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review 2016-09-13 10:00
Ein Leben unter Zombies ist kein Leben
Flesh & Bone - Jonathan Maberry

Jonathan Maberrys Zombiepostapokalypse „Rot & Ruin“ ist nicht nur meiner Meinung nach großartig. Sie wurde mit zahlreichen Preisen und Nominierungen ausgezeichnet, darunter der populäre Bram Stoker Award, den Maberry gleich dreimal gewann. Damit befindet er sich in Gesellschaft namhafter Autor_innen wie Neil Gaiman, Stephen King und Joanne K. Rowling. Sein Beitrag zur modernen Horrorliteratur wurde sozusagen offiziell bestätigt. Der dritte Band „Flesh & Bone“ ist einer der Preisträger. 2012 erhielt das Buch den Bram Stoker Award in der Kategorie bester Young Adult – Roman. Für mich spielen diese Auszeichnungen keine Rolle. Ich bin von der Reihe überzeugt und freute mich im August 2016 auf meinen dritten Ausflug in die Zombie-bevölkerte Einöde des Rot and Ruin.

 

Benny und seine Freunde trauern. Die Ereignisse im wiedererrichteten Gameland hinterließen tiefe Wunden. Umso entschlossener sind sie, endlich den Jet zu finden, den sie vor Monaten am Himmel sahen – für eine bessere Zukunft, für ein Leben, das diese Bezeichnung auch verdient. Es muss draußen im Rot and Ruin Menschen geben, die gegen die Zombieplage ankämpfen, besonders jetzt, da die Zombies zu mutieren scheinen. Doch ihre Reise führt sie vorerst nicht in die Arme von Wissenschaftlern und Militärs, sondern lässt sie die Bekanntschaft eines gefährlichen Todeskults machen. Die Mitglieder der Night Church glauben, dass die Zombies die rechtmäßigen Erben der Erde sind und ihre Aufgabe darin besteht, sie ihnen zu übergeben. Sie wollen der Blasphemie, dem Leben selbst, Einhalt gebieten und sind bereit, für ihren Glauben zu morden. Mitten im Kampf gegen die Night Church erfahren Benny, Nix, Lilah und Chong von Sanctuary, einer geheimen Forschungsbasis im Herzen der Wüste. Sind sie dem Ziel ihrer Reise näher als sie dachten?

 

Ich war gezwungen, bei der Bewertung des dritten Bandes der Reihe „Rot & Ruin“ einen Stern abzuziehen. „Rot & Ruin“ und „Dust & Decay“ erhielten vier Sterne von mir, „Flesh & Bone“ hingegen nur noch drei. Dafür gibt es einen simplen Grund, obwohl mich das Buch hervorragend unterhielt. Mir ist aufgefallen, dass sich die zugrundeliegende Struktur der Handlung trotz vieler inhaltlicher Alternationen bisher in allen Bänden stark ähnelt. An einem bestimmten Punkt wird die Gruppe getrennt und in den folgenden Ereignissen geht es primär darum, wieder zueinander zu finden. Prinzipiell fände ich diesen Ablauf nicht problematisch, würde er nicht meist die Rettung von Chong beinhalten. Dadurch betont Jonathan Maberry, dass Chong dem Rot and Ruin nicht gewachsen und auf die Hilfe der anderen angewiesen ist. Er ist der nerdige Sidekick, der zwar intellektuell überlegen, in der Wildnis allerdings völlig unbeholfen ist. Ich finde, ihm wird diese Rolle nicht gerecht. Er ist ein toller Freund, aufmerksam, sensibel und scharfsichtig; meiner Meinung nach verdient er es, sein Leben selbstständig wirkungsvoll verteidigen zu können. Chongs Hilflosigkeit entwickelt sich langsam zu einem makabren Running-Gag, wodurch er nicht gleichberechtigt erscheint. Ich bezweifle, dass sich diese Rollenverteilung im finalen Band „Fire & Ash“ ändert, da sich die Gefahr der Zombies durch ihre Mutation potenziert. Die wandelnden Toten sind nun nicht mehr ausschließlich langsam und sie sind auch nicht mehr ausschließlich dumm. Einige zeigen ein beängstigendes Maß an Intelligenz. Die Bedrohung, die von dieser Entwicklung ausgeht, liegt auf der Hand; was die Veränderung bewirkt, warum einige Menschen nach ihrer Verwandlung gewisse niedere Fähigkeiten beibehalten und andere nicht, bleibt jedoch vorerst ein Geheimnis. Ich vertraue Maberry, dass er dieses im nächsten Band aufklären wird, denn in „Flesh & Bone“ verrät er endlich erste Hinweise zum Auslöser und zur Natur der Zombieplage. Offenbar ist Nix doch nicht die einzige, die sich mit der Thematik auseinandersetzt. Diese Erkenntnis war für mich ebenso wichtig wie für die Figuren. Unsere Held_innen brauchten dringend ein Erfolgserlebnis, weil die Trauer drohte, sie zu überwältigen. Es war herzzerreißend, ihren Schmerz zu beobachten. Nichtsdestotrotz ist ihre Gefühlslage für die Geschichte bedeutsam, da sie Kontext schafft und den Leser_innen den Erfolg des Todeskults Night Church erklärt. Ich finde die Idee der Night Church beeindruckend originell und naheliegend. Es ist nachvollziehbar, dass die Menschen langsam die Hoffnung verlieren, resignieren und daran glauben wollen, dass zumindest ihr Tod einen höheren Zweck erfüllt. Vielleicht hätte gar nicht viel gefehlt, damit Benny, Nix, Chong und Lilah sich ebenfalls der Night Church angeschlossen hätten. Der Anführer des Kults, ein gewisser Saint John of the Knives, ist meiner Meinung nach übrigens der furchteinflößendste Gegenspieler, mit dem die Gruppe es bisher zu tun bekam, weil er ein unberechenbarer Fanatiker ist. Typisch, dass so jemand die Apokalypse überlebte.

 

Grundsätzlich gefiel mir „Flesh & Bone“ genauso gut wie die beiden Vorgänger der Reihe. Der dritte Band treibt die Geschichte in eine interessante Richtung und lässt auf ein explosives Finale hoffen, das sicher noch die eine oder andere Überraschung bereithält. Ich fühle mich mit den Figuren eng verbunden und wünsche ihnen ein Happy End – wie auch immer dieses aussehen mag. Ich bin gespannt, ob die Menschen einen Weg finden, die Erde von den Zombies zurückzuerobern, denn eine friedliche Koexistenz erscheint mir nach aktuellem Stand unmöglich. Außerdem hoffe ich, dass Jonathan Maberry die Struktur seiner Handlung im finalen Band so weit abändert, dass ich nicht mehr das Gefühl habe, stetig mit dem gleichen Muster konfrontiert zu sein. Gelingt ihm das, bin ich gern bereit, „Flesh & Bone“ als Ausreißer zu betrachten und für „Fire & Ash“ erneut vier oder sogar fünf Sterne zu vergeben. Ich glaube an die Geschichte und möchte die starke emotionale Zugkraft der Reihe „Rot & Ruin“ mit einer entsprechenden Bewertung belohnen.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2016/09/13/jonathan-maberry-flesh-bone
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