Stephen Kings Kleinstadt Castle Rock in Maine war Schauplatz seltsamster Vorkommnisse. Da wundert es nicht, dass ihre Einwohnerin Gwendy einen sonderbaren Mann antrifft, der ihr einen merkwürdigen Kasten schenkt.
"Gwendys Wunschkasten" ist eher eine Kurzgeschichte als ein Roman. Dennoch schaffen es Stephen King und Richard Chizmar auf diesen wenigen Seiten eine eindringliche Schauerstory zu erzählen.
Die kleine Gwendy lebt in Castle Rock und ist bemüht, ihren Baby-Speck anzugehen. Während sie ihren Fettzellen mit Sport und Treppenlaufen zu Leibe rückt, erregt ein absonderlicher Mann ihre Aufmerksamkeit. Der Fremde scheint sie zu kennen und bietet ihr einen Wunschkasten mit unterschiedlichen Hebeln und Schaltern an, der ihr ihre Träume erfüllt.
Natürlich kann Gwendy nicht ablehnen, weil sie damit ihrem schlanken Dasein näher kommt, und ihr Leben in ganz neue Bahnen lenkt.
Die Geschichte hat mich von der ersten Seite an fasziniert und hingerissen! Ich kann einfach nicht glauben, wie es Stephen King schafft, seine Figuren zum Leben zu erwecken. Auf diesen wenigen Seiten habe ich Gwendy durch mehrere Jahre ihres Lebens begleitet und hatte ständig das Gefühl, einen echten Menschen vor Augen zu haben.
Gwendy hat sich mit dem Wunschkasten eine richtige Bürde aufgeladen. Zwar geht ihr vieles leicht von der Hand, gleichzeitig hat sie aber auch mit seiner Bedrohung zu kämpfen, auf die ich hier nicht weiter eingehen will. Erwähnt sei nur, dass damit auch eine große Verantwortung verbunden ist.
King geht auf das klassische Thema des kalten Kriegs aber auch der Gegenwart ein. Man denkt sofort an den berüchtigten roten Knopf, der Atombomben und Sprengsätze starten lässt und so manchen Regierungen ausgeliefert in seiner Unscheinbarkeit augeliefert ist. Was ist, wenn man einen solchen Button tatsächlich zur Verfügung hat? Könnte man widerstehen oder will man sehen, was passiert wird?
Die Handlung ist von dem Zwang und der Bedrohung des Wunschkastens geprägt. Sie wird dicht geschildert und beschrieben, obwohl sie sich auf wenige Seiten erstreckt. Hier bin ich auch bei meinem einzigen Kritikpunkt angelangt, weil die Geschichte durch die Kürze ihr volles Potential verschenkt.
Ich habe dieses Büchlein sehr gern gelesen, hatte Gänsehaut und habe mit Gwendy gefühlt. Denn ihr Leben hat rasante Veränderungen erfahren, was allerdings zum Erwachsenwerden gehört und nicht ausschließlich am Wunschkasten liegt. Der Wunschkasten kann dementsprechend als Symbol für die Entwicklung zum erwachsenen Menschen gesehen werden. Denn man weiß, dass sich manche Kindheitsträume erfüllen, doch das Leben als Erwachsener genauso eine Bürde ist.
Das Ende ist mir unter die Haut gegangen, hat mich schmunzeln lassen und ich habe zufrieden das Buch zugeklappt. Es hat mir insgesamt großen Spaß gemacht.
Ich bin mir sicher, Leser, die Stephen Kings Kurzgeschichten mögen, werden mit „Gwendys Wunschkasten“ eine schaurig-dichte Erzählung im berühmt-berüchtigten Castle Rock erleben. Aber passt auf, wenn ihr dem Mann mit der kecken Melone begegnet!