logo
Wrong email address or username
Wrong email address or username
Incorrect verification code
back to top
Search tags: jr-konig
Load new posts () and activity
Like Reblog Comment
show activity (+)
review 2019-05-01 11:08
Grimdark hoch 10
Beyond Redemption - Michael R. Fletcher

Michael R. Fletcher schreibt nicht hauptberuflich. Es war ihm zwar eine Weile möglich, als Vollzeit-Autor zu leben, nachdem er die Vorauszahlung von Harper Voyager für seinen Grimdark-Trilogieauftakt „Beyond Redemption“ erhalten hatte, aber leider hatte der Verlag aufgrund niedriger Verkaufszahlen kein Interesse an einer Fortsetzung und Fletcher musste erneut regulär arbeiten. Das war sicher eine niederschmetternde Erfahrung, doch sie hinderte ihn nicht daran, seinen Traum weiterzuverfolgen. Er veröffentlichte den zweiten Band der „Manifest Delusions“ im Selfpublishing. Das Finale fand beim kleinen Imprint Talos eine Heimat. In dieser Geschichte steckt eine wichtige Moral: nicht jede schriftstellerische Karriere ist ein Märchen und für jemanden, der so spezielle Bücher schreibt wie Michael R. Fletcher kann es schwer sein, sich dauerhaft zu etablieren.

 

Eine Welt, in der sich die Wahnvorstellungen der Menschen real manifestieren, kann nur von geistesgestörten Göttern erschaffen worden sein. Konig Furimmer, Oberhaupt der Geborene Damonen, glaubt das nicht. Er ist überzeugt, dass die Götter manifestierte Wahnvorstellungen der Menschen sind. Ist es möglich, einen neuen Gott zu formen? Kostbare Jahre seines Lebens widmete er der Ausbildung potenzieller Kandidat_innen. Ein letzter ist übrig: ein Junge namens Morgen. Sein Aufstieg steht kurz bevor. Die Zeit drängt, denn Konig droht, die Kontrolle über seine Halluzinationen zu verlieren. Fatalerweise bekommt eine dreiköpfige Räuberbande Wind von seinen Plänen. Konig schickt seine gefährlichste Agentin aus, um die drei festzunehmen: Gehirn Schlechtes. Doch Gehirn kann sie nicht aufhalten und schon bald versuchen auch andere Geisteskranke, Morgen in ihre Gewalt zu bringen. Das Schicksal der Welt ruht auf den Schultern des Jungen – aber verdient eine vom Wahnsinn regierte Welt überhaupt Erlösung?

 

Habt ihr euch in der Inhaltsangabe über die seltsamen, dem Deutschen entlehnten Namen gewundert? Vor der Lektüre von „Beyond Redemption“ schenkte ich der eigenwilligen Namensgebung keine Beachtung. Erst als ich das Vorwort des Autors Michael R. Fletcher las, beschlichen mich üble Vorahnungen, denn er entschuldigt sich darin bei allen Leser_innen, die tatsächlich Deutsch sprechen. Nach den ersten Kapiteln des Trilogieauftakts wurde mir klar, dass diese prophylaktische Entschuldigung definitiv angebracht ist. Was Fletcher mit der deutschen Sprache anstellt, schmerzte mich bis in die Haarspitzen. Alle Eigennamen sind konsequent deutsch, doch es handelt sich nicht um deutsche Namen. Es sind deutsche Begriffe, die häufig negativ konnotiert sind und die er wild kombiniert, um das Wesen seiner Figuren auszudrücken, abzüglich der Umlaute, die es im Englischen nicht gibt. Ich fand das unglaublich irritierend und brauchte sehr lange, um mich damit abzufinden. Ich stolperte immer wieder darüber, was meinen Lesespaß entscheidend schmälerte. Wäre die Namensgebung jedoch mein einziges Problem mit „Beyond Redemption“, hätte ich das Buch garantiert besser bewertet. Leider hatte ich grundsätzlich Schwierigkeiten mit diesem merkwürdigen Roman und fühle mich zwiegespalten. Die Idee, ein Grimdark-Universum rund um manifestierte Wahnvorstellungen bzw. seltene psychische Erkrankungen aufzubauen, ist faszinierend und ja, „Beyond Redemption“ ist Grimdark hoch 10. Nicht aufgrund der Brutalität der Geschichte, sondern aufgrund ihrer bedrückenden, trostlosen Atmosphäre, in der sich ein interessanter, fundamentaler religiöser Konflikt verbirgt, der an die Frage nach Henne oder Ei erinnert: erschufen verrückte Götter die Welt der Menschen oder erschufen verrückte Menschen die Götter, um an irgendetwas zu glauben? Dieser interpretative Widerstreit ist der Auslöser der Handlung, denn der Hohepriester des Ordens der Geborene Damonen, Konig Furimmer (ich zucke schon wieder zusammen), will einen Gott nach seinen Vorstellungen erschaffen, um seine theologische Theorie zu beweisen und der Welt ein wenig Hoffnung zu schenken. Kein Wunder, schließt kriecht die Verzweiflung aus jeder Pore dieses Buches. Die Geisteskranken, die das Universum dominieren, leiden schrecklich unter ihren Wahnvorstellungen und den emotionalen Traumata, die sie auslösten. Nachvollziehbar, dass sie sich einen Gott wünschen, der alles in Ordnung bringt und ihnen zumindest Erlösung in Aussicht stellt. So überzeugend und originell diese Ausgangssituation auch ist, ich fühlte mich von Fletcher vollkommen alleingelassen. Ich konnte keine Bindung zu den Figuren entwickeln, denn sie sind alle völlig gestört und werden von abstoßender Verderbtheit angetrieben. Ich scheiterte an den Mauern ihrer Manien. Der Autor schubste mich in dieses Irrenhaus hinein, ohne mir zu helfen, mich zu orientieren. Daher fand ich nie richtig in die Geschichte und empfand die Lektüre als zäh, obwohl mich die Glaubwürdigkeit der Charakterisierungen beeindruckte und mich besonders das brillante Profil der Agentin Gehirn Schlechtes bewegte. Es war einfach zu viel Wahnsinn.

 

Ich kann nicht behaupten, dass ich an „Beyond Redemption“ viel Freude hatte. Ich bin mir nicht mal sicher, ob Spaß überhaupt das Ziel des Autors Michael R. Fletcher war. Seine Geschichte strotzt vor Negativität, wie soll man da Genuss empfinden? Dennoch ist der erste Band der „Manifest Delusions“ als Vertreter des Grimdark-Subgenres bemerkenswert, weil er gänzlich ohne fremde Völker, Magie im traditionellen Sinne oder eine weltumspannende Bedrohung auskommt. Jeder Aspekt der Geschichte fußt auf den Wahnvorstellungen der Figuren. Diese Konzeption ist zweifellos außergewöhnlich und einzigartig. Vermutlich habe ich deshalb beschlossen, dem zweiten Band „The Mirror’s Truth“ trotz meiner mäßigen Bewertung eine Chance zu geben. Ich bin neugierig, ich will wissen, wie es weiter geht. Hoffentlich ist der Wahnsinn dieses Universums nicht ansteckend.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2019/05/01/michael-r-fletcher-beyond-redemption
Like Reblog Comment
review 2018-01-28 17:12
Sprachlich überzeugende Lovestory mit spannendem und aufregendem Kopfkino
Wie Regen in der Wüste - Kira Gembri,Lena König
Als Kira Gembri ankündigte, sich in einem neuem Genre zu versuchen und für den ersten Band ihrer neuen Naliri-Saga Testleser suchte, war ich gleich Feuer und Flamme. Ich liebe Kiras Sprachstil und bin auch gerade dabei, alle ihre Verlagstitel zu lesen. Ihre selbstpublizierten Bücher kenne ich bereits alle. Dieses Buch hat Kira in Zusammenarbeit mit der Autorin Lena König geschrieben, deren erste Veröffentlichung dieser Titel ist.
 
Coverbild
 
Bei dem Coverbild habe ich sogar mit abgestimmt. Kira hatte über die sozialen Medien aufgerufen, über verschiedene Entwürfe auf der Designer-Plattform 99design.at. Der gewonnene Entwurf gefiel mir selber auch am besten und ich bin froh, dass er genommen wurde. Das Cover zeigt eine Wüstenlandschaft, in deren Vordergrund eine hübsche Frau mit wehenden blonden Haaren und nachdenklich gesenkten Blick steht. Dahinter als Silhouette im Gegenlicht der Sonne ein Reiter mit einem Bogen über den Rücken. Obwohl ich Gesichter und Menschen auf Cover immer problematisch finde und es auch ein bisschen kitschig wirkt, gefällt mir dieses Cover sehr gut, denn es passt sehr gut zur Story und zum Genre.
 
Handlung
 
Die junge Novizin Liria wird bei einem Überfall der Thokorim auf die Stadt Myolis von Thrakon entführt. Er bringt sie mit seinem Clan in sein Dorf im wilden Wüstenland. Dort wird das hellhäutige, blonde Mädchen muss von nun an dort als Geisel leben und wird von den dunkelhäutigen Thokori sehr ruppig und abfällig behandelt. Besonders Angst hat sie vor ihrem Entführer, dem schroffen und derben Clanführer Thrakon. Mit der Zeit aber lernt Liria die Gebräuche und Sprache der Thokori immer besser kennen. Das unbefangene und freizügige Leben in der Oase bringt nicht nur ihre bisherige Weltanschauung, sondern auch besonders ihre Gefühlswelt ganz schön durcheinander. 
 
Buchlayout / eBook
 
Die ca. 350 Seiten sind durch 16 Kapitel in recht angenehme Längen eingeteilt. Leider gibt es keine Ausschmückungen oder Kapitelüberschriften, worüber ich mich sehr gefreut hätte. Die Kapitel werden lediglich mit der Nummer eingeleitet, was ich sehr schade finde.
 
Idee / Plot
 
Die Basisstory ist eine typische sich entwickelnde Liebesgeschichte und haben wir schön öfter angetroffen. Es ist ein bisschen wie eine Mischung aus "Dirty Dancing" und "Die Schöne und das Biest“. Ein unbeflecktes Mädchen, gefüttert mit der Weltanschauung eines überheblichen und snobistischen Volkes, wird entführt vom größten Volksfeind, deren Leben und Gebräuche als wild und ungehobelt gelten. Die beiden Völker verbindet auch klassischerweise eine uralte Fehde, eine manifestierte Feindseligkeit. Doch um so länger die Entführte in diesem Dorf lebt, um so mehr stellt sie ihr altes Leben und ihre bisherige Welt in Frage. 
Dieser klassischer Plot funktioniert natürlich immer für eine erotische Liebesgeschichte, auch wenn es im Grunde nichts Neues ist.
 
Emotionen / Protagonisten
 
Die Vollwaisin Liria wurde als sehr junges Mädchen vom Hohepriester in den Tempel zur Mutter Meer aufgenommen. Dort lebt das erste Mädchen seit Generationen ihr frommes Dasein als Novizin, immer darauf bedacht rein für ihre Göttin Mutter Meer zu bleiben, um die Ehre zu haben zur Priesterin ausgebildet zu werden. Sie wird vom Hohepriester sehr geschätzt - ja sogar richtig verehrt - was das junge Ding natürlich sehr stolz, wenn nicht sogar ziemlich eingebildet macht.
Plötzlich wird sie aber aus ihrer heilen Welt gerissen und muss mit ungehobelten und barbarischen Wilden leben, deren Gebräuche und freizügiges Leben für sie absolut ungewohnt sind. Liria ist anfänglich sehr demütig, hofft aber immer auf Rettung durch ihren Hohepriester. Das konnte ich nicht ganz nachvollziehen, warum sich Liria einbildet den Myolern und dem Hohepriester so wichtig zu sein - das macht sie anfänglich ganz schön überheblich. Aber durch die Erfahrungen über die wahre Geschichte zwischen der Myoler und Thokori zerstört langsam ihre Anschauung und sie begreift, dass die ihr vorgegaukelte heile Welt in Wahrheit nicht so ist. Sie macht hier eine schöne Wandlung durch. Sie wird freier und beginnt ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen und lernt ihre Lust zu spüren und auszuleben.
 
"Es schien, als wären wir beide nicht einfach nur in einen See gesprungen, sondern vom Rand unserer gemeinsamen Welt. Jetzt war alles neu, auf verwirrende, aufregende Weise anders, und ich spürte bei all meinem Herzklopfen keinerlei Angst mehr vor Thrakon."
 
Kira Gembri "Wie Regen in der Wüste“ Pos. 1265 (kindle Edition, © Kira Gembri)
 
Thrakon ist ein absolut verschlossener und wortkarger Typ. Er ist der Clanführer und muss seine Position natürlich immer wieder unter Beweis stellen. Entgegen Lirias anfänglicher Meinung über die Thokori, verhält sich Thrakon ihr gegenüber ganz anders. Auch er muss lernen, dass die Myoler nicht unbedingt so sind, wie er es immer geglaubt hat. Erst sehr langsam lässt er Liria auch ein wenig in sich hineinblicken und beginnt sich zu öffnen.
 
Handlungsaufbau / Spannungsbogen
 
Der Einstieg ist schon gleich durch die Entführung sehr spannend. Der Bogen wird bis über die Mitte des Buches auch schön weiter aufgebaut. Ab zwei Drittel des Buches gibt es einen Spannungseinbruch und kommt durch die ausführlichen Beschreibungen der erotischen Akte etwas ins Stocken. Mir ist es in diesem Teil des Buches etwas zu geballt, man hätte die einzelnen erotischen Szenen etwas mehr verteilen können. Am Schluß gibt es trotzdem noch mal ein sehr spannendes aber auch berührendes und nervenaufreibendes Showdown - natürlich mit einem fiesen Cliffhanger, da es ja das erste Band einer Trilogie ist. Insgesamt aber finde ich die ganze Handlung schlüssig, auch wenn ich Anfangs Probleme mit Lirias Überheblichkeit hatte. 
 
Szenerie / Setting
 
Das Autorinnenduo hat mir das gesamte Setting unglaublich bildhaft und authentisch wiedergeben können. Egal ob die Umgebung, ob Kampfszene oder sexueller Akt. Aus der Leserunde weiß ich, dass sich die Autorinnen die Szenen aufgeteilt haben, und so haben sie mir durchweg ein großartiges Kopfkino beschert. Ich kann mir alle Personen absolut gut vorstellen, die Gefühle, Gedanken und inneren Wandlungen sind mir direkt präsent. Das historisch-fantastische Setting kommt bei mir absolut an und ich kann mir alles anschaulich vorstellen. Der Plot passt einfach in dieses Setting und für mich ist hier alles stimmig.
 
Sprache / Schreibstil
 
Das Besondere ist hier, wie so oft bei Kira Gembri, der absolut greifbare und ausgereifte Sprachstil. Man merkt überhaupt keinen Unterschied zwischen den einzelnen Passagen der beiden Autorinnen. Die Szenen sind so unglaublich gut geschrieben. Die Sexszenen sind so authentisch und ehrlich, dass ich absolut begeistert bin. Es werden keine komischen Begriffe oder Umschreibungen verwendet, bei denen man als erwachsene Frau eigentlich die Augen verdrehen müsste. Nein, hier werden die Dinge beim Namen genannt, ohne derb oder pornografisch zu wirken. Aber auch die Kampfszenen sind unglaublich toll beschrieben. Insgesamt haben beide Autorinnen ein umfassendes Sprachspektrum, arbeiten mit eindrücklichen Metaphern und können sich wortgewandt ausdrücken. Ich bin sehr begeistert!
 
"Danach war es einige Herzschläge lang ganz still. Natürlich gingen die Gespräche um uns herum weiter, aber ich hörte sie nicht mehr – die Menschen schienen stumm ihre Münder zu öffnen und zu schließen wie bunte Fische. In dieser Leere hallten Horans Worte immer wieder durch mein Gedächtnis, bis ich sicher war, dass ich sie richtig verstanden hatte."
 
Kira Gembri "Wie Regen in der Wüste“ Pos. 2760 (kindle Edition, © Kira Gembri)
 
 
FAZIT
Unglaublich schöne und zum Träumen einladende Lovestory mit spannendem und aufregendem Kopfkino. Sprachllich absolut top und das Autorinnenduo Kira Gembri und Lena König haben mich hier voll überzeugt - auch wenn es diesmal was völlig anderes ist, als das was wir von Kira Gembri kennen. 
Like Reblog Comment
review 2017-04-07 00:00
Hosen runter: Was Frauen schon immer über Männer wissen wollten
Hosen runter: Was Frauen schon immer übe... Hosen runter: Was Frauen schon immer über Männer wissen wollten - Max König http://nouw.com/cwidmann/manner-und-frauen-29709896
Like Reblog Comment
show activity (+)
review 2017-01-17 09:28
Familienleben mit Demenz
Der alte König in seinem Exil - Arno Geiger

Das unangenehme Thema des Alterns, der Demenz bzw. Alzheimer wird in unserer dem Jugendwahn frönenden Gesellschaft meiner Meinung nach in der Literatur abseits von spezialisierten Sachbüchern viel zu wenig thematisiert, insofern ist das Buch von Arno Geiger, bereits bevor man eine Seite gelesen hat, eine erfreuliche Ausnahme.

Ich hatte ja bisher so meine Probleme mit dem Autor, da er mir in seinen früheren Werken einfach keine relevanten Geschichten erzählt hat, dies aber sprachlich hervorragend arrangiert.

Dieses Buch ist jedoch total anders und ich bin so froh, dass ich ihm eine weitere Chance gegeben habe! Es rührte mich fast zu Tränen, wie persönlich, ehrlich und intim Geiger über die Alzheimererkrankung seines Vaters und die gemeinsame Beziehung schreibt, das war so wundervoll und großartig. In der Krankheit und in der dementen Person nicht nur eine fürchterliche Bürde – was sie auch definitiv ist und was in diesem Roman auch nicht verheimlicht wird – sondern auch eine Chance zu sehen, die nicht gerade gelungene Vater-Sohn-Beziehung neu zu entwickeln, finde ich berührend. Der Vater wird nicht nur über den Verlust der Fähigkeiten definiert, sondern auch über die durch die Demenz verursachte Herauskristallisierung von alten Stärken, die durch das bisherige Leben verschüttet waren. Ich glaube so eine Sichtweise hilft allen Beteiligten, obwohl Geiger selbstverständlich darauf hinweist, dass alle Demenzerkrankungen höchst unterschiedlich verlaufen, und ein solcher Umgang und die damit einhergehenden Chancen nicht generalisierbar sind.

    „Das Leben ist ohne Probleme auch nicht leichter“. Witz und Weisheit des August Geiger. Schade nur, dass die Sprache langsam aus ihm heraussickert, dass auch die Sätze, bei denen einem vor Staunen die Luft wegbleibt, immer seltener werden. Was da verlorengeht, das berührt mich.

    Es ist, als würde ich dem Vater in Zeitlupe beim Verbluten zusehen. Das Leben sickert Tropfen für Tropfen aus ihm heraus. Die Persönlichkeit sickert Tropfen für Tropfen aus der Person heraus. Noch ist das Gefühl, dass dies mein Vater ist, der mitgeholfen hat, mich großzuziehen, intakt. Aber die Momente, in denen ich den Vater aus früheren Tagen nicht wiedererkenne, werden häufiger, vor allem abends.

    Die Abende sind es, die einen Vorgeschmack auf das liefern, was bald auch der Morgen zu bieten haben wird. "


Durch die Aufarbeitung und erstmalige Thematisierung der Vergangenheit des Vaters und seiner Familiengeschichte quasi mitten in der Demenz – also viel zu spät – versucht Geiger das gleichgültige Verhältnis der beiden zueinander zu verändern und zu verstehen, warum der Vater nie irgendwie Position bezogen und als Reibebaum für seinen Sohn fungiert hat.

  "Wir hatten nie etwas anderes als beiläufige Gespräche geführt. Er hat mich nie ins Gebet genommen, mir nie Ratschläge erteilt. Ich kann mich an keinen Vortrag von pädagogisch relevantem Inhalt erinnern. Sein bevorzugtes Metier waren Bemerkungen über das Wetter und die Bewegungen der Landschaft.“

Diesen Fehler macht übrigens der Autor auch, was psychologisch sehr nachvollziehbar und verständlich ist, mich aber trotzdem ein ganz kleines bisschen gestört hat. Immer wenn Arno Geiger etwas zu nahe geht, wird er beiläufig, um sich abzugrenzen und abzuschirmen. Das beginnt mit beiläufigen Verwandtengeschichten, die dann einfach plötzlich eingestreut erzählt werden, obwohl sie mit der Familiengeschichte im Kern überhaupt nichts zu tun haben, und endet mit beiläufigen Kommentaren von irgendwelchen anderen Alzheimer-Patienten, die auch in keinem Bezug zu August Geiger stehen. Ich hätte mir gewünscht, dass er die Zähne zusammengebissen hätte und beim Kernthema Krankheit des Vaters, Vater-Sohn Beziehung und Vergangenheit des Vaters geblieben wäre, ohne abzuschweifen.

Das allerletzte Ziel des Buches, nicht einen Roman über den sterbenden August Geiger zu schreiben, sondern einen über den lebenden bzw. sehr lebhaften Demenzkranken, wurde meiner Meinung nach ausgezeichnet erfüllt und hat mir ausnehmend gut gefallen.

Fazit: Ein grandioses Thema, eine sehr gute Geschichte, sprachlich wundervoll umgesetzt und somit eine absolute Leseempfehlung von mir.

Like Reblog Comment
show activity (+)
text 2016-10-20 10:21
[Buchvorstellung] Crossover Berlin: Sixpack
Crossover Berlin: Sixpack - Nicole König,Lily Konrad,Susan B. Hunt,Lewis Black,Vivien Johnson,Mikki Patrick

Hey ihr Lieben,

es gibt etwas total Schönes. 6 Autoren haben sich zusammen getan und ein Buch geschrieben.

6 Autoren - 6 Genre - 6 Geschichten

Wir bekommen die volle Ladung.
Thriller, Horror, Drama, Liebe, Fantasy und auch Erotik ist in diesem Pageturner zu finden. Es gibt also für jeden Leser etwas.
Das Ganze geht zu Gunsten der Stiftung RTL und ich finde das eine ganz wunderbare Sache.
Susan B. Hunt, Vivien Johnson, Lewis Black, Mikki Patrick, Nicole König und Lily Konrad haben sich spannende und erotische Geschichten einfallen lassen.

Titel: Crossover Berlin
Autoren: Vivien Johnson, Susan B. Hunt, Nicole König, Lewis Black, Mikki Patrick, Lily Konrad
Verlag: Selfpublishing
Erschienen: Oktober 2016
Genre: Thriller, Horror, Drama, Liebe, Fantasy, Erotik
Seitenzahl: 372 Seiten
Ausgabe: Taschenbuch

ISBN: 978-1533500366
Preis: 2,99 Euro
        12,99 Euro [Print]
                                            kindleunlimited

 

Klappentext

6 Autoren – 6 Genre – 6 Geschichten

Erlebe einen einzigartiges Crossover. Was passiert wenn eine Liebesromanautorin einen Thriller verfasst? Wenn ein Erotikautor mit Drama konfrontiert wird? Eine Dramaautorin sich dem Genre Horror stellt? Wenn eine Fantasyautorin sich mit Liebesromanen auseinandersetzt? Eine Autorin, die im Genre Horror zu Hause ist, sich in einer Erotikgeschichte wiederfindet und eine Thrillerautorin eine Fantasygeschichte fortsetzt?
Finde es heraus!
Sechs Geschichten, die jeweils von zwei Autoren verfasst wurden, zeigen dir unsere Vielseitigkeit. Lass dich schocken, überraschen und verzaubern. Genieße mit uns, wie es sich anfühlt wenn man seine eigene Komfortzone verlässt und sich in einem fremden Genre versucht. Ein Autor beginnt, ein weiterer setzt in dem für ihn fremden Genre fort. Wie ist diese Wandlung gelungen?
Entscheide selbst!

Die Einnahmen gehen zu Gunsten der Stiftung RTL - Wir helfen Kindern

Also, worauf wartet ihr. Ich habs schon auf meinem Reader.

Viel Vergnügen.
Eure Beate 

Source: beatelovelybooks.blogspot.de/2016/10/buchvorstellung-crossover-berlin-sixpack.html
More posts
Your Dashboard view:
Need help?