Die Sonne geht nicht unter in Jyväskylä. Hell leuchtet sie auch auf die finsteren Verbrechen, mit denen sich Privatermittler Otto Kuhala ausgerechnet zum Mittsommerfest beschäftigen muss. Eine rote Frauensandale – mit dem dazugehörigen Fuß – steht am Anfang seiner abenteuerlichen Ermittlungen, bei denen ihm glücklicherweise die reizende Kommissarin Annukka Schützenhilfe leistet. Aber die Unterwelt von Jyväskylä lässt sich nur äußerst ungern in die Karten schauen.
Dieses Buch war eine Zufallsentdeckung im Thalia. Ich sah das Cover, fand es süß und musste darüber lachen. Manche Bücher haben es leicht, sich bei mir einzuschmeicheln
Dass es in Finnland spielt, weckte zwar leise Zweifel, aber nachdem ich mir “Geisterfjord” ein sehr gutes Buch aus Skandinavien gelesen hatte, habe ich diese Zweifel überhört. Wenn “da oben” gute Thriller geschrieben werden, wieso nicht auch gute und humorvolle Krimis? Na also!
Nun nach dem Lesen denke ich, ich hätte auf die Zweifel hören sollen. Oder doch nicht? Ich weiß es nicht. Noch kein Lesefutter hat bei mir solch paradoxen Eindruck hinterlassen. Das hat allerdings nichts mit Skandinavien zu tun!
Denn die Story hat mir generell ganz gut gefallen. Gleich mehrere Morde halten Privatdetektiv Otto Kuhala auf Trab. Und als ob das nicht schon anstrengend genug wäre, wird er von seinem ehemaligen Kollegen bei der Polizei ganz gut bei seinen Ermittlungen sabotiert, und eine bezaubernde Kommissarin verdreht ihm den Kopf. Ob der dabei klar bleibt? Dazu gewinnt er im Zuge seiner Ermittlungen so manchen schockieren Einblick in die Verbrecherwelt seiner Stadt Jyvyskäla und trifft reihenweise auf skurrile Personen. Das ist eine Mischung, die an sich aufgehen müsste. Da steckt Spannung drin und Unterhaltsamkeit ebenfalls.
Es gab für mich jedoch ein wesentliches Problem, wegen dem weder Spannung, noch Unterhaltungswert so richtig aus den Puschen kamen. Dieses Problem ist der Schreibstil des Autors. Markku Ropponen schreibt ohne Zweifel sehr intelligent, und wortgewandt. In Sachen Formulierungen macht ihm so schnell niemand etwas vor. Zudem ist er offenbar ein sehr guter Beobachter von Situationen und vor allem von Menschen, mit samt deren Stärken und Schwächen. Er versteht es, seine Beobachtungen und Gedanken dazu gewitzt in Worte zu fassen. An sich genau der Typ Humor, den ich mag!
Da habe ich manches Mal geschmunzelt, ein paar Mal sogar laut gelacht. ABER Markku Ropponen liebt offenbar endlose Sätze. Diese sind Dank seiner Wortgewandheit auch formvollendet formuliert. Nur musste ich sie häufig mehrmals lesen um sie ganz zu erfassen und zu verstehen.
Gelegentlich -das mache ich manchmal, wenn ich denke, dass mir ein Text so “klarer” wird, oder wenn ich meine, dass ich unkonzentriert bin- habe ich Abschnitte laut für mich gelesen. Da war ich jedes Mal schon mit dem Atem am Ende, da lagen noch zwei Kommata vor mir und der Punkt war noch nicht mal in Sichtweite. Diese Tatsache bremst nicht nur den Lesefluss aus, sondern hält auch Spannung und Unterhaltsamkeit in Schach. Ich denke, ich bin ein gut trainierter Leser. Damit ich mit dem Gedanken, dass es nun wieder anstrengend wird, zu einem Buch greife, muss schon was passieren. “Reusenkadaver und andere Unannehmlichkeiten” hat das spielend geschafft.
Mir tut das unendlich leid, denn -wie gesagt- ich mochte den Kern der Story, den Fall des Privatdetektiven. Ich mochte Kuhala selbst, der als Privatdetektiv gar nicht typischer erdacht sein könnte: frisch geschieden, im Büro lebend, ziemlich abgebrannt, aber auch intelligent, sympathisch und mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Mir hat es sogar gefallen, dass einige seiner “Ermittlungserfolge” auch Kommissar Zufall zuzuschreiben sind. Diese Passagen sind vergnüglich geschildert und Kuhala hat zumindest etwas geleistet ehe er über eine Entdeckung stolpert…selbst wenn es eine Verfolgungsjagd per Rad ist.
Aber dass es so anstrengend zu lesen ist, das schleift den an sich runden Eindruck eckig.
Das Buch hat 334 Seiten, ist also gar nicht so dick. Normalerweise kein Buch, mit dem ich mich zehn Tage lang beschäftigen müsste um es auszulesen. So lange hat es aber tatsächlich gedauert. Aus oben genannten Gründen. Ich habe es als sehr anstrengend zu lesen empfunden. Endlose Sätze, wortgewandt, bildhaft und mit bissigem Humor ausformuliert, aber eben einfach too much von allem. Kürzer, knackiger, das wäre es gewesen. Das steht einem humorigen Krimi und hätte Schwung und Tempo reingebracht. So jedoch liest es sich schleppend und dieser Eindruck überträgt sich auch auf die Handlung.
Es war das Cover, das mich sofort am Wickel hatte. Ich mag es immer noch und finde es auch immer noch sehr lustig mit dem Rentierkopf im Topf und dem buschigen Schwanz, der aus der Ofenklappe schaut. Mit dem Rentier ist ein Bezug zum Handlungsort gegeben (welches Tier im Ofen steckt, weiß ich nicht ), und der Küchenausschnitt vermittelt eine gewisse Gemütlichkeit. Schön und augenfällig.
Fazit: Leider hat der “umständliche” Schreibstil mir den Gefallen und das Vergnügen an der Geschichte sehr verdorben. Das bremst den Lesefluss, das bremst die Handlung. So wollte einfach keine Spannung aufkommen. Hier und da etwas weniger geschliffener Humor hätte die Story auch nicht sfort niveaumäßig unter die Fußmatte sinken lassen, aber sicher etwas Tempo reingebracht.Ich bin im Zweifel, ob ich Kuhalas zweitem Fall “Ein beschissenes Sortiment an Schwierigkeiten” noch eine Chance gewähren werde.