Story:
Zehn Jahre sind vergangen, seitdem Sam seine große Jugendliebe Gabriel aus den Augen verloren hat, nachdem dieser den Kontakt komplett einstellte. Seitdem ist Sam kaum in der Lage eine vernünftige Beziehung zu führen – zu sehr wiegt die Angst erneut fallen gelassen zu werden. Da bietet sich ihm plötzlich die Möglichkeit die Angelegenheit direkt mit Gabriel, der inzwischen zum aufstrebenden Star der Musikbranche avanciert ist, zu klären. Für die Europatour wird kurzfristig ein Kameramann gesucht, der Gabriel und die Gruppe begleitet und für die Fans kleine Videobotschaften erstellt. Sofort bringt Sams beste Freundin Leni ihn beim Assistenten von Gabes Managerin ins Gespräch und kurz darauf hat er den Job.
Die Europatour beginnt unterkühlt, doch schon bald muss Sam erkennen, dass seine Gefühle für Gabe auch nach so langer Zeit nicht erloschen sind. Auch der junge Musiker kann sich seiner alten Liebe nur schwer erziehen, hütet jedoch ein Geheimnis, dass alles zerstören könnte, was sich zwischen den beiden Männern anbahnt …
Eigene Meinung:
Susann Julievas „Vielleicht für immer“ erschien 2016 beim Cursed Verlag. Die Geschichte ist ein Spin-Off ihres Debüts „Böse Jungs“ (erschienen bei Ullstein Forever), bzw. der Bonusgeschichte „Berlin Blues“, in der Gabriel West erstmals als Nebenfigur auftauchte. Der Roman über Gabe und Sam ist in sich abgeschlossen.
Die Geschichte beleuchtet abwechselnd die Ereignisse der Vergangenheit, sprich Gabes und Sams Schulzeit, und die Europatour, in der sich die beiden jungen Männer neu kennenlernen und ihre Differenzen aus dem Weg räumen müssen. Susann Julieva konzentriert sich dabei auf ihre Figuren und lässt ihnen einen Menge Zeit sich zu entwickeln. Deswegen dauert es lange bis Sam seinen Zorn und Hass begräbt und auftaut, und Gabriel mit der Wahrheit bzw. seinen wirklichen Problemen herausrückt. Dadurch hat man viel Zeit die Figuren kennenzulernen und sich auf sie einzulasen. Die Rückblenden verleihen Sam und Gabe zusätzliche Tiefe, da man sie und ihre Charakterzüge erst dabei wirklich erfassen kann. Positiv ist auch, dass die Autorin ungewöhnliche Themen zur Sprache bringt, darunter auch psychische Krankheiten, die sehr gut beschrieben werden. Auch sonst spielen familiäre Probleme und Homophobie eine gewisse Rolle.
Glücklicherweise verzichtet Susann Julieva auf übermäßig viel Erotik – das hätte nämlich gar nicht zu dem atmosphärischen und ruhigen Roman gepasst, in dem die Charaktere viel Zeit brauchen, um wieder zueinander zu finden. Wer also auf eine erotischere Gay Romance aus ist, wird enttäuscht werden – „Vielleicht für immer“ ist fast ein Coming-of-Age, in dem die wachsende Beziehung zwischen Sam und Gabriel im Zentrum steht.
Die Charaktere sind sehr sympathisch und authentisch. Sowohl Sam, als auch Gabriel kann man sehr gut nachvollziehen. Sam ist ein normaler junger Mann, der noch immer an seiner Vergangenheit zu knabbern hat, jedoch absolut loyal und ehrlich ist, wenn er erst einmal Vertrauen gefasst hat. Gabriel ist wesentlich verrückter, dabei aber mindestens genauso ehrlich und offenherzig, wie Sam. Die beiden geben ein gutes Team ab, da die Nachteile des einen durch den anderen aufgewogen werden. Auch die Nebenfiguren sind sympathisch – lediglich um den Assistenten Elias tut es mir ein wenig leid. Er hat fast zu sehr den Stempel des „Antagonisten“ aufgedrückt bekommen, damit die Geschichte am Ende funktioniert. Das ist sehr schade – vielleicht wird sein Schicksal ja irgendwann in einer Kurzgeschichte abgehandelt, denn man möchte schon wissen, wie es ihm ergeht.
Stilistisch liefert Susann Julieva gewohnt hohe Kost. Es macht einfach Spaß „Vielleicht für immer“ zu lesen. Durch die Wahl der zwei Zeitebenen und die Tatsache, dass mal Sam, mal Gabe die Geschichte erzählt, erhält man einen umfassenden Einblick in die Ereignisse und die Gefühlswelten der Figuren. Daher kann man sich sehr gut in den Roman hineindenken und nur schwer aus der Hand legen, wenn man einmal mit dem Lesen begonnen hat. Susann Julieva ist ein sehr dichter, atmosphärischer Roman gelungen, der eher an „Café der Nacht“ erinnert, als an „Bad Boys“, das wesentlich lockerer war.
Fazit:
„Vielleicht für immer“ ist ein schöner, atmosphärischer Coming-of-Age Roman, der sich stark auf die Charaktere konzentriert. Sowohl Sam als auch Gabe wachsen dem Leser schnell ans Herz und man fiebert dem Happy End entgegen (das für beide mit etlichen Strapazen verbunden ist). Wer Susann Julievas Bücher mag, sollte sich auch die Geschichte um Gabe und Sam nicht entgehen lassen. „Vielleicht für immer“ ist ein wunderschöner Roman, der sich sowohl für heiße Sommerabende, als auch für kühle Winternächte eignet. Zu empfehlen.