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review 2019-06-20 18:06
Viraler Agenten-Thriller-Verschwörungs-Kram
Pandemie. Extinction 1 - John Riddle

In Kenia erkranken zwei amerikanische Touristen an einem ebolaähnlichen Virus. In Deutschland erwacht ein Mann in einem Hotel. Er erinnert sich an nichts. In Atlanta wird eine Epidemologin des CDC nach Kenia gerufen. Eine Pandemie beginnt.

"Pandemie. Extinction 1" ist der Auftakt der Extinction-Reihe. Es handelt sich um einen Wissenschaftsthriller, der von Action und einer weltumspannenden Verschwörung geprägt ist. 

Wenn ein Thriller von Viren, Epidemien oder gar Pandemien erzählt, ist sofort mein Interesse geweckt. Besonders wenn es um weltweite Krankheitsfälle geht, werde ich neugierig. Denn in der 'kleinen' Welt der Gegenwart, wundere ich mich, dass die Menschheit die Viren relativ gut im Griff hat. Ein Urlaubsziel hier, eine Geschäftsreise da - und ganz unscheinbar ist ein Virus im Gepäck.

Allerdings setzt Riddle weniger auf die Ausbreitung viraler Infekte sondern voll und ganz auf mysteriöse Verschwörungstheorien. Von diesem Hergang war ich schnell enttäuscht, aber vor diesem Kritikpunkt möchte ich beim Anfang beginnen:

In Kenia kommt es bei zwei amerikanischen Touristen zu einer Viruserkrankung, die der hiesige Arzt noch nicht gesehen hat. Zwar erinnern die Symptome an Ebola, doch die entsprechenden Tests sind negativ. Dennoch ist klar, dass die Krankheit hochansteckend und absolut tödlich ist.

Somit tritt der CDC auf den Plan. Dabei handelt es sich um eine Gesundheitsbehörde, die stets weltweit auf die Viren blickt. Epidemologin Payton Shaw wird mit ihrem Team nach Kenia geschickt, wo sie sich des Virus' annimmt.

Gleichzeitig erwacht ein Mann in einem Berliner Hotelzimmer, der sich bald als Protagonist der Handlung entpuppt. Er leidet unter dem Bourne-Syndrom. Man hat ihm sein Gedächtnis geraubt. Gleichzeitig verfügt er über Fähig- und Fertigkeiten, neben denen sogar James Bond alle Farbe verliert.

Auf Protagonist Desmond hätte ich von Vornherein verzichten können. Ich mag keine Superhelden-Allüren und die Bourne-Kiste habe ich schon lange durch. Desmonds Geschichte nimmt sehr viel Raum in diesem Thriller ein. In Rückblenden ist man von kleinauf in seinem Leben dabei. Man erfährt, wie seine Kindheit war, welche Schicksalsschläge er hinter sich hat, und warum dieser Mann ohne Gedächtnis aus ihm geworden ist. Es tauchen nach und nach mehr Erinnerungen auf, die den nächsten Schritt in der Handlung bereiten.

Die Handlung fokussiert sich also nicht auf die Pandemie sondern auf den Agenten-Thriller-Verschwörungs-Kram. Natürlich ist das vollkommen in Ordnung, ich hatte mir allerdings eine andere - realistischere - Richtung erhofft.

Aus unterschiedlichen Perspektiven erlebt man die Fänge der Verschwörung in Afrika, Europa und natürlich in den USA. Die Welt wehrt sich gegen den Virus und ist ihm zudem hilflos ausgesetzt. Dabei kämpfen die handlungstragenden Figuren gegen die Krankheit an, während sie den Hintergründen - aus Machtspielchen und Intrigen - auf die Schliche kommen.

Endgültig übertrieben hat der Autor meiner Meinung nach damit, dass nach und nach totgeglaubte Menschen auferstehen. Bei der ersten Person habe ich noch ein Auge zugedrückt, doch als sich dieses Verhalten spätestens beim zweiten Mal als Riddles Stilmittel zeigt, habe ich tatsächlich die Augen verdreht. 

Regelrecht enervierend empfand ich die vielen Zufälle, damit die Geschichte im Endeffekt ein Gesamtbild ergibt. Meiner Meinung nach hätte sich dieser Thriller - gerade auf der Beziehungsebene - weniger Konstruktion und damit mehr Glaubhaftigkeit verdient.

Bevor mein Höreindruck zur Schimpf-Tirade verkommt, muss ich unbedingt sagen, dass es mir trotzdem im Großen und Ganzen gefallen hat. Der Verschwörungshintergrund ist zwar nicht meins, das Gedankenspiel an sich fand ich dennoch interessant. Wenn ich über Actionheld Desmond hinwegsehe, und die Wiederauferstehungs-Rate außer Acht lasse, bleibt ein solider Thriller, der packend zu hören ist.

 

Source: zeit-fuer-neue-genres.blogspot.com
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review 2019-04-16 08:49
Jugendliteratur, verkleidet als Buch für Erwachsene
The Wolves of Winter - Tyrell Johnson

Autor_innen müssen ehrlich zu sich selbst sein. Die eigene Arbeit realistisch einschätzen zu können, ist eine unverzichtbare Voraussetzung, um schriftstellerisch erfolgreich zu sein. Tyrell Johnsons Debütroman „The Wolves of Winter“ ist das Ergebnis einer aufrichtigen Bewertung seiner Fähigkeiten. Obwohl Johnson mit Fantasy-Literatur aufwuchs und diese liebt, wusste er, als Autor würde er in diesem Genre stets nur durchschnittlich sein. Sein Stil, seine Stimme verlangten nach einem modernen Setting. Er entschied, seine Kreativität in postapokalyptischer Science-Fiction auszuleben, die ihm ebenso erlaubte, eine eigene Welt zu erschaffen. Mit „The Wolves of Winter“ führt er seine Leser_innen in eine Zukunft, in der menschliches Überleben nur in den ungastlichen Gegenden der Erde möglich ist.

 

Schließt Lynn McBride die Augen, fantasiert sie von Wärme, von einer Welt ohne Eis und Schnee. Öffnet sie ihre Augen wieder, begrüßt sie die winterlich harsche Wirklichkeit des kanadischen Yukon. In den Jahren, seit eine verheerende Grippepandemie ihre Familie in den Norden trieb, entwickelte sich Lynn zu einer taffen Überlebenskünstlerin. Ihr verstorbener Vater wäre stolz auf sie. Sie lernte, zu jagen und ihre kleine Siedlung zu ernähren. Sie lernte, sich zu behaupten. Doch als ihr eines Tages in der Wildnis der undurchsichtige Jax begegnet, muss sie all ihr Können aufwenden, um ihre Familie zu beschützen. Denn Jax bewahrt ein furchtbares Geheimnis, das sie alle in Gefahr bringt. Er weiß etwas, dass die ehemalige Regierungsbehörde Immunity um jeden Preis geheim halten will und das Lynns Leben für immer verändern wird…

 

Ich möchte ebenso ehrlich wie Tyrell Johnson sein. Ich habe überhaupt keine Lust, diese Rezension zu schreiben. Ich mochte „The Wolves of Winter“ nicht und die Gründe dafür sind so typisch für das Genre, dass ich unmotiviert bin, sie aufzuzählen. Da ich mich als Buchbloggerin euch gegenüber allerdings verpflichtet fühle, kneife ich jetzt meinen Gluteus Maximus zusammen und beiße mich durch.
„The Wolves of Winter“ fokussiert die 23-jährige Lynn McBride, die mit ihrer Familie im kanadischen Yukon lebt, seit die Welt den Bach runterging. Johnsons Katastrophenszenario ist klassisch: ein Angriff auf das Pentagon, Krieg, die globale Ausbreitung der Grippe, Zusammenbruch der Zivilisation. Diese Variante ist vielleicht etwas uninspiriert, aber vorstellbar und mir gefiel es, dass die Menschheit von einer scheinbar banalen Krankheit in die Knie gezwungen wurde. Da die Viren Kälte nicht vertragen, zogen die McBrides nach Norden und errichteten mitten in der Wildnis eine winzige Siedlung. Die Familie besteht aus der Ich-Erzählerin Lynn, ihrem älteren Bruder Ken, ihrer Mutter, ihrem Onkel Jeryl und dessen Ziehsohn Ramsey. Körperlich abwesend und dennoch präsent ist Lynns verstorbener Vater, den sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit in den Himmel lobt. Alle paar Seiten durfte ich mir anhören, wie toll er doch war, was mich ziemlich nervte. Das Verhältnis zu ihrer Mutter und ihrem Bruder erschien dagegen lächerlich blass. Ihre Beziehung zu Jeryl ist deutlich intensiver – keine Überraschung, schließlich ist er der einzige Kandidat für einen Vaterersatz. Ihre Fixierung auf männliche Bezugspersonen überzeugte Lynn, dass Weiblichkeit und Gefühle Schwäche bedeuten. Trotz ihres Alters ist sie eine Heldin, wie man sie häufig in Young Adult – Literatur findet: ultrataff, distanziert, arrogant, bissig und unsympathisch. Sie ist nicht mal zu Tieren nett. Meist ist sie allein in der verschneiten Wildnis unterwegs, weshalb ich oft das Gefühl hatte, eine langweilige Survival-Doku zu lesen, ungeachtet der eindrucksvollen Naturbeschreibungen. Ich fand Lynn übertrieben maskulin und fragte mich, wieso Tyrell Johnson überhaupt eine weibliche Hauptfigur wählte. Natürlich eröffnete sich ihm so ein billiger Weg, seinen Leser_innen den Charakter seiner postapokalyptischen Welt zu vermitteln. „The Wolves of Winter“ enthält zwei Vergewaltigungsszenen (ohne Penetration), die illustrieren sollen, wie hart Lynns Realität ist. Noch einmal zum Mitschreiben: niemals sollten Autor_innen ihren Figuren so etwas antun, nur um zu beweisen, wie schrecklich die Welt ist, in der sie leben, besonders nicht, wenn – wie in diesem Fall – der Täter völlig irrelevant für die Geschichte ist. Tyrell Johnson nutzt die Vergewaltigungen, um Lynns Misstrauen erst gegenüber Jax, später gegenüber Immunity zu rechtfertigen. Immunity, eine ehemalige Seuchenschutzbehörde, inszeniert er als Bösewicht, was sich mir bis zum Ende nicht ganz erschloss. Ihre Methoden sind brutal und aggressiv, entsprechen jedoch der aktuellen gesellschaftlichen Situation. Lynns Zweifel an ihren Absichten empfand ich angesichts ihres Wissensstandes als haltlos und unbegründet. Sie zieht nicht einmal in Betracht, mit ihnen zusammenzuarbeiten, obwohl sie nach einem Heilmittel für die Grippe forschen. Lieber riskiert sie für einen dubiosen Typen, den sie erst kurz kennt, ihr Leben. Es geht ja nur um die Zukunft der Menschheit.

 

„The Wolves of Winter“ ist ein verkleideter Young Adult – Roman, der sich als Buch für Erwachsene ausgibt. Es spielt keine Rolle, dass die Protagonistin Lynn zu alt für diese Kategorisierung ist, die inhaltlichen Abläufe erinnerten mich unverwechselbar an Jugendliteratur. Leider schließt das die üblichen Mängel ein, die ich schon so oft kritisieren musste: Logiklöcher, eine übertrieben harte Heldin und unmotivierte Gewalt gegenüber den Figuren. Das Schlimme daran ist, dass all diese Punkte nicht nur meiner Fantasie entspringen; ich habe mehrere Interviews mit Tyrell Johnson gelesen, die sie bestätigen, obwohl er diese Aspekte natürlich nicht als Defizite auffasst. Johnson erwähnte außerdem, dass er eventuell eine Fortsetzung schreiben möchte. Von mir aus darf „The Wolves of Winter“ gern ein Einzelband bleiben. Ich würde einen Folgeband ohnehin nicht lesen.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2019/04/16/tyrell-johnson-the-wolves-of-winter
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