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review 2018-09-18 04:30
Rezension | Sag den Wölfen, ich bin zu Hause von Carol Rifka Brunt
Sag den Wölfen, ich bin zu Hause: Roman ... Sag den Wölfen, ich bin zu Hause: Roman - Carol Rifka Brunt,Frauke Brodd

Beschreibung

 

New York, 1987.

 

Die vierzehnjährige June Elbus ist ganz vernarrt in ihren Onkel Finn Weiss, der sich als gut gehandelter Maler etabliert hat, jedoch viel zu früh an einer Krankheit verstirbt die Junes Mutter kaum zu benennen vermag. Finn hinterlässt in Junes Leben ein großes Loch der Traurigkeit und sie hat das Gefühl mit ihrem Schmerz vollkommen alleine zu sein. Als June eine Nachricht des jungen Mannes Toby erhält, der behauptet Finn genau so sehr zu lieben, beschließt sie gegen den Willen und hinter dem Rücken ihrer Mutter eine Freundschaft zu Toby aufzubauen.

 

Meine Meinung

 

Schon alleine bei der Auswahl des Buchtitels „Sag den Wölfen, ich bin zu Hause“ hat Carol Rifka Brunt ein gutes Händchen besessen, denn er ist wunderbar poetisch, lässt gefährliches erahnen und steckt voller Verheißung auf eine bewegende und mitreißende Lektüre.

 

Worte für dieses Debüt zu finden, die alle Emotionen und Gedanken einfängt und nur ansatzweise meine Begeisterung abbilden, scheint mir fast unmöglich. Dennoch möchte ich mein Bestes geben und mich daran versuchen die spezielle Atmosphäre von Carol Rifka Brunt’s Geschichte zu umschreiben.

 

Vor allem der Facettenreichtum ist atemberaubend! Das etwas eigenbrötlerische Mädchen June wächst mit ihrer älteren Schwester Greta in einem behüteten Elternhaus heran. Mutter und Vater sind in der Buchmacherbranche tätig, so dass die Schwestern einen großen Teil des Jahres auf sich alleine gestellt sind – schließlich ist Steuersaison und da gilt es von morgens bis abends so einiges an Papierkram zu erledigen. Die Schwestern haben vielleicht gerade deshalb eine starke Bindung zueinander, doch diese ist seit einiger Zeit beschädigt und June kann sich nicht erklären warum ihre Schwester so abweisend und kalt zu ihr ist.

 

"Manches von dem, was Greta sagte, war so scharf, dass ich tatsächlich spürte, wie ihre Worte mich aufschlitzen, hinein in meinen Bauch und mein Herz." (Sag den Wölfen, ich bin zu Hause, Seite 298)

 

Die wohl wichtigste Bezugsperson in Junes Leben war ihr verständnisvoller und kluger Onkel Finn, der immer ein offenes Ohr für sie hatte und eine besondere Zeit mit ihr verbrachte. Gemeinsam besuchten sie Orte die für sie eine Bedeutung hatten (z. B. The Cloisters) und tranken Tee aus einer bemalten Kanne. Doch Finns Leben wurde durch eine Krankheit ein Ende gesetzt, die in den 80er Jahren zur Stigmatisierung führte (und auch heute noch dazu führen kann). Die Rede ist von AIDS. Junes Mutter fiel der Umgang mit dieser Krankheit äußert schwer und für all das Übel machte sie Finns „besonderen“ Freund Toby verantwortlich und selbst an Finns Beerdigung schneidet sie ihn.

 

June tritt dem Thema AIDS im Gegensatz zu ihrer Mutter viel aufgeschlossener entgegen und als Toby den Kontakt zu ihr sucht, ringt sie sich zu einem Treffen mit dem ihr fremden Mann, dem Finn so nahe stand, durch und lernt ihn langsam besser kennen. Es entwickelt sich eine besondere Freundschaft die June sehr viel gibt, aber schlussendlich auch sehr viel Schmerz verspricht.

 

"Das Leben schien ein immer enger werdender Tunnel zu sein. Im Augenblick der Geburt war der Tunnel riesengroß und unendlich lang. […] Dann, in exakt einer Sekunde nach der Geburt, verengte sich der Tunnel bereits um die Hälfte." (Sag den Wölfen, ich bin zu Hause, Seite 316)

 

Ein weiterer Strang des Gesamtkunstwerkes ist das Gemälde von June und ihrer Schwester Greta, welches Finn vor seinem Tod fertig stellte und das den Titel „Sag den Wölfen, ich bin zu Hause“ trägt. Von diesem Bild geht eine spezielle Faszination aus, die die Charaktere von Toby, June, Greta und Finns Schwester (die Mutter von June und Greta) miteinander wie durch ein durchsichtiges Netz verbindet.

 

Dieser Debütroman wird aus zahlreichen Puzzleteilen zusammen gesetzt, wie die Probleme des Erwachsen Werdens, des sich Selbst Findens, die Schwierigkeiten und Schönheiten des Geschwister Habens und dann wird auch noch die heikle Sache mit der Homosexualität und AIDS in den 80er Jahren eingewoben. Carol Rifka Brunt hat mich allerdings nicht nur mit der Geschichte von ihrer schriftstellerischen Qualität überzeugen können, sondern vor allem mit ihrem Schreibstil, bei der jede Seite wie ein frisch bezogenes Bett zum reinlegen und reinkuscheln verführt.

 

Fazit

 

Carol Rifka Brunt ist eine Wortkünstlerin und ihr Debütroman ein absolutes Lesehighlight.

Source: www.bellaswonderworld.de/rezensionen/rezension-sag-den-woelfen-ich-bin-zu-hause-von-carol-rifka-brunt
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review 2016-10-12 15:31
Wortgewandte Zeitreise in die 80er Jahre mit vielen glückseligen aber auch denkwürdigen Erinnerungen
Wir Kassettenkinder: Eine Liebeserklärung an die Achtziger - Stefan Bonner,Anne Weiss

Ganz nach dem Stile der 80er ist das Cover grell und bunt und spiegelt das Zeitalter gekonnt wieder. Es quietscht förmlich beim Betrachten, so grell war auch das Zeitalter. Das Cover passt zum ganzen Thema und natürlich zum Titel. Denn Kassetten waren damals das non plus ultra Medium. Die einzelnen Kapitel werden durch exakt treffende Illustrationen begleitet.

 

Schon in der Einleitung wird im Nähmaschinen-Stakkato das gesamte Jahrzehnt mit geballter Ladung schon fast atemlos umrissen. Hier tauchen schon viele Ereignisse auf, die das Leben uns in den 80ern sehr geprägt haben und mir ein bisschen nostalgische Tränen in die Augen getrieben haben.

 

Köstlich amüsiert habe ich mich über die Beschreibungen der Geschmacksrichtung, Punker, Popper oder Rapper? So bunt wie wir damals waren, so bunt war auch die Musik und rasant hat sich die Technik entwickelt. Und mir wird bewusst, dass wir die Kinder waren, die diese Entwicklung mitgemacht haben und aufgesaugt haben wie ein trockener Schwamm. Jedes Kapitel bietet viele tolle Erinnerungen und auch einige a-ha! Momente. Wir werden mitgenommen auf unsere Zeitreise zurück in unsere Schule, in unsere verqualmten Wohnzimmer, aber auch wieder zurück an unseren ersten Fernseher mit der ersten VHS-Kassette, an unseren ersten Walkman, an unsere Ausflüge mit dem Fahrrad ins Freibad, die Erinnerung an das Auspacken unserer ersten Schallplatte und an unseren ersten PC-Monitor, der damals noch schwarz mit weißer, gelber oder grüner Schrift leuchtete.

 

Auch wenn die meisten Alltagsbeschreibungen sich denen von heute gleichen, so wird einem trotzdem bewußt, dass das, was in den 80ern angefangen hat, heute um ein vielfaches schlimmer oder anders ist. Seien es die Mama-Taxis, die heute zu Helikoptern mutiert sind, oder das damals erwachende Umwelt- und Gesundheitsbewußtsein, dass heute zu ekstasischem Ausmaß angewachsen ist. Und natürlich nicht zu vergessen der Beginn der (mobilen) Technik in Form einer Kassette im Walkman.

 

Es ist klar, dass nicht alle Kassettenkinder exakt das Gleiche erlebt haben, und das kann auch das Buch nicht liefern. Die Autoren haben aber in ihrer sehr ausgefeilten und pointierten Sprache versucht, alle regionalen und gesellschaftlichen Unterschiede aufzugreifen und wieder zu spiegeln. Und ich denke, man kann schon sagen, dass wir im Groben und Ganzen doch alle gemeinsam das Gleiche erlebt haben, und uns heute noch zusammen schweißt. Weil es damals auch noch nicht so eine Reizüberflutung mit den vielen verschiedenen Möglichkeiten gegeben hat. Und das wird in diesem Buch - finde ich - recht anschaulich erzählt. Ich finde es auch gut, dass nicht nur die positiven oder lustigen Erinnerungen aufgeführt wurden, sondern auch das, was nicht so toll war und uns auch bis heute noch geprägt hat, wie zum Beispiel Tschernobyl und der Krankheit AIDS. Es war nicht alles gold, was glänzte damals. Auch wenn wir alle so nostalgisch an die 80er zurückdenken. Ja, es war auch eine Zeit mit neuen Ängsten und Katastrophen, deren Ausmaß wir jetzt erst vielleicht besser begreifen können.

 

Es war ein schöner, nostalgischer aber auch ein bisschen nachdenklicher Ausflug zurück in meine Kindheit und Jugend. Es war genau die Zeit, in der ich vom Kind zum jungen Mädchen wurde, zwischen 6 und 16 Jahre. Die wildesten und aufregendsten Jahre meines Lebens, in dem noch alles möglich und offen war. Danke für diese gelungene Zeitreise, ich habe mich in so gut wie allen Kapiteln und Erzählungen wieder gefunden! Und wenn Eure Kinder fragen, wie es denn damals so war als Kind, dann drückt ihnen das Buch in die Hand!

 

Auch wenn ich das heutige Zeitalter, Smartphones und Vernetzung nicht verzichten möchte. Manchmal wünschte ich mir schon ein "back to the roots“. Und ich werde auch gleich mit meinen Kindern „Zurück in die Zukunft“ anschauen!

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