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review 2019-07-31 11:46
Internet im Kopf
Coherent - Laura Newman

Laura Newman gilt als deutsches Paradebeispiel für gelungenes Veröffentlichen im Selbstverlag. Die 1983 geborene Autorin macht alles selbst: vom Grafikdesign, über den Buchsatz, bis zu Werbemaßnahmen. Und natürlich das Schreiben. Ihr erstes Buch erschien 2013, seit 2014 ist sie selbstständig. Nach 10 Jahren als Mediengestalterin wollte sie endlich etwas tun, das sie glücklich macht und kündigte kurzentschlossen. Mittlerweile kennt sie die Mechanismen des Selbstverlags in- und auswendig und teilt ihr Wissen bereitwillig auf ihrer Website, YouTube und ihren Social-Media-Kanälen. Dort findet sich auch ein ausführlicher Bericht zur Entstehungsgeschichte von „Coherent“, den ich äußerst spannend finde. Wer hätte gedacht, dass die widerspenstige Schnalle eines Schuhs einen futuristischen Jugendroman inspirieren könnte?

 

Irgendetwas stimmt nicht mit der 17-jährigen Sophie. Vor einigen Monaten stellte sie fest, dass alle technischen, mit dem Internet verbundenen Geräte mit ihr kommunizieren. Pausenlos bombardieren sie Daten, die sich ungefragt in ihrem Hirn ausbreiten. Für einen Schüleraustausch nach Frankreich in ein Flugzeug zu steigen ist da wirklich das Letzte, was Sophie möchte. Dummerweise ist es zu spät, den Trip abzusagen. Erst, als sie in Avignon eintrifft, wird ihr klar, dass sie den Tapetenwechsel dringend brauchte. Sie genießt die wundervolle Landschaft und das französisch leichte Lebensgefühl. Und dann ist da auch noch Jean, der ihr gehörig den Kopf verdreht. Mutig weiht sie ihn in ihr Geheimnis ein. Jean ist begeistert und gemeinsam erforschen sie Sophies mysteriöse Fähigkeiten. Doch ihre Vorstöße bleiben nicht unbemerkt und schon bald werden die beiden von einer undurchsichtigen, anonymen Behörde gejagt, die Sophie zu gern in die Finger bekommen würde …

 

Könnt ihr euch vorstellen, das Internet im Hirn zu haben? Mit einem Zwinkern digitale Fotogalerien durchstöbern, mit einem Gedanken E-Mails schreiben, mit einem Nicken Bestellungen aufgeben: Sophie, die Protagonistin in Laura Newmans SciFi-Roman „Coherent“, kann genau das. Und mehr. Sie braucht kein Endgerät, um online zu sein. Sie ist das Endgerät. Abgefahren. Aber ist es das wirklich? Oder wagte Newman mit diesem Buch einen Blick in eine nicht allzu weit entfernte Zukunft? Die Autorin öffnet mit den Fähigkeiten, die sie Sophie verleiht, eine unheimliche Büchse der Pandora moralischer und ethischer Implikationen, die sich in meinem Kopf verselbstständigten. Ich konnte mir mühelos ausmalen, was dieses „Upgrade“ für das Zusammenleben der Menschheit im großen Rahmen bedeuten könnte. Schon jetzt sind wir mit den Auswüchsen der Digitalisierung überfordert, bemängeln zunehmende Beschleunigung, Anonymität und soziale Kälte, Verrohung und Skrupellosigkeit – wie sähe diese Entwicklung erst aus, bräuchten wir Smartphones und Laptops nicht mehr als Krücke? Für mich ist völlig offensichtlich, dass alles noch schneller, noch vernetzter, noch gläserner wäre und ja, diese Aussicht beunruhigt mich. „Coherent“ brachte mein Kopfkino ordentlich auf Touren, obwohl Laura Newman all diese Konsequenzen gar nicht anspricht. Sie spekuliert nicht und beleuchtet Sophies Fähigkeiten lediglich aus der engen Perspektive ihrer sympathischen Protagonistin. Sie erwähnt zwar potenzielle militärische Einsatzgebiete, aber weitere Folgen klammert sie aus. Ich denke, dass diese Beschränkung dem Genre des Buches geschuldet ist. Die negativen gesellschaftlichen Aspekte passen eher in einen Roman für ein älteres Publikum und ich finde nicht, dass „Coherent“ durch den Verzicht darauf etwas fehlt, schließlich breiteten sie sich vor meinem inneren Auge trotzdem aus. Dass ich fähig war, die Idee der Geschichte über ihren Rahmen hinaus zu analysieren, liegt meiner Ansicht nach daran, dass Newman sich stark um Vorstellbarkeit und Realismus bemühte. Sophies Zustand ist nicht angeboren, sondern das Ergebnis eines fragwürdigen Experiments. Ich schätze es als plausibel ein, dass bereits in diese Richtung geforscht wird. Dennoch bin ich skeptisch, ob die Autorin Sophies Reaktion auf die Datenmenge, die sie überrollt, drastisch genug darstellt. Kopfschmerzen scheinen mir zu wenig zu sein, weil ich glaube, dass das menschliche Hirn unter dieser Informationsflut zusammenbrechen würde. Doch natürlich konnte Sophie schlecht ein sabberndes Wrack sein – Jean hätte sich dann wohl kaum für sie interessiert. Die Romanze zwischen den beiden fand ich putzig und nicht allzu aufdringlich; ich empfand es als glaubhaft, dass sie sich auf der Flucht vor der ominösen Behörde näherkommen. Diese strenggeheime, fiktive Behörde klang durchaus etwas nach Verschwörungstheorie, ich kann allerdings verstehen, dass Newman eine Regierungsvertretung, die keinerlei rechtlichen Restriktionen unterworfen ist, porträtieren wollte. Letztendlich kann ja niemand beweisen, dass es diese Männer und Frauen in Schwarz nicht gibt, die unschuldige Teenager quer über den Globus jagen.

 

„Coherent“ ist meiner Meinung nach ein gelungener SciFi-Jugendroman, der das Kunststück vollbringt, über die Grenzen der Geschichte hinaus verschiedene Altersgruppen anzusprechen. Während der jüngeren Leserschaft eine aufregende, futuristisch anmutende Handlung und nahbare Figuren geboten werden, können sich ältere Leser_innen wie ich zu unausgesprochenen Schlussfolgerungen stimulieren lassen. Das schafft nicht jedes Buch und spricht definitiv für Laura Newmans Talent. Nichtsdestotrotz hätte ich mir insgesamt eine kritischere Auseinandersetzung mit den Fähigkeiten ihrer Protagonistin gewünscht. Es ist vollkommen in Ordnung, dass sie auf den düsteren, mahnenden Zeigefinger verzichtete, doch sie hätte zumindest anklingen lassen können, dass diese nicht nur Vorteile haben. Wir sollten niemals vergessen, dass das Internet zwar ein Raum der Wunder ist – aber eben auch ein Raum voller Gefahren, Heimtücke und Illegalität.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2019/07/31/laura-newman-coherent
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review 2018-11-14 11:00
Ich bin glücklich!
Valour - John Gwynne

Corban und seine Freunde haben den Überfall auf Dun Carreg knapp überlebt. Sie sind entkommen und konnten Ardans rechtmäßige Thronerbin Edana retten. Der Verlust ihrer Lieben lastet schwer auf ihren Herzen. Corban hadert mit dem Wissen, dass seine Mutter und Gar in ihm den Leuchtenden Stern sehen. Wenn er noch nicht einmal seinen Vater und seine Schwester Cywen schützen konnte, wie kann er dann der prophetische Heilsbringer sein? Leider hat er keine Zeit, sich mit seinen widerstreitenden Emotionen auseinanderzusetzen. Seine kleine Gruppe Überlebender hat nur eine Chance: sie müssen nach Domhain fliehen, König Eremons Reich, der ihnen Asyl bieten könnte. Doch der Weg dorthin ist lang, beschwerlich und riskant. Unter der Führung von Veradis erfüllen Nathairs Truppen die Versprechen des jungen Königs an seine Verbündeten und überziehen die Verbannten Lande mit Krieg. Die größte Bedrohung geht jedoch von Nathair selbst aus. Auf Drängen seines unheimlichen Beraters Calidus sucht er nach dem Kessel, einem der Sieben Schätze, der es ihm ermöglichen soll, sich zum Hochkönig aufzuschwingen. Nathair merkt nicht, dass er sich mit finsteren Mächten einlässt und zu dem wird, was er zu vernichten gedenkt: die Schwarze Sonne…

 

„Valour“ hat mich unheimlich glücklich gemacht. Als ich den zweiten Band der High Fantasy – Reihe „The Faithful and the Fallen“ zuschlug, hatte ich ein breites Grinsen im Gesicht und konnte nicht widerstehen, sofort mit dem dritten Band zu beginnen. Ich bin sehr froh, dass ich meiner Intuition vertraute, die mir während der Lektüre des ersten Bandes „Malice“ versicherte, dass es sich lohnen würde, dran zu bleiben und die Tetralogie trotz mangelnder Originalität nicht aufzugeben. Ich liebe es, Recht zu behalten. Mit „Valour“ erfindet der Autor John Gwynne das Genre sicherlich nicht neu, aber er holt das Beste aus einem epischen Kampf zwischen Gut und Böse heraus. Das Buch ist spannend, mitreißend, fesselnd – ich wollte nicht mehr aufhören zu lesen und während der letzten Seiten packte ich es fester, weil es so aufregend war. Der grundlegende Konflikt ist äußerst simpel: John Gwynne zeigt das Ringen des allmächtigen Schöpfers Elyon mit seinem Widersacher Asroth um das Schicksal der Verbannten Lande. Diese Schlichtheit wirkt sich keinesfalls nachteilig aus, im Gegenteil, ich mochte die gradlinige Unterteilung in Gut und Böse und den ausgeprägten religiösen Einschlag, der von christlichen und jüdischen Motiven inspiriert ist. Komplexität erhält die Geschichte durch die Figuren. Ach, diese Figuren! Sie sind so echt, so lebendig, so nahbar, so realistisch! Sie sind mehr als bloße Konstruktionen aus Fantasie und Worten. Meiner Meinung nach handelt es sich bei der Gestaltung der Charaktere um den stärksten Aspekt der Reihe, durch den Gwynne wirklich zeigt, was er kann. Trotz einer Vielzahl an Perspektiven und einer wahren Armee an Nebenfiguren bleibt keine einzige blass oder flach. Ich entwickelte für die meisten Verständnis und bis zu einem gewissen Grad Sympathie – bis auf diejenigen, die ich nicht mögen sollte, wie zum Beispiel Calidus. Irgendjemanden muss man ja hassen dürfen. Ich konnte mich nicht einmal für eine Lieblingsfigur entscheiden, denn auf ihre Art sind sie alle liebenswert und ihr Zusammenhalt untereinander holte mich mühelos ab. Die Loyalität innerhalb der Gruppe um Corban empfand ich als außergewöhnlich überzeugend. Ich habe Gwynne abgekauft, dass sie füreinander sterben würden. Gänsehaut-Momente verursachten aber ebenfalls Figuren, die etwas weniger im Fokus stehen: Veradis‘ Fürsorge für die ihm unterstellten Soldaten imponierte mir sehr und die im Kampf gestählte Freundschaft zwischen Maquin und Ogull, die ich ohne zu zögern als Bruderschaft bezeichnen würde, rührte mich zu Tränen. Durch alle in „Valour“ beschriebenen Beziehungen zieht sich das Thema Familie wie ein roter Faden, mit dem ich mich hervorragend identifizieren konnte und das erfreulicherweise neben Menschen auch Tiere einschließt, die als vollwertige Persönlichkeiten etabliert sind. Corbans Wölfin Storm ist eine bepelzte, grimmige Kriegerin, der sich niemand entgegenstellen möchte und die ihm in vielen Schlachten das Leben rettet, denn Kampfszenen gibt es in „Valour“ in Hülle und Fülle. Mein High Fantasy – Herz frohlockte. Epische Schlachten und fiese Zweikämpfe treiben das Actionlevel nach oben, wirken jedoch niemals unnatürlich oder erzwungen. Die Verbannten Lande steuern auf einen Scheidepunkt zu, es ist naheliegend, dass die Situation eskaliert, weil Könige und Königinnen versuchen, einen kleinlichen Vorteil zu ergaunern. Unter den Mächtigen scheint Nathair die tragischste Figur zu sein, weil er noch immer glaubt, das Beste für sein Land zu tun. Ein Teil der Spannung in „Valour“ geht von der Frage aus, wann er endlich erkennt, dass er die Schwarze Sonne ist. Ich hoffe sehr darauf, dass Gwynne Nathairs Perspektive im nächsten Band involviert, denn ich wüsste zu gern, wie er seine Entscheidungen rechtfertigt. Irgendwann muss doch ihm auffallen, dass er nicht der Held, sondern der Bösewicht ist.

 

Was dem ersten Band nicht gelang, war für den zweiten ein Kinderspiel. „Valour“ konnte mich voll für „The Faithful and the Fallen“ gewinnen. Ich bin begeistert. Die Lektüre bot mir alles, was ich von einem guten Buch erwarte und wenige langatmige Stellen störten mich überhaupt nicht. Die unwiderstehliche Dramatik dieses Epos geht einerseits vom fundamentalen Konflikt zwischen Gut und Böse aus; andererseits von der brillanten Konstruktion der Figuren, die überwältigend lebensecht sind. Sie erobern und brechen mein Herz, als wären sie reale Personen. In den Verbannten Landen liegen Glück und Leid sehr nah beieinander – John Gwynne konfrontierte mich mit einer emotionalen Bandbreite, die kaum in Worte zu fassen ist. Ich gratuliere Ihnen, Mr. Gwynne. Sie haben die Durchschnittlichkeit hinter sich gelassen und ein Epos begonnen, das High Fantasy – Fans entzücken dürfte.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2018/11/14/john-gwynne-valour
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review 2017-09-12 20:09
Mulaghesh rockt!
City of Blades - Robert Jackson Bennett

Obwohl „City of Stairs“, der Auftakt der Trilogie „The Divine Cities“, ein bemerkenswerter Erfolg für den Autor Robert Jackson Bennett war, hatte er ursprünglich nicht vor, diese grandiose Geschichte fortzuführen. Er scheute sich davor, herauszufinden, was in seinem hochkomplexen Universum als nächstes geschehen könnte. Erst die Überredungskünste seines Agenten und seines Lektors überzeugten ihn davon, sein Potential zu erforschen. Das Ergebnis ist „City of Blades“, das ich gern viel eher gelesen hätte. Leider hatte ich beschlossen, auf die Veröffentlichung des Finales „City of Miracles“ zu warten. So vergingen beinahe 2 Jahre, bis ich nach Saypur und auf den Kontinent zurückkehrte.

 

Generalin Turyin Mulaghesh will nur eines: sie will all das Blut, das an ihren Händen klebt, hinter sich lassen. Sie quittierte den Dienst beim saypurischen Militär, bereit, vergessen zu werden. Der Ruhestand ist ihr allerdings nicht vergönnt. Eines Tages klopft ein Bote der Premierministerin Shara Komayd an ihre Tür, um die Generalin zurückzuholen. Shara benötigt ihre Hilfe. Inoffiziell. Mulaghesh soll in den entlegenen, ungastlichen Norden des Kontinents reisen, nach Voortyashtan, um dort verdeckt im Fall einer vermissten Geheimdienstagentin zu ermitteln, die verschwand, während sie eine mysteriöse Substanz nach Spuren des Göttlichen untersuchte. Angeblich wurde sie verrückt. Aber ist das die ganze Wahrheit? Einst huldigte Voortyashtan der Kriegsgöttin Voortya. Ihre Krieger waren grausame, unmenschliche Bestien. Mit Voortyas Tod sollten alle Relikte ihrer Macht verschwunden sein. Doch in Voortyashtan angekommen entdeckt Mulaghesh Hinweise auf eine entsetzliche Verschwörung, die plant, ihren kriegerischen Todeskult wiederzubeleben…

 

„City of Blades“ setzt fünf Jahre nach den Ereignissen in „City of Stairs“ ein. Shara Komayd ist tatsächlich Premierministerin von Saypur und bemüht sich redlich, die Beziehung zwischen ihrem Land und dem Kontinent in neue Fahrwasser zu steuern. Voortyashtan ist hierbei ein entscheidender Faktor, weil der Bau eines gigantischen Hafens durch die Vereinigten Dreyling Staaten dem in Trümmern liegenden Kontinent zu mehr Selbstständigkeit verhelfen und den Wiederaufbau vorantreiben soll. Die Entdeckung eines rätselhaften Pulvers in den Minen Voortyashtans bedroht das ganze Projekt, da niemand in der Lage ist, zu erklären, wie diese Substanz wirkt. Sollte sich herausstellen, dass das Pulver göttlich ist, käme der Bau des Hafens zum Stillstand und der Kontinent wäre Saypur weiterhin ausgeliefert. Bin ich die einzige, die angesichts dieser unglaublich konsistenten, logischen Ausgangssituation vor Begeisterung im Kreis hüpfen könnte? Robert Jackson Bennett beweist beispielhaftes ökonomisches, politisches Bewusstsein und zeigt die wirtschaftlichen Folgen des Todes der Götter für den Kontinent eindrucksvoll und realistisch. Worldbuilding par excellence. Der Kontinent braucht einen Neubeginn – der Hafen ist ein Versprechen auf Unabhängigkeit. Generalin Turyin Mulaghesh soll dafür sorgen, dass dieses Versprechen wahr wird. Für mich war es eine positive Überraschung, Mulaghesh als Protagonistin zu erleben. Ich mag Shara sehr, aber sie ist eine Intellektuelle, deren Gedankengänge nicht immer nachvollziehbar sind. Mulaghesh ist Soldatin. Sie ist bodenständig und emotional nahbar, wodurch sich die gesamte Lektüre als zugänglicher erwies. Es war fabelhaft, sie kennenzulernen. Nicht nur ist Mulaghesh eine schockierend lebendige Figur, der man die Fiktionalität beinahe nicht abnimmt, sie ist als gestandene, erwachsene Frau von ca. 50 Jahren auch ein Ausnahmecharakter der High Fantasy. Einarmig und mit einem köstlichen Schandmaul ausgestattet, rockt sie die an einen Agentenroman erinnernde Geschichte von „City of Blades“ fast im Alleingang. Ich liebe sie. Sie ist einnehmend, integer, mutig, verantwortungsbewusst und einfach aus dem Holz geschnitzt, aus dem Held_innen sind. Die Dämonen ihrer Vergangenheit quälen sie, treiben sie allerdings auch an, ein besserer Mensch zu sein. Ihre Definition des Soldatentums als bedingungslose Dienerschaft ist inspirierend und ermöglicht eine spannende, intensive Auseinandersetzung mit dem Konzept des Krieges, das in Voortyashtan kulturell tief verankert ist. Der Todes- und Kriegskult der antiken Voortyashtani ist gleichermaßen faszinierend wie unheimlich. Ihre Verehrung der Kriegsgöttin Voortya kannte keine Grenzen, da sie die erste war, die ihrer Religion eine echte Struktur durch die Erschaffung eines Jenseits verlieh und dadurch einen bindenden Vertrag mit ihren Gläubigen einging. Robert Jackson Bennett spielt ausführlich mit der abstrakten Wechselwirkung von Leben und Tod, wodurch sich „City of Blades“ durch eine beeindruckende philosophische Tiefe auszeichnet. Bereits mit „City of Stairs“ präsentierte Bennett ein Feuerwerk intelligenter, anspruchsvoller Überlegungen – mit „City of Blades“ erreicht er noch einmal ein ganz neues Niveau.

 

Nach der Lektüre von „City of Stairs“ schrieb ich, dass es ein Buch sei, das mich eher intellektuell berührte, als mein Herz zu packen. Diese Falte bügelt Robert Jackson Bennett mit „City of Blades“ zweifelsfrei aus. Der zweite Band der Trilogie „The Divine Cities“ nahm mich auf allen Ebenen meiner Persönlichkeit gefangen. Die Entscheidung, Mulaghesh als Protagonistin einzusetzen, war hervorragend, weil sie emotional greifbar ist und vehement Resonanz einfordert. Die mitreißende Mischung aus brillantem Worldbuilding, liebevoller Detailschärfe und packendem Agententhriller lässt keine Wünsche offen. „City of Blades“ hat alles, was ein außergewöhnlicher High Fantasy – Roman braucht und ist mit nichts vergleichbar. Treten Sie zurück, George R.R. Martin, Brandon Sanderson und Peter V. Brett. Ein neuer Star hat die Bühne betreten und stielt Ihnen die Show.

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