paar Gespräche mit Charlie und eine kurze Nacht zum Nachdenken, um diese schrecklichen Geschehnisse hinter sich zu lassen; etwas, das faktisch unmöglich ist.
Die Charaktere sind gut ausgearbeitet, allen voran Aleksey, der mit seiner Rolle als Psychopath alle anderen Figuren in den Schatten stellt. Er mag der Antagonist sein, dennoch ist er wirklich gut in Szene gesetzt und jagt dem Leser eine Gänsehaut über den Rücken. Leider wirken die übrigen Figuren, mit Ausnahme Liams, sehr blass: Kjell verhält sich vollkommen anders als in Band 1, Riley möchte man die meiste Zeit einfach nur Vernunft und Verstand einprügeln und über Charlie erfährt der Leser zu wenig, um ihn einschätzen zu können. Liam fällt als Einziger positiv ins Auge – leider gestattet ihm T. C. Jayden nur wenige Szenen, in denen seine Stärke und seine Natur zum Tragen kommen. Im Grunde ist er wesentlich sympathischer und aktiver als Riley, weswegen es schön gewesen wäre, mehr Passagen aus seiner Sicht zu lesen.
Stilistisch legt T. C. Jayden einen gewohnt guten und soliden Roman vor. Als Leser ist man nah an den Charakteren, kann sich gut in sie hineinversetzen und erlebt die Ereignisse hautnah mit. Auch die Gefühle du Gedanken sind gut in Szene gesetzt, allerdings ist es schade, dass zu viel in Traumfetzen und Rückblenden erzählt wird, anstatt es direkt zu schildern. Aleksey ist ein psychopathisches Monster – das hätte man auch direkt zeigen können. Wer explizite (BDSM)- Erotik erwartet wird ebenfalls enttäuscht, denn auch davon gibt es in „Blinder Zorn“ nur wenig.
Fazit:
„Blinder Zorn“ hinterlässt ein gespaltenes Gefühl. Zum einen schließt er sehr gut an „Kalte Ketten“ an und besticht durch einen sehr guten Schreibstil und thrillerhafte Spannung, zum anderen erschweren Logiklöcher und blasse Charaktere das Lesen. Es ist schade, dass T. C. Jayden in der zweiten Hälfte so viel Potenzial verschenkt und viele Szenen nur in der Retrospektive erzählt. Dadurch verliert „Blinder Zorn“ einiges an Schwung und Dynamik. BDSM-Fans sollten zudem vorab wissen, dass der Roman kaum noch als Vertreter des Genres gewertet werden kann – „Blinder Zorn“ ist ein Thriller, der durchaus Potenzial für mehr gehabt hätte.