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review 2017-03-04 17:39
Die Schöne und das Biest und Roboter!
Ensnared - Rita Stradling

»No need for a tow truck,« Alainn yelled. With another black cloud backfiring its farewell, her piece of scrap metal turned back onto the street.
– Chapter 1


Mit Ensnared begeben wir uns in die Welt einer neuen Märchen-Neuinterpretation, diesmal anhand der Geschichte von Die Schöne und das Biest! Dabei liefert das Buch mehr als man zunächst erwartet und verlegt die Handlung in eine nicht näher definierte Zukunft, in der künstliche Intelligenzen und Roboter zum Alltag gehören. Trotzdem wirkt die Szenerie nicht zu weit entfernt und trägt einen Hauch altmodischen Steampunks mit quietschenden Schrauben und tropfenden Ölkännchen in sich.

Die Schöne in Ensnared wird hier von Alainn verkörpert, der Tochter des etwas schusselig wirkenden Erfinders. Mit ihrem Charakter warm zu werden ist mir ein wenig schwer gefallen, da sie sich zu oft als Spielball benutzen lässt, obwohl sie eigentlich nicht auf den Kopf gefallen ist. Sie macht es ein wenig wett dadurch, dass sie einen knackigen Humor hat. Sowohl Alainns Vater als auch ihr Bruder Colby gehören dagegen zur Gattung »verrückter Professor«. Sie versinken so tief in ihren Forschungen, dass sie ihre Umwelt nicht recht zu bemerken scheinen und gerade zu Beginn kaltherzig und egoistisch wirken. Die häusliche Arbeit bleibt an Alainn hängen und die Fürsorge für ihren Vater führt schließlich dazu, dass sie sich freiwillig als Ersatz für den Roboter Rose in Lorccans Turm schicken lässt. Weder Vater noch Bruder protestieren in irgendeiner Form, dass Alainn für die Fehler ihres Vaters geradestehen will.

Neben den bereits bekannten Elementen der ursprünglichen Geschichte, fügt die Autorin Ensnared immer wieder auch eine bittere Note hinzu. Sie entfernt erfreulicherweise das oft kritisierte Stockholmsyndrom von „Belle“ und erzählt stattdessen die Geschichte zweier Menschen die jeder für sich, und letztlich beide gemeinsam, in ihrer jeweiligen Vergangenheit und Gegenwart gefangen sind. Die Figuren haben alle irgendeine Form von mentaler oder körperlicher Schädigung erlitten, viele von ihnen kämpfen seit Jahren gegen ihre Traumata an. Aus meiner Sicht hat es Lorccan, das Biest, am Schlimmsten erwischt. Rose 76GF hatte er in Auftrag gegeben, um zu lernen wie man mit Menschen spricht und umgeht, denn er hat sein Leben bisher ohne echten menschlichen Kontakt, zurückgezogen in seinem Turm, geführt. Die Gründe dafür habe ich als unglaublich traurig empfunden, weil sie oft weniger dramatisch gesehen werden als andere Dinge, aber sie zeugen von einem so tiefen und prägenden Vertrauensbruch, dass ich nicht umhin konnte einen gewissen Beschützerinstinkt zu empfinden. Überhaupt gibt es in Ensnared viele innovative Ideen und Änderungen an der Vorlage, es gibt aber auch Dinge die ich als moralisch richtig falsch empfinde. Die Beziehung zwischen Lorccan und Alainn ist gleichzeitig süß und traurig, an bestimmten Entwicklungsstufen aber auch einfach nur verwerflich, was Alainns Verhalten angeht.

Ich fand es teilweise schwierig zu glauben, dass man einen Menschen für einen Roboter halten kann. Auf die Distanz betrachtet vielleicht noch möglich, aber wie im Märchen entwickelt sich auch zwischen Lorccan und Alainn im Laufe der Zeit eine ebenso emotionale wie körperliche Nähe und da hatte ich dann meine Probleme. Man mag argumentieren, dass Lorccan keine Vergleichsmöglichkeit hat, da er außer seinen Eltern, nie einem Menschen tatsächlich real gegenüber gestanden hat. Trotzdem muss man sich etwas zwingen, ab einem gewissen Grad an Intimität, beide Augen zuzudrücken. Inhaltlich ist hier auch wieder eine kleine Warnung angebracht in Hinblick auf das Lesealter: es gibt recht blumig geschilderte Sexszenen, die zwar geschmackvoll umgesetzt sind, aber eben trotzdem nicht in Kinderhände gehören.

Da ich dieses Buch in einer noch unveröffentlichten Rezensionsfassung erhalten habe, hoffe ich, dass manche Mängel bis zum Release noch ausgemerzt werden. Denn es gibt stellenweise Längen die nicht sein müssten, Erzählperspektiven von Randfiguren die keinerlei Mehrwert haben und hier und da spröde Übergänge in der Handlung oder unzureichend geklärte Fragen. Es steckt aber so viel Potential in dieser Fassung, dass es trotzdem schon jetzt eine bewegende Geschichte mit unerwarteten Wendungen ist. Außerdem jagt einem diese ganze K.I. Sache einen Schauer über den Rücken, dass man die gruselige Wirkung schon wieder bewundern muss.

Fazit: Ensnared hat in der gegenwärtigen Fassung noch ein paar Defizite, trotzdem habe ich es in zwei Tagen weginhalieren müssen. Das Szenario macht Spaß und die nach und nach herausgeschälten Wahrheiten fügen diese Prise Kummer hinzu, die eine Geschichte bittersüß machen. Wer also Märchenneuerzählungen, Roboter und künstliche Intelligenzen mag, der wird mit Ensnared nichts falsch machen können und gelegentlich auch mal einen Lacher loslassen.

Source: moyasbuchgewimmel.de/rezensionen/titel/e/ensnared
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review 2017-02-24 11:28
Gute Fee gefangen zwischen Bürokratie und Millenial-Zicken
Tread Lightly - Catherine Lane

Claire hat es nicht leicht in ihrem Job als gute Fee. Vorbei sind die einfachen Zeiten, als man ein Mädchen bloß mit dem richtigen Prinzen verkuppeln musste. Die Frauen des 21. Jahrhunderts dagegen haben allzu oft kein Interesse daran von einem Prinzen gerettet zu werden. Aber was will man machen, wenn sich die Welt zwar weitergedreht hat, der Arbeitgeber dagegen noch immer an dem eingestaubten Regelwerk von vor 600 Jahren festhält? Gelangweilt und mitunter genervt erfüllt Claire ihre Pflicht und kümmert sich um die verzogenen Biester, die lieber mit ihr diskutieren als pünktlich auf dem Fest zu erscheinen. Claires neuer Fall dagegen wirkt zunächst vielversprechend. Blöderweise ist Tamiel, Konkurrenz aus Reihen der Schutzengel, auch schon vor Ort, um sich den neuesten Schützling unter den Nagel zu reißen. Noch bevor Claire die Chance hat auf Tamiels Anwesenheit zu reagieren, taucht ein Dämon auf und das Chaos bricht aus.

Claire pointed Carothann at a cockroach darting around the fridge. It instantly straightened up into a lanky man decked out in a chauffeur’s hat and coat. Normally she would have chosen the more reliable spider in the opposite corner, but roaches were fast drivers, and Abby was getting later by the second.
– Chapter 1


Sie begegnen uns immerzu als charmante Randfiguren in Märchen: die guten Feen, die ihren Zauberstab schwingen um aus Kürbissen goldene Kutschen zu machen und aus Lumpen festliche Ballkleider. In Tread Lightly allerdings wird die gute Fee zur Hauptfigur vor der Kulisse des 21. Jahrhunderts, und das ist eine mitunter urkomische Sache. Denn der Feminismus hat das Geschäft mit den Traumprinzen ganz schon leiden lassen und statt Dankbarkeit erhalten die Feen Forderungen nach Designerkleidern und dem neuesten iPhone. Noch dazu schnappen die konkurrierenden Schutzengel den guten Feen immer öfter die Schützlinge unter der Nase weg und sorgen damit für schlechte Erfolgsquoten im Feen-Büro. Das klingt nicht nur so als ob es amüsant sein könnte, Tread Lightly ist tatsächlich mehr als einen Lacher wert!

Der Weltenbau in dieser kurzen Geschichte allerdings ist simpel. Er lebt vor allem durch Claires Wahrnehmung ihrer Umwelt und der Schilderung ihrer Arbeit. Das FGC (Fairy Godmother Council) ist der Bürokratie anheim gefallen und für jeden Schwung mit dem Zauberstab gilt es mindestens ein Formblatt auszufüllen. Das nimmt dem Leben als Fee durchaus den Spaß an der Sache und die inkompetente Chefin macht es auch nicht besser. Claire hat einst die größten Liebesgeschichten mitgeschrieben. Von Cinderella über Sleeping Beauty bis hin zu Kate Middleton, hat sie die perfekten Liebespaare zu einem glücklichen Ende geführt, doch ihr eigener Alltag ist ziemlich dröge und glanzlos geworden. Erst als sie mit Schutzengel Tamiel aneinander gerät, kommt wieder Schwung in ihr Leben.

Tamiel ist ein Engel deren Zunge ebenso scharf ist wie das brennende Schwert in ihrer Hand. Claire hat Vorurteile gegenüber dem Engel, bringt man den Feen doch in speziellen Schulungen bei, dass die GA (Guardian Angels) Gedankenkontrolle beherrschen und ihnen nicht zu trauen ist. Entsprechend vorsichtig ist Claire Tamiel gegenüber. Aufgrund der Umstände sind Engel und Fee nun aber gezwungen zusammenzuarbeiten, was vor allem Claire klarmacht, wie wenig sie eigentlich von der Welt weiß und wie blind sie den Aussagen des FGC vertraut hat. Kaum etwas ist so wie es scheint in Tread Lightly.
Im Grunde geht es hier normalerweise locker zu, das Büchlein beschäftigt sich aber auch mit blindem Vertrauen, angelernten Vorurteilen und der Überwindung solcher.

Tread Lightly ist ein flotter, humorvoller Lesestoff mit teils erotischen oder absurd witzigen, aber eindeutig Erwachsenen Szenen. Entsprechend ist diese Kurzgeschichte nicht für Kinder geeignet. Der Weltenbau kommt dabei etwas kurz, hier und da hätte die Handlung etwas mehr Ausarbeitung vertragen, und gerade gegen Ende überschlagen sich die Ereignisse. Wer aber leichte Unterhaltung und Heiterkeit sucht, statt epischer Dramaturgie, dem kann ich diese Geschichte nur ans Herz legen. Aus meiner Sicht lohnenswert.

Source: moyasbuchgewimmel.de/rezensionen/titel/t/tread-lightly
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review 2016-05-14 11:34
Rezension mit eindeutig nicht eindeutigem Empfehlungswert…
Toad Words and Other Stories - T. Kingfisher

Toad Words ist eine Sammlung von Geschichten und Gedichten, die teils auf allseits bekannten Märchen basieren und eine eher düstere Neuinterpretation abliefern.

 

 

It was all very well to go away in the night with an elfin boy with laughing eyes who taught you to fly, and promised that you’d never have to grow up, but it turned out that grown-ups had a great deal to do with meals arriving regularly and on time.
– Never

 

Die Geschichten in Toad Words wurden mitunter auf verstörende Weise neu gestrickt. Wie auch schon in The Raven And The Reindeer kommt in den Geschichten eine wenig amüsante Seite des des Frau seins zum Vorschein. So befasst sich T. Kingfisher in Toad Words mit Stalkern, Frauenmördern und Psychopathen, aber auch einer z.B. missverstandenen Meerhexe, deren Ausführungen plausible Gründe für ihr Handeln offenbaren.

Obwohl die Anthologie insgesamt durchaus lesenswert ist und auch erneut wichtige Schattenseiten aufgezeigt werden, die jedes Mädchen lieber früher als später wissen und verstehen lernen sollte, kann ich persönlich diese Erzählungen nicht positiv erleben. Zu bitter sind die allzu realen Tatsachen in diesen Geschichten, zu frustrierend ihre Anwesenheit im normalen Alltag. Andere LeserInnen erfreuen sich dabei an dem schwarzen Humor der Autorin und obwohl ich den hin und wieder zu entdecken vermag, so habe ich doch letztlich den Eindruck, dass Kingfisher und ich nicht unbedingt auf einer Wellenlänge liegen. Ich schätze ihre einzigartigen und andersartigen Ansätze, gleichzeitig frustrieren mich ihre gänzlich entzaubernden Erzählungen und Fingerzeige. Es liegt vermutlich daran, dass ich mir der angesprochenen Probleme in diesen Kurzgeschichten zu sehr bewusst bin und das nicht auch noch in meiner Freizeitlektüre brauche. Was mich außerdem irritiert, ist die frohgemute Bereitwilligkeit alter Tiere, ihr Leben für wildfremde Menschen zu opfern. Mal eben so, als wäre ein (altes) Leben ja kaum der Rede wert und der eigene Tod auch gar nicht so dramatisch. Alles ganz easy …

Wer sich mit dem Gedanken trägt einen Versuch mit dieser Autorin zu machen kann mit Toad Words natürlich nicht viel verkehrt machen. Der Preis ist erschwinglich und wenn man das Glück hat mit Kingfishers Stil zu harmonieren, dann tut man es wohl mit Haut und Haar. Wer sich da noch nicht ganz so sicher ist, kann einen Großteil der hier vorgestellten Erzählungen auch kostenlos im Blog der Autorin finden.

Ob ich nun empfehlen würde diese Anthologie zu lesen oder nicht, kann ich in diesem Fall nicht entscheiden. Es gibt vieles was großartig an Kingfishers Arbeit ist, aber zur selben Zeit ist das Großartige daran auch das enorm Frustrierende. Man sollte es gelesen haben, aber im Nachhinein betrachtet wäre es mir lieber gewesen, ich hätte es nicht getan.

Mein persönliches Fazit also: Ich bin einfach nicht für grimdark, grim & gritty – oder wie auch immer man es sonst noch nennt – gemacht. Dafür hat es davon im Alltag einfach schon zu viel und gerade als Frau gibt es eigentlich keine Möglichkeit sich davon freizumachen. Kingfisher ist daher von meiner Leseliste zukünftig gestrichen, um mich nicht auch noch in meiner Bücher-Auszeit mit Psychopathen, Frauenfeinden, Vergewaltigern und anderen haste-nich-gesehen-Arschnasen beschäftigen zu müssen, die in der Regel auch noch ungestraft davonkommen.

Zu den einzelnen Erzählungen:

1. It has come to my Attention
Ein Gedicht über eine Person die sich für das Wesen von Märchen interessiert. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen, weil es mir etwas schwer gefallen ist, hier konzentriert bei der Sache zu bleiben.

2. Toad Words
Das Märchen auf dem Toad Words basiert ist mir bisher unbekannt, daher kann ich keinen Vergleich ziehen. Erzählt wird aus der Perspektive einer Person, die beim Sprechen Frösche und Kröten spuckt, während die Schwester Juwelen ausspuckt. Beide Figuren haben ihre Schwierigkeit mit dem ihnen auferlegten Fluch, wobei die Erzählstimme wohl mehr zu leiden hat, letztlich aber ihren Frieden damit schließt und dem Fluch sogar etwas positives abgewinnen kann.

3. The Wolf and the Woodsman
Ein verdrehtes Rotkäppchen-Märchen in dem die Großmutter von einem Holzfäller gestalked und angegriffen wird. Der Wolf ist hier nicht der Böse, sondern ein pragmatischer Gehilfe.

4. Bluebird’s Wife
Dies ist wohl die Geschichte, die mir in dieser Anthologie am besten gefallen hat. Bluebird’s Frau muss sich hier mit der Erkenntnis auseinandersetzen, dass ihr liebevoll wirkender Gatte ein Serien-Frauenmörder war. Die Überlegungen der Protagonistin machen sie lebendiger als die Figuren der anderen Erzählungen, weil man recht tief in ihre Gedankenwelt eintaucht und sich fragt, wie man selbst mit einer solchen Situation umgehen würde. Auch ist die sonst eher gerade stattfindende Gewalt hier ein bloßer Rückblick auf Tatsachen, so dass die Morde an sich weniger Raum einnehmen als das Befinden der Erzählerin.

5. Loathly
Und damit zu der Geschichte, die ich am meisten verabscheue. Nicht, weil sie schlecht erzählt wäre, sondern weil mich das Geschehen einfach wütend macht. Loathly ist nichts für zarte Nerven und schon gar nichts für Missbrauchsopfer. Da blättert man lieber weiter, denn jede neue Entwicklung in dieser Geschichte ist in höchstem Maße demütigend, einengend, beraubt einen der Selbstbestimmung und ist entsprechend emotional fordernd. Atmosphärisch wirklich gut gemacht, ist Loathly inhaltlich leider einfach nur deprimierend.

6. The Sea Witch sets the Record straight
Die ist eine »Korrektur« von Disneys Arielle – Die kleine Meerjungfrau. Hierin klärt Hexe Ursula über ihren wahren Gründe dafür auf, weshalb sie sich gezwungen sah Arielle die Stimme zu nehmen. Das geschah nicht etwa aus Boshaftigkeit, sondern zum Schutz des Meervolks. Nach Loathly ist diese Erzählung deutlich leichtere und weniger deprimierende Kost, wirklich glücklich macht sie einen aber auch nicht. Kingfishers Protagonistinnen haben wirklich nicht viel zu lachen.

7. Never
Auch Peter Pan kommt in dieser Anthologie nicht weg ohne sein Fett abzukriegen. In Never erleben wir den kleinen Kinderdieb als sadistischen Psychopathen, der die Kinder in Gefangenschaft hält, bis sie ein bestimmtes Alter erreichen. Danach … tja. Adieu, grausame Welt.

8. Bait
Ein kurzes Gedicht, wohl aus der Sicht der Schneekönigin. Es bleibt nicht viel davon hängen, aber wenigstens ist es nicht so entmutigend wie die meisten anderen Geschichten in dieser Anthologie.

9. Boar & Apples
Diese Nacherzählung von Schneewittchen dürfte wohl das längste und am besten ausgearbeitete Stück der Anthologie sein. Die böse Königin ist in der Tat böse, der Spiegel allerdings auch und die Abläufe relativ tragisch bis herzlos. Schneewittchen wirkt anfangs ziemlich egozentrisch, entwickelt sich im Laufe der Ereignisse aber zu einer wesentlich sympathischeren Figur. Wenn sich Toad Wordsfür eine Geschichte alleine lohnt, dann ist es wohl diese. Wieder viele desillusionierende Dinge, aber immerhin halbwegs hoffnungsvoll im Ausgang.

10. Odd Season
Da macht der Name dem Gedicht wohl alle Ehre, ich habe einfach keine Ahnung, was mir die Autorin hier mitteilen wollte. Worum ging es noch gleich?

Source: moyasbuchgewimmel.de/rezensionen/titel/t/toad-words
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review 2016-04-28 10:19
Ein stilistisches Meisterwerk
Rooms - Lauren Oliver

Als ich 2014 las, dass Lauren Oliver einen Roman für Erwachsene veröffentlichen würde, stellte sich mir gar nicht erst die Frage, ob ich mir diesen zulegen würde. Selbstverständlich wollte ich „Rooms“ lesen. Oliver beschränkte sich bisher sehr erfolgreich auf das Young Adult – Genre. Ihren Einzug in die erwachsene Domäne wollte ich unter keinen Umständen verpassen. Ich war neugierig, wollte an ihr Talent glauben, bewahrte mir jedoch eine gesunde Skepsis. Ein Wechsel der Zielgruppe ist schließlich eine Herausforderung; außerdem sollte „Rooms“ darüber hinaus das erste Mal paranormale Elemente enthalten.

 

Coral River ist ein Geisterhaus. Erbaut aus Holz und Stein sind es in Wahrheit Erinnerungen, die es zusammenhalten. Erinnerungen an Richard Walker, der dort seine letzten Tage verbrachte, bevor er den Tod fand. Erinnerungen an Leben, die voller Kummer und Geheimnisse waren und ihre Schatten bis in die Gegenwart werfen. Coral River war nie ein Haus der Freude und als Richards entfremdete Familie – seine Exfrau Caroline und seine Kinder Minna und Trenton – nach Jahren der Trennung zurückkehrt, müssen sie sich dem Schmerz stellen, der in die Räume eingesickert ist. Doch die Walkers sind nicht allein. Alice und Sandra sind an Coral River gefesselt, sehnen sich danach, es zu verlassen. Sie leben in den Wänden und sprechen durch die Geräusche des Hauses. Denn Alice und Sandra sind Geister, dazu verdammt, niemals gehört, niemals gesehen zu werden. Und doch sind sie ein Teil der Geschichte dieser Familie; über Jahrzehnte hinweg verbunden durch Tragödien, die sich in Coral River stets zu wiederholen scheinen.

 

„Rooms“ ist eine Geistergeschichte. Das ist nicht zu leugnen, es wäre allerdings ignorant und töricht, dieses wundervolle Buch auf diesen einen Aspekt zu reduzieren. Meiner Ansicht nach ist es eine Geschichte des Ungesagten, des Verborgenen und möchte man es genau nehmen, enthält „Rooms“ nicht nur eine Geschichte, sondern viele. Jede einzelne ist für sich bereits unsagbar traurig, doch an ihren Berührungspunkten steigert sich die Tragik ins Herzzerreißende. Coral River ist ein Haus des Kummers, ein Haus, in dem Generationen der Tragödie ihren unverkennbaren Abdruck hinterließen. Es ist kein Ort, an dem man sich wohlfühlen kann, alles dort wirkt bedrückend und schmerzgetränkt. Es ist aber auch eine hervorragende Metapher, an der Lauren Oliver eindrucksvoll schildert, dass eine Familie im gleichen Haus wohnen kann, ohne jemals wirklich zusammenzuleben. Räume, die isolieren, statt einzuladen. Oliver übertrug die Struktur des Hauses auf die Struktur ihres Buches. Statt in Abschnitte ist es in Räume unterteilt, in denen man je Kapitel eine der Figuren begleitet. Die dadurch entstehende Atmosphäre erinnerte mich an ein Krimidinner, das dem Publikum erlaubt, den Akteuren überallhin zu folgen. Ich fand diese Herangehensweise spannend und originell, weil die Geschichte auf diese Weise eine einzigartige, bewegliche Dynamik entwickelt. Ich hatte wirklich das Gefühl, unbemerkt von den Charakteren durch die Zimmer zu wandeln und sie beobachten zu können; ein kleines, offenes Fenster in ihre Leben. Es ist sicher kein Zufall, dass ich folglich eine Position einnahm, die die Rolle der beiden Geister Alice und Sandra spiegelte. Sie sind ebenfalls Beobachterinnen, zur Untätigkeit verurteilt, während sich die einzelnen Dramen der Walkers vor ihnen entfalten. Oliver gesteht ihnen eine Sonderstellung zu, hebt sie stilistisch ab, indem sie die Kapitel der beiden verstorbenen Frauen aus der Ich-Perspektive schrieb, für die Kapitel der Walkers jedoch die personale Erzählweise wählte. Meiner Meinung nach fiel diese Entscheidung, um die Bindung der Leser_innen bewusst zu steuern. Ich sollte mich Alice und Sandra näher fühlen als Caroline, Minna und Trenton. Ich sollte mich in ihre Lage versetzen; verstehen, wie sie die Familie, mit der sie ein Haus teilen, sehen und von dem Blickwinkel von außen profitieren, um die Beziehungen der einzelnen Mitglieder zueinander zu begreifen. Für mich funktionierte diese spezielle Strategie tadellos. Ich erreichte eine Verständnisebene, die mir bei größerer Nähe verwehrt geblieben wäre. Ich konnte deutlich sehen, dass alle Fäden in der Familie den gleichen Knotenpunkt besitzen: Richard Walker. Der Patriarch trug großen Anteil daran, dass die Walkers auseinanderdrifteten, doch er ist auch der gemeinsame Nenner, der sie wieder zusammenbringt. Seine Enttäuschungen und Verletzungen verbinden sie. Ihr Schmerz verbindet sie und lässt sie Wahrheiten offenbaren, die sie jahrzehntelang in sich begruben und sogar vor sich selbst versteckten. Trotz seines Todes ist er eine feste Präsenz in der Geschichte und macht seiner Familie ein letztes, unbezahlbares Geschenk: er schenkt ihnen Hoffnung und den zarten Willen, die Gräben zwischen ihnen zu überwinden.

 

Lauren Oliver hat den Wechsel ihrer Zielgruppe spielend bewältigt. Sie kann definitiv für Erwachsene schreiben. „Rooms“ ist meiner Empfindung nach ein stilistisches Meisterwerk, das psychologisch dicht und glaubhaft zeigt, dass eine Familie an allzu vielen Geheimnissen zerbrechen kann, es jedoch nie zu spät ist, die Vergangenheit ruhen zu lassen und einen Neuanfang zu wagen. Ihr ruhiger, unaufgeregter Schreibstil passt vortrefflich zu den zahllosen Dramen, die sich in Coral River abspielen. Die Entscheidung, eine Geistergeschichte zu schreiben, erscheint mir nach dem Lesen vollkommen naheliegend, denn Oliver arbeitete das paranormale Element überzeugend und natürlich als Rückgrat ein.
Ich finde „Rooms“ absolut empfehlenswert, denn es ist nicht nur ein stilistisches Highlight, es ist auch berührend und entwickelt eine beeindruckende emotionale Sogwirkung. Reist nach Coral River, lernt die Walkers und ihre geisterhaften Mitbewohnerinnen kennen und seht, dass auch die schwärzeste und schmerzhafteste Tragödie die Liebe einer Familie nicht auslöschen kann.

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review 2015-08-11 12:13
Humorvoll, märchenhaft, großartig!
Uprooted - Naomi Novik

Agnieszka liebt das einfache Leben in ihrem Dorf, doch es wird überschattet von einem düsteren verwunschenen Wald, in dem eine Boshaftigkeit existiert die nach den Menschen greift. Die Dorfbewohner sind auf die Hilfe des Zauberers angewiesen, den alle nur als den Drachen kennen. Doch der Preis für seine Hilfe ist hoch: alle zehn Jahre fordert er ein Mädchen aus dem Dorf als Tribut. Die nächste Auswahl steht kurz bevor und Agnieszka fürchtet sich um ihre beste Freundin. Niemand weiß genau nach welchen Kriterien der Drache seine Wahl trifft, doch jeder weiß, dass der Drache kommen und die schöne Kasia auswählen wird. Es gibt keinen Weg sie vor ihrem Schicksal zu bewahren, nur dass es am Ende nicht Kasias Schicksal ist.

 

»What an unequaled gift for disaster you have.«
- Two

 

Meine Liebe zu Uprooted begann mit einem Cover-Kauf und kam entsprechend unerwartet. Mit einer von Beginn an ruhigen aber fesselnden Erzählstimme und liebenswerten Figuren entführt Autorin Naomi Novik ihre Leser in eine düster-schaurige Märchenwelt, in der Blut fließt und Köpfe rollen. Wer also bei dem Wort »Märchen« an ein Kinderbuch dachte der irrt zwar, doch die Autorin schafft es dafür erwachsene Leser in eine zauberhafte und magische Welt zurückzuführen, die einem als Erwachsenem manchmal verloren scheint.

Uprooted nimmt einen schon auf den ersten Seiten gefangen und lässt einen kaum mehr los. Man muss sich sehr zusammenreißen, um nicht die Nacht durchzumachen, weil man dringend noch dieses eine Kapitel zu Ende lesen will. Die Autorin hat für ihre Geschichte auf Figuren aus dem polnischen Volksglauben zurückgegriffen und einige ihrer liebsten Figuren daraus erhalten einen kleinen Cameo-Auftritt in dem Roman. Vielleicht hat hier schon einmal jemand von Baba Jaga gehört?
Davon einmal abgesehen ist Uprooted aber keine Märchennacherzählung die für erwachsene Leser angepasst wurde, sondern ein ganz eigenständiges Werk. Es gibt neben schonungslosem Kriegsgemetzel zudem ca. 1,5 Sexszenen in diesem Roman, die weder kitschig noch lächerlich ausgefallen sind, sondern im Gegensatz sehr erwachsen und sinnlich geschildert werden. Allein diese Szenen sollten aber schon dafür sorgen, dass man das Buch keinem Kind in die Hand gibt. ;)

Die Figuren in Uprooted wissen wie die Geschichte selbst, einen auf Trab zu halten! Nicht etwa wegen actionreicher Szenen, von denen es durchaus einige gibt, sondern weil sie einfach mit schrulligen, liebenswerten und hassenswerten Facetten versehen wurden. Fangen wir bei Agnieszka an, die so herrlich chaotisch ist, dass man kaum genug von ihren zahlreichen Fehltritten bekommt. Wenn es etwas gibt, dass Agnieszka kann, dann ist es Unordnung und allgemein Chaos zu verursachen. Nicht, dass sie es mit Absicht täte, es scheint eher ein zweifelhaftes Talent zu sein. Als sich der Drache plötzlich mit ihr allein im Turm herumschlagen muss, kann er einem schon fast leid tun, denn Agnieszka bringt sein ordentliches und schön strukturiertes Leben gut durcheinander. Da hilft auch keine noch so abweisende harte Schale. Die beiden sind wie Feuer und Wasser, was für einen höllischen Spaß sorgt. Dabei kommt der Humor überraschend in die Geschichte und in wohl portionierten Dosen. Agnieszka folgt meist intuitiven Impulsen und improvisiert was da Zeug hält. Sie ist eine gänzlich unperfekte Heldin die erst in ihre Rolle hineinwachsen muss, was ihre Figur umso unterhaltsamer macht.
Im Gegensatz dazu ist der Drache ein Mann, dessen Absichten zunächst unklar bleiben. Er kommt zwar alle zehn Jahre ins Dorf um eines der Mädchen mitzunehmen, scheint davon aber überhaupt nicht begeistert zu sein und man gewinnt schnell den Eindruck es sei eine lästige Pflicht. Er holt sie auch nicht zu seinem persönlichen Vergnügen, wie man schon in den ersten Sätzen lernt, so dass man neugierig Seite um Seite umblättert, um endlich hinter sein Geheimnis zu gelangen.
Er ist eine spannende Figur, die man mal lieben und mal ohrfeigen möchte. Gute 100 Jahre in der Abgeschiedenheit seines Turms haben ihn etwas wunderlich und zu praktisch werden lassen. Deswegen ist man geneigt ihm manch ruppige Bemerkung zu verzeihen. Es gibt aber auch Momente da hilft es nur zu sagen »was für ein Arsch!«. Er umgibt sich gerne mit schönen und glanzvollen Dingen, ist stets gut gekleidet und jedes Haar sitzt wo es sein soll. Das Essen ist perfekt, die Ordnung ist perfekt, die Aussprache seiner Zaubersprüche sind perfekt. Und dann kommt Agnieszka und bringt das Chaos direkt in seinen Turm. Ihre Streitereien sind herrlich mitzuerleben und nach einer Weile wird einem der grantige Zauberer dann richtig sympathisch.
Spannend ist außerdem an ihm, dass er zwar weiiiiit älter als Agnieszka ist, durch die Isolation oder vielleicht auch durch das Alter selbst, ist er aber irgendwie auf einem ähnlich unbeholfenen Level hängen geblieben, zumindest was seine sozialen Fähigkeiten angehen. Das hebt die beiden auf ein ähnliches Level, so dass man bei ihrer weiteren Entwicklung selten das Gefühl hat hier wäre etwas seltsam oder gar verwerflich.

Selbst die weiteren Nebenfiguren sind vielschichtig und nicht immer rein gut oder böse wie man zuerst glauben mag. Am Ende entscheidet sich natürlich jede Figur mehr das eine oder das andere zu sein, aber sie sind nicht eindeutig durchschaubar und spielen mit der Urteilsfindung des Lesers. Man hat sogar das Gefühl der Wald selbst sei eine lebendige Figur, was seine Boshaftigkeit und seine Präsenz in diesem Roman umso stärker macht.
Es geht in Uprooted auch um Freundschaften und Opfer die man bringen muss. Das Verhältnis zwischen Kasia – die im übrigen auch eine tolle Figur ist, aber das darf man hier zur Vermeidung von Spoilern leider nicht näher erklären – und Agnieszka ist ein wunderbares Beispiel dafür. Den Bechdel-Test besteht Uprooted entsprechend ganz locker nebenbei.

Uprooted bietet einen handwerklich wundervollen Umgang mit der Sprache, der es schafft eine altbekannte Formel in ein kunstvolles neues Kleid zu verwandeln. Es wäre wünschenswert, dass es mehr solcher erwachsenen Märchen gäbe, die ihren nostalgischen Zauber bewahren können. Ein spannender, liebevoller, grausamer und versöhnlicher Roman, indem Gut und Böse immer auch einen Funken des anderen in sich tragen. Uprooted hat jeden seiner 5 Sterne redlich verdient und wandert ohne Umwege auf meine Bestenliste für dieses Jahr.

Source: moyasbuchgewimmel.de/rezensionen/titel/u/uprooted
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