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review 2020-02-18 11:02
Ein Märchen in Weiß, Schwarz und Rot
Red Queen - Christina Henry

„Red Queen“, die Fortsetzung der „Chronicles of Alice“ von Christina Henry, ist keine weitere Adaption von „Alice im Wunderland“. Zwar enthält der zweite Band einige Reminiszenzen an Carrolls Kinderbuchklassiker, aber für die Handlung bezog Henry ihre Inspiration hauptsächlich aus dem norwegischen Märchen „Östlich von der Sonne und westlich vom Mond“, das an „Die Schöne und das Biest“ erinnert und mir gänzlich unbekannt war. Darin geht es um einen verfluchten Prinzen, der sich tagsüber in einen weißen Bären verwandelt und von seiner Auserwählten davor bewahrt wird, eine abscheuliche Trollin heiraten zu müssen. Henry mochte die Umkehr des Rettungsmotivs und entwickelte für „Red Queen“ eine Variante, in der ihre Alice erneut zur Heldin wird.

 

Nach den furchtbaren Ereignissen in der Altstadt hegt Alice nur einen Wunsch: sie träumt von einem idyllischen Leben, das die grausamen Wunden ihrer Vergangenheit heilt. Hatcher wird jedoch erst Frieden finden wird, wenn er mit seiner Tochter vereint ist, die ihm vor langer Zeit gestohlen wurde. Auf der Suche nach ihr bereisen Alice und Hatcher eine verdorrte, tote Welt, stets geleitet von seinen zerbrochenen, unvollständigen Erinnerungen, die die beiden zum Reich der verrückten Weißen Königin führen. Seit Generationen kontrolliert sie das Land mit ihren niederträchtigen Zaubern in einem nicht endenden Krieg mit dem Schwarzen König. Will sie ihr gegenübertreten, muss Alice lernen, ihre eigenen Kräfte zu akzeptieren und zu nutzen. Doch allein wird es ihr nicht gelingen. Sie braucht Hilfe. Die Hilfe der mächtigen Roten Königin…

 

Es ist deutlich spürbar, dass „Alice im Wunderland“ und „Alice hinter den Spiegeln“ Christina Henry nicht als primäre Inspirationsquellen für „Red Queen“ dienten. Ich wusste während der Lektüre nicht, dass sie sich stark an „Östlich von der Sonne und westlich vom Mond“ orientierte, aber ich musste es auch nicht wissen, um zu erkennen, dass der zweite Band eher den Regeln eines Märchens folgt als Lewis Carrolls weltberühmten Romanen. Viele Szenen verlangen von Alice und Hatcher, Versuchungen zu widerstehen und enthalten Elemente und Motive, die eindeutig eine märchenhafte Qualität aufweisen und moralische Botschaften vermitteln. Dadurch ist „Red Queen“ weniger düster, blutig und explizit gewalttätig. Der Horroraspekt der Geschichte äußert sich durch subtilen Psychoterror und versteckte Gefahren, denn die Weiße Königin, die Christina Henry als Antagonistin positioniert, ist eine Verführerin, die gezielt mit den sündigen Sehnsüchten der Menschen spielt. Ich fand es schade, dass Henry folglich bewusst auf die verdrehte, brodelnde Atmosphäre des ersten Bandes „Alice“ verzichtete. Dennoch verstehe ich ihre Entscheidung, den Fokus der Fortsetzung zu verschieben, voll und ganz. „Red Queen“ schildert im Gegensatz zu „Alice“ nicht länger den nackten Überlebenskampf der Protagonistin Alice. Vielmehr stellt Henry sie vor die schwierige Aufgabe, herauszufinden, wer sie nach all dem Leid, das ihr angetan wurde, sein möchte und wie sie mit ihren beängstigenden Erinnerungen umgehen kann. Die erwachte Heldin muss sich neu erfinden. Hinsichtlich ihrer Entwicklung ist der zweite Band dementsprechend bemerkenswert schlüssig und plausibel; Stück für Stück baut Alice ihre Identität um den tiefliegenden Kern ihrer Persönlichkeit herum auf, den sie passenderweise „Aliceness“ tauft. Dafür benötigt sie selbstverständlich Stimuli und ihre einzigartige Beziehung zu Hatcher eignet sich hervorragend, um ihre fortschreitende Metamorphose sanft zu steuern und als aktiven Prozess darzustellen. Als Hatcher in die Fänge der Weißen Königin gerät, fällt es Alice zu, seine Rettung in die Hand zu nehmen. Sie muss sich nicht nur mit ihren Kräften, sondern auch damit auseinandersetzen, was sie für ihn empfindet und was er ihr bedeutet. Mir erschien ihre Verbindung außergewöhnlich verständnisvoll und freiheitsorientiert. Sie sind eines dieser Paare, die einander wirklich besser machen, die Kraft aus ihren zärtlichen Gefühlen schöpfen, ohne einander in ein Korsett der Erwartungen zu zwängen. Da sie beide schwer traumatisiert sind, fordern sie niemals mehr, als der/die andere zu geben bereit ist. Es war herzergreifend, sie zusammen zu erleben. Leider hatte die Konzentration auf Alice allerdings den Nachteil, dass sie den Nebencharakteren die Show stiehlt und diese beinahe ausschließlich als Motivation ihres persönlichen Wachstums fungieren. Besonders die beiden Königinnen erhielten nicht die Auftritte, die ihnen angesichts ihres gewaltigen literarischen Erbes meiner Meinung nach zugestanden hätten. Daher wirkten einige Handlungsstränge etwas verwaist und inkonsequent umgesetzt. Ich begreife natürlich, dass sich „Red Queen“ ganz um Alice drehen sollte, doch ein runderes Gesamtbild hätte mir trotzdem besser gefallen.

 

Ich fand „Red Queen“ nicht ganz so gut wie „Alice“. Es ist eine Fortsetzung, die die Stärken des ersten Bandes absichtlich hinter sich lässt, um ein neues Kapitel aufzuschlagen. Die Entfernung von Lewis Carrolls Originalen war zu erwarten und logisch, aber für mich war es schwierig, mich damit abzufinden, dass die Protagonistin Alice Abenteuer erlebte, die eher an ein Märchen erinnerten. Ich vermisste vor allem die hypnotische Atmosphäre, die mich im ersten Band fesselte. Der grundlegende Tenor von „Red Queen“ ist wesentlich zahmer und weniger bedrohlich, wodurch ich das Gefühl hatte, dass Christina Henry auf genau den Aspekt verzichtete, der mich außerordentlich begeisterte. Obwohl mich die Entwicklung freute, die Alice erfährt, war ich deshalb etwas enttäuscht von „Red Queen“. Ich setze nun große Hoffnungen in die Novellensammlung „Looking Glass“, die im April 2020 erscheint und in der Henry einige ungeklärte Fragen zu Alices und Hatchers Geschichte beantwortet. Vielleicht erhalte ich dann doch noch die Chance auf einen zweiten Sturz durch das Kaninchenloch.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2020/02/18/christina-henry-red-queen
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review 2019-04-25 09:55
Blutiges Wunderland
Alice - Christina Henry

„Alice im Wunderland“ ist eine der Geschichten meines Lebens. Der Klassiker von Lewis Carroll begleitet mich, seit ich ein kleines Mädchen war. Ich besaß sie als Hörbuch auf Schallplatte und die 1951er Disney-Verfilmung auf Videokassette. Selbstverständlich habe ich auch die modernen Filme mit Johnny Depp gesehen. Mit meinem Tätowierer arbeite ich aktuell an meinem großen Waden-Tattoo, das die Grinsekatze, Herrn Knauf und den verwirrenden Wegweiser-Baum enthält. Die Geschichte fasziniert mich wie kaum eine zweite. Als ich erfuhr, dass die Autorin Christina Henry eine Adaption namens „Alice“ geschrieben hatte, war ich sofort Feuer und Flamme, weil das Buch die berühmte Protagonistin in einer prekären Rolle zeigt: als Insassin einer Psychiatrie.

 

In einem Krankenhaus in der Altstadt, hinter dicken Backsteinmauern, vegetiert eine junge Frau in einer Zelle vor sich hin. Sie wurde eingesperrt, weil sie blutüberströmt eine verrückte Geschichte von einem Kaninchen und einer Tee-Party erzählte. Ihr Name lautet Alice. Seit 10 Jahren ist die Anstalt ihre Herberge. Ihr einziger Gefährte ist ihr Zellennachbar Hatcher. Alice weiß, dass sie niemals entlassen werden wird. Sie ist kaputt, beschädigt. Erst als in den Tiefen der Anstalt ein verheerendes Feuer ausbricht, eröffnet sich ihr und Hatcher ein Weg in die Freiheit. Aber sie sind nicht die einzigen, die den Flammen entkommen. Das Feuer befreit eine entsetzliche Kreatur, die hungrig und wahllos tötet. Alice und Hatcher müssen sie aufhalten. Sie steigen in die dunkelsten, gefährlichsten Orte der Altstadt hinab, doch je näher sie ihrem Ziel kommen, desto näher kommen sie auch der Wahrheit über Alice‘ Vergangenheit – und dem Mann, der sie noch immer als sein Eigentum betrachtet…

 

Von Christina Henry dürfen sich alle Autor_innen von Adaptionen gern eine Scheibe abschneiden. „Alice“ ist eine hervorragende, hypnotische Variante des Klassikers von Lewis Carroll. Obwohl ich ursprünglich nicht erwartet hatte, eine Handlung vorzufinden, die Alice‘ Schicksal nach ihren Abenteuern beleuchtet, sondern annahm, ich müsste herausfinden, ob sie sich das Wunderland lediglich eingebildet hatte, konnte ich mich sehr schnell darauf einlassen. Die Frage, was mit Alice nach ihrer Rückkehr geschehen wäre, beschäftigt mich, seit ich alt genug bin, darüber zu spekulieren. Es erscheint mir nicht unwahrscheinlich, dass sie in einer psychiatrischen Anstalt gelandet wäre, denn wer hätte ihr ihre verrückte Geschichte schon geglaubt? Henrys Version ist deutlich düsterer, blutiger und gewalttätiger, als ich es mir jemals ausgemalt hätte, doch denke ich an das Original zurück, muss ich zugeben, dass es sich dabei ebenfalls nicht um ein unschuldiges Kinderbuch handelt, schaut man genau hin. Auch in Carrolls Wunderland brodelte das Potential der Gewalt meinem Empfinden nach stets nur knapp unter der Oberfläche. Deshalb finde ich „Alice“ großartig: Christina Henry erfasst das Wesen der ursprünglichen Geschichte pointiert und charakterisiert die Figuren exakt so, wie ich sie immer wahrgenommen hatte. Niemand ist Alice ausschließlich wohlgesinnt; sie sind alle sehr ambivalent, hinterlistig und maximal bedingt vertrauenswürdig, nämlich so lange, wie es ihren Zielen entspricht. Henry übertrug diese zwielichtige Ausstrahlung perfekt auf ihre Adaption, sodass ihr Roman authentisch und originell gelang. Sie entwickelte ein fiktives, vage fantastisches Setting, dessen sonderbare Atmosphäre alle Elemente, die nicht rational erklärbar sind, elegant legitimiert und in dessen Rahmen ihre ältere, traumatisierte Alice grob der Reise von Carrolls Heldin folgt. Nominell besteht ihre Aufgabe darin, die Kreatur zu besiegen, die durch das Feuer in der Anstalt befreit wurde, in der sie 10 lange Jahre einsaß. Ich vergaß jedoch immer wieder, dass dies der Kern der Handlung ist, weil die Konfrontationen mit den bekannten, nun aber menschlichen Figuren des Wunderlands wesentlich drängender und präsenter waren und darüber hinaus von Alice‘ persönlicher Entwicklung überstrahlt wurde. Alice ist 26 Jahre alt und verbrachte den Großteil ihrer Jugend in der Psychiatrie. Es gefiel mir ausnehmend gut, wie psychologisch glaubwürdig Henry ihre Protagonistin beschreibt, indem sie einkalkuliert, dass sie die normalen Erfahrungen des Erwachsenwerdens verpasste. Erst im Verlauf ihres Abenteuers entfaltet sie sich und findet heraus, was in ihr steckt – Courage, Loyalität und Entschlossenheit. Ich empfinde „Alice“ daher als verspätete Coming-of-Age-Geschichte, in der der Weg das Ziel ist und es nicht überraschen sollte, dass der Kampf gegen das Monster eher hintergründig von Bedeutung ist. Resultierend daraus gestaltet sich der finale, äußerst feminine Showdown recht unspektakulär, weil dieser die logische Konsequenz von Alice‘ Metamorphose darstellt. Sie durchlebte eine klassische Heldenreise; sobald sie fähig ist, ihr Schicksal und sich selbst zu akzeptieren, werden alle Herausforderungen zum Kinderspiel.

 

„Alice“ von Christina Henry ist eine dunkle, verdrehte Variante des Kinderbuchklassikers von Lewis Carroll. Es ist eine Adaption, die meinen Geschmack voll und ganz trifft, weil sie meiner intuitiven Wahrnehmung des Originals Form verleiht und diese auf Papier bannt. Die Autorin erfasst die inhärente Natur und Bedeutung der ikonischen Geschichte zielsicher und transformiert diese in eine Erzählung, die neu und frisch wirkt und dennoch das Charisma, die unverwechselbare Aura des populären Stoffes aufgreift. Wer die eigenen Kindheitserinnerungen an „Alice im Wunderland“ unangetastet lassen möchte oder sensibel auf gewaltsame Szenen reagiert, sollte von der Lektüre eher Abstand nehmen, doch allen Leser_innen, die eine erwachsene, erwachte Alice kennenlernen möchten, kann ich das Buch wärmstens empfehlen. Ich freue mich auf die Fortsetzung „Red Queen“ und nehme Anlauf für einen weiteren Sturz durch das Kaninchenloch.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2019/04/25/christina-henry-alice
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review 2018-02-26 08:41
A Bride for All Seasons
A Bride for All Seasons - Margaret Brownley,Debra Clopton,Robin Lee Hatcher,Mary Connealy

Four short stories, each set in a different season of the year, featuring the mail order bride trope. The common thread between the stories is each story's couple had sought a partner through the Hitching Post catalog where the interfering editor rewrote letters between couples to play matchmaker. They inevitably discover the deception early in the story, but of course the marriage (or some kind of chaste partnership) must continue and eventually feelings develop.

 

Each couple has a different backstory and set of circumstances which was interesting. It is all terribly cliche, of course, but in a nice cotton candy sort of way. Happy endings all around. I believe this is technically under the Christian romance sub-genre and there are no sex scenes in any of the stories - although there are a few saucy sentences!

 

It was a cute and comfortable dozing-off-in-bed kind of read.

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review 2017-08-02 18:55
A masterful study of an industry's prehistory
The History of the British Coal Industry, Volume I: Before 1700 - John Hatcher

In this book John Hatcher has provided readers with a superb study of the prehistory of the British coal industry. "Prehistory" is the word for it, too for as he makes clear early in the book "There was no British coal industry before 1700. Nothing which remotely resembled a national industry ever existed within our period."(59) What Hatcher details instead is a series of local and regional industries which were the antecedents of the national industry that would emerge in the 18th and 19th centuries. To do so, he delves into the previously underutilized local studies of the collieries, which he integrates into the economic history of medieval and early modern England. The result is masterful account of its subject, one that is almost encyclopedic in terms of its description of nearly every aspect of coal mining and coal consumption and of enormous value to anyone interested in the subject.

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text 2017-07-27 05:15
Reading progress update: I've read 239 out of 656 pages.
The History of the British Coal Industry, Volume I: Before 1700 - John Hatcher

Now this is a prime example of a book that I need to own. Hatcher's account is more encyclopedic than it is narrative, and I'm skimming through the parts that I'm not as interested in reading right now while noting what they are so that I can return back to them as needed.

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