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review 2017-04-12 10:05
Meggies Reise zwischen die Worte
Tintenblut (Tintenwelt, #2) - Cornelia Funke

Nach meinem Fiasko mit „Tintenherz“, dem ersten Band von Cornelia Funkes „Tintenwelt“ – Trilogie, brauchte ich lange, um mich zur Lektüre der Fortsetzung zu überwinden. Die Enttäuschung hallte nach. Über ein Jahr traute ich mich nicht an „Tintenblut“ heran, obwohl meine Ausgangssituation wesentlich erfolgsversprechender aussah. Ich wusste nichts über das Buch und hatte daher auch keine übersteigerten Erwartungen, die meine Leseerfahrung negativ beeinflussen konnten. Ich musste meine Zweifel jedoch erst abklingen lassen, bis ich „Tintenblut“ eine faire Chance einräumen konnte. Als ich soweit war, verlor ich keine Zeit mehr.

 

Im Leben der Familie Folchart ist Frieden eingekehrt. Mo, Meggie und Resa sind bei Ellinor eingezogen. Langsam verblasst der Schrecken der furchtbaren Ereignisse in Capricorns Dorf. Für Meggie ist die Faszination der Tintenwelt ungebrochen. Noch immer träumt sie davon, die Magie von Fenoglios Welt am eigenen Leib zu spüren. Sie versuchte sogar – erfolglos und natürlich heimlich – sich selbst in die Geschichte hineinzulesen. Als eines Abends der verzweifelte Farid an ihre Tür klopft, erreicht Meggies unbändige Neugier einen neuen Höhepunkt. Er berichtet, dass Staubfinger nach all den Jahren heimgekehrt ist – ohne ihn. Ein Mann namens Orpheus las ihn in die Tintenwelt zurück. Jetzt wünscht sich Farid nichts sehnlicher, als ihm zu folgen und fleht Meggie an, ihm zu helfen. Unter einer Bedingung sagt sie zu: sie will Farid begleiten, obwohl es ihren Eltern das Herz brechen wird. Gemeinsam öffnen sie die Tür zwischen den Worten und stürzen in das Abenteuer einer Welt, die nicht einmal mehr ihr Schöpfer unter Kontrolle hat.

 

Ich wusste es. Ich wusste, dass sich Millionen begeisterter Leser_innen nicht irren können. „Tintenblut“ gefiel mir viel besser als „Tintenherz“. Durch meine bewusst gewählte Unvoreingenommenheit konnte ich Meggies zweites Abenteuer wahrhaft genießen und verstehe endlich, warum die Trilogie weltweit von Jung und Alt nahezu vergöttert wird. Die Liebe zum Lesen und zu Büchern ist auf jeder Seite spürbar. In ihrem klaren Schreibstil, der von märchenhafter Schlichtheit geprägt ist und bei mir besonders durch die herrlich fantasievolle Namensgebung punktet, spielt Cornelia Funke mit der Idee, Bücherwürmer die Geschichte ihres Lieblingsbuches betreten zu lassen. Folglich dreht sie das Ausgangskonzept der Trilogie, das sie in „Tintenherz“ vorstellte, auf den Kopf, weil es nun nicht länger darum geht, Figuren aus einem Buch herauszulesen, sondern darum, Leser_innen in ein Buch hineinzulesen. Meggie möchte die Tintenwelt selbst erleben; sie möchte sie sehen, riechen, schmecken und fühlen – wer kann es ihr verübeln? Gerade Fantasy-Welten haben eben ihren speziellen Reiz. Die Tintenwelt ist keine Ausnahme – ich kann verstehen, dass Meggie wild darauf ist, ihre Wunder live und in Farbe zu erfahren. Ihre Reise zwischen die Worte ist erwartungsgemäß gefährlich, was in einer spannenden, mitreißenden Handlung mündet, die lediglich auf den letzten 150 Seiten etwas zäh und ziellos wirkt. Die Tintenwelt hat mittlerweile unbestreitbar ein Eigenleben entwickelt, das sich sogar der Kontrolle des Autors Fenoglio entzieht. Dieser spielt in „Tintenblut“ eine wichtige Rolle, ich muss jedoch gestehen, dass ich ihn furchtbar anstrengend fand. Sein arroganter Besitzerstolz der Tintenwelt und ihren Bewohner_innen gegenüber ist meiner Meinung nach vollkommen unangemessen, weil er sich längst nicht mehr in „seiner“ Geschichte befindet. Das sollte ihm klar sein. Sie wurde in dem Moment unabhängig, als Mo seine Frau Resa hinein- und Staubfinger, Basta und Capricorn herauslas. Bedenkt man, wie gravierend diese Veränderungen waren, erscheinen mir die Auswirkungen erstaunlich bescheiden und zurückhaltend. Cornelia Funke gibt sich milde. Die Figuren können von Glück sprechen, dass die wiederholten, schweren Eingriffe in die Geschichte nicht ihre gesamte Welt erschütterten. Selbstverständlich sind Konsequenzen sichtbar, doch weder wurden Naturgesetze außer Kraft gesetzt, noch Verwüstung oder Zerstörung angerichtet. Als Staubfinger zurückkehrt, erkennt er seine Heimat sofort wieder, was der deutlichste Hinweis darauf ist, dass die Seele der Tintenwelt unbeschädigt blieb. Staubfinger ist mit Abstand mein Lieblingscharakter. Ich habe mein Herz an ihn verloren. Er ist mutig, anständig und rechtschaffen, trotz seiner tragischen, unglückseligen Vergangenheit. Seine Ernsthaftigkeit berührt mich; ich habe das Gefühl, es lohnt sich ungemein, ihm zuzuhören. Außerdem ist sein Spiel mit dem Feuer zweifellos eine der faszinierendsten Fähigkeiten, die mir bisher begegnet sind, weil sie so elementar zu sein scheint. Keine Künstlichkeit, keine hart erlernten Lektionen, nur Staubfinger und die Flammen, die mystisch miteinander verbunden sind.

 

Dürfte ich zwischen die Seiten meiner Lieblingsbücher reisen, ich glaube, ich wäre enttäuscht. Vermutlich würde ich mich permanent als Fremdkörper fühlen, der dort nicht hingehört. Auch Meggie hat in der Tintenwelt eigentlich keinen Platz, doch das hält sie nicht davon ab, diese gierig aufzusaugen und jede noch so kummervolle Sekunde auszukosten. Da frage ich mich doch, was Meggie und mich unterscheidet. Vielleicht ist es das Alter. Ich denke, mit 13 Jahren sind Leser_innen zu größerer Hingabe fähig, was auch der Grund sein könnte, warum mir „Tintenblut“ nur 4 statt 5 Sternen wert ist. Wäre ich mit dieser Geschichte aufgewachsen, meine Leidenschaft wäre grenzenlos. Heute fällt es mir schwerer, mich dem kindlichen Abenteuerflair des Buches zu öffnen und mich in der märchenhaften Atmosphäre zu verlieren. Nichtsdestotrotz kann ich erkennen, wie wertvoll „Tintenblut“ besonders für ein jüngeres Publikum ist und bin definitiv in der Lage, Cornelia Funke dafür Tribut zu zollen. Es ist eine tolle Fortsetzung. Ich bin froh, nach „Tintenherz“ nicht aufgegeben zu haben.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/04/12/cornelia-funke-tintenblut
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review 2013-08-17 07:59
Wenn "Tintenherz" und ich, dann so!
Tintenherz - Das Hörspiel (2 CD) - Cornelia Funke;Jan-Peter Pflug

Warum liest Meggies Vater Mo ihr niemals vor? Und wohin ist ihre Mutter wirklich verschwunden? Erst als Meggie von Bösewicht Capricorn ge fangen genommen wird, erfährt sie die Wahrheit: Mo kann die Figuren aus den Büchern herauslesen , während reale Menschen darin verschwinden so auch Meggies Mutter.

 

Das Buch fand ich damals ganz schön langweilig und auch als Hörbuch habe ich mich durch die Geschichte gequält. Den Film fand ich so lala. Mit dem Hörspiel jetzt war ich also auf der Suche nach der ersten Version dieser Geschichte, die ich bis zum Schluss durchhalten und die mich im Idealfall noch gut unterhalten würde.
Was soll ich sagen? Ich habe sie mit dem Hörspiel gefunden und freue mich wirklich sehr darüber. An der Geschichte ändert sich auch in der Hörspielfassung natürlich nichts. Und auch wenn ich skeptisch war, ob man ein Hörbuch mit 16 CDs  auf 2 CDs runterkürzen kann ohne dass etwas verloren geht, ist es genau diese Raffung, die für mich den größten Pluspunkt ausmacht. Denn Langeweile hat hier keine Chance. Man steigt zügig in die Handlung ein und Zeit zum Durchatmen bleibt danach nicht mehr. Es ist immer etwas los und zum ersten Mal habe ich diese Geschichte wirklich als spannend und teilweise sogar als leicht gruselig empfunden. Die Idee, dass jemand Figuren aus Büchern herauslesen kann, fand ich schon immer gut. Aber erst bei dem Hörspiel konnte ich mir davon wirklich ein Bild machen, das mir dieses phantastischen Geschehen vor Augen zauberte. Und mit den Charakteren ging es mir ganz ähnlich. Bei Buch und Hörbuch wirkten sie alle irgendwie staubig auf mich, Meggie zB hatte kaum etwas Lebendiges an sich, wie man es von einem Mädchen ihres Alters erwartet. Als ich nun aber Meggie, Mo, Staubfinger, Capricorn usw mit eigenen Stimmen hörte, konnte ich sie mir problemlos vorstellen, und endlich wirkten Capricorn und Co. wirklich bedrohlich und furchteinflößend auf mich.
Und nein, trotz der Kürze ich hatte nicht den Eindruck, dass dem Hörspiel etwas Wesentliches fehlt. Alle Informationen, die man braucht um die Handlung zu verstehen sind vorhanden. Und alle wichtigen Ereignisse und Schauplätze der Geschichte finden sich auch hier.

 

Der Dank dafür gilt selbstverständlich den Sprechern. Leonie Landa erweckt Meggie mit ihrer klaren und hellen Stimme zum Leben und klingt dabei jugendlich munter, mitunter aber auch sehr energisch. So hätte ich mir Meggie bereits beim Buch und Hörbuch gerne vorgestellt. Robin Brosch alias Mo hat mir ebenfalls gefallen. Seine warme Stimme mit dem teilweise geheimnisvollem Unterton passt gut zu Mo. Und Rainer Strecker ist es spielend gelungen, dass Staubfinger für mich schnell zu einer meiner Lieblingsfiguren wurde. Die markante Stimme, die er für ihn auf Lager hat, hebt das Ungewöhnliche dieser Figur gut hervor.  Und Peter Kaempfe gibt einen herrlich fiesen Capricorn.

 

Ein schöner und abwechslungsreicher Soundtrack rundet den sehr guten Eindruck dieses Hörspiels schließlich ab. Je nach Szene sind mal eher düstere und bedrohliche Melodien zu hören, dann wieder klingt es phantastisch und munter aus den Lautsprechern. So kommt schnell eine und dichte Atmosphäre auf, die sich durch die gesamte Geschichte zieht. Die Geräusche sind ebenfalls vom Feinsten und unüberhörbar sorgfältig ausgewählt und eingesetzt worden.

 

Die Hülle mit den beiden CDs zieht in einem schicken Schuber ins Regal ein. Der typische Look der Reihe ist dabei natürlich erhalten geblieben. Im Booklet trifft man die meisten Sprecher mit Foto an. Da habe ich sehr gerne durchgeschaut.

 

Fazit:  Was lange währt, wird endlich gut! Das trifft auf “Tintenherz” und mich auf ganzer Linie zu. Endlich eine Version, in der auch ich die Geschichte als  phantastisch und spannend empfunden habe. In meinen Augen hat die Kürzung der Story nur gut getan. So gewinnt die Erzählung an Tempo, was einen automatisch mitreißt und bei Laune hält. Die Figuren wirken dank der tollen Sprecher wunderbar lebendig und ein ausgefeilter Soundtrack sorgt für die nötige Atmosphäre. Warum nicht gleich so?

Source: www.reziratte.de/2013/08/17/tintenherz-das-hoerspiel
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