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review 2021-12-28 19:23
Birgits Geheimnis
Die Enkelin - Bernhard Schlink

Für Kaspar Wettner ist es ein Schock. Als der 71-Jährige eines Abends nach der Arbeit in der Buchhandlung nach Hause kommt, findet er seine Frau Birgit tot in der Badewanne. Nun muss der Witwer nicht nur mit seiner Trauer zurechtkommen, sondern auch erfahren, dass die Tote ein großes Geheimnis vor ihm verborgen hat. Er trifft eine folgenschwere Entscheidung…

 

„Die Enkelin“ ist ein Roman von Bernhard Schlink.

 

Meine Meinung:
Der Roman beinhaltet drei Teile, die wiederum etliche, zumeist kurze Kapitel beinhalten. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge vorwiegend aus der Sicht von Kaspar. Es gibt allerdings eine längeren Text im Roman, der in der Ich-Perspektive formuliert ist. Die Handlung spielt sowohl in Berlin als auch in Sachsen. Sie ist in der jüngeren Vergangenheit angesiedelt, umfasst aber auch längere Rückblicke.

 

In sprachlicher Hinsicht habe ich den Roman als durchwachsen und verschiedenartig empfunden. Auffällig ist ein Nebeneinander von atmosphärisch starken Passagen wie in den ersten Kapiteln, von wunderbar ausgedrückten Gedanken, von schwerfälligen Beschreibungen und von hölzernen Dialogen. Etwas gewöhnungsbedürftig sind die Bandwurmsätze. Phasenweise hat mich der Schreibstil begeistert, bisweilen aber auch etwas befremdet.

 

Die Charaktere blieben mir leider bis zum Schluss etwas fremd. Im Vordergrund steht besonders Kaspar, eine Figur, die über weite Strecken als schwach und feige dargestellt wird. Seine glaubwürdige Entwicklung habe ich daher gerne verfolgt. Alle Personen, darunter die titelgebende Enkelin, haben zudem die Gemeinsamkeit, dass sie mit psychologischer Tiefe und Grautönen gezeichnet werden.

 

Inhaltlich habe ich dagegen oft die Realitätsnähe vermisst. So manche Vorgänge, Zusammenhänge und Erlebnisse erscheinen überzogen, stark vereinfacht oder zu unrealistisch. Dabei haben mich die gewichtigen Themen des Romans durchaus angesprochen. Die Parallelwelt der Völkischen bringt Schlink seinen Leserinnen und Lesern näher. Der Geschichte ist die fundierte Recherche immer wieder anzumerken. Auch andere politische Aspekte sowie zwischenmenschliche Konflikte bieten interessanten Stoff zum Diskutieren und Nachdenken.

 

Am besten gelungen sind der erste und der dritte Teil. Im Mittelteil des rund 350 Seiten umfassenden Romans sind mehrere Längen vorhanden. Alles in allem habe ich die Geschichte trotzdem gerne gelesen.

 

Das verlagstypische Cover gefällt mir gut. Es passt im Großen und Ganzen zur Geschichte. Der prägnante Titel ist treffend.

 

Mein Fazit:
Mit „Die Enkelin“ hat Bernhard Schlink einen komplexen, unterhaltsamen und interessanten Roman geschrieben. Dennoch bleibt der Autor mit seinem neuen Buch leider hinter seinen Möglichkeiten zurück.

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review 2016-06-15 10:26
Was bist du doch für ein Püppchen
Broken Dolls - Tyrolin Puxty

„Broken Dolls“ ist der Debütroman der australischen Autorin Tyrolin Puxty. Puxty blickt auf einen bunten Lebenslauf zurück und war in ihrer Heimat vor der Veröffentlichung ihres Erstlings eine erfolgreiche Songwriterin. Auf Amazon erreichte „Broken Dolls“ Platz 1 der Bestsellerliste; mir begegnete das Buch allerdings bei Netgalley. Wie so oft auf dieser Plattform fiel es mir aufgrund des Covers ins Auge – der Klappentext besiegelte meine Entscheidung, mich zu bewerben. Die Idee des Romans klang frisch und originell; ich wollte die Geschichte dazu unbedingt kennenlernen.

 

Ella ist eine Puppe. Einst war sie wohl ein Mensch, doch nun lebt sie bereits seit Jahren auf dem Dachboden des Professors. Sie kann ihre Zeit verbringen, wie es ihr beliebt. Der Professor kümmert sich gut um sie. Nur nach draußen darf sie nicht. Es ist zu gefährlich. Ella könnte zerbrechen. Sie kann sich nicht entsinnen, jemals unglücklich gewesen zu sein. Es macht ihr nichts aus, eine Puppe zu sein – zumindest nicht, bis Lisa in ihr Leben tritt. Die wilde Gothic-Puppe ist völlig anders als Ella und eindeutig verrückt. Von der ersten Sekunde an spinnt sie haarsträubende Verschwörungstheorien; bezeichnet den Professor gar als ein Monster, das junge Mädchen entführt und in Puppen verwandelt, um seiner perversen Sammelleidenschaft zu frönen. Natürlich glaubt Ella diesen hanebüchenen Unsinn nicht. Der Professor ist ein guter Mann, davon ist sie fest überzeugt. Aber wieso antwortet er auf keine ihrer Fragen nach ihrer Vergangenheit? Was verschweigt er ihr? Als der Professor plant, Ellas beste Freundin, seine eigene Enkelin Gabby, ebenfalls in eine Puppe zu verwandeln, kann Ella nicht tatenlos zuschauen. Sie muss ihn aufhalten. Selbst wenn es bedeutet, sich den dunklen Geheimnissen ihres Lebens zu stellen.

 

Ich bleibe dabei: die Idee hinter „Broken Dolls“ ist frisch, originell und gefiel mir außerordentlich gut. Leider handelt es sich dabei allerdings wieder einmal um ein Buch, das beweist, dass eine tolle Idee nicht genug ist. Ich wünschte, Tyrolin Puxty hätte mehr aus ihrem Ansatz herausgeholt und Ellas Geschichte mehr Substanz verliehen. Meinem Empfinden nach passiert in „Broken Dolls“ einfach nicht genug. Nun muss ein Buch selbstverständlich nicht besonders ereignisreich sein, um zu überzeugen. Es gibt Bücher, die fast ausschließlich die Gefühlswelt ihrer Protagonist_innen thematisieren und trotzdem spielend fesseln. Für „Broken Dolls“ war ein strenger Fokus auf Ella jedoch keine Option, da sie nicht tief genug ausschattiert ist, um eine glaubhafte Darstellung ihrer Psyche zu erlauben. Sie ist tatsächlich ein Püppchen, allzu perfekt, ohne Ecken oder Kanten; ein süßliches, braves Mädchen, das akzeptiert, was immer man ihr vorsetzt und kaum Durchsetzungskraft besitzt. Ich fand sie schrecklich langweilig. Demzufolge konnte sie die Geschichte nicht selbst tragen; es brauchte das Fortschreiten der physischen Handlung, um ihre ermüdende Lieblichkeit auszugleichen. Unglücklicherweise empfand ich diesen Prozess hauptsächlich als frustrierend. Meiner Meinung nach ist Tyrolin Puxty eine typische Köder-Autorin. Das Geheimnis, das Ellas Vergangenheit umgibt, ist wirklich spannend und ich konnte mich nicht dagegen wehren, wissen zu wollen, was es mit ihr auf sich hat, doch jedes Mal, wenn ich den Antworten nahekam, brach Puxty die Szene einfach ab, teilweise sogar völlig abrupt. Sie ließ mich am ausgestreckten Arm verhungern. Diese Strategie ärgerte mich, weil es eine so plumpe Methode ist, eine Geschichte künstlich in die Länge zu ziehen. Auf diese Weise kann man Seite um Seite füllen, ohne wahres schriftstellerisches Talent zu besitzen oder sich um inhaltliche Kontinuität zu bemühen. Ich hatte beim Lesen regelrechte Stimmungsschwankungen, weil Puxty meine Gefühle einer Sinuskurve gleich manipulierte. Je höher meine innere Anspannung anstieg, desto tiefer war anschließend der unausweichliche Fall. Dieses anstrengende Auf und Ab löste sich erst zum Ende der Geschichte auf, als Puxty mich mit einer schockierenden Wendung konfrontierte, die parallel offenbarte, worauf sie eigentlich hinauswollte. Ich fand, dass dieser Twist das beste Elemente des gesamten Buches war, war mit den Konsequenzen daraus jedoch nicht besonders glücklich. Ich konnte kaum glauben, dass Puxty ihrer Geschichte wahrhaft ein abwegiges Happy End zusammenschusterte, das meiner Ansicht nach nicht nur überhaupt nicht dazu passte, sondern auch die kafkaeske, schauerliche Atmosphäre in sich zusammenstürzen ließ. Eine Erzählung wie diese ist der falsche Rahmen für einen Ritt in den Sonnenuntergang, das hätte ihr klar sein müssen und sie hätte nicht darauf bestehen dürfen. Mag sein, dass sie so keine Fortsetzung hätte schreiben können, aber ich bin der Ansicht, es wäre das Opfer wert gewesen.

 

Es enttäuscht mich, dass „Broken Dolls“ wenig mehr als eine kreative Idee zu bieten hat, denn ich habe große Hoffnungen in das Buch gesetzt. Ich empfand die Umsetzung als einfallslos und billig, weil sie mit simpelsten Mitteln darauf abzielt, die Leser_innen bei der Stange zu halten, während Tyrolin Puxty den Höhepunkt der Geschichte hinauszögert. Ich habe prinzipiell nichts dagegen, beim Lesen von Autor_innen manipuliert zu werden, doch es ärgert mich, wenn ich das Gefühl entwickle, dass es ihnen nur darum geht, möglichst viele Seiten zu füllen und nicht darum, den Lesespaß zu erhöhen. Daher habe ich mich dagegen entschieden, der Fortsetzung „Shattered Girls“ eine Chance zu geben. Ich glaube nicht, dass ein weiterer Versuch meine Meinung von Tyrolin Puxty ändern würde. Folglich möchte ich auch euch von „Broken Dolls“ abraten. Die Lektüre lohnt sich nicht. Ich sagte es bereits und kann es nicht oft genug wiederholen: eine fabelhafte, zündende Idee ist einfach nicht genug.

 

Vielen Dank an Netgalley und den Verlag Curiosity Quills Press für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars im Austausch für eine ehrliche Rezension!

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2016/06/15/tyrolin-puxty-broken-dolls
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