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review 2017-07-26 13:17
Das grandiose, runde Finale eines politischen Idealisten

„Hass“ ist der letzte Band der „Opcop“-Reihe von Arne Dahl. Das ist zwar schade, allerdings finde ich es erfrischend, dass eine Reihe mal keine zweistellige Anzahl von Bänden erreicht. Außerdem ist Dahls neustes Projekt bereits verfügbar: „Sieben Minus Eins“ ist sein erster klassischer Ermittler-Thriller und der Auftakt der Reihe „Berger & Blom“. Ich bin ein bisschen skeptisch, weil dieser angeblich komplett ohne politische Einflüsse auskommt, werde dieses Experiment aber vermutlich trotzdem wagen, denn ich bin neugierig und möchte mich nicht von Dahl verabschieden. Schlimm genug, dass ich nun der Opcop-Gruppe Lebewohl sagen musste.

 

Am Grab von Donatella Bruno leisten Paul Hjelm und die Opcop-Gruppe einen Schwur: sie schwören, Donatellas Mörder zur Rechenschaft zu ziehen und Fabio Tebaldi und Lavinia Potorac zu retten. Zurück in Den Haag stürzen sie sich in die Arbeit und sichten das Material, das Donatella über die ‘Ndrangheta zusammentrug. Unglücklicherweise finden sich in den Unterlagen keinerlei konkrete Hinweise, weder zu Donatellas Verdacht, dass nicht die Mafia Tebaldi und Potorac entführte, noch zu ihrem mysteriösen Informanten. Die Ermittlung steckt in einer Sackgasse. Als Opcop zusätzlich mit einem neuen Fall betraut wird, entscheidet Paul Hjelm schweren Herzens, ihre Kräfte zu splitten. Ein schwedisches Biotech-Labor wurde Opfer eines Cyberangriffs. Die Spur der Industriespionage führt nach China – und zu einem alten Bekannten der Operativeinheit. Skrupellose, höchst unethische, gefährliche Experimente mit menschlicher DNA zwingen die Teams, sich auf der ganzen Welt zu verteilen und parallel zu arbeiten. Aber sie werden nicht aufgeben. Sie werden ihre verlorenen Mitglieder finden und rächen. Denn dieses Mal ist es persönlich.

 

Bisher haben alle Bände der „Opcop“-Reihe vier Sterne von mir erhalten. „Hass“ schafft es aus einem ganz bestimmten Grund auf eine Spitzenbewertung von fünf Sternen. Noch nie – und ich meine wirklich noch nie – hat mich ein Thriller zu Tränen gerührt. Ich hätte am Ende tatsächlich fast geheult, weil ich so ergriffen war. Falls einige von euch glauben, politische Thriller wären grundsätzlich kühl, trocken und emotional distanziert, sollte euch diese Erfahrung das Gegenteil beweisen. Ich habe alle Mitglieder von Opcop ausnahmslos ins Herz geschlossen. In den Rezensionen zu den vorangegangenen Bänden „Gier“, „Zorn“ und „Neid“ habe ich vielleicht nicht ausreichend betont, wie stark meine Bindung an die Charaktere ist, weil ich mich von meiner Schwärmerei über Arne Dahls herausragendes politisch-wirtschaftliches Verständnis ablenken ließ. Das muss ich offenbar nachholen. Arne Dahl ist nicht nur der Meister der Recherche und des politischen Thrillers allgemein, er versteht es unnachahmlich, seine komplizierten, anspruchsvollen Kriminalfälle mittels sympathischer, lebendiger Figuren und geschickter, ungezwungener Perspektivwechsel zu transportieren. Auf diese Weise gelingt es ihm, die internationalen Ermittlungen in „Hass“ als stimmiges, klares Gesamtbild darzustellen, das ich ohne Schwierigkeiten nachvollziehen konnte, obwohl der Fall – wenn überhaupt möglich – noch verzwickter und komplexer ist als die Fälle der Vorgänger. Dahl greift Handlungsfäden auf, die ich für längst abgeschlossen hielt und überraschte mich mit umfangreichen Informationen über die Geschichte, Funktionsweise und Hierarchie der kalabrischen Mafia ‘Ndrangheta. Er wagt sich über die Grenzen Europas hinaus und schickt die Opcop-Teams nach Amerika und China, versäumt es jedoch nicht, die Schönheit der europäischen Länder deutlich herauszuarbeiten. „Hass“ inspiriert Fernweh, eine Sehnsucht, den landschaftlichen Liebreiz Europas zu erkunden. Ich hatte den Eindruck, dass Dahl diese Ebene seines Romans sehr wichtig war, als wollte er betonen, dass Europa wundervoll ist, obwohl kriminelle Organisationen es als Spielwiese für ihre Zwecke missbrauchen. Außerdem denke ich, dass er im Finale der „Opcop“-Reihe unmissverständlich klarstellt, dass er an die Idee eines geeinten Europa glaubt. Zwischen den Zeilen positioniert er sich pro-Europa und zeigt sich als politischer Idealist, der das (ungenutzte) Potential der Europäischen Union erfasst. Ich fühle mich ihm diesbezüglich sehr verbunden, weil es mir ganz genauso ergeht. Die EU könnte so viel erreichen, wäre sie nicht von Egoismus, Neid und Gier geprägt. Zusätzlich hat sie ein ernsthaftes Image-Problem. Ich bin fest überzeugt, bereits jetzt leisten einige Politiker_innen dort hervorragende, beachtliche Arbeit, doch in die Nachrichten schaffen es lediglich Meldungen über Gurken und Glühbirnen. Es ist unfassbar tragisch, dass dadurch viele Menschen annehmen, diese zugegebenermaßen überflüssig erscheinenden Richtlinien wären alles, was die EU leisten könnte und würde. Ich bin froh, dass Arne Dahl ein anderes Bild vermittelt, das der Realität vermutlich näherkommt als die Berichterstattung der Medien.

 

„Hass“ ist ein grandioses, rundes Finale. Es lässt keine Wünsche offen und wird der vierteiligen „Opcop“-Reihe mehr als gerecht. Arne Dahl schenkt seinen Figuren genau den Abschluss, den sie sich mit harter Arbeit und großen persönlichen Opfern verdienten. Ich bin traurig, mich von ihnen verabschieden zu müssen, sehe aber ein, dass der Reihe ein Ende zustand.
Ich weiß nicht, ob es im Geheimen tatsächlich eine internationale operative Einheit gibt, die Europol untersteht und Verbrechen aufklärt, die an Heimtücke, Boshaftigkeit und Habgier kaum zu übertreffen sind, ohne jemals die Anerkennung der Menschen zu erhalten, die sie schützen. Ich hoffe es sehr, denn der Gedanke an eine Gruppe moderner, sehr realer Held_innen lässt mich besser schlafen. Unsere Welt ist schlecht, doch wenn Menschen wie die Opcop-Mitglieder versuchen, sie jeden Tag ein bisschen besser zu machen, habe ich noch Hoffnung. Danke Arne Dahl, dass Sie mir Hoffnung gaben und meinen Glauben an Europa bestärkten.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/07/26/arne-dahl-hass
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review 2017-07-25 11:07
Ein ganzes Universum des Verbrechens
Neid: Thriller (Opcop-Gruppe, Band 3) - Arne Dahl

Der schwedische Autor Arne Dahl heißt eigentlich Jan Lennert Arnald. Ich vermute, dass er ein weiches Pseudonym nutzt, weil er seine schriftstellerische Tätigkeit von seiner Arbeit als Literaturwissenschaftler für die Schwedische Akademie, die jährlich den Nobelpreis für Literatur vergibt, trennen will. Aktuell gehört Arnald nicht zum Nobelkomitee und ich konnte leider nicht herausfinden, ob er in der Vergangenheit mit der Auswahl der Preisträger betraut war, aber die Vorstellung ist schon ziemlich cool.
Sein Pseudonym Arne Dahl, das meiner Ansicht nach übrigens wesentlich einprägsamer ist als Jan Lennert Arnald, kenne ich als Autor der politischen Thriller-Reihe „Opcop“, auf die mich mein Vater 2015 aufmerksam machte. Vom dritten Band „Neid“ erwartete ich erneut eine spannende, extrem intelligente Handlung voller politischer Implikationen.

 

Einem dänischen Wissenschaftler wird in Stockholm auf offener Straße die Kehle durchgeschnitten. Der Mord gleicht einer Hinrichtung, brutal, provokant und inszeniert. Der wichtigste Zeuge floh unbemerkt vom Tatort: ein rumänischer Bettler, der das Smartphone des Toten an sich nahm und jetzt im Besitz hochsensibler Daten ist, die ihn ebenfalls das Leben kosten könnten. Leider will der europäischen Operativeinheit Opcop niemand verraten, an welchem geheimen, brisanten Projekt der Wissenschaftler zuletzt arbeitete. Der verschwundene Rumäne ist ihre beste Spur, da Opcop bereits mit Hochdruck gegen die Bettlermafia und den europäischen Menschenhandel ermittelt.
Währenddessen wird die französische EU-Parlamentarierin Marianne Baillard mit kompromittierenden Fotos erpresst und bedroht. Sie plant, einen Gesetzesentwurf auf den Weg zu bringen, der ganz Europa verändern würde. Wer würde über Leichen gehen, um sie aufzuhalten?
Irgendwie sind beide Fälle miteinander verbunden. Nun liegt es bei der Opcop-Gruppe, herauszufinden, welche Parallelen bestehen, bevor weitere Menschen sterben.

 

Ich lese politische Thriller sehr gerne, insgesamt aber eher selten, weil die behandelten Themen meist viel Aufmerksamkeit erfordern und recht bedrückend sind. Wenn ich dann schon in der Stimmung bin und zu einem Buch dieser Sparte greife, sollte es mindestens so gut sein wie „Neid“ von Arne Dahl. Sein politisch-wirtschaftliches Verständnis ist unerreicht. Seine Kenntnis krimineller Machenschaften auf internationaler Ebene ist beeindruckend und beunruhigend. Er versäumt nie, mir das wahre Wesen der Welt vor Augen zu führen und mich die Prozesse hinter den Kulissen der realen, globalen Politik zu lehren. Ich bewundere ihn zutiefst, weil seine Romane stets in der Wirklichkeit verankert sind. Namen wie Viktor Orbán, Geert Wilders und Nicolas Sarkozy sind aus den Nachrichten bekannt. „Neid“ bietet meinem Empfinden nach weniger handfeste Action als die Vorgänger „Gier“ und „Zorn“, ist jedoch nicht minder spannend. Der beschriebene Fall ist äußerst verschachtelt; ich musste mir die verschiedenen Komponenten mental wiederholt vorbeten, um zu verstehen, wie alles zusammenhängt. Die komplexe Kombination unterschiedlicher Themen öffnet ein ganzes Universum des Verbrechens, das bei der Diskriminierung und Vertreibung der Roma beginnt, Menschenrechtsverletzungen wie Menschenhandel als Lappalie betrachtet und es sich schlussendlich im komplizierten Feld der Umweltpolitik bequem macht. Die geballte kriminelle Energie, die dieser Thriller darstellt, die Bereitschaft, Menschen schlimmstenfalls wie Vieh, bestenfalls wie Schachfiguren zu behandeln, überzeugte mich erneut davon, dass ich in der Politik niemals bestehen könnte. Zu wissen, wie schlecht unsere Welt ist und nur sehr wenig dagegen unternehmen zu können, würde mich enttäuschen, desillusionieren, zerstören. Meine Güte, es gibt da draußen Menschen, die dafür bezahlt werden, rechts-konservative Parteien dahingehend zu beraten, wie sie rechtsradikale Wähler_innen erreichen und für sich gewinnen können. Natürlich sollte mich das nicht überraschen, aber ich komme einfach nicht darüber hinweg. Es ist schockierend widerwärtig. Ich könnte so nicht leben. Ich könnte nicht leben wie Marianne Baillard, die bis zur totalen Erschöpfung gegen die Schattenspieler, die die EU klammheimlich übernommen haben, kämpft und doch nur minimale Unterstützung erhält. Sie tut das Richtige und wie wird es ihr gedankt? Mit Erpressung und Drohungen. In „Neid“ ist die Französin die bescheidene Heldin neben der Opcop-Gruppe, deren Mitglieder ohnehin einmalig und ehrfurchtgebietend klug sind. Durch sie vermittelt Arne Dahl ein scharfsinniges Bild der EU. Aus ihren Worten, die mich tief berührten, hörte ich die Stimme des Autors heraus, der mit schmerzhafter Klarheit erfasst, was die EU heutzutage ist und wie sie eigentlich sein sollte. Wie konnte aus einem Friedensprojekt für ein besseres, grenzübergreifendes Miteinander ein Sklavenschiff der Wirtschaft werden?

 

Falls ihr euch in die Gefilde politischer Thriller wagen möchtet, kann ich euch nur wärmstens empfehlen, es mit Arne Dahls „Opcop“-Reihe zu versuchen. Greift nicht zu Fitzek. Dahl ist meiner Meinung nach einfach besser. Er erforscht die Schattenseiten der Gesellschaft, ohne zu verwirren, sich in seinen eigenen Handlungsfäden zu verheddern oder allzu viel Wissen vorauszusetzen, leistet fundierte, solide Recherchearbeit, integriert zahlreiche, individuelle, sympathische Figuren, an denen sich die Leser_innen orientieren können und konzipiert darüber hinaus nervenaufreibende Spannungsbögen, die an die Seiten fesseln. Er liefert das berühmte Gesamtpaket. Mich stimulierte „Neid“ wieder einmal intensiv; ich habe über viele Punkte gegrübelt und kam letztendlich zu einem Ergebnis: solange es Menschen wie Arne Dahl gibt, die die Schlechtigkeit unserer Welt erkennen und mutig darüber schreiben, ist der Traum eines vereinten, gerechten, friedlichen Europa noch nicht ausgeträumt.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/07/25/arne-dahl-neid
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review 2015-01-10 07:44
Hochgradig politisch, klug und komplex
Gier - Arne Dahl

Dass ich „Gier“ und „Zorn“ von Arne Dahl lesen wollte, war eine Spontanentscheidung. Ich unterhielt mich mit meinem Vater über seine Leseziele für das Jahr 2015 und er erwähnte, dass er fest vorhabe, den dritten Teil der Opcop – Reihe „Neid“ zu besorgen und zu lesen. Ich wusste natürlich schon lange, dass er ein Fan von Arne Dahl ist, die Buchrücken sind im Regal schwer zu übersehen. Aber ich habe mich nie näher dafür interessiert. Nach all den YA – Dystopien, die ich Ende 2014 gelesen habe, hatte ich jedoch das Gefühl, mal wieder ein Buch für Erwachsene lesen zu müssen. Also stellte ich ihm die entscheidende Frage: „Papa, worum geht es da eigentlich?“

 

In „Gier“ lernen die LeserInnen die frisch einberufene, streng geheime operative Einheit der europäischen Polizeibehörde Europol kennen. Die Gruppe höchst fähiger PolizistInnen aus ganz Europa ist ein Experiment, um auszuloten, inwieweit aktive grenzübergreifende Polizeiarbeit möglich ist. Schnell ergibt sich ihr erster Fall: während die Mächtigen der Welt auf dem G20-Gipfel in London darüber beraten, welchen Banken erhebliche Geldmittel zugesprochen werden, stirbt direkt vor der Tür ein junger Chinese bei einem seltsamen und schrecklichen Unfall. Noch mit seinem letzten Atemzug flüstert er mysteriöse Worte, die ausgerechnet Arto Söderstedt hört, der der Opcop-Gruppe angehört. Ein paar Tage später wird in einem Londoner Waldstück die bestialisch zugerichtete Leiche einer Amerikanerin gefunden. Gibt es eine Verbindung zwischen den beiden Toten? Opcop ermittelt und Stück für Stück tritt ein kriminelles Netzwerk zu Tage, das mehr als nur ein wenig furchteinflößend ist…

 

„Gier“ ist hochgradig politisch, klug und komplex. Der Fall ist so verschachtelt und unberechenbar, dass ich nie wusste, was als nächstes passieren wird. Ich liebte diese Ungewissheit, weil ich mich trotzdem nie ausgeschlossen fühlte. Ich habe aktiv mitgerätselt, konnte all die Hinweise aber nicht zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügen – ich musste mich auf das Ermittlerteam verlassen. Obwohl dieses aus 11 verschiedenen PolizistInnen besteht und außerdem eine Reihe lokaler Kontaktmänner und –frauen umfasst, hatte ich keinerlei Probleme, sie auseinander zu halten. Das lag daran, dass sie meines Erachtens nach alle eine individuelle Persönlichkeit besitzen. Natürlich ist es nicht möglich, so viele Personen auf 500 Seiten bis ins kleinste Detail kennenzulernen, aber das habe ich auch nicht erwartet. Es war völlig ausreichend, dass ich von jedem und jeder sofort ein bestimmtes Bild vor Augen hatte. Arne Dahl hat großartige Arbeit geleistet; nicht nur stellt er sie alle vor und präsentiert ihre Stärken und Schwächen, er macht auch elegant deutlich, inwiefern sie sich ergänzen. Dadurch ergab sich für mich zusätzlich schnell ein Eindruck der gesamten Einheit, ihres Charakters und der Art und Weise, wie ihre Mitglieder mit einander umgehen und arbeiten.
Ich bin überzeugt, ohne diese Vielzahl an Figuren hätte „Gier“ darüber hinaus nicht funktioniert. Ich denke, Arne Dahl brauchte so viele Charaktere, weil er die Handlung seines Thrillers sonst nicht hätte aufbauen können. Auch ihre unterschiedliche Herkunft spielt nicht nur auf der persönlichen Ebene eine große Rolle, sondern ist auch in Bezug auf die gesamte Einheit wichtig, weil sie dezent immer in ihre Arbeit einfließt.
Die Triebfeder all der Verbrechen, die in Arne Dahls Roman begangen werden, ist gleichzeitig dessen Namensgeber: Gier. Das globale Geflecht aus egoistischen, profitorientierten, skrupellosen Straftaten kennt keine Tabus und erfindet sich stetig neu. Es weiß alle möglichen Umstände zum eigenen Vorteil zu nutzen. Dabei ist es so dicht und engmaschig, dass es schwer ist, überhaupt noch zu definieren, wer keinen Dreck am Stecken hat. Ich fand diesen Blick auf unsere Welt und Gesellschaft sowohl realistisch als auch beängstigend. Ich kam nicht umhin, mich zu fragen: haben wir gegen diese geballte Habgier überhaupt noch eine Chance? Kann unsere Welt je besser sein, solange Geld sie regiert? Natürlich macht es Hoffnung, dass es da draußen Menschen wie die Opcop-Gruppe gibt, dennoch fiel es mir schwer, nicht eine gewisse Entmutigung zu empfinden. Es sind einfach so viele Menschen zu furchtbaren Handlungen bereit, um mit ein paar Scheinen mehr nach Hause gehen zu können. Dementsprechend fand ich das Ende des Thrillers zwar hundertprozentig überzeugend, es hinterließ allerdings auch einen bitteren Beigeschmack, den Arne Dahl vermutlich beabsichtigte.

 

„Gier“ ist ein beeindruckender politischer Thriller. Ich kann die Begeisterung meines Vaters nun völlig nachvollziehen und schließe mich ihm an: Arne Dahl ist ein hervorragender Autor. Ich war überrascht, dass sich der Roman so leicht und flüssig las und weniger politisches Allgemeinwissen voraussetzt, als ich angenommen hatte. Unvermeidlich ist es jedoch, ein Grundverständnis globaler wirtschaftlicher Vorgänge und Systeme zu haben. Daher glaube ich, dass dieses Buch nicht für alle LeserInnen etwas ist. Wer sich noch nie für das Thema Finanzkrise (Stichwort Lehmann Brothers) interessiert hat, wird kaum Freude daran haben. Es ist anspruchsvoll; Arne Dahl erwartet ein Publikum, das mit all seinen Anspielungen, Andeutungen und Bezügen zur Realität etwas anfangen kann. Wer jedoch ab und zu eine Zeitung aufschlägt und die Wirtschaftsnachrichten nicht überblättert, kann bedenkenlos mit der geheimen operativen Europol-Einheit auf Verbrecherjagd gehen.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2015/01/10/arne-dahl-gier
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review 2014-09-28 11:54
Rezension: Neid
Neid: Thriller (Opcop-Gruppe, Band 3) - Arne Dahl

Titel:  Neid (Blindbock)

AutorIn:  Arne Dahl

Verlag:  Piper

Format: Broschiert

Seiten: 512

Erschienen: 17. 02. 2014

Genre: Krimi / Thriller

 

 

 

 

 

 

Arne Dahl

© Sara Arnald

Hinter dem Pseudonym Arne Dahl versteckt sich der schwedische Romanauor Jan Arnald, Jahrgang 1963.

Während sein Roman "Maria und Arthur", den er unter seinen richtigen Namen veröffentlichte, international weniger Aufmerksamkeit erregte, feierte er mit seinen Thrillern, die er unter dem Pseudonym veröffentlichte, großartige Erfolge.

 

Vor allem in den letzten Jahren gelang ihm mit den Kriminalromanen um den Ermittler Paul Hjelm und den Sonderermittler der A-Gruppe eine Reihe von Bestsellern.

 

 

 

Den ersten Fall löst Paul Hjelm in "Misterioso", danach folgten  "Böses Blut", "Falsche Opfer", "Tiefer Schmerz", "Rosenrot", "Ungeschoren" und "Totenmesse". In "Dunkelziffer" ermitteln  Kerstin Holm und Paul Hjelm bereits zum achten Mal zusammen. Die Verfilmung der Kriminalserie um die Sonderermittler der A-Gruppe ist in Vorbereitung.

 

 

Im Jahre 2012 startete er mit "Gier" ein neues Thriller-Quartett, dessen Folgebände "Zorn" und "Neid" ebenfalls Bestseller wurden und in denen Paul Hjelm und Kerstin Holm ebenfalls wieder ermitteln - jedoch mit Unterstützung  von Ermittler/innen aus ganz Europa...

 

 

Die Hitze des Sommers lähmt ganz Europa. Und während das Opcop-Team die Hintermänner eines internationalen Menschenhandelsrings observiert, begegnet Paul Hjelm bei einem Galadiner der attraktiven Französin Marianne Barrière. Sie bittet ihn um Hilfe in einem blutigen Kriminalfall von europäischer Tragweite: Einem Professor wird auf offener Straße die Kehle durchgeschnitten, und ein blinder Bettler flieht mit den sensiblen Daten, die sich auf dem Smartphone des Professors befinden. Paul Hjelm sieht keine andere Möglichkeit, als all seine Prinzipien über Bord zu werfen. Und deshalb kann ihm nur sein alter Freund Gunnar Nyberg, der sich längst auf eine griechische Insel zurückgezogen hat, bei seinem Plan behilflich sein ..

 

 

 

Mit "Neid" ist Arne Dahl der ganz große Wurf gelungen: Ein politik-kritischer Thriller, der nicht nur umfassend recherchiert, sondern auch ungewöhnlich viel Tiefgang bietet. Es ist kein typischer "Wer war es" - Roman, das waren Arne Dahl's Romane eh noch nie, dennoch ist dem gesamten Kriminalroman anzumerken, das Arne Dahl sich bemüht, aufzuzeigen, wie sehr die Politik (in dem Falle die Umweltpolitik) von Geld, Korruption und den großen Konzernen abhängig und unterwandert ist, nur  um den Erfolg eines hocheffizientes Elektro-Auto auf dem weltweiten Fahrzeugmarkt zu verhindern.Großartig zu lesen!

 

Ein weiteres großes Thema von "Neid" ist nicht weniger brisant: Organisationen, die mafiagleich agieren und Menschen zum Betteln in sämtliche Großstädte Europas schicken. Grade jetzt, wo das Gesetz auch bei ins in Deutschland beschlossen ist, das ab sofort härter gegen Bettlerbanden in Großstädten vorgegangen werden soll und extrem hohe Bußgelder angesetzt werden, bietet "Neid" einen guten Blick hinter die "Kulissen" solcher Organistionen.

 

Paul Hjelm und die Opcop-Group ermitteln in "Neid" zusammen bereits das dritte Mal, und man darf getrost behaupten, das "Neid" der bisher "dunkelste" Fall für Paul Hjelm ist. Gewissensbisse, Antrieb den Fall zu lösen - koste es, was es wolle - Paul Hjelm geht an seine Grenzen, und der Leser geht mit ihm mit!

 

Arne Dahl hat einen einzigartigen Schreibstil, der zwar für den ein oder anderen Leser etwas schwer und zu detailreich wirken kann, doch nach einigen Seiten einlesen ist man dann völlig gepackt - man will gar nicht mehr aufhören zu lesen!

 

Die Ermittler sind wie gewohnt in allen Facetten der Gefühlsvielfalt zu erleben: von verzweifelt über ruppig bis hin zu verschlossen, müde und abgekämpft. Kein anderer Krimi-Autor versteht es, seine Charaktere so lebensecht und authentisch darzustellen, wie Arne Dahl.

 

Ebenfalls beeindruckend ist Arne Dahl's Talent, die vielen Personen und Handlungsstränge zu einem großen Ganzen zusammenzufügen, das nicht nur brisante und die heutige Gesellschaft reflektierende Hintergründe und Themen aufgreift, sondern auch noch Lesevergnügen der besonderen, intelligenten Art bietet.

 

 

"Neid" ist definitiv kein Buch, das man mal "eben so, schnell zwischendurch" lesen kann. Auch für Bus, Bahn und Co. ist es völlig ungeeignet - man könnte nämlich das Aussteigen verpassen: Fesselnd, ergreifend und zum Nachdenken anregend: Absolute Leseempfehlung, denn so und nicht anders muss ein guter Thriller sein!

 

5/5 Federn

  © Synic

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text 2013-04-17 14:16
[Autoren-Interview] Arne Dahl
Bußestunde: Kriminalroman (A-Team) (German Edition) - Arne Dahl,Wolfgang Butt
Zorn: Thriller - Arne Dahl
Im kommenden Mai erscheint der neuste Kriminalroman des schwedischen Autors Arne Dahl (Jan Arnald). Dies habe ich mir zum Anlass genommen und ihn über seine unterschiedlichen Krimi- und Thrillerbuchreihen, die Verfilmung seiner A-Gruppe und über weitere Dinge zu befragen.
 
Das komplette Interview könnt ihr hier nachlesen.


© Sara Arnald 2011
Sie schreiben unter einem Pseudonym, welches Arne Dahl lautet. Wie kam es zu ihrem Pseudonym?
Ich habe dringend einen Neustart als Autor gebraucht. Vor Arne Dahl habe ich bereits vier oder fünf Bücher geschrieben gehabt, diese waren aber leicht poetisch, auf Versuchen aufgebaut und sogar ein bisschen akademisch. Es war schlicht beschauliche Literatur...
Um das Jahr 1995, als ich Vater zweiter wundervoller Töchter geworden bin, habe ich realisiert, dass mein Hauptinteresse nicht mehr mir galt sondern der gesamten Welt, der Gesellschaft und der Mentalität, in welcher meine Töchter aufwachsen werden. In was für einer Welt leben wir im Moment? Diese Frage blieb bestehen, weshalb es nötig war, dass ich mich als Autor verändere und neu geboren werde. Ich brauchte eine neue Identität.
 
 
Ihr erster Roman der A-Gruppe (Intercrime), welcher den Titel Misterioso trägt, erschien bereits im Jahr 1998. Wie kam es zu der Idee rund um die Inspektoren der Stockholmer Polizei und wie sind sie zum Schreiben gekommen?
Die Idee entstand beim Lesen von zu vielen fiktiven Kriminalromanen mit einem einsamen, vorzugsweise männlichen, depressiven und gelangweilten Detektiv. Ich wollte ein Team, eine Gemeinschaft, die zusammen denkt und arbeitet. Darüber hinaus wollte ich mich mit wichtigen und ernsten Belangen der aktuellen Gesellschaft beschäftigen - dabei will ich nach wie vor unterhaltsam und spannend erscheinen gepaart mit einem großartigen literarischen Stil.
 
Wie hat sich die Krimi-Landschaft ihrer Meinung nach seitdem verändert?
In zwei wesentlichen Aspekten: Das organisierte Verbrechen ist internationaler geworden und wir werden alle (potenziell) überwacht (von Kameras, Internet, Kreditkarten, Handys etc.).
 
Wie sind sie zum Krimi-Genre gekommen? Lesen Sie selbst gern Krimi-Romane oder was hat dazu geführt?
 In meiner Kindheit habe ich sehr viele fiktionale Kriminalromane gelesen, weshalb ich dieses Genre im Alter von 15 Jahren zunächst einmal verlassen habe um mich mit "ernsthafteren" Dingen zu beschäftigen.
In der Mitte der 90er Jahre habe ich überhaupt sehr wenig gelesen. Allerdings habe ich ferngesehen und festgestellt, dass Krimi-Serien im TV deutlich besser geworden sind, vor allem die Amerikanischen (z.B. Homicide) und Englischen (z.B. Prime Suspect [Heißer Verdacht]). 
Sie sehen also, dass ich, als ich mit dem Schreiben von Krimis begann, lange Zeit keine Kriminalromane gelesen habe. Dies könnte meinen Stil ein wenig von anderen Autoren dieses Genres unterscheiden....
 
Das komplette Interview könnt ihr in meinem Blog nachlesen. Ich wünsche eine angenehme Lektüre :)
Source: philipswelt.blogspot.de/2013/04/autoren-interview-arne-dahl.html
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