Macht ist der der erste Soloroman von Weiss nach seiner Sina-Trilogie, die zusammen mit Gerd Schilddorfer verfasst war. Und ich muss zugeben, begeistert bin ich von diesem Buch nicht.
Josephine Mahler, Anthropologie-Professorin in Frankfurt, kehrt nach Jahren zurück in ihre Heimat Wien, allerdings für einen traurigen Anlass: Ihr Schulfreund Gabriel, ein evangelischer Pfarrer, und seine Frau wurden ermordet. Kurz zuvor wurde sie von Gabriel kontaktiert, der sie nach Symbolen fragte und Wahrnehmungen preis gab, die Josephine zu dem Zeitpunkt ins Reich der Paranoia abgetan hatte. Die Suche nach der Wahrheit zwingt sie nun, ihre Vergangenheit, die unaufgearbeitete Beziehung zu Gernot Szombathi, ihrer Jugendliebe, zu konfrontieren genauso wie die Grundfesten ihres Weltbildes. All das allerdings unter dem Damoklesschwert, dass die, die Gabriel auf dem Gewissen haben, es auch auf seine autistische Tochter Lilly abgesehen haben, die seit jener Nacht seltsame Symbole zeichnet und auch Zeugin der Ereignisse war.
In weiten Strecken wirkt dieser Roman eher wie ein müder Abklatsch der Sina-Triologie, v.a. dessen 1. Teils, "Ewig". Spann 2 alte Freunde zusammen, die sich aus den Augen verloren haben, und schick sie auf Schnitzeljagd. Führ noch ein paar Verschwörungstheorien ein, schüttle und fertig ist die Handlung. Nur ist das leider etwas wenig, denn die Charaktere bleiben glanzlos bis banal und die Handlung eigentlich unaufgeklärt. Irgendwie werden in einem Kapitel noch haarsträubende Theorien vom kollektiven Bewusstsein gefaselt, dann postuliert, dass der Massenschock von 9/11 das Magnetfeld der Erde kurzfristig geändert hätte... und dann ist es aus, obwohl sich die Protagonisten gerade noch in der Höhle des Löwen, dem Hauptquartier vom diesmal bemühten Geheimbund, befanden. Keine weitere Erklärung, wie sich die Situation in Wohlgefallen aufgelöst hat, im Gegenteil, denn im nächsten Kapitel fahren sie einfach heim. Und es bleibt ein Fragezeichen über Gernots Rolle in der ganzen Angelegenheit....
Zu den inhaltlichen Problemen kommt die gezwungen legere Sprache: Wie oft kann sich Gernot irgendwohin "fläzen", ohne dass einem das Wort zum Hals rauskommt (jetzt mal abgesehen davon, dass das ein deutscher Ausdruck ist, der in einem in Österreich spielenden Roman mit österreichischen Hauptcharakteren deplatziert wirkt)? Oder Udo (und alle anderen) kichern, ohne dass sie ein wenig verrückt rüberkommen? Zumindest ein gutes hat der Roman aber: die vielen Anspielungen auf zeitgenössische Filme und Kultur - so fand ich die Erwähnung von Star Trek: Into Darkness und Benedict Cumberbatch recht erheiternd...
Abgesehen davon aber bietet dieser Roman einfach zu wenig. Im Mittelteil zieht sich die Lektüre wie ein Strudelteig und wie schon erwähnt, das Ende ist praktisch nicht-existent. Dafür gibt es mit der genannten Situation um Gernot immerhin einen Cliffhanger. Aber ich glaube, dieser ist nicht wirklich stark genug, um mich dazuzubringen, die Fortsetzung "Recht" auch tatsächlich in die Hand zu nehmen...