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review 2018-11-27 13:10
Skurrilität mit ausgefahrenen Krallen
Weave a Circle Round - Kari Maaren

Kari Maaren ist ein kreatives Allround-Talent. Die Kanadierin schreibt Geschichten, zeichnet den Webcomic „It Never Rains” und komponiert Musik. Ihr musikalisches Schaffen ist leider nur wenigen bekannt, denn ihre Songs gehören zum Genre Filk. Filk ist an Folk angelehnt und behandelt Themen aus der Science-Fiction und Fantasy. Echte, unverfälschte Nerd-Musik. Yeah! Ich habe mir drei ihrer Stücke auf der Ukulele angehört: „Dear George R.R. Martin”, „Voldemort, I Wanna Be Like You” und „Everybody Hates Elves”. Die Lieder sind großartig. Ich habe mich köstlich amüsiert. Wirklich, hört mal rein. „Weave a Circle Round” ist Maarens schriftstellerisches Debüt. Es ist ein YA-Zeitreise-Roman ohne Liebesgeschichte, weil sie Liebesgeschichten als 14-Jährige schrecklich langweilig fand. Ich erhielt ein Rezensionsexemplar via Netgalley.

 

Eines Tages reißt ein lautes Krachen die 14-jährige Freddy mitten aus einem Streit mit ihrer cleveren kleinen Schwester Mel und ihrem tauben Stiefbruder Roland. Vor dem leerstehenden Nachbarhaus ist ein Umzugswagen gegen einen Baum gebrettert. Aus dem Unfallwagen klettern ein Junge in Freddys Alter und eine ältere Frau. Sie stellen sich als Josiah und Cuerva Lachance vor. Sofort spürt Freddy, dass ihre neuen Nachbarn speziell sind. Sie sind… exzentrisch. In ihrer Gegenwart scheinen die Gesetze der Physik und der Logik keine Gültigkeit zu haben. Nach einigen äußerst seltsamen Begegnungen ist Freddy fast entschlossen, ihr verrücktes Haus nie wieder zu betreten. Doch dann folgt sie Josiah durch eine Tür – und landet plötzlich im mittelalterlichen Schweden. Will sie wieder nach Hause, hat sie keine andere Wahl, als Josiah zu vertrauen. Ausgerechnet! Langsam dämmert ihr, dass Josiah und Cuerva Lachance nicht zufällig nebenan eingezogen sind. Wer sind die beiden wirklich? Was wollen sie von ihr und ihrer Familie? Und wieso steht die Realität Kopf, sobald sie in der Nähe sind?

 

Als ich den Klappentext von „Weave a Cirlce Round“ las, nahm ich aus irgendeinem nicht nachzuvollziehenden Grund an, bei den neuen Nachbarn der Protagonistin Freddy handele es sich um ein altes, kauziges Ehepaar. Ich war ziemlich überrascht, als sich mein Irrtum offenbarte. Was ihre Kauzigkeit betrifft, lag ich hingegen goldrichtig. Josiah und Cuerva Lachance sind nahezu aggressiv seltsam. Ihre Merkwürdigkeit ist aufdringlich; sie springt Leser_innen und Figuren gleichermaßen mit ausgefahrenen Krallen ins Gesicht, was die Autorin Kari Maaren wohl beabsichtigte. Niemand kann leugnen, dass mit diesen beiden etwas nicht stimmt. Cuerva Lachance, eine nominell erwachsene Frau, die darauf besteht, mit vollem Namen angesprochen zu werden, verfügt über die Aufmerksamkeitsspanne einer Eintagsfliege, gibt mitten in der Nacht dröhnende Orgelkonzerte und taucht ständig völlig unvermittelt auf. Sie ist immer irgendwie drüber und daneben. In ihrer Gegenwart scheint sich die Realität selbst zu winden. Josiah hingegen mag offiziell erst das Teenageralter erreicht haben, benimmt sich jedoch, als wäre er mit 45 auf die Welt gekommen. Er wirkt manchmal regelrecht suizidal, weil er in seiner drolligen, gespreizten Ausdrucksweise alles und jede_n beleidigt und provoziert – inklusive Lehrpersonal und Schulhofschläger. Dennoch mochte ich die beiden. Ich traute ihnen nicht, aber mich amüsierte es, dass sie ihre Skurrilität nicht zu kontrollieren vermochten, egal, wie sehr sie sich anstrengten. Sie können einfach nicht anders. Für die arme Freddy sind Josiah und Cuerva Lachance allerdings eine echte Herausforderung. Sie belagern ihre Familie: sie selbst, ihre kleine Schwester Mel und ihren Stiefbruder Roland. Tragischerweise sind ihre Eltern sowohl physisch als auch emotional in „Weave a Circle Round“ kaum präsent, was einige von Freddys ungesunden Verhaltensweisen erklärt. Es gefiel mir, dass Maaren diese gestörte Familiendynamik anspricht, ohne sie die Geschichte dominieren zu lassen. Es geht in diesem Buch nicht um Freddys Beziehung zu ihrer Mutter und ihrem Stiefvater. Es geht um sie und ihre Geschwister. Durch den mysteriösen Zeitreiseunfall verbringt Freddy mit Abstand am meisten Zeit mit Josiah und Cuerva Lachance. Obwohl sie während dieser Phase eine interessante charakterliche Entwicklung durchlebt, fand ich ihre Reise durch die Zeit leider recht langatmig. Für die schmalen Erkenntnisse, die sie gewinnt, ist dieser Part definitiv zu lang. Sie sammelt Hinweise auf die wahre Identität von Josiah und Cuerva Lachance, erhält jedoch kaum konkrete Antworten. Ich fühlte mich von Kari Maaren hingehalten und tolerierte die Verzögerung nur, weil ich ihre Herangehensweise an drohende Zeitreiseparadoxa herrlich mutig fand. Sie ignoriert sie schlicht. Sie leugnet, dass es Paradoxa geben könnte, weil die gesamte Situation ohnehin so unmöglich ist, dass Logik keine Rolle mehr spielt. Dieser erfrischende Ansatz passt vortrefflich zum Tenor von „Weave a Circle Round“, da das Buch das sensible Verhältnis von Ordnung, Chaos und Schöpferkraft diskutiert – auf verrückte, nerdige Art und Weise.

 

Ich mochte „Weave a Circle Round”. Es ist eine hübsche, geekige Geschichte mit nettem philosophischem Einschlag, die mich insgesamt gut unterhielt. Am Ende habe ich durchaus überlegt, was wohl aus den Figuren werden könnte. Das ist immer ein gutes Zeichen, weil diese Gedanken beweisen, dass sie mir nicht gleichgültig waren. Trotzdem hoffe ich, dass Kari Maaren der Versuchung einer Fortsetzung widersteht, denn meiner Meinung nach besteht der Reiz darin, es eben nicht zu wissen und die eigene Fantasie anzukurbeln, was ich als Intention der Autorin verstehe. Stattdessen drücke ich die Daumen, dass Maaren ihre schriftstellerischen Ambitionen weiterverfolgt, weil ich glaube, dass sie die kleineren Mängel, die ihr Debüt speziell in der Taktung aufweist, überwinden kann. Übung macht den Meister – wer könnte das besser wissen als eine Musikerin wie Kari Maaren?

 

Vielen Dank an den Verlag Tor Books und Netgalley für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars im Austausch für eine ehrliche Rezension!

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2018/11/27/kari-maaren-weave-a-circle-round
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review 2017-03-24 19:13
Nicht perfekt, aber unterhaltsam
The Northern Heart - Sasha L. Miller

The Northern Heart ist der zweite Teil einer klassischen Fantasyreihe. Elfen, Magie, ein Fluch und ein alter Konflikt treffen in einem mittelalterlich anmutenden Szenario aufeinander. Die zugrundeliegende Handlung ist einfach aufgebaut, bietet aber nette Unterhaltung. Vor allem die Dynamik zwischen Pearce und Emmerich ist es, die einen neugierig auf den Fortgang der Geschichte macht.

 

Das Wichtigste vorweg: Ich hätte dem Buch gerne 4 Sterne gegeben, weil es eine durchaus solide und unterhaltsame Basis hat. Was es für mich aber dann letztlich doch etwas verdorben hat, waren die vielen textlichen Fehler. Wortwiederholungen, Satzwiederholungen, inhaltliche Wiederholungen. Sprachlich hätte man mit einem halbwegs ordentlichen Lektorat locker noch einen Stern herausholen können. Leider scheint der Verlag das generell nicht anzubieten, denn ähnliche Probleme habe ich auch schon bei anderen Büchern dieses Verlagsteams gefunden. Sehr schade.
Auch der Weltenbau kommt etwas kurz. Oft hatte ich das Gefühl, die gesamte Handlung spielt sich auf drei Quadratmetern ab, mit kurzen Ausflügen in ein anderes drei-Quadratmeter Zimmer.

 

Warum hat mir das Buch trotzdem gute Unterhaltung geboten? Weil es eine zwar einfache, aber auch leicht wegzulesende Geschichte ist mit einer süßen Romanze zwischen Pearce und Emmerich. Man erlebt The Northern Heart aus wechselnden Perspektiven der beiden Hauptcharaktere, was es einem als LeserIn ermöglicht in die Köpfe und jeweiligen Sorgen und Ängste der beiden Figuren vorzudringen. Dadurch lässt sich leichter nachvollziehen, wie es zu bestimmten Missverständnissen zwischen beiden kommt, weshalb sie diese oder jene Hemmung davor haben ein bestimmtes Thema mit dem anderen anzusprechen. Man ist also gewissermaßen in einer allwissenden Position als Leser, während die Figuren durch ihr Halbwissen lange im Dunkeln tappen. Man beobachtet, wie die beiden Männer unbewusst umeinander herumschleichen und lauert darauf, dass sie endlich die Wahrheit erkennen.


Man ahnt es also schon: Natürlich werden sich Emmerich und Pearce im Laufe des Romans kriegen, der Weg dahin ist aber mit einigen Hürden gepflastert, die auch ihrer eigenen Unsicherheit geschuldet sind. Ich für meinen Teil war neugierig auf den Moment, da es endlich Klick bei ihnen macht.

 

Interessant fand ich auch das Magiesystem. Ich habe es nicht vollständig verstanden, was auch damit zusammenhängen könnte, dass ich unbewusst zum zweiten Teil einer Buchreihe gegriffen habe. Vieles erschloss sich im Laufe des Textes dennoch und die Szenen, in denen Magie gewirkt wurde, fand ich sehr plastisch und lebendig. Da die Hauptfiguren des Vorgängerromans außerdem andere waren glaube ich nicht in der Hinsicht zu vieles verpasst zu haben. Der Neugier halber werde ich mir den ersten Teil aber auch noch zu Gemüte führen.

 

Was ich auf jeden Fall positiv fand ist die Tatsache, dass wir hier trotz mittelalterlichem Setting keine Vorurteile gegenüber Homosexualität finden. Pearces Vater geht sogar soweit, dass er seinem Sohn eine Scheinehe mit Emmerich aufdrücken will, weil das in der Öffentlichkeit verschiedene Probleme bezüglich Emmerichs Magiefähigkeit erklären würde – es ist normalerweise nur der Königsfamilie und ihren Ehepartnern möglich Magie auszuüben, da man dazu ein besonderes Artefakt braucht (Juwele die als Herzen bezeichnet werden).


Auch die wenigen, aber recht ausführlichen Sexszenen zwingen einem kein Augenrollen auf. Die gemeinsamen Momente machen einen liebevollen Eindruck. Der Konflikt zwischen Menschen und Elfen und Emmerichs Trancewanderungen sorgen aber ohnehin dafür, dass man nicht in einer schnulzigen Dauerschleife gefangen ist, sondern auch mal Gefangene macht oder wackelige Allianzen mit einer eigentlich verfeindeten Fraktion eingeht.

Kurzum: The Northern Heart ist keine wahnsinnig innovative Erzählung, aber sie hat all die essentiellen Bestandteile einer klassischen Fantasyqueste mit einer warmherzigen Romanze. Irgendwie schafft es das Buch – trotz seiner sparsamen Beschreibung von Äußerlichkeiten bei Welt und Figur – eine unterhaltsame Lesezeit zu bescheren. Auch wenn es äußerlich nicht perfekt ist, kann ich das Buch empfehlen.

Source: moyasbuchgewimmel.de/rezensionen/titel/n/the-northern-heart
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