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review 2017-06-01 10:14
Der lausigste Luzifer aller Zeiten
Devil Said Bang - Richard Kadrey

Satan. Herrscher der Hölle. Gottes ewiger Widersacher. Eine Position voller Macht und Prestige. James Stark alias Sandman Slim will den Job trotzdem nicht. Was nützt all die Macht, wenn ihm der Tag regelmäßig durch Budgetbesprechungen, sinnentleerte Rituale und lächerliche Attentatsversuche versaut wird? Nein, Stark will raus. Schließlich hat er sich nie um die Stelle beworben; der originale Luzifer trickste ihn aus und genießt jetzt Ferien im Himmel. Toll. Einfach Fabelhaft. Seit er Gebieter der Verdammten wurde, sucht Stark unermüdlich nach einem Weg, die Hölle zu verlassen und nach L.A. zurückzukehren. Ganz so simpel ist das nur leider nicht. Die Verdammten hassen ihn und wenn es nach ihm ginge, könnten sie ihm alle getrost den Buckel runterrutschen, aber die Hölle braucht einen Anführer; jemanden, der den Papa spielt und Händchen hält. Also, was macht man mit einem miesen Blatt? Richtig. Bluffen, was das Zeug hält und die erste günstige Gelegenheit beim Schopfe packen. Dummerweise wird Starks glorreiche Heimkehr nach L.A. von einem serienmordenden Geist überschattet, der offenbar im Auftrag einer Fraktion der Sub Rosas handelt, die die Realität umschreiben will. Diese Idioten schaffen es doch tatsächlich, ein Loch ins Universum zu reißen. Da sehnt man sich fast nach der bizarren Idylle der Hölle, nicht wahr?

 

Stark als Herrscher der Hölle. Ich muss immer noch in mich hineinkichern, wenn ich daran denke. Mein Kumpel Stark als Satan. Tut mir leid, aber das ist zum Brüllen komisch. Ironie des Schicksals. Es war doch wohl von Vornherein klar, dass das schiefgehen muss. Natürlich ist Stark ein lausiger Luzifer. In den vorangegangenen Bänden machte Richard Kadrey unmissverständlich klar, dass sein Protagonist nicht das Zeug zum Anführer hat und seine Eskapaden in „Devil Said Bang“ bestätigen diesen Eindruck zweifelsfrei. Stark hasst die Hölle, weil sie das Schlechteste in ihm zum Vorschein bringt. Er weiß genau, sucht er nicht so schnell wie möglich das Weite, wird die Verlockung, sein inneres Monster das Ruder übernehmen zu lassen, eines Tages zu groß sein. Er muss gehen, weil er sonst nie mehr geht. Mal davon abgesehen, dass mich Kadreys Darstellung der Hölle als bürokratischer Albtraum samt Meetings, Komitees und kleinlicher Politik köstlich amüsierte und ich die Idee, ihre Bewohner_innen als selbstmordgefährdet zu charakterisieren, fantastisch und erstaunlich naheliegend finde, bewundere ich vor allem seine einfühlsame Beschreibung von Starks Gefühlen, die Ambiguität seiner Empfindungen. Er ist sich vollkommen im Klaren darüber, zu was er fähig, wie tiefschwarz ein Teil seiner Seele ist. Er kämpft dagegen an, obwohl die Versuchung ach so süß ist und ihm eben diese Facette seiner Persönlichkeit wer weiß wie oft den Hintern rettete. Er gibt sich keinen Illusionen hin und ist trotzdem bestrebt, ein besserer Mensch (na ja, Nephilim) zu sein. Er will kein Monstrum sein. Seine Fähigkeit und Bereitschaft, sich permanent selbst zu hinterfragen und Kritik anzunehmen, beeindrucken mich jedes Mal aufs Neue. Daher macht es mir auch nicht allzu viel aus, dass sich dieser vierte Band wie ein Zwischenspiel anfühlte. Ich denke, dass „Devil Said Bang“ innerhalb der übergeordneten Handlung wichtig, für sich selbst aber eher belanglos ist. Das Buch ist keines von Kadreys besten Werken; ich stolperte durch eine Geschichte, die mir von arg vielen Zufällen geprägt und daher nicht überzeugend durchdacht erschien. Die Auflösung wirkte hastig und einige Szenen wurden ausschließlich durch Starks unvergleichlichen Humor und seine herrlich schlagfertigen Sprüche gerettet. Kadrey verdankt es seinem Protagonisten, dass ich nachsichtig bin und 3 Sterne vergebe. Ich fühle mich mit Stark einfach viel zu wohl, um die Bände der „Sandman Slim“ – Reihe nicht zu genießen, unabhängig davon, wie ungelenk die Handlung daherkommt. Nur eines kann ich meinem Kumpel nicht verzeihen: seine Beziehung zu dieser fürchterlichen Schnepfe Candy. Ich kann sie nicht ausstehen. Sie ist wie eine 14-Jährige mit einem Waffentick und einer Schwäche für große böse Jungs. Sie bringt Stark in Gefahr, weil für sie alles nur ein Spiel ist. Ich wünschte, er würde sie endlich abschießen, denn sie ist definitiv nicht die Richtige für ihn. Ich warte nur darauf, dass er erkennt, wie ungesund ihr seltsames Techtelmechtel für ihn ist und dass er jemanden braucht, der all die Konflikte in seinem Inneren versteht und beruhigt, statt sie anzufachen und zu verschärfen. Candy ignoriert den Krieg in seiner Seele bewusst. Ich hoffe, dass er bald eine Frau findet, die ihm Frieden schenkt. Bitte Stark, schick die blöde Gans in die Wüste!

 

„Devil Said Bang“ ist meiner Meinung nach bisher der schwächste Band der „Sandman Slim“ – Reihe. Ich hätte das Buch vermutlich noch weit kritischer bewertet, empfände ich nicht eine fast schon lächerlich intensive Nähe und Bindung zum Protagonisten Stark. Er ist mein Kumpel. Ich bin sein größter Fan. Trotzdem erwarte ich von Richard Kadrey, dass die Handlung des nächsten Bandes „Kill City Blues“ besser ist. Überzeugender. Ausgereifter. Nach der Erfahrung mit „Devil Said Bang“ bin ich ehrlich besorgt, dass die Reihe fortschreitend an Qualität einbüßt. Das möchte ich wirklich nicht erleben, denn es wäre tragisch, bedauerlich und ein Verbrechen des Autors an seinem Zugpferd. Stark ist eine herausragende Figur, die einen ebenso außerordentlichen und außergewöhnlichen Rahmen verdient, um sich nach Belieben auszutoben. Ich weiß, ein einziger mittelmäßiger Band bedeutet noch lange nicht, dass es mit der Reihe bergab geht und ich möchte den Teufel nicht an die Wand malen, aber ich habe so etwas schon viel zu oft durchgemacht, um die ersten Anzeichen zu ignorieren. Ich flehe Sie an Mr. Kadrey: lassen Sie Stark und mich nicht hängen.

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review 2013-07-26 00:00
Die Stunde der wahren Empfindung - Peter Handke Die Stunde der wahren Empfindung (1975) is a relatively early entry in Handke's (b. 1942) oeuvre, but he already has much of his characteristic voice and strengths in this book. A minor functionary, Gregor (*), at the Austrian embassy in Paris dreams one night that he murders an old women, and this dream causes him to fall right out of the bottom of his life - suddenly every aspect of himself, his job, family and surroundings is alien, suspect, threatening. (The experience is not exactly unknown, even in the popular mind - "This is not my beautiful house! This is not my beautiful wife!") The reader spends the rest of the day in Gregor's mind as he tries to maintain a semblance of outward normality, while Handke, the phenomenologist of emotion, has him rapidly flitting through contradictory extremes inside. The hypersensitivity of a neurasthenic is perfectly matched with Handke's gifts, as he surely knew. Gregor manages a very busy day at work, with his mistress and at the presidential palace. Certain incidents occur which may or may not have been imagined. After much wandering through the streets of Paris (always a pleasure, even when one is losing one's mind), the protagonist reluctantly arrives home where his wife and dinner guests (an Austrian writer and his girlfriend) await. Let's just say that the evening did not go well. Let's also say that humor is not usually an important part of Handke's art, but I laughed aloud many times while reading this book... The next day does not go any better for Gregor (no spoilers), really. However, a series of extremely unlikely events on that day threw me out of the story completely. After climbing back in with feelings of both irritation and curiosity, the narration became increasingly strange, dark and threatening. It ends abruptly, without resolution or explanation. To say this as simply as possible, whatever Handke's intentions may have been, this novel has no straightforward interpretation, though many have been suggested. (*) If one wants to maintain the realistic, psychological point of view in terms of which the narration of the first day still makes sense, then the second day could have been nothing other than the imaginings/dreams/illusions of a man who had slipped completely into madness during the night. Possible. But one can find many other interpretations. (Another: the note taking Austrian author - Handke himself - signals to his crumbling character in the third unlikely event that his purpose with him is accomplished.) I think none is definitive, for the open ending with no answers Handke actually wrote is clearly intentional, if anything can be! This book is meant to be irritatingly haunting, and very re-readable. I have no idea how Handke sounds in translation and have absolutely no desire to find out, for Handke is the finest German stylist alive, not in the flashy style currently in vogue among the fashionable literati in the USA, but rather in a deeply ruminative, highly sensitive, quietly poetic manner I very much appreciate. If I had to find one word to characterize Handke's language, I would choose "responsive" - his words can form themselves around any object, any emotion, any incident. What Handke wrote concerning his experience when reading Hermann Lenz' work better describes what I often feel when I read Handke's: "Da läse ich nicht mehr, sondern empfände einfach nur Glück." (I would no longer be reading, instead I would be feeling only happiness.)(*) When one recalls Gregor Samsa from Kafka's Die Verwandlung , one finds many parallels between the two stories, which offers another possible interpretation of this book. But I don't think that Die Verwandlung can be tied up in the neat little bows I have seen here and there, either.
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