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review 2020-01-21 11:09
Jalan Kendeth, die Zwiebel
Prince of Fools - Mark Lawrence

Mark Lawrence macht vieles anders als andere Autor_innen. Er plant nicht. Er plottet nicht. Er pflegt keine feste Schreibroutine. Wann immer es seine begrenzte Zeit zulässt, setzt er sich einfach hin und schreibt. Dementsprechend traf er die Entscheidung, seine populäre Grimdark-Trilogie „The Broken Empire“ aus der Ich-Perspektive zu schildern, nicht vorsätzlich, sondern intuitiv. Obwohl diese Erzählweise für die epische Fantasy ungewöhnlich ist, sieht Lawrence darin eindeutige Vorteile. Die Konzentration auf eine einzige Figur schafft Nähe, Unmittelbarkeit und befreit ihn von der Notwendigkeit, zahlreiche Handlungslinien zu organisieren. Er glaubt, dass die starken emotionalen Reaktionen seines Publikums eng damit zusammenhängen, dass er Ereignisse ohne abstrakte Distanz beschreibt. Es ist ein Unterschied, ob eine Figur aus auktorialer Perspektive erdolcht wird oder ob man direkt erlebt, wie die Hand des Protagonisten die Waffe führt. Deshalb behielt er diese Erzählperspektive in seiner zweiten Trilogie „The Red Queen’s War“ bei, deren erster Band „Prince of Fools“ einen ganz neuen Helden vorstellt.

 

Prinz Jalan Kendeth musste schon oft mit Unannehmlichkeiten fertigwerden. Bisher konnte er allen betrogenen Ehemännern, wütenden Spielpartnern und grimmigen Schuldeneintreibern entwischen, ohne seiner Großmutter, der gefürchteten Roten Königin, allzu viel Schande zu bereiten. An zehnter Stelle der Thronfolge erwartet ohnehin niemand von ihm, sich wirklich um Politik zu scheren. Lieber lässt er seinen Geschwistern den Vortritt und widmet sich seinen privaten Vergnügungen. Doch als er einen heimtückischen magischen Anschlag überlebt, wird Jalan unerwartet in den Krieg des Zersplitterten Reiches gegen den Toten König hineingezogen. Um die magische Wunde zu heilen, die ihn brandmarkt, muss er in den hohen Norden reisen – begleitet von Snorri ver Snagason, der ebenso sein Freund wie sein Untergang werden könnte. Wird Jalan die Fassade des oberflächlichen Taugenichts ablegen, um der Mann zu werden, den das Zersplitterte Reich braucht?

 

„Prince of Fools“ setzt die Lektüre der ersten Trilogie „The Broken Empire“ nicht voraus. Man kann die Abenteuer des Protagonisten Jalan durchaus genießen, ohne die drei vorausgegangenen Bände gelesen zu haben. Ich kann allerdings nicht leugnen, dass es den Spaßfaktor gewaltig erhöht. Der Auftakt von „The Red Queen’s War“ spielt chronologisch parallel zu „Prince of Thorns“ und fokussiert somit denselben Konflikt des Zersplitterten Reiches mit dem mysteriösen Toten König, dessen verderbte Magie die Nationen zu kompromittieren droht. In „Prince of Fools“ zeigt Mark Lawrence ein neues Schlachtfeld dieses Krieges und korrigierte meine Wahrnehmung desselbigen, den ich bisher als Jorgs persönlichen Feldzug betrachtete. Durch die Lektüre wurde mir bewusst, wie sehr ich mich damals von Jorg vereinnahmen ließ, was zwar für Lawrences brillante Konstruktion seiner Figur spricht, meine Einschätzung der Reichweite des Krieges jedoch fehlleitete. Der Vormarsch des Toten Königs gefährdet alle Staaten des Zersplitterten Reiches, nicht nur Jorgs Domäne. Außerdem begriff ich, dass die vielzitierte Düsternis der ersten Trilogie primär von ihrem feindlichen Protagonisten verursacht wird. Im direkten Vergleich gestaltet sich „The Red Queen’s War“ bisher wesentlich weniger grimmig, denn Jalan ist eine völlig andere Persönlichkeit und ermöglichte mir durch seine lockere Ausstrahlung eine entspanntere, zugänglichere Leseerfahrung. Er ist nahbarer, umgänglicher und offener, wodurch ich „Prince of Fools“ als leichter zu lesen empfand. Nichtsdestotrotz ist er eine faszinierende, komplexe Figur. Auf den ersten Blick erscheint er als egoistischer, opportunistischer Lügner, Spieler und Feigling. Meiner Meinung nach handelt es sich dabei jedoch um eine irreführende Maske, die Jalan kultivierte, um sich nicht mit den Konsequenzen auseinandersetzen zu müssen, würde er sich eingestehen, dass er das Zeug zum Helden hat. Er ist eine Zwiebel; im Verlauf der Ereignisse schält sich der wahre Kern seines Wesens langsam heraus. Seine authentische Entwicklung wird nicht von einer unrealistischen Epiphanie ausgelöst, sondern ist das Resultat einer spannenden Umkehr des klassischen Motivs des Erwachens in der Fantasy: statt Jalan mit seiner dunklen Seite zu konfrontieren, zwingt Mark Lawrence ihn, das Licht in seiner Seele zu akzeptieren und anzuerkennen, dass er eben nicht nur ein Lump ist. Sein Reisegefährte Snorri hat daran großen Anteil, denn der prototypische Nordmann glaubt an das Gute in Jalan und behandelt ihn von Anfang an wie den Mann, der er sein könnte und nicht wie den Mann, den er oberflächlich verkörpert. Er dringt zu ihm durch, obwohl Jalan sich sehr anstrengt, ihn auf Distanz zu halten. Es bleibt abzuwarten, ob Jalan die Lektion, die Snorri ihn über sich selbst lehrt, in den Folgebänden tatsächlich anwenden kann oder in alte Verhaltensmuster zurückfällt.

 

Ich hatte viel Freude mit „Prince of Fools“. Es hat mir gefallen, zu erleben, dass es Mark Lawrence gelingt, eine völlig andere Herangehensweise an eine Geschichte zu nutzen, ohne ihr Spannungspotential zu beeinträchtigen. Er beweist, dass „The Broken Empire“ nicht die Grenze seines Talents darstellt. Sein neuer Protagonist Jalan hat wenig mit Jorg gemeinsam und vermittelt die Handlung spielerischer, humoristischer und beschwingter. Dennoch würde ich nicht zögern, „The Red Queen’s War“ ebenfalls als Grimdark einzustufen, weil das Zersplitterte Reich ein unnachgiebiges Setting ist, das Menschen zu grenzwertigen Entscheidungen zwingt. Es wird sicher aufregend, herauszufinden, welche Entscheidungen Jalan zukünftig abverlangt werden und inwiefern diese von den Plänen der Roten Königin beeinflusst sind, die Andeutungen zufolge nicht ganz unschuldig an seinen Erlebnissen in „Prince of Fools“ ist. Ich freue mich auf die Folgebände.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2020/01/21/mark-lawrence-prince-of-fools
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review 2018-03-06 10:26
Die Cop Buddies der High Fantasy
The Fifth Ward: First Watch - Dale Lucas

Eine Mischung aus „Herr der Ringe“ und „Lethal Weapon“ – so beschreibt Dale Lucas seinen Roman „First Watch“. Der Auftakt der Reihe „The Fifth Ward“ vereint die Action eines Cop Buddy – Films mit den klassisch-epischen Elementen eines High Fantasy – Schmökers. Ich verrate euch ein Geheimnis: ich liebe die Lethal Weapon“-Filme. Riggs und Murtaugh sind für mich der Inbegriff des cineastischen Ermittler-Duos, das ich seit meiner Kindheit feiere. Ich konnte nicht widerstehen, ihre HF-Äquivalente kennenzulernen und stürzte mich mit Freuden auf „First Watch“.

 

Sich der Stadtwache Yenaras anzuschließen, um aus dem Gefängnis freizukommen, schien Rem eine brillante Idee zu sein. Schließlich wollte er keinesfalls noch länger hinter Gittern versauern und brauchte dringend einen Job. Doch als er seinen Partner kennenlernt, beschleicht ihn das Gefühl, dass seine spontane Entscheidung vielleicht nicht ganz so raffiniert war. Der polternde, übellaunige Zwerg Torvald ist alles andere als begeistert, sich um den Frischling kümmern zu müssen. Widerwillig schleppt er Rem in die Straßen der multikulturellen Metropole, in der Orks mit Drogen dealen, Magier_innen ihren dubiosen Geschäften nachgehen und die Präfekten der Bezirke offen ihre Feindseligkeit für einander ausleben. Unter der grimmigen Führung Torvalds erlebt Rem einen turbulenten ersten Tag, dessen trauriger Höhepunkt ihn am Ende ihrer Schicht erwartet. Unter einer Brücke wird eine Leiche entdeckt. Torvald genügt ein Blick, um festzustellen, dass es sich bei dem Toten um seinen Stammpartner Freygaf handelt. Er wurde ermordet. Wer würde ein Mitglied der Stadtwache heimtückisch umbringen und warum? In welche schmutzigen Geheimnisse war Freygaf verwickelt? Hängt sein Tod mit dem Verschwinden mehrerer Töchter und Söhne aus wohlhabenden Familien zusammen? Torvald schwört, Freygafs Mörder aufzuspüren und Rache zu nehmen. Rem hat keine andere Wahl, als seinen Partner bei seiner Jagd zu unterstützen. Mitgehangen, mitgefangen.

 

Meiner Meinung nach hat „First Watch“ eindeutig mehr mit „Lethal Weapon“ gemeinsam als mit „Herr der Ringe“. Mal davon abgesehen, dass ich nicht glaube, dass J.R.R. Tolkien diese Entwicklung der von ihm mitbegründeten High Fantasy vorausgesehen hätte, ist „episch“ nicht die Formulierung, die ich nutzen würde, um den Reihenauftakt zu beschreiben. Für dieses Attribut ist der Horizont der Geschichte meinem Empfinden nach zu eng. Ich meine das nicht negativ, denn heutzutage muss High Fantasy nicht zwangsläufig gigantische Dimensionen abbilden oder gewaltige Geschichten von Heldenmut erzählen. Ein kleinerer Rahmen ist für mich völlig in Ordnung und wie ich in der Einleitung bereits erwähnte, liebe ich „Lethal Weapon“, sodass es mich überhaupt nicht stört, dass die Parallelen zwischen der Filmreihe und diesem Buch prägnanter sind als die Gemeinsamkeiten mit Tolkiens weltberühmtem Epos. Natürlich greift „First Watch“ gewisse klassische Elemente des Genres auf; der multikulturelle, brodelnde Schmelztiegel Yenara wird von den üblichen Verdächtigen bevölkert. Orks, Elfen, Zwerge, Magier_innen und Menschen, die in jedem Kontext ein besonderes Talent für kriminelle Energie aufweisen – sie alle sind in den aufregenden, bis zum Bersten mit Leben gefüllten Straßen zu finden. Ich hatte das Gefühl, erfreulich viel von der Stadt zu sehen, weil unsere beiden sympathischen Helden Rem und Torvald ausschließlich zu Fuß unterwegs sind und dadurch beiläufig ein verlässliches Gesamtbild des Settings vermitteln. Trotz dessen hätte ich mir eine Karte gewünscht, um Aufbau, Organisation und Aufteilung der Metropole in Bezirke besser visualisieren zu können. Die Idee, ein High Fantasy – Setting bürokratisch aufzuziehen und umfangreiche Regeln und Gesetze zum Zusammenleben der einzelnen Völker zu formulieren, fand ich sowohl naheliegend als auch amüsant. Dale Lucas scheint sich genau überlegt zu haben, wie er die Dynamik der Stadt gestalten möchte und das beeindruckte mich definitiv. Die Handlung hingegen überzeugte mich nur mäßig. Ich fand „First Watch“ inhaltlich wenig substanziell, weil die Ermittlungen des ungleichen Duos zu lange feststecken und kaum Fortschritte verzeichnen. Stattdessen erlebte ich zahlreiche Prügeleien, die meist von Torvald provoziert werden. Der wehrhafte Zwerg wirkt im ersten Band von „The Fifth Ward“ plump konstruiert, ihm fehlt wahre Tiefe und daher auch Individualität. Eine tragische Vorgeschichte soll seine übertriebene Gewaltbereitschaft relativieren und bei den Leser_innen Mitgefühl wecken. Ich kann ihn mit vier Worten charakterisieren: harte Schale, weicher Kern. Dem gegenüber steht der unerfahrene Rem, dessen Biografie Dale Lucas bisher nur andeutet. Ihre oberflächliche Gegensätzlichkeit erschien mir affektiert und stereotyp, wodurch sie den Verlauf ihrer Beziehung bereits vorzeichnet. Insgesamt fand ich „First Watch“ recht vorhersehbar. Lediglich das Ende entpuppte sich als echte Überraschung, weil die Auflösung des Falls wesentlich komplexer und intelligenter geriet, als ich der Geschichte und Dale Lucas zugetraut hätte.

 

Ihr mögt das Cop Buddy – Schema à la „Alter Haudegen trifft jungen, unerfahren Frischling und muss mit ihm einen sehr persönlichen Fall lösen“? Dann seid ihr mit „First Watch“ von Dale Lucas gut beraten, ihr solltet allerdings nicht erwarten, dass der Autor das Rad neu erfindet. Nein, dieser Reihenauftakt erzählt dieselbe Geschichte, die wir längst aus zahlreichen Filmen kennen und verpasst ihr mit dem High Fantasy – Charakter des Settings lediglich einen frischen Anstrich. Das ist per se natürlich nicht schlecht, wenn man Lust auf eine Erzählung dieser Art hat. Wie so oft kommt es auf das Timing an. Ich hatte durchaus Spaß mit der locker-luftigen Lektüre und werde „The Fifth Ward“ weiterverfolgen. Ich lauere nämlich darauf, dass Torvald irgendwann den einen berühmten Satz sagt: „Ich bin zu alt für diesen Sch***“.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2018/03/06/dale-lucas-first-watch
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review 2017-11-29 10:36
Charakterstudie eines Antihelden
Emperor of Thorns - Mark Lawrence

Mark Lawrence ist nicht nur Autor mehrerer erfolgreicher Fantasy-Romane aus der Grimdark-Ecke, er betätigt sich darüber hinaus als Dichter. Unerwartet, oder? Ich hätte ihm eine Ader für Gedichte nicht zugetraut. Während ich seine Werke auf seiner Website las, legte sich meine Überraschung. Diese Art der Lyrik passt wie die Faust aufs Auge. Melancholische Formulierungen, die in mir Assoziationen von Trauer und Depression wecken, ein düsterer Grundtenor, Naturthemen – Lawrence bleibt seinem grundlegenden Stil treu, obwohl seine Gedichte selbstverständlich keinerlei Gewaltdarstellungen enthalten, im Gegensatz zu seinen Romanen. „Emperor of Thorns“ ist das Finale der „The Broken Empire“ – Trilogie und schließt die Geschichte rund um den ehrgeizigen, fragwürdigen Protagonisten Jorg von Ancrath ab.

 

Man könnte behaupten, der Thron des Zersplitterten Reiches sei verwaist. Jorg von Ancrath bevorzugt es, ihn als „frei“ zu betrachten – der Thron wartet nur darauf, von ihm in Besitz genommen zu werden. Leider kann die Würde des Imperators nicht erobert werden. Es handelt sich um ein gewähltes Amt. Wie unwillkommen. Um Imperator zu werden, muss Jorg genügend Stimmen für sich unter den Königen und Königinnen während des Kongresses in Vyene sammeln. Bereits Jahre zuvor schloss er unwahrscheinliche Allianzen, die seinen Sieg garantieren sollen. Als König von sieben Nationen stehen seine Chancen überraschend gut. Vorausgesetzt, er erreicht Vyene gesund und munter. Die lebenden Toten bedrängen die Ländereien des Reiches. Nekromantie breitet ihre giftigen Klauen aus. Der Einfluss des Toten Königs erstarkt. Niemand kennt seine Identität oder Ziele. Doch eines ist deutlich: sein rätselhaftes persönliches Interesse an Jorg…

 

Die Lektüre des Finales eines Mehrteilers ist für mich normalerweise mit einer latenten Anspannung verbunden. Gelingt es dem Autor bzw. der Autorin, einen würdigen Abschluss zu konstruieren? Im Fall von „Emperor of Thorns“ empfand ich diese Anspannung nicht. Ich zweifelte nicht daran, dass Mark Lawrence diese Aufgabe zufriedenstellend meistern würde, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, in welche Richtung er Jorg schicken wollte. Ich behielt Recht. „Emperor of Thorns“ ist ein voll und ganz rundes, befriedigendes und überraschendes Finale, das in mir die Gier nach mehr schürte, wie von Lawrence beabsichtigt. Erstaunlicherweise erlitt ich trotz dessen keinerlei Abschiedsschmerz. Es fiel mir nicht schwer, Jorg gehen zu lassen, weil ich mich niemals mit ihm identifizieren konnte und – wenn überhaupt – lediglich eine sehr vorsichtige, komplizierte Form von Sympathie für ihn empfand, die sich hauptsächlich aus seiner brutalen Ehrlichkeit sich selbst gegenüber speiste. Meiner Meinung nach kann man Jorg nicht einfach mögen. Auch im letzten Band der „The Broken Empire“ – Trilogie erwischte mich seine grenzenlose Skrupellosigkeit kalt. Ich hätte nicht mehr verblüfft sein sollen, hätte wissen müssen, dass er niemals zögert, harte, bedenkliche Entscheidungen zu treffen, um seine Ziele zu erreichen – und doch war ich es. Vielleicht hegte ich noch immer einen Funken Hoffnung für ihn, den Lawrence durch die beeindruckende Entwicklung unterstützte, die er seinen Protagonisten durchleben ließ. Die Handlung ist erneut in Gegenwart und Vergangenheit unterteilt: in der Gegenwart beobachten die Leser_innen Jorgs Reise nach Vyene, in der Vergangenheit begleiten sie ihn auf einer erschöpfenden Solo-Expedition über die Grenzen des Zersplitterten Reiches hinaus, das als erschreckendes Spiegelbild und beklemmende Zukunftsvision unserer Realität fungiert. Diese Expedition veränderte ihn. Er reifte deutlich, fand zu einer gewissen inneren Balance und kann der gewalttätigen Abwärtsspirale seines Lebens doch nicht entfliehen. Jorg ist ein anschauliches, überzeugendes Beispiel dafür, dass Menschen dieselben Muster stetig zwanghaft wiederholen. Er wird vom Schlüsselmoment seiner persönlichen Vergangenheit, dem Mord an seinem kleinen Bruder, gnadenlos eingeholt. Paradoxerweise sind sein kaltblütiger Charakter und seine verkrüppelte Seele allerdings genau die Eigenschaften, die ihn als beste Chance der Welt im Kampf gegen den Toten König kennzeichnen. Sein einzigartiges Talent, ausweglose Situationen zu seinen Gunsten zu drehen, seine Bereitschaft, genau das zu tun, was diese Situationen seiner Ansicht nach von ihm verlangen, egal wie verrückt oder abstoßend die Anforderungen sein mögen, versetzen ihn in „Emperor of Thorns“ in die Position des Helden. Diese Verschiebung seines Status in der übergreifenden Geschichte ist Mark Lawrences brillanter Geniestreich. Natürlich ist Jorg die Verkörperung des ultimativen Antihelden, der eher versehentlich selbstlos und niemals ehrenhaft handelt – aber er rettet die Welt, daran gibt es nichts zu rütteln.

 

„The Broken Empire“ ist eine ungemein figurenzentrierte Trilogie. Oh, selbstverständlich sind Worldbuilding und Handlungskonstruktion bemerkenswert, feinsinnig und intelligent. Doch all diese Elemente verblassen neben dem einnehmenden Protagonisten. Meiner Meinung nach ist Jorg von Ancrath mehr als die Hauptfigur der Romane, er ist ihr (schwarzes) Herz und Anker. Ich glaube, Mark Lawrence wollte Jorgs Geschichte erzählen, um gezielt dessen Entwicklung zu untersuchen. Er wollte sein Potential gemeinsam mit den Leser_innen erforschen, experimentieren und herausfinden, wie er auf die Herausforderungen seiner Welt reagiert. Betrachtet man die Trilogie aus dieser Perspektive, erschließt sich, dass es sich dabei um eine umfangreiche Charakterstudie handelt. Deshalb ist es kein Hindernis, dass Jorg kein Sympathieträger ist. Erst seine seelischen Abgründe eröffnen zahllose Möglichkeiten. Er faszinierte mich und brannte sich in mein Gedächtnis. So schnell werde ich Jorg nicht vergessen: Prinz, König, abschreckendes Beispiel und Held wider Willen.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/11/28/mark-lawrence-emperor-of-thorns
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review SPOILER ALERT! 2016-07-31 19:59
Toter Himmel
Toter Himmel: Thriller - Gilly Macmillan,Maria Hochsieder

Klappenbroschur, Knaur TB 

 

02.05.2016, 544 S.

 

Diese Ausgabe ist lieferbar

 

14,99 €

 

Zum Buch: http://www.droemer-knaur.de/buch/8221361/toter-himmel



Toter Himmel - das große Psychospannungs-Debüt aus England.

 

 

 

Was ist der schlimmste Alptraum einer Mutter? 

Wie so oft ist Rachel mit ihrem achtjährigen Sohn Ben spätnachmittags auf dem Weg zum Waldspielplatz. Heute will Ben allein vorauslaufen – selbstverständlich lässt Rachel ihn ziehen. Und findet Minuten später nur eine leer schwingende Schaukel vor…

 

 

Meine Meinung:

Ich bin durch den sehr interessant klingenden Klappentext auf das Buch aufmerksam geworden. Als mir das Buch dann unaufgefordert vom Verlag zugeschickt wurde, habe ich mich natürlich sehr darüber gefreut. 

 

Der Einstieg in das Buch ist mir sehr leicht gefallen. Es steigt direkt mit Rachel und Ben und dem mysteriösen Verschwinden an. Dadurch wurde direkt Spannung erzeugt und konnte meiner Meinung nach sehr gut gehalten werden. Vor allem im weiteren Verlauf gab es Wendungen, bei denen sich die Spannung dann noch steigern konnte. Zum Schluss hin musste ich dann in einem Rutsch durchlesen. 

 

Es wurde sehr realistisch aufgezeigt, wie es einer Mutter in der Situation ergeht, wie die Vorgehensweise der Polizei ist und auch, wie schnell eine Hetzjagd der Medien in Gang kommen kann. 

 

Die Geschichte wird abwechselnd erzählt, zum einen aus Rachels Sicht (die Mutter des verschwundenen Jungen) und aus Jims Sicht (ermittelnder Polizeibeamter, mit eigenen psychischen Problemen). 

 

Aus Sicht einer Mutter (wie ich es bin) konnte ich mich total in Rachel hinein versetzen, sie tat mir total leid. 

 

Die anderen Charaktere waren auch sehr gut ausgearbeitet, der Verdacht fiel auch zwischenzeitlich auf verschiedene Personen in dem Buch, die Auflösung war für mich bis zum Schluss nicht vorhersehbar, aber dennoch sehr interessant gestaltet. 

 

Ich kann hier eine klare Kauf- und Leseempfehlung aussprechen, mir hat dieser Spannungsroman mit interessanter Story sehr gut gefallen. Es wurde mit Gone Girl und Girl on the Train vergleichen. Von den drei Büchern hat mir dieses noch am besten gefallen. 

 

Ich möchte dieses Buch mit 4,5 Sternen bewerten. 

 

 

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review 2014-03-20 04:42
~*~ Amok ~*~
Böser Bruder, toter Bruder - Narinder Dhami

Buch

 

Titel: Böser Bruder, toter Bruder
Originaltitel: Bang, Bang, You're Dead!
Autorin: Narinder Dhami
Format: Taschenbuch
Seiten: 256
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 12 - 15 Jahre
Verlag: Ravensburger Buchverlag; Auflage: 1 (1. Januar 2013)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3473584231
ISBN-13: 978-3473584239
Preis: ich habe es neu bei http://www.mayersche.de für 7,99 EUR gekauft.

Autorin

Narinder Dhami wurde 1958 in Großbritannien geboren. Sie arbeitete 9 Jahre als Lehrerin, danach hing sie ihren Job an den Nagel, weil sie sich dem Schreiben widmen wollte. Durch Kick it like Beckham wurde die Autorin bekannt. Heute lebt sie mit ihrem Mann in Cambridge.

 

Klapptext

 

Diesen Tag wird Mia nie vergessen: Ihre Schule wird evakuiert. Ein Amokläufer soll sich im Gebäude befinden. Mia hat eine schreckliche Vorahnung: Ist der Junge hinter der Maske ihr eigener Zwillingsbruder? Schon seit Tagen hatte Jamie unheimliche Andeutungen gemacht. Statt mit den anderen Kindern zu fliehen, verfolgt Mia den Täter. Sie muss verhindern, dass Jamie jemanden verletzt. Doch was, wenn der Maskierte mit dem Rucksack voller Sprengstoff gar nicht ihr Bruder ist?

 

Meinung

 

Auch bei diesem Buch werde ich auf eine eigene Inhaltsangabe verzichten, da der Klapptext schon alles sagt. Ich möchte mich auch nicht der Gefahr hingeben, zu viel von dieser Geschichte zu verraten. Normal lese ich selten Bücher die für Jugendliche bestimmt sind, aber dieses Thema ist leider immer mal wieder aktuell in unserer heutigen Zeit. Wie oft hat man schon in den Nachrichten gehört, dass an Schulen Amok gelaufen wurde? Nicht nur in den USA, auch bei uns gab es schon so was. Leider.

Das Thema hat meine Neugierde geweckt, denn ich wollte wissen, wie die Autorin, dieses brisante Thema umgesetzt hatte. Das Buch ist wirklich einfach geschrieben, denn man darf eben nicht vergessen, dass es für Jugendliche gedacht ist. Man kann der Autorin sehr gut folgen und sie hat es auch geschafft, den Leser zu fesseln und das Thema spannend zu halten.

Die Geschichte beginnt mit Mia und Jamie. Sie sind Zwillinge. Immer wieder hört oder liest man, dass Zwillinge eine besondere Verbundenheit haben, auch die beiden Kommunizieren nicht nur mit der Sprache, sondern auch in Gedanken. Mia und Jamie waren von klein auf unzertrennlich, bis beide in das Teenageralter kamen und Jamie sich langsam aber sicher von Mia abnabelte. Er wollte sein eigenes Leben, er wollte weg von seiner kranken Mutter, die seit dem Tod ihres Vaters entweder mit Depressionen im Bett lag oder Höhenflüge durchlebte und nicht mehr zu bremsen war. Jamie kam damit nicht klar und wünschte sich so sehr, dass seine Mutter sich endlich wieder in Behandlung begeben würde, so wie sie es gemacht hatte, als der Opa noch lebte. Doch die Mutter dachte nicht dran. Sie hasste Ärzte, sie traute ihnen nicht. Jamie sagte immer wieder zu Mia, er würde ihre Mutter aufwecken, ihr klar machen, dass sie auch Kinder hatte, um die sie sich kümmern musste. Wie er das Mutter klar machen wollte, ist Mia bis dahin noch schleierhaft, aber sie vermutet, dass Jamie was gefährliches starten wollte und sie hattw Angst davor. Vor allem Angst Jamie zu verlieren.

Mia und Jamie gingen eines Tages in die Schule. Alles schien ganz normal, bis plötzlich der Feueralarm ausgelöst und verkündet wurde, dass sich ein Amokläufer im Schulgebäude befand. Mia durchfuhr die Angst, wo war Jamie? Mia schluckte.... Nein, dass kann nicht sein, Jamie würde so was niemals tun. Mia stand so unter Angst, dass ihre Angst sie trieb und sie wollte Jamie retten, denn er schien spurlos verschwunden zu sein, obwohl er das Schulgebäude genau wie sie betreten hatte. Mia macht sich auf die Suche nach ihrem Bruder, dabei vergaß sie das Wichtigste... Was ist wenn Jamie mit der Sache nichts zu tun hatte und es jemand anderes für das ganze Chaos verantwortlich war?

Die Autorin beschreibt sehr genau die Gefühlsregungen von Mia und Jamie. Es kommt deutlich rüber, dass sie darunter leiden, dass ihre Mutter sich nicht um die Beiden kümmert. Mia ist die Ruhige und schüchterne, Jamie derjenige, der kein Blatt vor den Mund nimmt und auch lospoltert wenn ihm was nicht passt. Äußerlich sind sich die Beiden zum verwechseln ähnlich, aber vom Charakter geht es unterschiedlicher gar nicht. Narrinder Dhami beschreibt Jamie bis ins kleinste Detail. Man merkt in der Geschichte wie er am Anfang noch der Beschützer von Mia war, und sich immer weiter abkapselte und immer mehr launisch und aggressiv wird. Er verschwindet immer wieder und komischerweise passierte dann irgendwas in der Nachbarschaft, aber steckte Jamie wirklich dahinter? Mia weiß es nicht und sie kommt an Jamie nicht mehr wirklich ran. Mia wird mit ihrer Schüchternheit auch sehr gut dargestellt. Wie sie sich immer wieder unterbuttern lässt und lieber den Mund hält, anstatt zu streiten.

Ich habe die Geschichte sehr gerne gelesen und sie hat mich auch gefesselt, jedoch war ich total überrascht wie das Buch zu Ende ging. Ich hatte mit allem gerechnet nur nicht damit, was die Autorin geschrieben hatte. So kann es gehen, da denkt man, man hat eine Ahnung wie das Buch wohl beendet wird und dann liegt man wirklich total daneben.

Die Thematik an sich ist schon sehr brisant, denn kein Mensch, kann sich hineinversetzen in die Menschen die tatsächlich Amok rennen. Was löst ein Amoklauf aus? Ist es die Familie? Sind es Schulkameraden die einen permanent hänseln, verprügeln, mobben? Ist es Einsamkeit, weil die Eltern sich nicht kümmern? Ich weiß es nicht und werde es wohl auch nie wissen. Denn verstehen kann ich es absolut nicht.

Hätte ich nicht eine Bewertung zu diesem Buch gelesen, dann hätte ich es mir wohl auch nicht gekauft, da bin ich ehrlich. Doch ich bereue es nicht das Buch gelesen zu haben. Es war spannend, man fühlte mit den Personen mit, die Thematik ist immer irgendwie aktuell und die Autorin Narinder Dhami hat einen Schreibstil der wirklich gemütlich gelesen werden kann. Mir hat das Buch gefallen.

 

Fazit

 

Ich vergebe dem Buch 4 Sterne, einen gibt es Abzug, da ich beim Ende etwas das Gefühl hatte, dass es unglaubwürdig ist. Kann auch seine, dass es nur meine Empfindung ist, vielleicht sehen es andere Leser anders. Trotz allem ist das Buch absolut lesenswert und ich kann es nur weiterempfehlen.

Source: mydanni.de/?p=55
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