Inhalt:
Vor einem Jahr ist das Leben des 20-jährigen Eric O’Briens vollständig aus den Fugen geraten und hat ihn in einen Teufelskreis aus Selbsthass, Zorn und Selbstmitleid getrieben. Seine Unfähigkeit sich mit Fremden auseinander zu setzen und die passenden Worte zu finden, sorgt dafür, dass er sich mehr und mehr zurückzieht und seine Arbeit als Tierarzthelfer eher zum notwendigen Übel mutiert. Nach einem besonders schlechten Tag hat Erics Schutzengel Leo genug von den Zweifeln seines Schützlings und beschließt Eric endgültig aus seiner Misere zu retten – notfalls mit Gewalt.
Doch so einfach kommen die beiden unterschiedlichen Männer nicht miteinander klar, denn Leo ist selten auf den Mund gefallen, offenherzig und weiß wirklich alles über Eric. Als dieser endlich beginnt ins Leben zurückzukehren, entwickeln sich auch Gefühle zwischen den beiden, die sie jedoch vor ein elementares Problem stellen: Hat eine Beziehung zwischen ihnen überhaupt eine Chance?
Eigene Meinung:
Mit dem Roman „Make me feel real“ von C.J. Kingston wagt sich der Verlag Romance Edition erstmals in das Genre Gay Romance vor und präsentiert einen ungewöhnlichen Roman über Liebe, Vertrauen und Freundschaft. Für die junge Autorin stellt „Make me feel real“ ihr Debüt dar und man darf gespannt sein, welche Romane folgen werden. Der Verlag bezeichnet das Buch als Young Adult Gay Romance und empfiehlt älteren Lesern (17+) – was nicht verkehrt ist, allerdings sollte man nicht von vornherein Erotik erwarten, denn trotz der empfohlenen Altersgrenze verzichtet C.J. Kingston komplett auf Sexszenen.
Inhaltlich ist das Thema nicht unbedingt neu, doch überraschend mitreißend umgesetzt. Man ist recht schnell in der Handlung und bei den Charakteren. Mit viel Liebe zum Detail, Humor und einer wohl dosierten Portion Dramatik erzählt C.J. Kingston von Eric, dessen Leben von seiner Freundin und seinem Vaters auf den Kopf gestellt wurde (auch wenn sie die wahren Hintergründe erst nach und nach offenbaren) und der mit sozialen Defiziten zu kämpfen hat. Zu Beginn kommt Eric daher sehr emo-haft daher, doch glücklicherweise legt er diese Züge ab, sobald Leo die Bildfläche betritt. Diesen schließt man schnell ins Herz, man versteht seine Beweggründe, Gedanken und Gefühle. Die beiden unterschiedlichen Charaktere sind gezwungen miteinander klarzukommen, auch wenn Eric zu Beginn von der Einmischung seines Schutzengels nicht wirklich begeistert ist. Dennoch meistern sie gemeinsam das ein oder andere Problem und so entwickelt sich Eric im Laufe der Zeit weiter.
Dies macht den großen Reiz der Geschichte aus: Erics Entwicklung und sein Weg zurück ins Leben, ebenso die ungewöhnliche Beziehung, die die beiden am der Hälfte des Buches führen und sie vor ein großes Problem stellt. Leo als unstofflicher Schutzgeist kann Eric natürlich alles geben, immerhin gehört zu Liebe auch Berührung und Sex. Und gerade letzteres findet man kaum in dem Roman, was jedoch kein Minuspunkt ist. Es ist angenehm, dass C.J. Kingston auf Erotik verzichtet und lieber ausblendet, als zu sehr ins Detail zu gehen. Dies hätte auch gestört, immerhin wird mehr Wert auf die Handlung gelegt, als darauf Eric und Leo miteinander ins Bett zu bringen. In diesem Punkt hebt sich „Make me feel real“ angenehm aus der breiten Masse der Gay Romance Veröffentlichungen heraus. Einzig das Ende ist ein wenig seltsam und wirkt „an den Haaren herbeigezogen“, um Eric und Leo ein Happy End zu verschaffen – aber das ist Geschmackssache.
Stilistisch hat C.J. Kingston einen erfrischenden, gut lesbaren Stil, dessen Stärken in der Beschreibung der Örtlichkeiten (man merkt, dass sie sich in Manchester auskennt), den Dialogen und dem feinen Sinn für Humor und Situationskomik liegen. Die Chemie zwischen Leo und Eric stimmt einfach, egal ob sie sich in den Haaren liegen, oder miteinander im Reinen sind. Zugegeben fällt es zu Beginn ein wenig schwer sich an den lockeren Stil der Autorin zu gewöhnen, doch mit der Zeit taucht man in die Geschichte ein und kann „Make me feel real“ nur schwer aus der Hand legen. Zudem baut C.J. Kingston immer wieder witzige Pointen und Seitenhiebe auf aktuelle Filme, Fernsehserien, Bücher und Superhelden ein, die sowohl die Figuren, als auch die Handlung lebendig und greifbar machen.
Fazit:
„Make me feel real“ ist ein gelungenes Debüt aus dem Hause Romance Edition, das mit liebenswerten, sympathischen Charakteren, einer gut durchdachten Handlung und einem erfrischenden Schreibstil punkten kann. Dem ein oder anderen mag das Buch zu wenig Erotik haben, andere mögen es genau deswegen, da es wirklich angenehm ist, einen Gay Romance zu lesen, in dem die Helden nicht alle 50 Seiten miteinander ins Bett fallen. Man darf gespannt sein, was die Autorin als nächstes veröffentlicht – ich halte auf jeden Fall die Augen offen.
Zu empfehlen.