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review 2016-02-24 09:58
Ein Buch für den Verstand
City of Stairs - Robert Jackson Bennett

Jahrhundertelang lebten die Menschen Saypurs unter der Knechtschaft des Kontinents. Von sechs Gottheiten regiert, gelenkt und geformt, war der Kontinent eine Welt der Magie, des leibgewordenen Glaubens. Besonders Bulikov, die Stadt der Harmonie, in der alle Götter gleichermaßen verehrt wurden, galt als personifiziertes Wunder. Bis Saypur revoltierte. In einem gewaltigen Befreiungsschlag tötete eine kleine Armee der Saypuri die Götter und beendete die Versklavung ihrer Heimat. Aus Knechten wurden Meister. Heute windet sich der Kontinent zu den Füßen Saypurs. Es vergeht kein Tag, an dem die Saypuri seine Bewohner nicht spüren ließen, wer den Krieg gewann. Die Ausübung jeglicher religiösen Praktiken ist verboten. Geschichtliche Dokumente, die Erinnerungen eines ganzen Volkes, werden unter Verschluss gehalten. Die Bevölkerung ist arm und leidet unter der weitreichenden Zerstörung, die durch das Verschwinden der Götter entstand.
In diesen unsicheren Zeiten wagt sich eine Saypurische Agentin nach Bulikov. Offiziell ist Shara Thrivani nur eine weitere, unbedeutende Repräsentantin. Doch inoffiziell untersucht sie den Mord an einem angesehenen Historiker, der die Vergangenheit des Kontinents erforschte. Obwohl es viele Fraktionen gibt, die seinen Tod gewollt haben könnten, scheint mehr dahinter zu stecken, denn Efrem Pangyui war einem schrecklichen Geheimnis auf der Spur. Ein Geheimnis, das die Geschichte zweier Völker umschreiben könnte.

 

„City of Stairs“ ist fantastisch. Wahrhaft und schlicht und ergreifend fantastisch. Ich weiß eigentlich gar nicht, wo ich anfangen soll zu schwärmen, weil dieses Buch auf so vielen Ebenen großartig ist. Die Handlung, die Charaktere, das Setting, die Atmosphäre – alles ist beeindruckend. Jede Seite ließ Robert Jackson Bennett mehr und mehr in meiner Achtung steigen. Die Geschichte besteht aus zahlreichen Elementen, die aufeinander aufbauen und ineinandergreifen, sodass ein überaus komplexes Handlungskonstrukt entsteht. Tatsächlich ist die Handlung so komponentenreich, dass ich mich hin und wieder dabei erwischte, aus den Augen verloren zu haben, warum die Protagonistin Shara ursprünglich nach Bulikov reiste. Ich denke, man kann Bulikov als eine Art Hauptstadt des Kontinents betrachten. Obwohl offiziell alle Spuren der sechs Gottheiten, die jahrhundertelang über die Menschen des Kontinents herrschten, aus der Stadt beseitigt wurden, ist ihre Präsenz noch immer spürbar. Es ist töricht von den Saypuri, anzunehmen, sie könnten einen Glauben verbieten, der Tag für Tag bestätigt wurde. In Bennetts Universum ist Glaube etwas Handfestes und Greifbares; anders als in unserer Realität gab es nie Raum für Zweifel an der Existenz der Götter, weil sie fassbare Entitäten waren. Ihre Jünger konnten sie sehen, berühren und die Wunder bestaunen, die ihre Leben täglich erleichterten. Die Götter waren lebendige Wesen. In all ihrer Macht war genau dieser Punkt jedoch ihre größte Schwachstelle. Ich finde die Idee, dass man Götter überhaupt töten kann, grandios. Die Auswirkungen, die ihr Verschwinden auf den Kontinent und die Bevölkerung hatte, schildert Bennett realistisch und glaubhaft. Mit viel Liebe zum Detail zeichnet er ein faszinierendes Bild Bulikovs. Die Atmosphäre nahm mich gefangen; ich liebte es, mental durch die Gassen der Stadt zu wandeln. Diese Mischung aus Zerstörung und Aufbau, die zahllosen Schlupfwinkel, halb eingestürzte und zusammen geschmolzene Gebäude – Bulikov ist außergewöhnlich. Ebenso außergewöhnlich ist die Protagonistin des Buches. Ich mochte Shara sehr, denn sie ist mutig, neugierig, aufmerksam, sehr intelligent und besitzt ein starkes moralisches Gewissen, trotz ihres Jobs. Als Agentin musste sie in ihrem Leben bereits einige hässliche Dinge tun, natürlich immer im Namen Saypurs. Begleitet wird sie dabei stets von dem Nordmann Dreyling Sigurd. Shara stellt ihn meist als ihren Sekretär vor, doch offensichtlich ist er eher der Mann fürs Grobe. Dieses ungleiche Paar verbindet eine spezielle Beziehung, die sich im Laufe der Geschichte nach und nach offenbart. Im Zuge dessen zeigt sich auch, dass Sigurd weit mehr zu bieten hat als nur zwei Fäuste. Er ist loyal, absolut schmerzfrei hinsichtlich der Wahl seiner Mittel und eiskalt – aber es hat Gründe, warum er so ist. Ich mochte die Tiefe seines Charakters und habe geahnt, dass der Schlüssel zu seinem Wesen in seiner Vergangenheit liegt. Gemeinsam versuchen Shara und Sigurd herauszufinden, wer den Historiker Efrem Pangyui ermordet hat. Sie stolpern dabei allerdings über Vorgänge, die weit über einen Mord hinausgehen und monströse politische Folgen implizieren. Meiner Meinung nach geht es in „City of Stairs“ um Wechselwirkungen im ganz großen Stil. Ich denke, am Beispiel des Kontinents und Saypurs wollte Robert Jackson Bennett zeigen, wie das eine das andere bedingt und zu einem fatalen Teufelskreis führt, der erst verlassen werden kann, wenn gedanklich völlig neue Wege eingeschlagen werden – eine spannende, interessante Analogie zur politischen Situation unserer Welt.

 

Ich fand „City of Stairs“ brillant. Es ist intelligent, packend und originell. Die Mischung einer hochbrisanten politischen Handlung und eines Kriminalfalls ermöglichte es Robert Jackson Bennett, die vielen Facetten seines schriftstellerischen Talents zu zeigen. Seine Protagonistin Shara trägt die Geschichte mühelos und treibt sie überzeugend voran. Ich freue mich darauf, sie in den Folgebänden wieder zu treffen und bin gespannt, ob es ihr gelingen wird, die Situation des Kontinents und Saypurs zum Besseren zu verändern. Zuzutrauen ist es ihr auf jeden Fall, denn mit ihrer Entschlossenheit und Stärke kann sie die Welt aus den Angeln heben, dessen bin ich mir sicher.
Ich kann euch „City of Stairs“ wärmstens empfehlen. Zwar ist es kein Buch, in das man sich Hals über Kopf verliebt, weil es eher den Verstand anspricht als das Herz, doch nichtsdestotrotz ist es fabelhaft.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2016/02/24/robert-jackson-bennett-city-of-stairs
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review 2015-05-13 10:35
Extrem temporeich und vollgestopft mit Kämpfen
Hexed - Kevin Hearne

Seit ich Kevin Hearne getroffen habe, nehme ich die Iron Druid Chronicles anders wahr. Mein Blickwinkel hat sich nicht grundsätzlich geändert, aber schon ein bisschen. Ich habe eine intensivere Beziehung zu der Reihe, weil ich den Autor erlebt habe. „Hexed“ hatte ich bereits vor meinem Abend mit Kevin Hearne ausgelesen; der direkte Effekt dieser Begegnung wird also vermutlich erst mit dem nächsten Band eintreten. Trotzdem, wenn ich jetzt im Nachhinein über „Hexed“ nachdenke, höre ich in jedem Witz, den Atticus gerissen hat, Kevin Hearnes Stimme. Eine schöne Erfahrung.

 

Man kann keinen Gott töten, ohne dass andere Götter hellhörig werden. Seit Atticus Aenghus Óg zur Strecke brachte, kann er sich kaum vor Angeboten retten, die verschiedensten Gottheiten in ihr jeweiliges Jenseits zu befördern. Ein Name fällt jedoch häufiger als alle anderen: Thor. Sogar Atticus‘ vampirischer Anwalt Leif bittet ihn, den Donnergott zu beseitigen. Für solche Abenteuer hat der Druide allerdings weder Zeit noch Lust. Er hat alle Hände voll zu tun, denn ein neuer Hexen-Coven ist in der Stadt, der es nicht nur auf die polnischen Hexen des ansässigen Covens abgesehen hat, sondern auch auf Atticus selbst. Zeitgleich fallen Dionysos‘ Bacchanten in Tempe ein, angezogen von der Verschiebung des Machtgefüges und drohen, die ganze Stadt ins Chaos zu stürzen. Zwischen Kämpfen mit wildgewordenen Dionysos-AnhängerInnen, Dämonen und gefallenen Engeln muss Atticus irgendwie die Zeit finden, eine Hexenjagd zu veranstalten. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als seine Kräfte mit dem polnischen Coven zu bündeln. Dabei stellt sich heraus, dass er den neuen Hexen bereits begegnet ist: im Zweiten Weltkrieg, auf Seite der Deutschen.

 

Wie viel Action passt in einen einzelnen Roman? Eine ganze Menge, wie ich anhand von „Hexed“ lernen durfte. Der zweite Band der Iron Druid Chronicles ist extrem temporeich und vollgestopft mit Kämpfen. Er bietet kaum Zeit zum Durchatmen; es passiert so unglaublich viel, dass ich nur so durch das Buch flog – nicht aufgrund von Komplexität, sondern weil Atticus permanent beschäftigt ist. Ich hatte sehr viel Spaß mit seinen Abenteuern, muss allerdings zugeben, dass „Hexed“ mich den Figuren kaum näher brachte. Charakterentwicklung stand nicht gerade weit oben auf Kevin Hearnes To-Do-Liste. Gestört hat mich das nicht, denn für mich sind die Iron Druid Chronicles definitiv brain candy. Ich lese diese Romane, weil sie mich hervorragend unterhalten und nicht, weil ich erwarte, tiefgreifende Einblicke in Atticus‘ Seele zu bekommen. Außerdem ist es nicht so, dass man gar nichts Neues über den knackigen Druiden erfährt. Die Handlungslinie mit den deutschen Hexen ist nicht nur äußerst interessant, sie festigt auch die Rolle des polnischen Covens in der Geschichte und offenbart einige spannende Details aus Atticus‘ Vergangenheit. Er ist satte 2.100 Jahre alt, natürlich war er bei all den großen Momenten der Geschichte dabei. Die Vorstellung, dass er im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazis gekämpft hat, faszinierte mich sehr. Er war dort. Er hat das Dritte Reich aufsteigen und fallen sehen und hatte seinen ganz eigenen Anteil daran, dass der Faschismus erfolgreich bekämpft wurde. Überhaupt gefiel es mir unglaublich gut, wie Kevin Hearne die Verstrickung der Übernatürlichen in diesem furchtbaren Krieg darstellte. In einer Realität, in der es Supras gibt, ist es durchaus wahrscheinlich, dass sie sich in die großen Konflikte der Menschen einmischen und Partei ergreifen. Ihre eigene Politik spielt dabei natürlich eine entscheidende Rolle; ein Punkt, der in „Hexed“ eher andeutungsweise zum Tragen kommt. Ich glaube, dass Kevin Hearne in diesem Band die Vorbereitungen für zukünftige politische Verwicklungen in der Götterwelt traf und freue mich jetzt schon darauf, diese in den Folgebänden zu erleben. Speziell Atticus‘ Beziehung zu der Morrigan dürfte für einigen explosiven Zündstoff sorgen. In diesem Zusammenhang muss ich noch einmal betonen, wie großartig ich es finde, dass in Hearnes Universum die Götter aller Glaubensrichtungen parallel existieren. Das bietet so viele spannende Möglichkeiten, die er meiner Meinung nach fabelhaft nutzt. Atticus triff begleitet von Kojote (aus der Mythologie der indigenen Stämme Nordamerikas) auf die Jungfrau Maria – wie aberwitzig ist das bitte? Ich liebte diese Szene, unter anderem auch, weil die Witwe MacDonagh nicht ganz unschuldig an dieser Begegnung war. Diese religiöse Aufgeschlossenheit, geschildert mit einem kräftigen Augenzwinkern, ist unerreicht und unvergleichlich. Ich bin überzeugt, genau diese Eigenschaft macht die Iron Druid Chronicles so besonders.

 

Wenn ihr den ersten Band der Iron Druid Chronicles (Hounded“) mochtet, könnt ihr „Hexed“ ohne weiteres ebenfalls lesen. Kevin Hearne behält sein Niveau bei; es bleibt spannend, aufregend und herrlich witzig. Atticus ist ein beeindruckender Protagonist, der mich stets aufs Neue mit seiner Leichtigkeit, seiner lässigen Nonchalance überzeugt. Aber natürlich ist es nicht Atticus allein, der mich begeistert, es sind auch all die liebevoll gezeichneten Nebencharaktere. Ob Leif, Granuaile oder Oberon – ich habe sie alle ins Herz geschlossen und freue mich wahnsinnig darauf, weitere Abenteuer mit ihnen zu bestehen!

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2015/05/13/kevin-hearne-hexed
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