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review 2019-11-13 10:41
Ziehen Sie nach Stepford - vergessen Sie Feminismus!
The Stepford Wives - Ira Levin

„The Stepford Wives“ von Ira Levin erschien 1972. Damit fiel die Veröffentlichung zufällig (?) in das Jahr, in dem das Equal Rights Amendment vom US-Senat angenommen wurde. Dieser Verfassungszusatz sollte die Gleichstellung der Geschlechter in den USA vorantreiben und Frauen weitreichende Rechte zusichern, stieß in den Bundesstaaten jedoch auf erbitterten Widerstand. Gegner_innen des ERA beriefen sich auf traditionelle Geschlechterrollen, prophezeiten, dass Frauen zum Militärdienst gezwungen und schützende Gesetze, die zum Beispiel Unterhaltsansprüche regelten, null und nichtig würden. Phyllis Schlafly, eine der Schlüsselfiguren der Oppositionsbewegung, behauptete, der Zusatz sei lediglich ein Vorteil für junge Karrierefrauen, der die Sicherheit von Hausfrauen im mittleren Alter, die keinen Beruf erlernt hatten, hingegen bedrohte. In diesem Kontext war „The Stepford Wives“ beinahe prophetisch, denn darin geht es um eben jene Hausfrauen, die Schlafly gefährdet sah.

 

Als Joanna und Walter Eberhart mit ihren Kindern nach Stepford zogen, hofften sie, ein neues Leben fernab vom Trubel der großen Stadt beginnen zu können. Stepford ist ein malerisches Idyll ruhiger Straßen und freundlicher Nachbarn, ein Paradies des gehobenen Mittelstandes. Doch während sich die Kinder schnell einleben und Walter Anschluss in der exklusiven Men’s Association findet, wird Joanna das Gefühl nicht los, dass sich hinter der lächelnden Fassade des Örtchens ein schmutziges Geheimnis verbirgt. Es sind die Frauen. Sie sind nett und höflich, aber sie scheinen neben der obsessiven Erfüllung ihrer Haushaltspflichten keine Interessen zu haben. Sie sind zu perfekt. Irgendetwas stimmt nicht in Stepford und Joanna muss herausfinden, was vor sich geht – bevor es zu spät ist.

 

„The Stepford Wives“ ist ein feines Kleinod feministischer Literatur, das vermutlich viel zu oft übersehen, vergessen oder missverstanden wird. Es ist ein knackiger, pointierter Klassiker der Science-Fiction, der vollkommen auf das Wesentliche destilliert ist und demzufolge darauf schließen lässt, dass Ira Levin unglaublich selbstkritisch gewesen sein muss. Ich bestaune die Ökonomie dieses Buches, das sicher zahllose Überarbeitungen durchlief, um kein einziges überflüssiges Wort zu enthalten. Jede Szene ist bewusst integriert, schmückendes Beiwerk sucht man vergeblich. Dennoch liest es sich leicht, flüssig und keineswegs konstruiert, weshalb man beinahe Gefahr läuft, es als belanglos abzustempeln. Beinahe. Denn oh, hinter Levins präzisem Schreibstil verbirgt sich eine beklemmende Geschichte, die lupenreine feministische Kritik an den traditionellen Genderrollen übt. Die Protagonistin Joanna Eberhart ist eine ganz normale Hausfrau und Mutter. Sie führt eine glückliche Ehe, pflegt ein paar Hobbys und erfüllt ihre Pflichten zuverlässig. Doch kaum, dass sie mit ihrer Familie in der US-amerikanischen Vorstadtidylle Stepfords angekommen ist, muss sie feststellen, dass sie ungenügend ist. Ihre überdurchschnittlich attraktiven Nachbarinnen leben ein Maß an Perfektion vor, mit dem sie nicht konkurrieren kann: sie absolvieren Haushaltsaufgaben mit unmenschlicher, pedantischer Disziplin und zeigen keinerlei Interesse an sozialen Kontakten oder einer individuellen Freizeitgestaltung, wodurch sich bei Joanna und den Leser_innen schnell das Bewusstsein einschleicht, dass es in Stepford nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Diese Ahnung entwickelt sich bald zur Gewissheit; Levin verband geschickt diskrete Hinweise und drastische Vorkommnisse, um seine Leserschaft zu befähigen, eigene Schlüsse zu ziehen und zu erkennen, dass Joanna in Gefahr schwebt. Das leise Ticken einer Uhr, eines Countdowns für die Protagonistin begleitet die Geschichte von „The Stepford Wives“ unaufdringlich, sodass beispielsweise die subtile, graduelle Verschiebung in Joannas Beziehung zu ihrem Ehemann Walter zuerst gar nicht auffällt. Langsam verbringt er immer mehr Zeit in der nebulösen „Men’s Association“ und strahlt zunehmend eine vage Unzufriedenheit aus, die er niemals konkret benennt. Wieder ist es den Leser_innen überlassen, sich den Einfluss dieses „Männer-Clubs“ auszumalen. Spannung entsteht in „The Stepford Wives“ durch die eigene Fantasie, durch Andeutungen und Vermutungen, nicht durch klare Aussagen des Autors. Dennoch lässt Levins Inszenierung keine Zweifel daran aufkommen, dass alle verdächtigen Anhaltspunkte in der „Men’s Association“ zusammenlaufen. Ohne den Fokus von den unnatürlich agierenden Hausfrauen abzulenken, offenbarte er auf diese Weise unmissverständlich, wer das wahre Ziel seiner überspitzten Satire ist: ihre Ehemänner. Die Idee einer Stadt voller perfekter Gattinnen, die überholten, sexistischen und stereotypen Männerfantasien entsprechen, ist wohl kaum einem weiblichen Hirn entsprungen.

 

1972 griff „The Stepford Wives“ den Zeitgeist auf. Ob Ira Levin ahnte, dass sein Roman bis heute relevant sein würde, bleibt Spekulation. Das Buch wird niemals an Aktualität einbüßen, solange traditionelle Genderrollen verteidigt und unterstützt werden. Es ist brillant. Levin erzielte mit minimalen Mitteln maximale Wirkung, weil er Implikationen konkreten Erklärungen vorzog. Indem er die Handlung absichtlich auf blinden Flecken und wohlplatzierten Anspielungen aufbaute, erhöhte er das unheimliche Potential seiner Geschichte. Diese akkurate, kontrollierte Konstruktion erforderte Disziplin und ein exaktes Gespür für subtile Manipulationen, aber auch den Mut, sich auf die Vorstellungskraft der Leser_innen zu verlassen. Dafür bewundere ich Levin zutiefst. Schade ist lediglich, dass „The Stepford Wives“ bei Verfechter_innen klassischer Geschlechterrollen vermutlich nicht auf fruchtbaren Boden fallen wird. Nur, wer Emanzipation offen gegenübersteht, wird erkennen, dass Stepford kein Paradies ist, sondern ein Albtraum.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2019/11/13/ira-levin-the-stepford-wives
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review 2019-05-30 16:03
Rezension | Schamlos
Schamlos - Sofia Nesrine Srour,Amina Bile,Maike Dörries,Nancy Herz,Esra Galun
Meine Meinung
 
In ihrem Buch “Schamlos” sprechen die drei junge muslimische Frauen, Amina, Sofia und Nancy über negative soziale Kontrolle, die Beweggründe einen Hidschab zu tragen oder ihn wieder abzulegen und die schmerzlichen Erfahrungen der Ausgrenzung in der westlichen Welt in der sie aufwuchsen.

 

Auf den ersten Blick fällt dem Betrachter die besondere Ausstattung des Buches ins Auge. Eine rosarote Banderole mit dem fett aufgedruckten Titel “SCHAMLOS“ verdeckt die Zeichnung einer Muslima mit locker getragenem Hidschab. Verborgen bleiben die aus der Kopfbedeckung herausragenden Haarsträhnen, der rote Lippenstift, das freizügige Oberteil und die Geste des abgebildeten Mädchens, die der Welt den Mittelfinger zeigt und so zu verstehen gibt, dass sie frei ist sie selbst zu sein ohne die ganzen sozialen Zwänge.

 

Die auffallende Aufmachung setzt sich auch bei der Strukturierung des Buchinhaltes fort. Die Autorinnen berichten von ihrer Kindheit und Jugend als Muslimas in dem westlichen Norwegen, von Diskriminierung, Frauenfeindlichkeit, negativer Sozialkontrolle und der Zerrissenheit entweder zu muslimisch oder zu westlich zu sein. Mit eindringlichen Worten führen die engagierten jungen Frauen einen Dialog untereinander. Amina, Sofia und Nancy erzählen aber nicht nur von ihrer eigenen Erfahrung, sondern lassen auch Geschichten anderer Mädchen und Frauen einfließen, die an sie herangetragen wurden.

 

Zwischen den Dialogen, Erzählungen, Briefen und Listen finden sich die wunderschönen Illustrationen der norwegischen Künstlerin Esra Røise ein, welche eine kunstvolle Bereicherung für das Buch sind. Auch das unglaublich tolle Titelbild wurde von der begabten Künstlerin kreiert, womit sich das Buch einen Ehrenplatz in meinem Regal verdient hat.

 

Die wichtigen Themen, die die jungen Frauen in ihrem Werk ansprechen konnten mir als im Westen geborene und aufgewachsene Frau den Blick über den Tellerrand hinaus ermöglichen. Tatsächlich werden auch Dinge angesprochen in denen sich Mädchen und junge Frauen aus unserem Kulturkreis ebenso wiederfinden können. Aber am besten daran ist die erfrischend humorvolle und selbstironische Art und Weise wie jungen Frauen mit der Thematik umgehen, ohne dabei die Ernsthaftigkeit aus dem Auge zu verlieren. Die Botschaft als Mädchen und Frau endlich frei zu sein, so sein zu können, wie man es selbst möchte, wird in “Schamlos” mit dickem Textmarker unterstrichen.

 

Am meisten berührt haben mich die Briefe die sich Amina, Sofia und Nancy an ihre jüngeren Ichs geschrieben haben. Das Bild, dass ich mir auf der Leipziger Buchmesse von Sofia und Nancy machen konnte hat sich auf jeden Fall in ihrem Buch widergespiegelt. Diese jungen lebensfrohe Frauen haben eine wahnsinnig positive Ausstrahlung und definitiv das Zeug dazu andere Mädchen und Frauen zu inspirieren und einen neuen Weg aufzuzeigen. “Schamlos” sollte von jedem Mädchen und jeder Frau gelesen werden!

 

Auch sehr interessant ist es, den Hashtag #DearSister auf Twitter zu verfolgen, unter diesem “Motto” tauschen sich Mädchen und Frauen über ihre Erlebnisse aus und schaffen damit eine öffentliche Plattform für Feminismus, gegen Sexismus und Ausländerfeindlichkeit.

 

Fazit

 

Ein lesenswertes Buch für Frauen jeden Alters, jeder Religion und jeder Nationalität, das Mut macht und zum nachdenken anregt.

Source: www.bellaswonderworld.de/rezensionen/jugendliteratur-rezensionen/rezension-schamlos-von-amina-bile-sofia-nesrine-srour-nancy-herz
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text 2017-02-23 08:28
Ein Buch entsteht: BRÏN und der Klappentext

Teaser: Ein Buch entsteht: BRINWie versprochen geht es diese Woche mit dem Klappentext für BRÏN weiter und wer hier mitgelesen hat wird wissen, dass das keine leichte Geburt war. Einen so kurzen Text zu verfassen, der ein ganzes Buch schmackhaft machen soll und dabei doch kaum etwas verraten darf, ist eine Kunst, die ich nicht beherrsche. Jedenfalls nicht bei meinem eigenen Buch, dafür bin ich wohl viel zu nah an den Charakteren und Geschehnissen dran. Alles ist aus meiner Sicht wichtig, die besten Dinge werden verschwiegen und was ist mit all den schönen Wortspielen, die ich mir unter Einsatz von viel Hirnschmalz nicht nur für die Kapitel-Überschriften ausgedacht habe?

 

Nach drei oder vier Versuchen, bei denen ich mir eher wie ein Einbeiniger bei einem Marathon vorkam, hat meine Verlegerin dann erst einmal eine Auszeit verordnet um selbst einen Vorschlag machen zu können. Dabei ist sie durchaus auf meine vorherigen Versuche eingegangen und hat auch hier und da einen meiner Sätze übernommen. Es hat trotzdem zwei Anläufe gebraucht, bis ich dann endlich soweit zufrieden war, dass ich den Klappentext absegnen konnte.

Gelernt habe ich daraus immerhin, dass ein Klappentext sehr viel mehr Disziplin verlangt als man denkt und dass ich zwar gut darin bin Geschichten zu schreiben, aber nicht darin Geschichten kurz und knackig zu beschreiben. Nicht die eigenen jedenfalls. Macht der Text euch nun neugierig? Ich kann es einfach nicht beurteilen. Es fehlt ja so entsetzlich viel!

Der fertige Klappentext:

Juno kämpft sich nach vielen Enttäuschungen durchs Leben. Bis zu dem Tag, als sie in eine Pfütze stolpert – und sich auf dem fremden Planeten Brïn wiederfindet …

Im mittelalterlichen Frankreich gesteht die heranwachsende Jeanne ihrer Freundin Marie ihre Liebe. Sie ahnt nicht, welche Folgen das für sie hat …

Die Führerin und magische Stimme des Planeten Brïn ist tot – der Planetenschild geschwächt, die Portale zu anderen Welten brechen zusammen …

So weit diese Ereignisse auseinander zu liegen scheinen, sind sie doch auf fantastisch-skurrile Weise miteinander verwoben. Brïn ist ein Planet voller Mystik und Magie. Wächter beschützen ihn vor Angriffen bizarrer Kreaturen und ein bestialischer Mörder treibt sein Unwesen.

Wie ein roter Faden ziehen sich dabei die Schicksale zweier Frauen, die über Raum und Zeit miteinander verbunden sind, durch den Strudel der Ereignisse.

Zum Schluss noch ein paar technische Infos zu BRÏN:

Verlag: Butze
Format: ca. 21 x 15 cm
ISBN-10: 3940611573
ISBN-13: 978-3-940611-57-4
Paperback: 18,95€
eBook: 12,99€
Erscheint: ∼ 01. Juni 2017

Teaser: Ein Buch entsteht: BRINDie Seitenzahl ist noch nicht abschließend geklärt. Im aktuellen Ist-Zustand umfasst BRÏN ca. 131.000 Worte auf 572 Normseiten, die nun erst einmal in ihre endgültige Form gebracht werden müssen. Davor steht aber erst noch das Lektorat an (bei dem vermutlich vor allem entlaufene Kommas eingefangen werden müssen…), und das Verfassen einer kleinen Hilfestellung bei der korrekten Aussprache der Namen, denen ihr in BRÏN begegnen werdet. Vielleicht auch ein klassisches Nachwort? Mal überlegen…

Was aber erzähle ich euch im nächsten Artikel? Vielleicht etwas darüber, wie der Buchtitel nun zustande gekommen ist? Warum es nicht der ursprüngliche Arbeitstitel geworden ist und wie der eigentlich lautete? Oder doch lieber mehr über den Buchumschlag?

Source: moyasbuchgewimmel.de/ein-buch-entsteht-brin-und-der-klappentext
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text 2017-02-15 17:05
Ein Buch entsteht: BRÏN

Ein Buch entsteht: BRÏN
Die Veröffentlichung meines ersten Romans rückt ein Stückchen näher und die Aufregung wächst! Im Juni 2017 ist es endlich soweit. Auf den Tag genau steht das Datum noch nicht fest, denn es muss noch einiges getan werden, auf dem Weg zum gedruckten Buch. Aber wir machen Fortschritte und ich möchte euch gerne einladen, mich in den nächsten Wochen und Monaten auf dieser abenteuerlichen Reise zu begleiten, auf der ich euch ein wenig über die Zwischenschritte bei der Entstehung des Buches berichte.

Heute möchte ich zunächst einmal damit beginnen, dass wir einen Titel festgelegt haben. Der Roman wird den Namen BRÏN tragen – das ist der Name der Welt, auf der die Handlung hauptsächlich spielt. Brïn ist eine von Magie durchzogene, aber auch eine fortschrittliche Welt die über Zeit und Raum hinweg, eng mit der unsrigen verbunden ist. Es wird einiges zu lachen geben, aber auch Momente in denen man die Zähne zusammenbeißen muss. Eine bunte Mischung aus Ernst und Leichtigkeit, aus Liebe, Mord und Verrat.

Hier ein zunächst winziger Einblick in die Inhaltsbeschreibung:

Juno kämpft sich nach vielen Enttäuschungen durchs Leben. Bis zu dem Tag, als sie in eine Pfütze stolpert – und sich auf Brïn, einem Planeten voller Mystik und Magie, wiederfindet … Wie das mit dem Tod der Führerin Brïns, dessen geschwächten Planetenschild und Jeanne, einem Mädchen aus dem mittelalterlichen Frankreich zusammenhängt, ist ebenso fantastisch wie skurril.
(Text: Butze Verlag)


Teaser: Brïn von Sameena JehanzebEs gibt, wie man sieht, auch schon ein Cover. Das wird in den nächsten Wochen nach und nach ein Stück weiter entblättert, während ich euch etwas neues über BRÏN berichte. Der Buchumschlag entspricht dabei zu 100% meiner Vorstellung, weil – und nun kommt der Clou – ich ihn selbst gestalten durfte. Ihr werdet ja vielleicht mitbekommen haben, dass ich eigentlich Grafikdesignerin und Illustratorin bin von Beruf, und so hatte ich das große Glück, dass mir angeboten wurde, das Cover zu meinem Roman doch gleich selbst zu gestalten. Mit dem Ergebnis bin ich mehr als zufrieden und ich kann es kaum abwarten zu erfahren, was ihr zu dem finalen Motiv sagen werdet!

Für heute soll das erst einmal reichen. Beim nächsten Mal erzähle ich euch dann, wie mein Kampf mit dem Klappentext ausgegangen ist und was ich euch schon über Buchformat, ISBN-Nummer und andere technische Details verraten kann.

BRÏN wird übrigens über den regulären Buchhandel, direkt beim Verlag aber natürlich auch über Amazon & Co. beziehbar sein. Als Printausgabe ebenso wie als eBook.

Ihr habt jetzt schon Fragen? Dann schreibt sie mir in die Kommentare!

Source: moyasbuchgewimmel.de/ein-buch-entsteht-brin
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review 2017-02-10 15:47
Stimmungsvolles San Francisco der 1940er Jahre
Passing Strange - Ellen Klages

Helen Young ist mit ihren gut 100 Jahren das letzte noch lebende Mitglied einer Gruppe von Freundinnen, die sich in den 1940er Jahren kennengelernt hat. Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, ist auch ihre Zeit abgelaufen. Doch bevor sie von Alter und Krankheit niedergestreckt wird, gibt es noch etwas zu klären. Ein alter Schwur muss erfüllt und eine Geschichte erzählt werden.

Helen Young went into her bedroom. She changed into a pair of blue silk pajamas, brushed her hair, and put on a touch of lipstick. Then she got into bed, turned out the light, and went to sleep for the last time, humming a Cole Porter tune until she and the melody simply drifted away.
– Three


Vom Film Noir, übers Kabarett, hin zu den Groschenheften (genauer: Pulp Fiction) mit ihren grotesken Illustrationen auf dem Deckblatt: Passing Strange ist ein Buch für NostalgikerInnen und entführt uns in die 1940er Jahre von San Francisco, wo sechs Freundinnen versuchen in einem patriarchalisch bestimmten Alltag ihr Leben zu meistern. Diese Frauen sind intelligent, stehen für Wissenschaft, Kunst und einen Hauch von Mysterium. Viel Spielraum haben sie dabei aber nicht. So schön das Buch ist, so froh bin ich nach dieser Lektüre auch, dass sich die Frauenrechte seither deutlich verbessert haben. Angesichts der aktuellen politischen Lage kann ich nur inständig hoffen, dass wir nicht in diese Zustände der 40er zurückfallen…

Aber genug schwarzmalerische Zukunftssorgen. Passing Strange ist ein kurzweiliges Lesevergnügen mit einem lebendigen Blick auf die damalige Zeit. Die Handlung springt dabei in der Erzählung von der Gegenwart in die Vergangenheit und später wieder zurück. Ich kann nicht behaupten, dass ich sehr viel über die 40er weiß oder über San Francisco, aber die geschilderte Szenerie, die Bars mit ihrem bunten Publikum, die feinen Zwirne und Satinkleider, die feiernden Matrosen auf Landgang, das starke rechtliche Ungleichgewicht zwischen den Geschlechter und denen, die aus der Norm fallen, das alles wirkt überzeugend und sehr lebendig. Genauso lebendig ist auch die Kunst in dieser Geschichte. Sie springt einen in Form der Art Deco Architektur an, in Form der Wände füllenden Malerei eines Pablo Picasso, einer exzentrischen Frida oder der Kreidemalereien einer Loretta Haskel. In Passing Strange stolpert man öfter mal über namhafte Persönlichkeiten, die ganz normal und beinahe ruhmlos erscheinen. Nachvollziehbar wenn man bedenkt, dass sie erst nach ihrem Tod zu solchen Ikonen der Kunst wurden.

Die Hauptcharaktere dieser Erzählung sind Frauen, die im Verborgenen soziale Normen brechen und ein Leben führen das sie die Freiheit kosten würde, wenn irgendjemand davon erführe. Manche von ihnen müssen sich Rassenvorurteilen unterwerfen, andere dem Verbot von Homosexualität und Cross-Dressing, eine der Freundinnen ist womöglich eine Hexe und wieder andere müssen gegen gewalttätige Ehemänner bestehen. Mit wenigen, aber dafür sehr wohl platzierten Strichen, zeichnet die Autorin eine ebenso kunstvoll schöne, wie deprimierend detaillierte Ära, deren optische Eleganz wir heutzutage bewundern, während wir die Schattenseiten nur zu gerne übersehen. In Passing Strange aber treffen sich beide Seiten der Medaille.

Es gibt in diesem Buch einen leichten Hauch von Magie, den ich leider etwas unglücklich eingepflegt empfand. Der magische Trick, der hier zum Schluss hin ausgeführt wird ist zwar unheimlich interessant und herzerwärmend, wirkt aber nach einem zu 95% magiefreien Plot etwas fehlplatziert. Es wäre schöner gewesen, wenn die Autorin diesen magischen Teil durchgehend eingebracht hätte und nicht nur als praktische Lösung zum Schluss. Es ist aber nur ein kleiner Mangel in einem ansonsten stimmungsvollen und kurzweiligen Lesevergnügen, das seine witzigen Momente hat.

Passing Strange ist ein bitterschöner Ausflug in eine romantisierte Ära, die trotz ihrer harten Züge auch sehr viel Herzlichkeit enthält und eine Art von Zauber, der nichts mit Magie zu tun hat. Ich kann diese Erzählung schon wegen der imposanten Kulisse und der allgegenwärtigen Kunst nur empfehlen.

Source: moyasbuchgewimmel.de/rezensionen/titel/p/passing-strange
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