logo
Wrong email address or username
Wrong email address or username
Incorrect verification code
back to top
Search tags: albino-verlag
Load new posts () and activity
Like Reblog Comment
show activity (+)
review 2016-05-17 11:24
Die Schwimmbad-Bibliothek
Die Schwimmbad-Bibliothek - Alan Hollinghurst
Story:
Der junge Adelige William Beckwith genieß sein Leben in vollen Zügen: Partys, erotische Exzesse und ohne finanzielle Sorgen lebt der schwule Mann im London der 80er Jahre in den Tag hinein. Erst als er dem alten Lord Nantwich auf einer Toilette das Leben rettet, ändert sich sein Leben Stück um Stück. Der ehemalige Kolonialbeamte bittet den jungen Mann nämlich darum, seine Memoiren zu schreiben und übergibt Will einige seiner Tagebücher und Aufzeichnungen. Obwohl Will weniger daran interessiert ist, liest er sich doch in Nantwichs Leben ein und taucht in die damalige Zeit ein, in der Homosexualität noch strafbar war. Gleichzeitig lernt er den jungen Bodybuilder Phil kennen und lieben, und beginnt eine lose Beziehung mit ihm.

Eigene Meinung:
Der Roman „Die Schwimmbad-Bibliothek“ von Alan Hollinghurst erschien bereit 1988 und zählt zu den Klassikern der schwulen Literatur. Mit seinem Debüt gewann der Autor unter anderem den „Somerset Maugham Award“ und „E. M. Forster Award of the American Academy of Arts and Letters“. Auch Hollinghursts spätere Werke brachten ihm weitere Preise ein und fast durchweg positive Kritiken, weswegen er zu den bedeutendsten modernen, englischsprachigen Schriftstellern gehört.

Inhaltlich legt der Autor einen kritischen Gesellschaftsroman vor, bei dem eher die Charaktere und deren Vergangenheit und die schwule Subkultur der 80er Jahre im Zentrum stehen. Er spielt zu einer Zeit, in der Aids noch keine große Rolle spielte und konzentriert sich fast vollständig auf die schwule Szene Londons. Das fällt ganz besonders an dem Punkt auf, dass es keinerlei weibliche Figuren gibt. Außer Williams Schwester, die nur am Rand erwähnt wird, kommt keine Frau vor. Man hat fast das Gefühl, als würde der Hauptcharakter das weibliche Geschlecht überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen, sondern sich rein auf die Männer der Schöpfung konzentrieren. An seiner Seite lernt der Leser das schwule London der 80er Jahre kennen und taucht ein in eine recht schamlose, zügellose Welt ein, denn William lässt wahrlich nichts anbrennen. Finanziell abgesichert, treibt er ohne Ziel durchs Leben und macht sich mit seiner Einstellung nicht nur Freunde. Erst als Nantwich in sein Leben tritt und ihn bittet seine Memoiren zu schreiben, ändert sich Maxwell ein wenig.

Nantwichs Tagebucheinträge lassen nicht nur Will einen Blick in die Vergangenheit werfen – in eine Zeit, in der Homosexualität strafbar war und mit Zuchthaus geahndet wurde. Man erfährt mehr über Nantwichs Schulzeit und seine Arbeit in Afrika, die Gefahren, die mit seinen Vorlieben einhergingen und ihn schließlich sogar ins Gefängnis bringen. Dass der alternde Beamte Will aus gutem Grund ausgewählt hat, wird erst am Ende deutlich und offenbaren eines der Grundthemen des Romans: Homophobie. Diese kommt sowohl in der Vergangenheit (Nantwichs Inhaftierung und der gesellschaftliche Skandal), als auch in Williams Gegenwart (z. B. der Angriff der Rechten auf Will) zum Tragen.

Die Charaktere wirken sehr authentisch – William ist nicht unbedingt der sympathische Held, mit dem man mitfiebert, da er mitunter recht arrogant und überheblich daher kommt. Dennoch machen ihn diese Ecken und Kanten menschlich, zumal er Potenzial bietet, sich im Laufe der Geschichte weiterzuentwickeln. Nantwich bleibt die meiste Zeit ein Buch mit sieben Siegeln, da seine Beweggründe recht schleierhaft bleiben und man seine Tagebuchauszüge eher bruchstückhaft serviert bekommt. Die übrigen Figuren bilden den passenden Rahmen für Wills Entwicklung und machen mitunter die schwule Szene erst lebendig: Wills bester Freund James, der schüchterne Phil, die Herren des Clubs – ganz gleich ob sie homosexuell sind oder nicht. Es ist spannend diese Charaktere durch Wills Augen zu sehen, ihre Aktionen und Reaktionen.

Stilistisch legt Alan Hollinghurst ein beeindruckendes Werk vor. Wer eher leichte Unterhaltung gewohnt ist, wird am Anfang Schwierigkeiten haben, sich auf den belletristischen und gehobenen Stil einzulassen. Der Autor hat eine sehr feine, direkte Sprache, die sich besonders in den Dialogen und Beschreibungen zeigt. Er nimmt kein Blatt vor den Mund, ist direkt und bringt die Geschichte mit einer gewissen sprachlichen Eleganz zu Papier. Explizite Szenen werden direkt umschrieben, ohne platt und aufgesetzt zu wirken. Hin und wieder wirken einzelne Passagen allerdings zu ausufernd, so dass der Leser schnell den Bezug zur Geschichte verliert.

Fazit:
„Die Schwimmbad-Bibliothek“ von Alan Hollinghurst ist ein interessanter, gesellschaftskritischer Roman, der durch die Figuren, die sprachliche Finesse und den gelungenen Einblick in die schwule Subkultur der 80er Jahre lebt. Der Autor gewann zurecht Preise für dieses bemerkenswerte Debüt, da es verschiedene Probleme (auch innerhalb der schwulen Szene) anspricht und damit zum Nachdenken anregt. Wer gehobene Literatur bevorzugt und sich nicht vor einigen ausufernden Szenen scheut, sollte einen Blick riskieren. Zu empfehlen.
Source: www.like-a-dream.de
Like Reblog Comment
show activity (+)
review 2016-02-17 11:51
Jetzt sind wir jung
Jetzt sind wir jung - Julian Mars

Story:
Ein Jahr ist es her, seit Martin Felix verlassen hat und letzterer hat lange gebraucht um den Verlust zu überwinden und in sein Leben zurückzufinden. Doch als er seinen Ex-Freund erneut in Hamburg sichtet, schwemmt alles wieder an die Oberfläche: das abrupte Ende einer zwei-jährigen Beziehung, gepaart mit brennender Sehnsucht und der Angst vor einer Aussprache. Um sich dafür zu wappnen, nimmt Felix den Rat seines Freundes Gabriel an und beginnt sich die Vergangenheit von der Seele zu schreiben: seine Jugend mit einer depressiven Mutter und einem egozentrischen, arbeitswütigem Vater, das Entdecken seine sexuellen Identität, seine regelmäßigen Besuche in Darkrooms und seinen Hang zu brutalerem, wenn nicht erniedrigendem Sex. Erst als er Martin kennenlernt, fängt sich Felix und sein Leben wird in ruhigere Bahnen gelenkt. Allerdings kann der sozial engagierte Student Felix‘ geheime Sehnsucht nach Darkrooms und anonymen Sex nicht gänzlich ersticken …

 

Eigene Meinung:
„Jetzt sind wir jung“ ist das Romandebüt von Julian Mars und erschien 2015 im Albino Verlag, der auf eine lange Tradition zurückblickt und sowohl jungen Nachwuchsautoren, als auch Klassikern der schwulen Literatur ein Zuhause geben möchte. Mit „Jetzt sind wir jung“ hat der Verlag ein fesselndes Coming-of-Age Debüt veröffentlicht, das Lust auf mehr macht.

 

Inhaltlich bekommt der Leser einen klassischen Entwicklungsroman geboten, in dem man den jungen Felix kennenlernt, der sich die meiste Zeit durchs Leben treiben lässt und seine sexuelle Identität voll und ganz auslebt – in Darkrooms und durch anonymen Sex. Zudem entdeckt er seinen Hang zu etwas brutaleren Spielarten, was er mit dem Kellner Sebastian auslebt, zu dem er ein seltsames Verhältnis entwickelt und von dem er sich nur mühsam losreißen kann. Sein unruhiges Leben ändert sich erst, als er während eines HIV-Tests Martin kennenlernt und mit diesem zusammenkommt. Plötzlich entdeckt Felix, wie es ist mit jemandem zu schlafen, den man liebt und der diese Gefühle erwidert. Und wie es ist die dunkle Seite zu unterdrücken, die man jahrelang in Bars und Clubs rausgelassen und befriedigt hat.


Julian Mars gelingt ein beeindruckendes Werk, das den Leser tief in das Innenleben seines Protagonisten blicken lässt und die Abgründe offenlegt, die dafür sorgen, dass Felix nicht zur Ruhe kommt. Dabei spielt seine Homosexualität ebenso eine Rolle, wie seine verkorkste Familie. Einzig seine Freunde geben ihm Halt, wenn er droht gänzlich abzudriften: seine Kindheitsfreundin Emilie, der schwule Zyniker Gabriel und seine Schwester Anna. Diese sind ebenso schonungslos ehrlich, wie der Autor, denn „Jetzt sind wir jung“ ist nichts für zartbesaitete Gemüter. Julian Mars nimmt kein Blatt vor den Mund – gerade wenn es um Felix‘ „Abenteuer“ im Darkroom oder seinen Treffen mit Sebastian geht: es geht recht explizit zur Sache. Doch dies passt durchaus zum Buch, denn all diese direkte und offene Art macht „Jetzt sind wir jung“ sehr authentisch und in sich schlüssig. Einzig das Ende wirkt ein wenig aufgesetzt, wenn man Martins Beweggründe erfährt und die Wahrheit für sein Weggehen kennenlernt. Doch das mag Geschmackssache sein.

 

Die authentischen und lebendigen Charaktere sind die große Stärke des Romans. Man kann sich gut in sie hineinversetzen und erlebt den Roman so hautnah. Dabei ist Felix der typische Anti-Held, denn seine Einstellung stößt dem Leser oftmals auf. Gleichzeitig fragt man sich zwangsläufig, wie viel vom Autor in der Hauptfigur steckt.
Sehr schön sind die Nebencharaktere, allen voran Gabriel, dessen scharfe Zunge und zynische Art die Geschichte mehr als einmal auflockern, ebenso Emilie und Anna, die beide Felix unterstützen, selbst wenn dieser es selten wirklich registriert. Auch Martin kann überzeugen, wenngleich er ein wenig blasser erscheint als die übrigen Figuren.

 

Stilistisch legt Julian Mars ein beeindruckendes, witziges und kluges Werk vor – er hat einen fesselnden, sehr ausgereiften und unverblümten Schreibstil, der dafür sorgt, dass man das Buch schwer aus der Hand legen kann. Die Beschreibungen sind sehr bildlich, allen voran Felix‘ Gedanken und die Gefühle, mit denen er sich plagt. Darüber hinaus spricht der Autor allgemeine Probleme an und regt zum Nachdenken an, ohne sich dabei zu ernst zu nehmen oder mit dem erhobenen Zeigefinger zu drohen. Er versteht es subtil auf Dinge hinzuweisen, die man registrieren und überdenken, aber genauso gut ignorieren kann. Das Lesevergnügen wird dadurch in keiner Weise geschmälert.

 

Fazit:
„Jetzt sind wir jung“ ist ein gelungener, fesselnder Coming-of-Age Roman, der durch authentische, lebendige Charaktere und einen mitreißenden Schreibstil besticht. Julian Mars legt einen schönen Roman vor, den man nur schwer zur Seite legen kann und präsentiert mit Felix einen Anti-Helden, den man trotz seiner Art ins Herz schließt. Wer „Die Mitte der Welt“ mochte, dem dürfte auch „Jetzt sind wir jung“ gefallen, allerdings sollte man sich vor Augen halten, dass es in Julian Mars‘ Debüt wesentlich expliziter und direkter zur Sache geht – für Jugendliche ist das Buch daher nichts. Alle anderen sollten einen Blick riskieren, es lohnt sich.

Source: www.like-a-dream.de
More posts
Your Dashboard view:
Need help?