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review 2019-05-07 15:12
Besser als Slasher
Final Girls - Riley Sager

Bevor ich mit der Rezension des Thrillers „Final Girls“ von Riley Sager beginne, möchte ich euch theoretischen Kontext zum Titel bereitstellen. Das Final Girl ist die einzige Überlebende eines Slasher-Horrorfilms. Normalerweise entspricht sie einem bestimmten Typ: sie ist brünett, klug und introvertiert. Während ihre jugendlichen Freunde über die Stränge schlagen, bleibt sie verantwortungsbewusst und anständig. Ihre moralische Überlegenheit befähigt sie, sich erfolgreich gegen den Killer zu wehren; ihre Freunde hingegen werden für ihre Zügellosigkeit brutal mit dem Tod bestraft. Die Verteilung von Genderrollen spielt in diesem Analyseansatz eine maßgebliche Rolle, ich möchte hier allerdings nicht zu sehr ins Detail gehen. Für diese Rezension müsst ihr lediglich wissen, dass Riley Sager diese Theorie aufgriff und das Final Girl in den Mittelpunkt seines Thrillers stellte.

 

Drei Massaker. Drei Tragödien. Drei Überlebende: Lisa, Samantha und Quincy. Die Presse nennt sie Final Girls. Quincy hasst diesen makabren Spitznamen. Sie hasst die Aufmerksamkeit, die damit verbunden ist. Sie erinnert sich nicht an die schreckliche Nacht in Pine Cottage, die sie beinahe das Leben kostete. Sie möchte sich auch nicht erinnern. Doch als Lisa tot aufgefunden wird und Sam plötzlich vor ihrer Tür steht, muss sich Quincy ihrer traumatischen Vergangenheit stellen. Sie befürchtet, dass irgendjemand beenden will, was vor vielen Jahren für sie alle begann. Antworten wird sie nur in den verschollenen Tiefen ihres Gedächtnisses finden – aber kann sie sich selbst überhaupt trauen? Oder vergaß sie mehr als das Blut, die Schreie und die Leichen ihrer Freunde? Vergaß sie ihre Schuld?

 

Ich habe „Final Girls“ verschlungen. Ich ahnte vor der Lektüre, dass dieser Thriller genau richtig für mich sein würde und ich behielt Recht. Seit meiner Jugend liebe ich Slasher-Filme. Als ich ein Teenager war, gehörten Streifen wie „Scream“ oder „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ zu jeder Übernachtungsparty. Irgendwann stellte ich jedoch fest, dass sich all diese Filme stark ähneln. Die Handlungen sind vorhersehbar und häufig wirklich dumm, Stichphrase „Wir sollten uns aufteilen“. Meine Begeisterung verebbte und flammte erst wieder auf, als ich Jahre später über die Theorie des Final Girls stolperte. Diese Analyse fasziniert mich, weil sie die tiefgründigen Vorgänge in einem Slasher aufschlüsselt und mir eine neue Perspektive auf die Filme meiner Jugend bietet. Riley Sagers Thriller „Final Girls“ geht auf beide Aspekte ein und konnte deshalb nur die ideale Lektüre für mich sein. Im Gegensatz zu den filmischen Vorlagen ist das Buch überhaupt nicht vorhersehbar. Es ist überraschend, unerwartet und vollkommen mind-blowing. Ich fand es unfassbar spannend und habe den Großteil innerhalb einer Nacht weggesuchtet, weil ich nicht aufhören konnte, zu lesen. „Final Girls“ ist keine Adaption der populären Filme, vielmehr zeigt es, wie es den Überlebenden später ergehen könnte und illustriert sowohl die emotionalen, psychischen Traumata als auch die Bewältigungsstrategien der Betroffenen. Sager konzipierte sehr glaubwürdige, realistische Figuren, die nichts mit den stereotypen Charakteren zu tun haben, die ich mit Slasher-Horror assoziiere. Im Fokus steht Quincy, die einzige, die vor Jahren das Pine Cottage Massaker überlebte. Quincy leidet unter dissoziativer Amnesie und erinnert sich lediglich lückenhaft an die furchtbare Nacht, in der ihre engsten Freunde starben. Ihre Leidensgenossinnen sind Lisa und Samantha, die ähnliches durchmachten. Ihre Beziehung zueinander war schwierig, aber als Lisas Leiche entdeckt wird, ist Quincy verständlicherweise erschüttert – und verängstigt. Kurz darauf taucht Sam unangekündigt bei ihr auf, angeblich, um nach ihr zu sehen. Mit Sams Besuch verwandelt sich der Thriller in eine beklemmende, mitreißende Tour de Force, die mich alles in Frage stellen ließ, was ich zu wissen glaubte. Quincys Erinnerungen kommen in verwirrenden, widersprüchlichen Flashbacks zurück, die den Spannungsbogen permanent aufrechterhielten. Ich begann, alles und jede_n zu verdächtigen. Ich beschuldigte Sam, bezichtigte Quincys Lebensgefährten Jeff und bezweifelte Quincys Rolle in den Ereignissen in Pine Cottage. Die Atmosphäre der Ungewissheit beeinflusste nicht nur die Suche nach Lisas Mörder, sondern auch meine Einschätzung der Protagonistin, weil ich mich fragte, ob ihr Tatsachen des Massakers verschwiegen wurden, um sie zu schützen. Riley Sager brachte mich so weit, dass ich Quincy sogar unterstellte, etwas mit den Morden zu tun zu haben. Trotz meiner Bereitschaft, allen Figuren zu misstrauen, lag ich mit meinen Vermutungen, was wirklich geschehen sein könnte, letztendlich meilenweit daneben. Der Autor schockierte und verblüffte mich; er konstruierte ein haarsträubendes Szenario voller ungeheuerlicher Wendungen, das meine kühnsten Theorien mühelos überflügelte. „Final Girls“ ist ein Thriller allererster Güte, denn er bringt das Kopfkino auf Touren und ist dennoch absolut unberechenbar.

 

Als ich die Lektüre von „Final Girls“ beendete, hatte ich das Gefühl, aus einem wilden Rausch aufzutauchen. Ich konnte das Adrenalin in meinen Adern spüren und genoss die Belohnung eines rundum befriedigenden Abschlusses. Ich habe an Riley Sagers Thriller nicht das Geringste auszusetzen und bin begeistert, wie clever er die Final Girl – Analyse in eine aufregende, dramatische Geschichte übertrug, die mir im positiven Sinne eine schlaflose Nacht bescherte. Ich kann kaum glauben, dass es sich um ein Debüt handelt. Ich habe seinen nächsten Roman „Last Time I Lied“ bereits auf meine Wunschliste gesetzt. Einen literarischen Rockstar dieses Kalibers muss ich im Auge behalten und ich kann euch nur empfehlen, euch selbst mit „Final Girls“ von seinem Talent zu überzeugen. Ich verspreche euch, niemand hält es in diesem Buch für eine gute Idee, sich aufzuteilen. ;-)

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2019/05/07/riley-sager-final-girls
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review 2019-04-24 12:14
Unterhaltsam - nicht mehr, nicht weniger
We Were Liars - E. Lockhart

Die US-amerikanische Young Adult – Autorin Emily Jenkins, besser bekannt unter ihrem Pseudonym E. Lockhart, verfolgt nicht den Anspruch, ihren jugendlichen Leser_innen eine Lektion zu erteilen. Sie ist der Auffassung, dass Jugendliteratur nicht dazu verpflichtet, Rollenmodelle anzubieten. Ihrer Meinung nach enthält das Lesen von Fiktion grundsätzlich eine moralische Ebene, weil sie dazu einlädt, Empathie für andere Lebensrealitäten zu entwickeln. Ihr Job besteht darin, Geschichten zu erzählen, nicht, mit dem mahnenden Zeigefinger zu wedeln. Ich stimme ihr zu, denn ich denke, eigene Schlüsse zu ziehen, ist wesentlich lehrreicher. Diese Herangehensweise erlaubt Lockhart, ohne Gewissensbisse schwierige Hauptfiguren zu fokussieren, wie die Protagonistin Cady Sinclair im Mysterythriller „We Were Liars“.

 

Die Sinclairs sind eine respektable Familie. Sie sind schön, sie sind reich, sie sind perfekt. Nur die 17-jährige Cady passt nicht ins Bild. Seit ihrem Unfall vor zwei Jahren auf Beechwood, der kleinen Privatinsel der Familie, ist nichts mehr, wie es war. Sie ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, gepeinigt von marternden Migräneanfällen, ihrer Erinnerungen beraubt. Sie weiß nicht, was damals im Sommer geschah, wie sie sich verletzte. Als Cady in diesem Sommer nach Beechwood zurückkehrt, wünscht sie sich nur, dass alles wieder normal ist. Doch sobald sie die Insel betritt, spürt sie, dass sich in der sorgfältigen Fassade ihrer Familie Risse zeigen. Niemand will ihre Fragen zu ihrem Unfall beantworten. Cady wird von verwirrenden Erinnerungsfetzen gequält. Sie ahnt, dass sie belogen wird. Aber ist es ihre Familie, die die Wahrheit vor ihr verbirgt – oder ist sie es selbst?

 

Ich habe die Bewertung von „We Were Liars“ nachträglich runtergestuft. Direkt nach der Lektüre war ich von der Intensität der Geschichte begeistert und vergab vier Sterne. Als ich später versuchte, meine Gedanken zu notieren, stellte ich fest, dass es mir schwerfiel. Jetzt, weitere Monate später, muss ich einsehen, dass dieser Thriller wenig Eindruck bei mir hinterließ und ich kein richtiges Gefühl für ihn heraufbeschwören kann. Ich empfinde… gleichgültige Leere. Dieser musste ich selbstverständlich auf den Grund gehen, denn während der Lektüre erschien mir das Buch durchaus emotional, also woher der Sinneswandel? Ich grübelte und kam zu dem Schluss, dass ich „We Were Liars“ zwar fesselnd und ergreifend fand, ihm meiner Ansicht nach jedoch ein entscheidender Bestandteil fehlt. Es mangelt am Herzstück eines jeden Young Adult – Romans: der Botschaft. Mag sein, dass andere Leser_innen das anders beurteilen, aber für mich hat das Buch keinerlei tiefere Bedeutung. Es ist einfach nur eine interessante Geschichte, nicht mehr, nicht weniger. Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass ich mich kaum mit der Ich-Erzählerin Cady identifizieren konnte. Ihre Probleme sind sehr weit von meiner eigenen Lebensrealität entfernt. Cadys Familie ist Teil des US-amerikanischen Geldadels. Sie können ihren Stammbaum bis zur Mayflower zurückverfolgen. Die Sinclairs sind reich, sie sind stolz, sie sind elitär. Sie besitzen eine verdammte Privatinsel! In diesem Mikrokosmos, diesem Königreich, herrscht Cadys Großvater uneingeschränkt als Patriarch, der seine Töchter und Enkel nach Lust und Laune manipuliert. Sie alle sind von seinem Geld abhängig, weshalb er sie mit boshafter Freude gegeneinander ausspielt. Die Parallelen zu einem Märchen sind nicht von der Hand zu weisen und beabsichtigt, denn E. Lockhart involviert in unregelmäßigen Abständen Abschnitte, in denen Cady ihre Sippe aus der Märchen-Perspektive betrachtet. Ihr Schreibstil erinnert oft an Lyrik, dessen sanfte Poetik sie nutzt, um Situationen zu beschreiben, die alles andere als märchenhaft sind. Die Sinclairs sind das Paradebeispiel einer kaputten, dysfunktionalen Familie, in der Konflikte totgeschwiegen werden und Zuneigung mit Materiellem gleichgesetzt und stets an Bedingungen geknüpft ist. In diesem angespannten Verhältnis ist Cady der Faktor, der alles durcheinanderwirbelt, weil sie sich nach ihrem Unfall nicht mehr so benimmt, wie es von einer Sinclair erwartet wird. Dennoch wird sie wie ein rohes Ei behandelt, was für Cady natürlich frustrierend ist, weil sie allein mit ihren lückenhaften Erinnerungen zurechtkommen muss. Ihre partielle Amnesie beeinflusst die Atmosphäre von „We Were Liars“ maßgeblich, deren sepiagetönte, traumähnliche Qualität erst aufbricht, als Cady ihr Gedächtnis langsam wiedererlangt. Für mich war dieser milchige Schleier ein eindeutiger Hinweis darauf, dass in der Szenerie etwas nicht stimmt. Ich ahnte, dass Cady mehr als nur die Umstände ihres Unfalls vergaß. Der Reiz der Lektüre liegt demzufolge darin, herauszufinden, was ihr verschwiegen wird. Obwohl der inhaltliche Verlauf dadurch vorhersehbar war, fand ich die Enthüllung der Wahrheit überraschend und äußerst tragisch. Schade, dass sich darin für mich kein tieferer Sinn verbarg.

 

„We Were Liars“ soll den Leser_innen keine Lektion erteilen. Das ist für mich völlig in Ordnung, doch eine erkennbare Intension hätte ich mir schon gewünscht; irgendeine Botschaft, die sich auf mein eigenes Leben anwenden lässt. Offenbar erwarte ich das von Young Adult – Literatur. Es war nett, festzustellen, dass meine Familie völlig anders funktioniert als die Sinclairs und ich bin dankbar, dass wir keine Tragödie brauchen, um den Wert familiären Zusammenhalts zu begreifen, aber da Cadys Situation daher über keinerlei Verbindung zu mir als Leserin verfügt, hakte ich das Buch sehr schnell ab. Es berührte meine Seele nicht, weil es keine Resonanz mit meiner Persönlichkeit und Identität erzeugte. Ich bin keine Sinclair und werde niemals wie Cady sein. Zum Glück, möchte ich hinzufügen. Vielleicht können andere Leser_innen mehr aus der Geschichte herausziehen. Für mich war „We Were Liars“ lediglich unterhaltsam, Punkt.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2019/04/24/e-lockhart-we-were-liars
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review 2015-05-05 17:46
Märchenhafter Cyberpunk!
Cinder - Marissa Meyer

Linh Cinder ist eine begnadete Mechanikerin in der futuristischen Stadt New Beijing, der Hauptstadt des Eastern Commonwealth, wo der amtierende Regent im Sterben liegt. Ein weiteres Opfer der seit einigen Jahren grassierenden Seuche, für die es kein Heilmittel gibt. Als Cinder von ihrer bösen Stiefmutter als Testobjekt bei der Entwicklung eines Impfstoffes verkauft wird, glaubt sie ihr Schicksal genau zu kennen. Doch alles ändert sich, als sich herausstellt, dass Cinder auf wundersame Weise immun gegen die Seuche ist und ihre wahre Herkunft rätselhafter denn je zu sein scheint.

 

The screw through Cinder’s ankle had rusted, the engraved cross marks worn to a mangled circle. Her knuckles ached from forcing the screwdriver into the joint as she struggled to loosen the screw one gritting twist after another. By the time it was extracted far enough for her to wrench free with her prosthetic steel hand, the hairline threads had been stripped clean. - Chapter One

Die besten Bücher sind wohl immer die, von denen man etwas bestimmtes erwartet und dann mit etwas völlig anderem überrascht wird. Marissa Meyers Roman Cinder (Wie Monde so silbern) ist solch ein Fall. Das Buch befasst sich mit der Geschichte von Aschenputtel aka. Cinderella und bringt eine ganze Reihe von richtig coolen Änderungen und Wendungen mit ein, die diese Nacherzählung zu einer sehr ungewöhnlichen Interpretation des Märchens machen... -> weiterlesen

Source: moyasbuchgewimmel.de/rezensionen/titel/c/cinder
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review 2014-10-20 12:39
Ein MI6 für übernatürliches? Da bin ich dabei!
The Rook - Daniel O'Malley

Myfanwy Thomas erwacht inmitten eines Parks, der Regen prasselt unbarmherzig auf sie nieder, sie hat Prellungen und Verletzungen am ganzen Körper … und keine Ahnung wer sie eigentlich ist oder weshalb ein Ring toter Menschen mit Latexhandschuhen bekleidet um sie herum liegt.

Um eine frische Amnesie reicher, findet sie in ihrer Jackentasche einen Brief von ihrem alten Ich an sich selbst, der vor allem eines rät: bring dich sofort in Sicherheit!

Dear You,
The body you are wearing used to be mine.

 

The Rook ist ein Buch das mich gleich zu Beginn überrascht hat. Eine halbe Ewigkeit lag es unbeachtet auf meiner Wunschliste herum, weil ich annahm es handle sich dabei wieder um eines dieser Jugendbücher, in denen die Protagonistin Boyfriend-Issues und romantisches Geschnulze durchlebt das einem dann als phantastisches irgendwas verkauft wird. Herrschaften, was lag ich falsch!

Der Roman bietet eine grandiose Mischung aus Akte-X, James Bond und Monthy Python. Mit ganz viel trockenem und sarkastischem Humor, mysteriöser Ausgangslage, übernatürlichen Geheimagenten und Intrigen in den eigenen Reihen, schickt Autor Daniel O’Malley die Leser auf eine abenteuerliche und sehr unterhaltsame Reise in die urbane Phantastik. Es scheint ja doch eher Tradition zu sein, dass London bzw. Großbritannien nur noch für Geschichten im viktorianischen Zeitalter mit Gaslicht-Atmosphäre herhalten darf. The Rook bricht mit diesem Schema und verfrachtet die Leser in ein modernes London, in dem das Übernatürliche längst nicht der Vergangenheit angehört.

Die Protagonistin ist insgesamt sehr ungewöhnlich. Schon ihr Erscheinungsbild ist so erfrischend normal, dass man Myfawny einfach ins Herz schließlich muss. Anfang dreißig, nicht gerade groß gewachsen, mit braunem Haar, ein paar Speckpölsterchen und einem Allerweltsgesicht - wie sie selbst feststellt, als sie sich das erste Mal im Spiegel sieht. Keine Granate, aber hübsch, so ihr objektives Fazit nach dem Check. Eigentlich ist sie zudem ein Bürohengst und kümmert sich um den ganzen administrativen Kram, während ihre Kollegen im Außeneinsatz die wirklich gefährlichen Dinge tun. Naja, das war zumindest die alte Myfanwy, die sich vor ihrer eigenen beeindruckenden Gabe gefürchtet hat und sich nicht einem unbekannten Feind in den eigenen Reihen stellen musste.

Als "Rook" ist Myfanwy Thomas eine hochrangige Spezialagentin der geheimen Checquy Gruppe. Die Checquy bestehen allein zu dem Zweck, die Öffentlichkeit vor den übernatürlichen Gefahren zu schützen und sie in glückseliger Unwissenheit über die Existenz solcher Dinge zu lassen. Bei den Checquy darf niemand etwas von Myfanwys Amnesie erfahren, andernfalls würde man sie vermutlich einfach weg sperren oder gar etwas dauerhafter "unschädlich" machen. Um dies zu verhindern hat die alte Myfawny, die durch Prophezeiungen verschiedener Personen gewarnt war und wusste, dass sie ihrer Erinnerungen beraubt werden würde, einen ganzen Koffer voller Briefe und sauber sortierter Informationen für die neue Myfanwy hinterlassen. Durch diese Briefe und Notizen findet sich nicht nur die Protagonistin unentdeckt in das Leben ihrer Vorgängerin ein, auch die Leser werden so auf unaufdringliche Art durch die Geschichte gezogen und mit Informationen versorgt. Es macht großen Spaß beide Figuren, die ja eigentlich eins sind, kennenzulernen und festzustellen, wie unterschiedlich sie in manchen Punkten sind und wie ähnlich in anderen. Sie besitzen beide die gleichen Talente und eine organisierte Denkweise. Dadurch, dass Myfanwy aber verschiedene traumatische Erlebnisse ihrer Vorgängerin fehlen, erlebt man sie viel selbstbewusster, stärker und den Ton angebend, während die Vorgängerin sehr scheu, duckmäuserisch und ängstlich war. Damit gibt einem der Autor auch etwas zum Nachdenken darüber, was eigentlich die Persönlichkeit ausmacht und formt.


Was mich sehr überrascht hat ist wie gut es Daniel O’Malley gelingt eine weibliche Heldin zu erschaffen. Oft stolpere ich in Romanen in denen Autoren Protagonisten des anderen Geschlechts beschreiben, weil es immer mal wieder Dinge gibt die einfach „knapp daneben“ wirken. Dinge bei denen ich denke „so etwas würde eine Frau so nicht sagen oder tun“ oder auch im umgekehrten Fall „so etwas würde ein Mann so nie machen“. Da kann man noch so gleichberechtigt orientiert sein, es gibt Dinge, die gehen Männer und Frauen unterschiedlich an. Bei The Rook jedenfalls ist die Protagonistin so konstant glaubhaft, dass ich zwischendurch gemutmaßt habe Daniel O’Malley müsse das Pseudonym einer Autorin sein.

Nachdem ich nun so viel über Myfanwy geredet habe, könnte man meinen die übrigen Charaktere hätten nicht viel zu bieten. Aber das wäre ein echter Trugschluss. Der Autor hat viele, unheimliche und spannende und beeindruckende Figuren erschaffen, die allesamt sehr lebendig sind. Zum Beispiel Myfanwys direkten Kollegen „Gestalt“, der (oder die) vier Körper mit einem einzigen Geist ist. Oder das machomäßige Ekelpaket, das vor Myfanwy die Büroräume bewohnt hat und giftige Substanzen durch die Haut ausscheidet. Oder aber die Grafters, die alten Feinde der Checquy, die es mit den Experimenten eines Dr. Frankenstein viel, viel weiter getrieben haben und inzwischen organische Materie nach Belieben zerlegen und zusammensetzen können. Da gibt es eine Szene mit dem Oberhaupt der Grafters … gleichermaßen abstoßend wie zum Brüllen komisch!

Fazit:
The Rook ist ein wirklich rundum gelungenes Buch das ich jedem empfehlen werde, der gerne in der urbanen Fantasy unterwegs ist, actionreiche Handlungen sucht, Geheimagenten bei der Arbeit mag und dabei, trotz zum Teil trauriger Begebenheiten die den Ernst des Lebens so ausmachen, auch mal lachen darf. Definitiv eine der besten Entdeckungen in meinem Buchregal.

Wissenswerte Nebeninfo:
Der Roman ist zwar der erste Teil einer Reihe, kann aber getrost als Einzelband gelesen werden. Die Haupthandlung wird vollständig abgeschlossen, es gibt aber genügend Ansatzmöglichkeiten für eine hoffentlich ebenso spannende Fortsetzung.

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review 2013-07-08 00:00
Amnesie: Psychothriller
Amnesie: Psychothriller - Michael Robotham Ich bin etwas geteilter Meinung. Das Buch geht sehr spannend los, flacht dann aber meiner Meinung nach erstmal ziemlich schnell ab. Zwischenzeitlich hat mich das lesen echt müde gemacht, seltsame Protagonisten sind aufgetaucht und alles hat sich wahnsinnig in die Länge gezogen und das Buch kam mir zwischendrin wirklich endlos vor. Die Story ansich war nicht schlecht, es kam auch immer wieder mal kurz Spannung auf aber richtig mitgefiebert habe ich irgendwie nicht weil die langweiligen und uninteressanten Passagen einfach zu oft und zu lange waren. Das richtig gute war das Ende oder besser gesagt die Enden. Es folgt die so heiss erwartete Aufklärung und man ist entsetzt und versteht auf einmal alles und dann, einige Seiten weiter eine neue, ganz andere Aufklärung und dann noch eine. Das fand ich irgendwie gut und konnte mich mit dem Ende so auch zufriedengeben. Aber Spannungsmomente, mitfiebern und große Gefühle des mitleidens sind hier meiner Meinung nach gänzlich auf der Strecke geblieben.
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