In Berlin treibt ein Serienmörder sein Unwesen. Er erdrosselt seine Opfer und lässt sie als befremdliche Kreation zurück. Die Opfer stehen in keiner Verbindung zueinander. Einzig, ein dezenter Hinweis zeigt der Polizei, wer als Nächstes an der Reihe ist.
Rebecca schaut einer glücklichen Zukunft entgegen. Sie ist jung und verliebt. Das Leben könnte schöner nicht sein. Bis sie die Lügen ihres Lebensgefährten entdeckt, und in ihr eine schreckliche Vorstellung keimt.
"Stille Schwester" ist der zweite Teil um Kommissar Henry Frei, der in Deutschlands Hauptstadt ermittelt. Gemeinsam mit seiner Kollegin Louisa Albers ist er diesmal dem niederträchtigen Serienmörder auf der Spur.
Die Handlung ist in zwei hauptsächliche Erzählstränge aufgeteilt. Im Zentrum stehen Ermittler Henry Frei und wie er sich durch seinen Berufsalltag quält. Gemeinsam mit Louisa Albers ermittelt er in dem Fall um diesen Serienmörder, der für die Polizei einen direkten Hinweis auf das nächste Opfer hinterlässt. Dennoch schafft es die Polizei nicht, den Killer zu stellen. Eine Tatsache, die den Berliner Beamten ordentlich zu knabbern gibt.
Martin Krist platziert den Leser so, dass man sich wie ein stiller Beobachter fühlt. Beim Lesen habe ich das Gefühl, in den authentischen Polizei-Alltag einzutauchen. Es gibt keine Superhelden, keine unnatürlichen Action-Szenen und auch ein absolut überlegener Bösewicht ist nirgends zu sehen. Dennoch ist der Krimi fesselnd und packend erzählt, weil Krist gekonnt mit den Erzählsträngen spielt, und auch nicht das Privatleben des Protagonisten nach Schema F erzählt.
Henry Frei ist glücklich verheiratet und hat zwei Kinder. Ich freue mich sehr, dass diese Figur nicht dem gängigen Krimi-Klischee entspricht. Dabei ist sein Privatleben mit feinen Besonderheiten ausgeschmückt, die interessant zu lesen sind und der Figur an sich Lebendigkeit verleihen.
Die Nuancen des Arbeitsalltags sind geschickt verarbeitet. Es gibt genau so viele Zwischentöne, wie die Story braucht, um glaubhaft zu sein. Deshalb hatte ich wohl auch das Gefühl, auf der Rückbank des Wagens zu sitzen, während Albers und Frei ihre nächste Station ansteuern.
Der zweite Erzählstrang stellt Rebecca in den Vordergrund. Der jungen Frau liegt die Welt zu Füßen, bis sie ihren Irrtum bemerkt. Anfangs glücklich verliebt, später von Zweifeln geplagt, geht sie - glaubwürdig illustriert - ihren Alltag an.
Die Krimi-Handlung an sich ist nicht neu, profitiert aber deutlich von Krists erfrischendem Stil. Wie schon erwähnt, schwenkt man zwischen den Hauptsträngen hin- und her, was das Spannungslevel auf eine packende Stufe hebt. Man suchtet von einer Seite zur nächsten und es wird einen aufgrund der abrupten Kapitelübergänge keine Pause gegönnt.
Am Schluss wird das Gesamtbild schlicht in Szene gesetzt, und die Handlung endet von einem Moment auf den anderen. Es ist tatsächlich so, als ob Krist dem Leser die Tür vor der Nase zuknallt. Mir gefällt’s.
Weniger gefallen hat mir, dass manche Punkte ins Leere verlaufen sind. Einerseits bleibt dadurch Raum für den nächsten Teil. Andrerseits waren es Kleinigkeiten, die mich brennend interessiert hätten, und die wahrscheinlich nicht weiter ausgearbeitet werden.
Dennoch stehen die spannende Handlung, der fesselnde Stil und die abrupten Kapitel für ein besonderes Krimi-Erlebnis, das ich definitiv empfehlen kann.